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und ein Stück kalten Braten. Der schlang das Fleisch in sich hinein und trank den Wein in einem Zug. Dieser stieg ihm sofort zu Kopf und er schaute dümmlich grinsend und kichernd um sich herum. Dann zeigte er auf die Obinarer und fing laut an zu lachen. Viele der umstehenden Avanurer lachten mit. Die Obinarer dagegen kochten vor Wut. Für sie war dieser sitzende Sklave eine absolute Beleidigung. Doch sie konnten nichts machen und mussten sich beherrschen. Ihr Anführer trat schließlich einen Schritt vor und wandte sich an den Admiral.

      »Ich nehme an, dass du diese Flotte hier hergeführt hast und nun unsere Festung einnehmen willst. Also höre selbst, was mein Herr dir zu sagen hat.«

      Der Sklave auf den Stuhl fing wieder an zu kichern. Davon ließ sich der Anführer der Parlamentäre jetzt nicht mehr irritieren. Er rollte ein Pergament aus und begann den Inhalt vorzulesen.

      »An den Anführer der avanurischen Flotte. Ich, Demican, Fürst und erster Prinz, Sohn des größten Königs aller Obinarer, klage Euch des Friedensbruches an. Ich verlange im Namen meines Vaters von Euch Euren sofortigen Rückzug. Alles obinarische Eigentum habt ihr hier zurück zu lassen. Außerdem legt Ihr alle eure Waffen ab und entledigt Euch Eures gesamten Geldes, Schmucks und Proviants. Nachdem Ihr dann tausend Männer uns als Sklaven übergeben habt, lassen wir Euch gnädig ziehen. Solltet Ihr Euch jedoch weigern …«

      Weiter kam der Obinarer nicht. Der Sklave auf dem Stuhl war keineswegs so betrunken wie er tat. Blitzschnell hatte er den Dolch des Admirals aus dessen Gürtel gezogen und damit dem Anführer der Obinarer die Pergamentrolle seines Herrn auf die Brust genagelt. Tödlich getroffen sank dieser zu Boden. Die anderen beiden Obinarer wollten ihre Schwerter ziehen, doch Lionos war schneller. Mit einem Streich seines Schwertes schnitt er beiden die Kehlen durch. Verdutzt schauten alle auf die toten Parlamentäre. Gohtas fasste sich als erster und brüllte los: »Was steht ihr hier so herum. Ladet die Leichen dieser hochmütigen Narren auf die Katapulte und schickt sie ihrem barbarischen Herren zurück!«

      Er zog seinen Dolch aus dem Toten und tauchte ihn in sein Blut. Dann schrieb er mit dem Dolch auf die Rückseite des Pergaments. »Abgelehnt.« Zufrieden betrachtete er sein Werk. Jetzt sah er den Sklaven an. »Wie ist dein Name, mein Freund?«

      Der Sklave kratzte sich umständlich am Kopf und antwortete dann.

      »Ihr könnt Jano von der Westpfalz auf meinen Grabstein schreiben. Ich war Seemann, Kaufmann und zuletzt Rudersklave.«

      Hinter dem Admiral meldete sich sogleich einer der älteren Obersten. »Das ist nur die halbe Wahrheit. Du warst auch ein sehr guter Hauptmann und Kämpfer.« Der Oberst reichte den wieder auf dem Stuhl sitzenden Jano eine Flasche vom besten avanurischen Wein. »Oder habe ich etwa nicht recht, mein alter Freund?«

      Gohtas trat dicht an den Oberst heran und gab ihn einen aufmunternden Stoß in die Seite. »Nehmt Euren Freund mit zu Eurer Truppe, Oberst Hargar. Kümmert Euch um ihn. So einen schnellen Mann können wir wohl noch gebrauchen.«

      Dann schaute Gohtas sich den Flug der drei toten Obinarer an. Einer nach dem anderen wurde vor das Festungstor geschleudert. Als der letzte gelandet war, ging das Tor ein Stück auf und die Obinarer zogen ihre drei toten Parlamentäre in die Festung. Es dauerte nur einen Augenblick, und ein lautes Gebrüll war auf den Mauern und in den Wehrgängen der Festung zu hören. Dann feuerten die Obinarer ihre Katapulte ab.

      Gohtas war hochzufrieden. Jetzt kannte er die Reichweite seiner Feinde und wusste nun genau, wo er seine eigenen Katapulte in die beste Position bringen konnte. Eine Stunde später traf er sich mit Lionos und einem besonderen Trupp. Es waren alles ehemalige Bergleute. Gohtas erklärte noch einmal, wo der geheime Gang einst endete. Die Bergleute hörten genau zu. Dann zog Lionos mit ihnen zu der Felsengruppe, die der Admiral beschrieben hatte. Nicht weit davon entfernt hatten einige avanurische Truppen ihre Stellungen bezogen. Sie gaben zusätzlich Deckung.

      Die Suche nach dem Geheimgang dauerte bis in den Abend hinein. Die Sonne war schon fast untergegangen, da meldete einer der Bergleute aufgeregt, dass der Eingang gefunden wurde. Lionos war sichtlich erleichtert. Er sah sich das genauer an. Tatsächlich, unter einer dicken Schicht aus Geröll, Holz und Sand gruben die Bergleute den gesuchten Eingang frei. Bereits eine Stunde später konnte ein Soldat dem Admiral verkünden, dass der Eingang des Geheimgangs freigelegt war und nach einer kurzen Besichtigung keine gefährlichen Schäden aufwies. Gohtas rieb sich bei dieser Nachricht die Hände. Jetzt hielt es ihn nicht mehr in seinem Zelt. Er eilte zur Felsengruppe und sah sich im Schein einer Laterne den Geheimgang selbst an. Lionos begleitete ihn mit seinen Bergleuten.

      Als sie wieder heraus waren, da war die Freude bei dem Admiral groß. Voller Tatendrang klopfte er Lionos auf die Schultern und lobte ihn überschwänglich.

      »Ihr seid doch mein bester Mann, mein bester Kapitän und mein allerbester Freund. Ich sage Euch jetzt eins. Wenn diesen Obinarern im Morgengrauen langsam die Augen zufallen und wir genügend Licht haben, um Freund und Feind voneinander zu unterscheiden, dann werden wir uns die Bastarde holen. Ich will diesen aufgeblasenen Fürst Demican selbst in die Finger kriegen und ihn zu seinem Schöpfer schicken. Wir haben für unseren Angriff ein paar Stunden Zeit. Nutzen wir sie, und bereiten wir uns vor.«

      Die Nacht war erfüllt von der Anspannung, die dem Angriff vorausging. Im Schutze der Dunkelheit wurden die Katapulte ausgerichtet und die Sturmleitern zusammengebaut. Kaum einer dachte jetzt an Schlaf. Die meisten aßen zu später Stunde noch etwas und tranken Wein an den lodernden Lagerfeuern.

      Lionos suchte sich unterdessen die besten Soldaten für den Marsch durch den Tunnel aus. Er wollte sie unbedingt selbst anführen. Etwas abseits von den anderen Truppen warteten sie an ihren Feuern. Bei ihnen war die Anspannung besonders groß. Gohtas kam mit den anderen Kapitänen und Obersten weit nach Mitternacht zu Lionos Truppe und schaute sich die Männer an. Dann wandte er sich Lionos zu. »Ihr habt nur erfahrene Kämpfer ausgesucht. Das ist sehr lobenswert. Junge Hitzköpfe könnten alles verderben. Wenn Ihr im Gang seid, dann passt auf das Wasser auf. Es steht an einigen Stellen bis zu den Knien. Vermeidet Lärm jeder Art und macht nicht so viel Licht da drinnen.« Der Admiral schaute noch mal zu den Soldaten. »Glaubt Ihr, mit fünfzig Männern könnt Ihr den Überraschungsangriff schaffen?«

      Lionos antwortete: »Macht Euch jetzt nur keine Sorgen, Herr, die Männer sind erfahren genug. Ich vertraue jedem einzelnen mein Leben an.«

      Der Admiral nickte mit ernster Miene. »Ich baue auf Euch für den Erfolg unserer kleinen Überraschung. Sobald Ihr es mit Euren Männern geschafft habt, das Tor der Festung zu öffnen, stürmen wir los. Dann kann uns niemand mehr aufhalten. Ich hoffe nur, dass Euch nichts Schlimmes widerfährt. Am liebsten hätte ich Euch an meiner Seite.«

      Lionos schüttelte den Kopf. »Nein, Herr, ich will die Truppe durch den Gang führen. Wir werden nicht versagen, dass verspreche ich.«

      Die umstehenden Anführer klopften Lionos auf die Schultern und wünschten ihm und seinen Männern den Segen ihres Schöpfers. Dann begann für alle das Warten auf den Morgen. Während langsam die Feuer niederbrannten, zog vom nahen Meer ein feiner Nebel auf. Er begann alles in einen beinah undurchdringlichen Dunst zu hüllen. Die Wachen auf beiden Seiten sahen es mit wachsender Sorge. Wenn er dichter würde, so konnte man den Feind nicht mehr so genau im Auge behalten.

      Unruhe machte sich im Lager breit. Gohtas schickte die Kapitäne und Obersten zu ihren Truppen. Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen. Dabei mussten die Avanurer ein verschlafenes, friedliches Lager vortäuschen. Doch sie waren alles andere als friedlich.

      Zur festgelegten Stunde gab Lionos den Befehl zum Aufbruch. An der Spitze seiner Männer betrat er den Geheimgang. Dabei fiel ihm der Schatz ein. Vor seinem geistigen Auge sah er für einen kurzen Augenblick eine offene Kiste. Aus dieser ragten kostbare Waffen heraus. Lionos schüttelte den Kopf und besann sich auf seine Aufgabe. Doch irgendwie blieb der Gedanke an den Schatz hängen. Eine merkwürdige Furcht beschlich Lionos. Was hatte das zu bedeuten?

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