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Echnaton im Feuersturm. Mario Monteiro
Читать онлайн.Название Echnaton im Feuersturm
Год выпуска 0
isbn 9783957444875
Автор произведения Mario Monteiro
Издательство Автор
Hellwig sagte nichts zu der kurzen Bemerkung, doch dann dachte er angestrengt nach.
Punkt 21 Uhr saß Kriminalkommissar Hellwig auf seinem Sessel in der Bel Ami-Revue. Der Vorhang hob sich und Jacinto Silveira sprang mit seiner Trompete in der Hand mitten auf die Bühne, stieß mit voller Lunge in das Instrument und erfüllte die Show mit einer mitreißenden Samba-Melodie.
Zwei Stunden später fiel der Vorhang zum letzten Mal. Herbert Hellwig nahm sich den Assistenten Besserer und einen weiteren Beamten mit. »Also sehen wir uns den Samba-Künster mal etwas genauer an.«
Jacinto Silveira hatte ihnen nach kurzem Klopfen selbst die Tür geöffnet. Dann standen sie mitten in Silveiras Umkleideraum und wiesen sich aus.
»Sie haben wunderbar gespielt«, begann Kommissar Hellwig und versuchte zu lächeln, nachdem sich ein Mitarbeiter an die Tür gestellt hatte.
»Kamen Sie hier herein, um mir das zu sagen?«, fragte Silveira noch beherrscht, war nach dem Blick auf die Dienstausweise jedoch kreidebleich geworden.
»Nein. Nicht nur deshalb«, gab Hellwig zu. »Eigentlich wollten wir nur gerne wissen, ob Sie ab und zu auch Indianer spielen?«
Da der Künstler diese Frage offenbar nicht verstand, wurde Hellwig deutlicher. »Nun, verehrter Senhor Silveira! Zeigen Sie mir schon Ihr Pusterohr! Ich meine damit, dieses feine Röhrchen, das gestern Abend auf Ihrer Trompete steckte.«
Jacinto Silveira sprang von seinem Stuhl auf und wollte zur Tür. Doch Besserer und der Beamte an der Tür hielten ihn fest.
Mit unheimlicher Ruhe holte der Kommissar eine Papierserviette aus der Westentasche und entnahm daraus ein winzig kleines Projektil, nicht größer als die Spitze einer dünnen Nadel.
»Nicht anfassen!«, rief Hellwig zu den Umstehenden. »Es ist vergiftet, denn Henry McSimpson starb gestern Abend an Curare, dem Pfeilgift der Amazonas-Indianer!«
Und dabei sah er Silveira direkt ins Gesicht. »Stimmt’s, Senhor Silveira? Sie sehen, wir haben das klitzekleine Wunder dennoch gefunden. Es steckte mitten in der Aorta von Ihrem Opfer und brachte ihm den sicheren Tod.« Nach einer kurzen Pause fuhr der Kriminalist fort: »Nun fehlt uns also noch das Pusterohr, mit dem sie gestern Abend so gut getroffen haben.«
Besserer zog inzwischen den eiligst beschafften Haftbefehl aus der Tasche und der Beamte an der Tür holte ein paar Handfesseln aus der hinteren Gesäßtasche.
»Ich muss Sie leider festnehmen, zunächst zur weiteren Untersuchung. Und nun sagen Sie mir … das könnte Straferleichterung für Sie bedeuten … weshalb nur haben Sie das getan?«
Jacinto Silveira ließ sich anstandslos festnehmen. Dann wartete er fünf lange Minuten, bevor er sein Geständnis hinausschrie. Wildes Feuer blitzte in seinen Augen: »McSimpson hat mit vor Jahren meine Frau genommen. Und gestern Abend, endlich, da kam er mir vor die Trompete!«
KOMETEN BRINGEN GLÜCK
Joe MacMillan hatte es an diesem Morgen besonders eilig. Wieder war das Geld weg und das kam alle zehn Tage mindestens einmal vor. Also musste er zusehen, wie er über die nächste Runde kommen könnte. Zum Glück war es bis zur Bascon Street nicht allzu weit. Um genauer zu sein, Bascon Street, 112 in der 27. Etage. Denn dort hatte sich seit einiger Zeit die Bradston Immobilien-Agentur eingenistet. Und nur von dort konnte Joe baldige Rettung erwarten.
»Hello Joe, really you are early this«, meinte der hagere Mr. Bulton der gerade in diesem Moment damit beschäftigt war, den vergitterten Eingang zu den Geschäftsräumen aufzuschließen.
»So zeitig heute schon?« Joe nickte kurz und wartete höflich, bis ihn Bulton aufforderte, auf einem der Stühle des Besuchszimmers Platz zu nehmen.
»Sie werden gleich kommen«, tröstete ihn Bulton und bezog sich auf Fredric March und den kleinen Olbranson, die, wie Joe inzwischen herausgebracht hatte, zum Stammpersonal der unscheinbaren Agentur gehören mussten.
Eigentlich wurde Joe jedes Mal von einem anderen Kerl abgefertigt, wenn er, oft reichlich verspätet, das ärmliche, meist verstaubte Büro betrat, um bald danach wieder auf der Straße zu sein und den zweifelhaften Aufgaben nachging. Immerhin hatten alle gewusst, wer er war, wo er wohnte und vor allem kannten sie die genaue Summe, die er jedes Mal in Empfang nahm und wie viel er am Abend wieder zurückzubringen hatte. Und was wusste Joe von diesen Burschen im 27. Stock? Wenn er ehrlich sein wollte, musste er es sich eingestehen. Gar nichts wusste er von diesen Leuten.
Allein in dieser Woche hatte er ein Riesenpaket weggeschleift. Tausende von Dollar waren es. Hastig klemmte er sich in aller Frühe in den Lift und fuhr ins Erdgeschoss. Schon auf der Fahrt nach unten grübelte er darüber nach, wo und vor allem wie er an diesem Morgen den ganzen Plunder loswerden könnte.
Ja, letzten Donnerstag! Da lief das Geschäft wie eine Eins! All diese miserabel gedruckten Greenbacks hatte er an einem Nachmittag im Jockey-Club untergebracht. Tadellose Fünfziger, einen Packen Hunderter und drei Tausend Dollarnoten holte er bei den Wettbüros heraus.
Seine saftige Provision hatte er gleich in Wetten angelegt. Und dabei auf Anhieb viertausend Dollar eingeheimst. All zu lange hielt das auch nicht. Denn er hatte dann doch noch das phantastische Teleskop erstanden. Seit Tagen waren sie alle hinter den Fernrohren her, die sie vor dem totalen Ausverkauf in den Optikerläden und in diesen Allerwelts-Warenhäusern noch vor dem Schlussverkauf ergattern konnten. Den ganzen Tag lang standen sie Schlange, um den Kometen, der durch Zeitungsberichte und Fernsehshows bekannt geworden, so bedrohlich nahe am Erdball vorbeirasen sollte. Und als der bedrohliche RA 202 in nächster Nähe am Himmel erschien und ganze Scharen ängstlicher Menschen in die Kirchen rannten und beteten, da hing nächtelang eine dichte Wolkendecke über dem halben Kontinent.
Joe war es bald satt, sich auf dem harten Stuhl seiner engen Klause die Nächste um die Ohren zu schlagen, um am Ende doch nichts von dem gefährlichen Himmelskörper zu erwischen. Nun, wenn dies nur der einzige Kummer des arbeitslosen Bankangestellten gewesen wäre.
»Mr. Macmillan«, fing die bucklige, blutarme Frau am Anfang der nächsten Woche an. »Es tut mir ja so leid. Aber ich muss Ihr Zimmer haben.« Dabei stützte sich die Alte auf ihre Krücke, ohne die sie nicht einmal durch die schäbige, enge Wohnung hätte schleichen können. In ihrer Verlegenheit zog sie dauernd an ihrem blauschwarzen Kopftuch, das sie über die unordentlichen Haare gebunden hatte. »Mein Neffe will nämlich bei mir wohnen«, behauptete sie ohne Atempause. »Er kommt in unsere Stadt und will auf der Universität studieren. Verstehen Sie?«
In seinem Zimmer, sollte das wohl heißen. Obwohl Joe auch in schwierigen Zeiten die Miete pünktlich bezahlte. Joe schluckte zweimal. Eigentlich wollte er ihr seine Meinung gründlich sagen. Doch was hätte er damit erreicht. Hatte es einen Sinn sich zu widersetzen? Die kleine Dachwohnung gehörte schließlich ihr und wenn sie ihn an die Luft setzen wollte, dann sollte sie eben ihren Willen haben. Also machte er sich auf, um eine neue Bleibe zu finden. Drei Tage klopfte er in der halben Stadt an, bis er schließlich eine Bude ausfindig machte, die ihm einigermaßen passte. Vor allem, weil sie auch mit seinem schmalen Einkommen zu bezahlen war. Teurer wie bei der buckligen Alten war sie ohnehin. Doch die Mieten waren wieder einmal gestiegen. Er würde mehr verdienen müssen, sah Joe bald ein. Viel mehr sogar. Wenig begeistert starrte er am ersten Abend zu dem engen Mansardenfensterchen hinaus, nachdem er Rucksack und Fluggepäck auf dem verblichenen, ausgefransten Teppich verdammt hatte.
Hier, in diesem Getümmel von Wolkenkratzern und Büroblöcken, mitten in der diesigen sauerstoffarmen Abgasluft wird er den schnell entschwindenden Kometen auch nicht mehr erwischen können. Was sollte er jetzt mit dem überflüssigen Teleskop noch anfangen?
*
»Zum Donnerwetter!« Diese Lippe mit der Hasenscharte und dem kleinen Bärtchen drüber. Dazu diese unverwechselbaren Nasenlöcher. Jetzt bohrte auch noch der dicke Zeigefinger im rechten Nasenloch,