Скачать книгу

gegen elf Uhr werde ich mit allerlei benutzten Töpfen und schmutzigen Pfannen zugestellt. Ich muss mich beeilen, dass ich zurande komme.

      Der junge Koch bringt mir noch mehr verkrustete Bleche und Edelstahleinsätze, die zwischenzeitlich in Gebrauch waren. »Alles okay?«, fragt er, als er seine Fracht abgeladen hat.

      »Ja, es geht so«, sage ich, und mein Blick taucht aus dem riesigen Vorspülbecken auf. »Wie viele Leute kommen eigentlich mittags bei euch zum Essen?«

      »Na ja, so im Durchschnitt drei-, vierhundert Gäste … (?), schwer zu sagen. Heute vielleicht nicht ganz so viele.«

      »Und von wann bis wann geht immer das Mittagsgeschäft?«

      »Von 1130 bis 1500 Uhr. Ach ja, wo wir gerade dabei sind: Sie müssen Ihre Pause von halb zwölf bis zwölf machen, weil Sie später wahrscheinlich keine Zeit mehr dafür haben werden. Wie gesagt, und zu essen … Haben Sie vielleicht selbst etwas mitgebracht?«

      »Nein. Das habe ich leider vergessen.«

      »Macht nichts. Es sind noch ein paar belegte Brötchen vom Frühstück übrig, da können Sie ruhig zwei von nehmen. Sie können sich auch eine Flasche Wasser holen, das steht hinten im Gang. Den Pausenraum finden Sie ebenfalls dort. Rauchen ist aber nur draußen erlaubt, hinten bei den Müllcontainern.«

      »Alles klar«, sage ich, »dann weiß ich ja Bescheid.«

      Er geht und ich halte mich ran, dass ich noch das Gröbste bis zum Mittagsgeschäft sauber bekomme.

      »Hallo, ich bin die Karin!«, überrascht mich kurz vor halb zwölf eine Frau, mit der ich bisher nichts weiter zu tun hatte.

      »Ja, und ich bin der Frank.« Ich stelle die Bleche ab und will eigentlich gerade Pause machen. Aber …

      »Ach, könntest du vielleicht noch schnell über die Tische im Speisesaal wischen, bevor der Ansturm der Gäste kommt?«

      »Kann ich machen«, sage ich und mime Begeisterung.

      »Ach, das wäre aber wirklich nett …«

      Sie verschwindet wieder.

      Dann eben 5 Minuten weniger Pause, denke ich.

      Aus den vermeintlichen 5 Minuten werden dann schnell 10 Minuten.

      Im Pausenraum sehe ich einen Dienstplan hängen. Ich sehe, dass bei zwei Mitarbeitern für die laufende Woche K-Zeichen eingetragen sind – K = wie für krank. Auch eine Frau Meier scheint gerade Urlaub zu haben. Aber eigentlich ist alles, was ich im Pausenraum sehe, nicht sonderlich wichtig für mich.

      Später dann: Die Teller stapeln sich inzwischen zu hohen Türmen auf. Man bringt etliche Pfannen und Töpfe zu mir in die Spülküche herein, und draußen sind immer noch 3 volle Wagen abzuräumen. Nicht einmal zum Abtrocknen des Bestecks bin ich bisher gekommen. Nun muss ich es aber tun, weil sämtliche Besteckkästen ziemlich leer aussehen, zudem noch einige Nachzügler zum Essen kommen. Zwischendurch überschlage ich grob, wie lange ich vermutlich für alle Arbeiten brauchen werde und komme zu dem Schluss, dass ich allein bis 1600 Uhr es wohl nicht ganz packe.

      Wiederum später: »Na, junger Mann, kann es sein, dass Sie ein wenig Hilfe benötigen?«, fragt lächelnd die »älteste« Mitarbeiterin der Küche. Zumindest sieht sie so aus, als ob sie bereits an der Schwelle zum Rentenalter stehen würde. »Sie brauchen Hilfe«, entschied sie. »Ich werde jetzt bei Ihnen hier mitmachen, und Sie schnappen sich am besten schon mal Eimer und Lappen und fangen draußen an, die Tische abzuwischen. Danach müssen gleich die Müllsäcke sowie alle Speisereste nach draußen. Die Mülltonnen haben Sie bestimmt schon gesehen, oder?«

      »Ja«, sage ich.

      Sie lädt weiter das Geschirr auf das Band und ich gehe nach draußen. Auch gut, denke ich.

      Auf dem Hinterhof inspiziere ich kurz vor Feierabend die Müllcontainer etwas genauer. Es hat aufgehört, zu schneien, dennoch liegt eine ganze Menge Schnee oben auf. Ich schiebe den Schnee von den Deckeln und werfe getrennt Pappkartons, Hausmüllsäcke und Blechbüchsen ein. Und dann geht es weiter zum berüchtigten »Pumabunker«, wo ich das Leckerste des Tages entsorge – die Sabberreste von den Tellern! Ob das immer noch die Schweine vom Bauern fressen? frage ich mich. Ach so! Das Schweinefleisch kommt ja nun gedopt aus dem EU-Massenlabor, erinnere ich mich wieder. Ich gebe Gas, damit ich den Feierabend nicht verpasse.

      Der 2. Tag: In der Nacht hatte ich einen bösen Traum gehabt. Töpfe mit Armen und Beinen bedrängten mich. Teller tanzten um mich herum, und auch Tassen mit grinsenden Mündern, die in einem fort so ein ätzendes Lied aus der Spülküche sangen. Das klang wie: Spül, spül, spül …, als Spüler ist es cool. Hier ein Klecks und da ein Klecks, Sabber kratzen ist ganz nett, spül, spül, spül …, als Spüler ist es cool …

      Und auch jetzt, wo ich wieder in der Spülküche stehe, will mir der Ohrwurm nicht wirklich aus dem Kopf gehen. Egal …, sage ich mir, damit muss ich leben. Ich denke daran, dass es ja nur vorübergehend ist, und nicht für die nächsten 20 Jahre. Ich denke einfach nur positiv.

      Der junge Koch hat sich bei mir mit Florian vorgestellt, kurz Flori. Ich brauche nun nicht mehr so förmlich Sie zu ihm zu sagen, er fühle sich noch nicht ganz so alt wie die werten Kolleginnen, wie er vorhin zu mir meinte. Er brachte mir ein Mineralwasser mit, das ich jetzt trinke. Anscheinend wollte er nur ein bisschen auf kumpelhaft erscheinen.

      Gegen Mittag werde ich dann mit Geschirr wieder voll eingedeckt. Ich halte mich ran und komme dennoch mit dem Abräumen, dem Abkratzen der Teller und dem Auflegen auf das Maschinendurchlaufband kaum hinterher. Mir fallen fast schon die Teller aus der Hand, den letzten konnte ich gerade noch so retten. Ein ganzer Wagen voll mit Sondergeschirr wird zu mir hereingeschoben – Geschirr vom hauseigenen Konferenzservice oder irgendeiner anderen Sonderveranstaltung.

      »Sie müssen heute schneller arbeiten!«, drängelt eine der Damen aus der Küche.

      »Ja, ich mache ja schon!«, rufe ich zurück.

      »Es kommt gleich noch ein Wagen voll …«

      Scheiße! denke ich. Wie soll ich da bloß mit dem Abräumen hinterherkommen? Ich versuche, systematisch ranzugehen. Ich spüle einfach nur weiter.

      Zwei Stunden später dann: Die Sache ist nun definitiv klar – ich stehe mittendrin im Spülküchenmodder! Das ganze Grobe vom Mittagsgeschäft kommt zu mir herein: Pfannen und Töpfe, zwei angebrannte Töpfe, Schneidebretter und haufenweise verkrustete Auflaufschalen. Ich kratze beflissen die Speisereste ab und sehe ziemlich befleckt bei der Arbeit aus. Mir fällt ein, dass eine Gummischürze gleich um die Ecke am Haken hängt. Fix ziehe ich mir diese über.

      Zum Feierabend bin ich richtig geschafft, ich habe wohl mindestens 150 Prozent über dem Durchschnitt gegeben. Geredet hat großartig keiner mit mir. Auch hat sich niemand bedankt, dass ich sogar 10 Minuten länger gespült habe. Sicherlich hatte auch keiner Zeit dazu gehabt.

      3. Tag: Voll im Bilde schaue ich über Töpfe, Pfannen und Schüsseln hinweg. Alles Mögliche wird heute gebracht. Teller stapeln sich meterhoch und eigentlich ist der Ablauf im Spülbereich so ziemlich immer derselbe. Quasi bin ich nun so gut wie eingearbeitet – kurz und schmerzlos im Schnellverfahren. War auch nicht sonderlich schwer gewesen, zumindest was das Geistige anbetrifft. Aber noch etwas merke ich laut Dienstplan und vom Hören und Sagen: Ich bin weiß Gott nicht der erste Zeitarbeiter in dieser Küche. Das betrifft insbesondere das Spül- und Reinigungspersonal!

      In der zweiten Arbeitswoche: Ich spüle und spüle und bilde mir ein, weil ich nicht sitze, nicht gelangweilt umher stehe und weniger Pause mache, als mir zusteht, dass ich mich normalerweise ganz gut eingebracht habe. Zwar muss mir nach wie vor im dicksten Mittagsgeschäft mit unter die Arme gegriffen werden, doch allein bei 300 Essern ist es einfach nicht zu packen. Nebenher liebäugle ich mit den Töpfen und Pfannen und denke an meine alten Kochzeiten zurück; ich hoffe ein wenig, oder eben ich gebe die Hoffnung noch nicht ganz auf.

      »Also,

Скачать книгу