ТОП просматриваемых книг сайта:
Aviva und die Stimme aus der Wüste. Vesna Tomas
Читать онлайн.Название Aviva und die Stimme aus der Wüste
Год выпуска 0
isbn 9783961401642
Автор произведения Vesna Tomas
Жанр Религия: прочее
Издательство Автор
Da, wieder ein Rascheln! Auf einmal wurde der Schatten eines Hundes erkennbar, der aus einem der Büsche direkt auf sie zulief. Aviva hielt den Atem an, atmete aber erleichtert aus, als das Tier ihr schwanzwedelnd näherkam. „Basko! Du bist es!“, flüsterte Aviva aufgeregt.
Basko beschnupperte Aviva freudig, bis seine Schnauze ihre Hände fand. Als er die Riemen zwischen die Zähne bekam, fing er an, daran herumzubeißen und zu reißen, wobei aus seiner Kehle ein Knurren stieg. Plötzlich spürte Aviva Hände hinter sich, die ihre Fesseln zu lösen versuchten.
„Sei still, ich helfe dir“, flüsterte Leroy leise in ihr Ohr.
„Leroy?“ Sie konnte nicht weiterreden, da sich seine Hand sanft über ihren Mund legte. Schnell band er ihre Hände los, fasste sie unter den Achseln und hob sie hoch.
Sogleich sank sie wieder auf die Knie. Ihre Beine fühlten sich kraftlos an, doch Leroy ließ sie nicht los, sondern hielt sie weiterhin fest unter den Armen und eilte mit ihr hinter Rapos Hütte. Basko lief dicht hinter ihnen her. Aviva tat die Bewegung gut, sie gewann langsam die Kontrolle über ihre Beine zurück.
„Ich muss fliehen“, sagte sie entschlossen. „Hilfst du mir?“, fragte sie flehend.
„Ja, ich hole dich hier raus“, erwiderte Leroy flüsternd. Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke und Aviva meinte, ein Glitzern in seinen Augen zu erkennen. Das muss der Mondschein sein, überlegte sie. Leroy legte seine Hand an Baskos Hals und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Hund stellte seine Ohren auf und rannte davon, in die Richtung des Tores.
Leroy griff in die Tasche, die an seiner Seite hing, und zog seinen Umhang hervor. „Zieh das an“, flüsterte er. „Ich werde den Wächter ablenken. Sag aber kein Wort, er darf deine Stimme nicht erkennen!“ Dann ergriff er Avivas rechte Hand und übernahm die Führung.
Sie gingen auf das Tor zu, wo Basko um den Wächter herumtänzelte. Aviva zog den Kragen des Umhanges hinauf und knotete ihre Haare mit einem Lederbändel hoch. Selten trug sie ihre Haare auf diese Weise, doch so konnte man sie nicht so leicht erkennen. Sie mussten an einigen Hütten vorbei und das Feuer warf einen hellen Schein über den Dorfplatz.
Da kam auf einmal eine Gestalt auf sie zu. Leroy hielt inne. Erst beim Näherkommen erkannte Aviva Rapo. Oh nein!, dachte sie. Rasch wandte sie sich zur Seite und legte ihre Arme um Leroys Hals. Bei dieser Umarmung stellte sie sich so vor ihn, dass ihr Kopf an seiner Schulter lehnte und ihr Gesicht vor Rapo verborgen blieb. Aus dem Augenwinkel sah sie erleichtert, wie Rapo achtlos an ihnen vorbeirauschte. Er war bereits angetrunken. Sein Ziel war eindeutig die Vorratskammer, wo Wein und Schnaps gelagert wurden.
Langsam löste Aviva die Umarmung und flüsterte: „Entschuldige …“ Ihr war unangenehm, was sie gerade getan hatte.
„Sorg dich nicht“, erwiderte Leroy, „du hast schlau gehandelt.“
Eilig gingen sie weiter, direkt auf den Wächter zu, an dem sie noch vorbeimussten. Hundegebell wurde laut und verärgert hörten sie den Wächter rufen: „Hey Leroy! Nimm deinen Köter an die Leine, sonst verpasse ich ihm eine!“
Aviva atmete auf, als sie feststellte, dass es nicht Lendor war, der Wache hielt, sondern Rab, den sie nicht näher kannte. An seiner unklaren Aussprache hörten sie, dass auch er getrunken hatte.
Leroy ließ ihre Hand los und wisperte ihr leise zu: „Bleib stehen, ich mach das. Sobald das Tor offen ist, werde ich dir ein Zeichen geben, und du schleichst dich unbemerkt hinaus.“
Aviva nickte ihm zu und wandte sich geschickt ab, sodass Rab, der in ihre Richtung starrte, ihr Gesicht nicht erkennen konnte.
Leroy ging auf den Wächter zu. „Ich will prüfen, was mit den Tieren auf der Weide los ist, mir wurde ein verletztes Lamm gebracht. Nachdem ich es verbunden hatte, sprang es ins Gebüsch. Vielleicht hat es sich verlaufen. Ich kenne mich als Hirte hier auch im Dunkeln gut aus und möchte das Schaf zurückholen. Die anderen Tiere habe ich bereits in den Stall gebracht.“
Der Wächter schaute Leroy misstrauisch an. „Hm, Lendor hat da so etwas erwähnt, glaube ich.“ Mehr konnte Aviva nicht verstehen, aber sie beobachtete die beiden Männer, während sie sich unterhielten. Sie befürchtete, Rab würde Leroy abwimmeln. Aber Basko bellte immer wieder aufgeregt dazwischen. Dann kratzte er am geschlossenen Tor, beschnupperte es und bellte wieder laut. Aviva sah, wie Rab endlich unbeholfen die Pforte öffnete und dabei leicht schwankte. Basko sprang als Erster durch die Öffnung. Rab stemmte die Hände in seine breiten Hüften und folgte Basko hinaus. Leroy drehte sich kurz zu Aviva um und winkte ihr zu, dann verschwand er ebenfalls durch das Tor.
Aviva ging mit raschen Schritten zum Tor, das noch einen schmalen Spalt offen stand. Hinter den Palisaden war es viel dunkler, der Schein des Feuers reichte nicht über die Höhe der Holzpfähle hinaus. Sie spähte in die Dunkelheit. Rechts von sich hörte sie Rab und Leroy miteinander reden. Schnell huschte sie zur linken Seite und lief tief gebückt im Schutz der Dunkelheit die Palisadenwand entlang, bis sie sich traute, den schmalen Weg, der zum Wald führte, zu überqueren. Mittlerweile hatten sich ihre Augen an das Mondlicht gewöhnt.
„Bring bitte das Lamm zu seiner Mutter in den Stall. Ich mache nur einen kurzen Rundgang und bin bald wieder zurück“, hörte sie Leroy sagen, während sie sich hinter einem breiten Baumstamm versteckte. Noch bevor der Wächter einen Einwand vorbringen konnte, war Leroy schon im Wald verschwunden. Rab brummte unverständliche Worte und kehrte zum Tor zurück. Aviva konnte gerade noch erkennen, dass er ein Bündel im Arm hielt. Das ist das verletzte Lamm, dachte sie. Deswegen war Basko so aufgeregt. Leroy muss es absichtlich draußen liegen gelassen haben. Etwa meinetwegen?
Der Wächter schloss das Tor wieder. Er schüttelte den Kopf, nahm eine kleine Flasche aus seiner Hosentasche und trank einen tiefen Schluck daraus. „Seltsamer Hirte mit seinem Mädchen“, murmelte er. Dabei taumelte er ein wenig. Ein unbehaglicher Gedanke schlich sich in seinen Kopf: Wo war die junge Frau? Soeben hatte sie doch noch mit dem Hirten hier gestanden. Er hatte nicht daran gedacht, nachzuschauen, wer das gewesen war. Ach, bestimmt ist sie zum Feuer zurückgegangen, beruhigte er sich selbst. Etwas benommen trottete er zum Stall und legte das Lamm zu den anderen Schafen.
Sobald Rab das Tor von innen verriegelt hatte, lief Leroy in Avivas Richtung. Basko eilte voraus und sprang geradewegs zu dem Baum, hinter dem sich Aviva versteckt hatte. Sie atmete tief durch, als Leroy vor ihr stand. Wortlos umarmten sie sich. Aviva spürte seine Herzenswärme, die sie wie ein Umhang der Geborgenheit umgab. Tief atmete sie seine Nähe ein. Dann löste sie sich aus seiner Umarmung und schaute ihm direkt in die Augen.
„Danke, Leroy“, sagte sie leise. „Ich weiß jetzt, was ich tun muss. Der Bann wurde über mir ausgesprochen und ich hätte Rapos Sklavin werden sollen. Ich werde von hier weggehen.“ Während sie das sagte, fühlte Aviva, wie sie auf eine geheimnisvolle Weise innerlich aufgerichtet wurde. Ihre Augen bekamen einen Glanz, der sogar im Dunkel der Nacht erkennbar war.
„Ja, ich weiß“, entgegnete Leroy und wich ihrem Blick nicht aus, wie sie es von den anderen gewohnt war. Wieder dieses Leuchten in seinen Augen, dachte sie, und diesmal war sie sich sicher, dass es nicht der Mondschein war.
„Ich werde dich jetzt zu meinem Lagerplatz bringen. Ruh dich dort aus und mach dich erst im Morgengrauen auf den Weg.“ Leroy nahm wieder ihre Hand und übernahm die Führung. Schweigend gingen sie nebeneinander her, so schnell Aviva mit ihren Verletzungen laufen konnte. Der Mond leuchtete ihnen den Weg und Aviva konnte den schmalen Pfad erkennen, der zur Weide führte. Leroy war der Erste, der die Stille durchbrach. „Was glaubst du, Aviva, woher stammen wir?“, fragte er plötzlich wie aus dem Nichts.
Verwundert über seine Frage antwortete sie: „Du weißt, man erzählt sich, dass wir dem Erdgott Veles angehören, der zornig ist und nie genug hat. Manche nennen ihn deshalb den Gierigen.