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Am Sonntag geht Gott angeln. Dirk Grosser
Читать онлайн.Название Am Sonntag geht Gott angeln
Год выпуска 0
isbn 9783532600528
Автор произведения Dirk Grosser
Жанр Религия: прочее
Издательство Автор
Wenn Sie also erfahren möchten, ob Mystiker zum Lachen in den Keller gehen, ob man ganz neu von Jesus denken kann, ob Mönche und Nonnen früher vielleicht ganz anders gelebt haben, ob die alte Kunst des Segnens heute noch eine Bedeutung hat, warum es bei den keltisch geprägten Christen einen Kreis um das Kreuz gibt, was Gott eigentlich sonntags macht und was das alles mit Ihnen und Ihrem ganz normalen Leben zu tun hat, das von der Schönheit der Welt in jeder Sekunde zu einer tiefen Verwandlung eingeladen wird, dann sind die folgenden Seiten womöglich genau das Richtige für Sie.
Willkommen auf dem Friedhof der Konzepte
Mögest du in jeder Wendung deines Lebens
die zärtliche Hand Gottes erkennen,
die dein Herz weiter macht
und dir Gelegenheit gibt, dich auf ganz neue Weise
in die Welt zu verlieben.
Die Geschichte unseres Glaubens ist selten eine Geschichte des permanenten Vertrauens, das uns erfüllt und uns niemals wanken lässt. Es gibt Momente, in denen uns eine gewisse Sicherheit trägt, dann aber auch wieder Momente, in denen wir glauben wollen, aber nicht können, in denen uns alle Glaubensinhalte nur wie reine Selbstkonditionierung vorkommen. Mir persönlich schien es oft, als hätten in mir ein hingebungsvoller Johannes und ein zweifelnder Thomas eine WG gegründet, in der sie nächtelang am Küchentisch diskutierten. So lange, bis ich von ihrem Gerede so genervt war, dass ich vom ganzen Thema Spiritualität nichts mehr wissen wollte. Hinzu kam, dass mein innerer Johannes sich leider als ein sehr stilles und in sich gekehrtes Bürschchen herausstellte, während mein innerer Thomas nie um ein gutes Argument verlegen war und jedes zarte Gefühl, das Johannes zeigen mochte, als bloßen Kitsch oder Bedürftigkeit identifizierte und somit alles wie eine Abrissbirne des Zweifels zerstörte.
Dabei hatte Jesus mich schon immer fasziniert: Seine Lehren, seine lebensnahen Gleichnisse, sein revolutionärer Blick auf die Welt, sein Reden über ein neues Reich der Gerechtigkeit, das wir selbst erschaffen könnten, und ebenso seine Wirkung auf Menschen wie Martin Luther King jr. oder Mahatma Gandhi waren für mich Eckpfeiler meiner Weltsicht.
Die Institution, die sich angeblich seiner Lehren angenommen hatte, beeindruckte mich dagegen weit weniger. Ihre Macht, die sie stets für sich genutzt hatte, auch wenn sie dafür jede Lehre Jesu verdrehen musste, ihre unrühmliche Rolle bei so vielen Gelegenheiten in der Geschichte, die religiös verbrämte Legitimation von Ungerechtigkeiten und Verbrechen, die Unterstützung, die sie Despoten zukommen ließ, wenn sie darauf hoffte, dadurch ihren eigenen Einflussbereich sichern zu können … all das schreckte mich eher ab. Wenn die Kirche Menschen im Namen dessen verurteilte, der nie einen Menschen verurteilt hatte, dann war das für mich an Schizophrenie kaum noch zu überbieten.
Und selbst wenn ich versuchte, darüber hinwegzublicken und mich auf die wirklich großartigen Einzelpersonen innerhalb dieser Institution zu konzentrieren, fühlte ich mich doch nie zu Hause. Wenn ich mal einen Gottesdienst besuchte und auf einer Kirchenbank neben drei winzigen Omis mit blau schimmernden Dauerwellen saß, die mit brüchigen Stimmen Kirchenlieder trällerten, während die Orgel etwas ganz anderes spielte, dann fand ich das in gewissem Sinne niedlich, aber dabei berührte mich innerlich einfach gar nichts. Wenn ich dann noch auf die Texte achtete wie „O ich armer Sünder“ oder „O Haupt voll Blut und Wunden“, wurde mir immer recht schnell bewusst, dass ich mich am falschen Ort befand.
Ich muss gestehen, dass ich irgendwann den gängigen Fehler beging, Glauben und Institution zu verwechseln, und als ich diejenigen, die ständig von Gott schwafelten, aus meinem Leben schmiss, auch gleich Gott selbst mit hinauswarf.
Eine unbestimmte Sehnsucht jedoch blieb. Eine Sehnsucht nach Mehr, nach Sinn und nach Tiefe, die mich eines Tages zu einem Buch des jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber mit dem schönen Titel „Gottesfinsternis“ führte, in dem mich ein Satz förmlich ansprang: „Wir können das Wort ‚Gott‘ nicht reinwaschen, und wir können es nicht ganz machen; aber wir können es, befleckt und zerfetzt wie es ist, vom Boden erheben und aufrichten über einer Stunde großer Sorge.“2
Dieser Satz erschien mir, als sei er nur für mich geschrieben worden. In meiner Welt war das Wort „Gott“ entheiligt worden und ich hatte es nicht mehr ertragen, davon zu reden, obwohl ich doch instinktiv wusste, dass ich mir selbst etwas raubte (oder rauben ließ), wenn ich völlig auf die Verwendung und somit auch auf den Inhalt verzichtete. Mir wurde die Leerstelle bewusst, die dabei entstand, die Traurigkeit, die mich hinunterzog und mir den Blick für alles Gute verstellte.
Und indem mir die Leerstelle bewusst wurde, verwandelte sie sich in einen Sog, der nach Buber – der mir noch ein aufmunterndes „Alle Menschen haben Zugang zu Gott, aber jeder einen andern“3 mit auf den Weg gab – alles an mystischer Literatur in mich hineinspülte, dessen ich habhaft werden konnte.
Es war erhellend und bewegend, Meister Eckhart, Angelus Silesius oder Bernhard von Clairvaux zu lesen, mich mit Hazrat Inayat Khan oder Rumi auseinanderzusetzen und in die Gedankenwelt Hildegards von Bingen abzutauchen, aber ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht konnte ich mit diesen Menschen leider nicht mehr führen.
Solch ein Gespräch ergab sich erst später, als ich im Internet auf ein Video stieß, in dem Ken Wilber einen reichlich schrägen irischen Priester interviewte, der in Kalifornien eine Gemeinde leitete. Ich recherchierte, sah, dass dieser Priester auch ein Buch geschrieben hatte, las es begeistert und entschied mich, dieses Werk in deutscher Übersetzung in dem Verlag herauszugeben, in dem ich damals arbeitete und in dem ich jede Freiheit genoss. Mit unserem ersten Telefonat begann dann ein Gespräch, das bis heute nicht abgerissen ist … Ich wählte die Nummer in den USA, nachdem ich mich auf Vertragsverhandlungen vorbereitet und alle Zahlen parat hatte, die ausländische Autoren am meisten interessieren: Vorschusshöhe, Honorarstaffelung, Erscheinungsdatum, Höhe der Erstauflage. Doch Seán am anderen Ende der Leitung interessierte das alles nicht die Bohne. Er fragte mich nur eine Sache: „Warum? Warum möchtest du so ein Buch herausbringen?“
Ich muss gestehen, dass ich ob dieser Frage völlig perplex war und eine Weile herumstammelte, bis ich mich dazu entschloss, ihm einfach die Wahrheit zu sagen: dass ich selbst diese Leerstelle in meinem Herzen fühlte und dass ich die großartige Möglichkeit besaß, meiner eigenen Suche auch beruflich zu folgen, und Bücher herausbringen konnte, von denen ich mir versprach, dass sie mir auf meinem Weg halfen und unter Umständen auch anderen Menschen dienlich wären. Seán hörte ruhig zu und ich hatte das Gefühl, ihm alles sagen zu können, nichts zurückhalten, nichts zensieren zu müssen. Ich erzählte ihm von meinen