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darunter, und er war sehr unzufrieden, dass er zurückbleiben und das Pferd beim Zelt hüten sollte, aber er musste gehorchen. Aus dem Verhalten der Pferde, der Hunde und der Männer schloss Harka, dass sich hungrige Wölfe herangeschlichen haben mussten. Es konnten nicht die kleinen scheuen Kojoten sein, mit denen hätte die Hundemeute kurzen Prozess gemacht. Angst hatten die halbwilden Hunde nur vor den großen, grauweißen Präriewölfen. Harka versuchte, den Mustang des Vaters an dem ledernen Zügel zu halten, der um den Unterkiefer des Tieres befestigt war, aber die Aufregung des Hengstes, der sich als Leittier der Herde fühlte, war derart, dass Harka weder Pflock noch Zügel traute und sich schnell auf den Rücken des Tieres schwang, um wenigstens dabei zu sein, wenn es ausbrach, und es noch zu lenken. Reiten lernten die Dakotajungen vom vierten Jahr an, und Harka hatte bei Tschetan und seinem Vater eine gute Lehre durchgemacht. Jetzt, mit elf Jahren, war er schon imstande, sich auf dem Rücken eines wild eingefangenen Tieres zu halten. Er kannte den Charakter des kräftigen und entschlossenen Mustangs, auf dem er jetzt saß, und verstand seine Regungen. Dem Tier musste zumute sein wie einem gefesselten Krieger, wenn Frauen und Kinder angegriffen wurden. Harka überlegte kurz und handelte dann kühn: Er kappte mit dem Messer die Lederschnur, die den Hengst festhielt, und ließ ihn zu der Pferdeherde galoppieren. Mit hingebungsvollem Zutrauen wurde der Hengst von den Tieren dort begrüßt.

      Die Männer befanden sich unterdessen schon im Kampf mit den hungrigen Raubtieren. Weniger dem Spiel der nächtlichen Schatten als den Schreien, die von dem Höhenrücken her erklangen, entnahm der Junge, dass schon fünf Wölfe erlegt sein mussten. Die Hunde fassten mehr Mut; besonders die großen und starken unter ihnen stürzten vor und nahmen den Kampf mit auf. Harka leitete seinen Mustang mit vorsichtigem Schenkeldruck so, dass er die Pferdeherde ständig umkreiste.

      Plötzlich wandte sich das Pferd und schlug mit den Hufen hoch aus, und Harka hatte in demselben Augenblick zwei glühende Raubtieraugen im Gras beobachtet. Er klammerte sich mit den Schenkeln fest an das Pferd, spannte den Bogen und legte einen Pfeil ein. Der Wolf, dessen Augen der Junge erkannt hatte, änderte seine Taktik. Er wollte den hufschlagenden Hengst umschleichen und in die Herde einbrechen. Den Tieren waren am Abend die Vorderbeine gefesselt worden, so dass sie nur kleine Schritte machen und des Nachts nicht in die Prärie ausbrechen konnten. Sie waren dadurch aber auch einem Raubtier hilflos ausgeliefert. Es entstand sofort eine furchtbare Verwirrung in der Herde. Harka verschoss vom Rücken des bockenden Tieres einen Pfeil nach der Stelle, an der sich der Wolf bewegte, musste aber sogleich erkennen, dass er nicht getroffen hatte. Das Raubtier sprang eine Stute an, und diese tat das Einzige, womit sie sich noch wehren konnte: Sie warf sich hin und wälzte sich. Der Hengst, auf dem Harka saß, schlug und biss in seinem Zorn wie ein Irrer um sich, dazu umbrandete den Jungen das Heulen der Hunde, das Schreien der Männer. Es war sehr dunkel, da die Anhöhe Schatten gegen das Mondlicht warf.

      Harka sprang ab. Er konnte dies wagen, weil er wusste, dass der Leithengst die gefesselte Herde nicht verlassen würde. Da er Pfeil und Bogen nicht vertraute, hängte er den Bogen rasch wieder über die Schulter und nahm das Messer zur Hand. Der Wolf wollte sich eben am Hals der Stute festbeißen und war blind für alles andere. Der Junge kam heran, und mit einem kräftigen und gut gezielten Stoß stieß er das Messer dem Wolf bis zum Heft in den Hals.

      Er riss das Messer aus dem Körper des verendenden Tieres und stieß einen Siegesruf aus. Aber in diesem Augenblick wäre es ihm selbst fast ebenso ergangen wie dem getöteten Wolf. Er war wie berauscht von seinem Sieg und ließ einen Moment in seiner Aufmerksamkeit nach, und da musste er auch schon mit Schrecken begreifen, dass er sich einem ganzen Rudel der Raubtiere gegenüber befand. Blitzartig wurde ihm die Lage klar. Das große Rudel hatte sich geteilt; eine Gruppe hatte von der Anhöhe her einen leichten Angriff geführt, der den Wölfen zwar Verluste brachte, aber Männer und Hunde auch ganz und gar nach dieser Seite hin beschäftigte. Unterdessen war ein anderer Teil des Rudels im Halbkreis herumgeschlichen, um überraschend in die Pferdeherde einzubrechen. Bei den Pferden waren nachts immer Wachen aufgestellt. Harka hatte am Abend die Einteilung mit angehört und wusste, dass um diese Stunde die jungen Burschen Tschetan und Schonka bei den Mustangs sein mussten. Sie waren aber beide nicht da. Sicher hatten sie sich verführen lassen, wegzulaufen und bei der Anhöhe gegen die Wölfe zu kämpfen!

      Harka schrie laut warnend. Drei der Wölfe hatten sich schon auf ein Pferd gestürzt und zerrissen es. Es war durchaus nicht sicher, dass die Raubtiere den Jungen, der nach »Mensch« und daher für sie gefährlich roch, überhaupt angreifen würden; sie hatten andere, hilflose Beute genug vor sich. Aber da war ein Wolf, größer als die anderen; wahrscheinlich der Anführer des Rudels, und dieser setzte auf Harka an. Der Junge konnte sich nur noch dadurch retten, dass er auf das Pferd des Vaters sprang, das soeben doch in Todesangst von der Herde wegbrach.

      Nach knapp fünfzig Metern gelang es dem jungen Reiter, das Tier zu wenden, das nach dem ersten Augenblick eines panischen Schreckens selbst wieder zu der bedrohten Herde zurückstrebte, wahrscheinlich, um sie auf der Flucht mitzuziehen. Als Harka Zeltlager und Pferde wieder erblickte, begriff er sofort, was dort geschah. Viele Männer und Burschen, selbst Frauen und Mädchen waren herbeigeeilt, schnitten die Fesseln der Pferde durch und sprangen auf, um die Tiere vor den Wölfen zu retten und ihre Flucht zu lenken. Von den Raubtieren, die sich an den niedergerissenen Pferden festgebissen hatten, wurden viele getötet, mit allen Waffen, die eben zur Hand waren.

      Harka durfte das Pferd des Vaters jetzt nicht mehr verlassen. Das Tier wollte offensichtlich die anderen zur Flucht auffordern, und Harka gab dem scheinbar nach. Einige berittene und einige ledige Tiere folgten, und es gelang den Reitern, eine regellose Flucht zu verhindern. In weitem Bogen galoppierte das Pferderudel über die nächtliche einsame Prärie wieder zum Zeltlager zurück.

      Die Wölfe hatten schon das Weite gesucht, so dass die Pferde sich nicht vor der Rückkehr scheuten.

      Aber wie sah es beim Lager aus! Die erste Helle, die den Sonnenaufgang ankündigte, ließ schon alles deutlich erkennen. Zwölf Pferde waren von den Wölfen totgebissen, zum Teil zerfleischt. Neun weitere Pferde waren so schwer verletzt, dass die Männer sie töten mussten. Fünfzehn Tiere fehlten, sie mussten ausgebrochen und entflohen sein. Die Bärenbande hatte über einhundertfünfzig Pferde besessen, fast jedes vierte war verloren, das war ein schwerer Verlust, besonders während des Wanderzuges.

      Man führte die Tiere zusammen, und zwar am anderen Lagerende, weil der Blutgeruch sie doch noch verstörte, und machte sie wieder fest. Die Frauen holten das Fleisch der toten Tiere. Hawandschita und Mattotaupa verteilten es gerecht auf alle Zelte nach der Zahl der Esser. Kleine Stücke wurden von den Hungrigen gleich roh verzehrt.

      Harka hatte den Hengst des Vaters wieder vor dem Zelt angepflockt und ging jetzt umher, um die toten Wölfe zu besehen und die Spuren der nächtlichen Ereignisse zu verfolgen. Er fand den Wolf, den er getötet hatte, und schnitt sich die Ohren als Siegeszeichen ab. Harpstennah, der jüngere Bruder, stand bewundernd dabei. Harka winkte ihm mitzukommen. Er erklärte dem Neunjährigen die Fährten und den Verlauf des Kampfes, damit er etwas lernen konnte. Immer wieder beschaute Harka die erlegten Wölfe. Das große Tier, das er in dem gefährlichsten Augenblick des Kampfes in der Nähe gesehen hatte, war nicht dabei. Harka ging mit dem Bruder vorsichtig das Gelände nach den Wolfsspuren ab. Er konnte die Fährte des großen Wolfes herauskennen. Dieser hatte kräftigere Pfoten und rannte in größeren Sätzen als die anderen. Er war entkommen.

      »Dieser Wolf ist ein großer Häuptling unter den Wölfen«, erklärte Harka Harpstennah. »Wir haben an den Fährten gesehen, wie er sein Rudel herangeführt und wie er es geteilt hat, um uns zu überlisten. Viele Wölfe sind getötet worden, aber die anderen sind satt, obgleich es keine Büffel gibt.«

      Die Jungen gingen nach ihrem Streifzug zu dem väterlichen Tipi zurück. Im Zelt fanden sie Tschetan und Schonka, die sehr beschämt vor Mattotaupa standen. Harka wäre am liebsten mit Harpstennah zusammen sofort wieder hinausgegangen, denn er wollte nicht, dass der jüngere Bruder mit anhörte, wenn Tschetan, Harkas großer Freund, getadelt wurde. Aber schon war es zu spät, Harpstennah war bereits zur Mutter in den Hintergrund des Zeltes gelaufen, und so blieb auch Harka stehen und hörte sich alles mit an.

      »Ihr beiden habt gehandelt wie kleine Mädchen, die sich nicht beherrschen können«, sagte der Kriegshäuptling eben zu den beiden Burschen, und das

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