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100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 2. Erhard Heckmann
Читать онлайн.Название 100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 2
Год выпуска 0
isbn 9783957444042
Автор произведения Erhard Heckmann
Жанр Книги о Путешествиях
Издательство Автор
Diese Hütte nützt David auch noch selbst, wenn er im Herbst mit Jägern hier unterwegs ist. Auch das gehört zu seinem Geschäft „Guiding and Packing in dritter Generation“. Hütte und benachbarter Schuppen schützen so manch „altes Ding“, das noch immer gute Dienste verrichtet. Dem riesigen eisernen Ofen mit „Wasserpfanne“, großer Backröhre und einem Ofenrohr, das direkt zum Dach strebt sieht man an, welch große Wärme er ausstrahlen kann, wenn er richtig befeuert wird. Mich erinnert er an ein ähnliches Stück, das in meinen Kindertagen bei meinen Großeltern in der Küche des Bauernhofes stand, eigentlich die gleiche Version, nur mit einem anderen Herstellernamen an der kippbaren Backofentür. Auch andernorts war das oft so, dass mir Wagen und Geräte begegneten, die auch mein Großvater noch verwendete, oder mit denen ich in ganz jungen Jahren noch selbst gearbeitet habe. Im Wagenschuppen hatten auch ein Korbwagen und ein „vornehmer“ Landauer ihren Platz, da hingen die gleichen Pferdegeschirre, und die Mähmaschine oder der Selbstbinder verkündeten lediglich ein anderes Fabrikat als die, die ich in Kanada an „Historischen Orten“ oder in Freilichtmuseen sah. Auch die Heurechen und Heuwender mit Doppeldeichsel, in der ein einzelnes Pferd agierte, sahen hier nicht anders aus als die, auf deren eisernem Sitz ich Platz nahm, wenn im Sommer nach der Schule jede Hand gebraucht wurde. Dazu gehörten auch die Leiterwagen für die Heu- und Getreideernte, die sich durch Austausch der Aufbauten zum Kastenwagen wandelten, wenn Kartoffel, Rüben oder Möhren vom Feld abgefahren werden mussten. Auch die „selbstgehenden“ Ackerpflüge waren mir längst bekannt. Diese hatten statt einer einzigen „festen“ Pflugschar, zweimal zwei drehbare, damit auch in der Gegenrichtung gepflügt werden konnte. Für mich als helfender Bub hatten sie neben dem Vorteil, dass man sie unterwegs nicht festhalten musste, auch einen Nachteil, sie waren sehr schwer. Und für mich, als 13- oder 14-jährigem Knirps kam das Problem dort, wo am Feldrand gewendet wurde, um die nächsten fünfzig Zentimeter in entgegengesetzter Richtung umzupflügen. Ich musste unter die Handgriffe des Pfluges kriechen, um das schwere Gerät mit den Schultern anheben und um 180 Grad drehen zu können. Derartiges gab es hier in der Blockhütte natürlich nicht, dafür aber Ambos, Hufeisen, Sense, Dengelzeug, Pech, Faden und Sattlernadeln, Äxte, Eimer, Siebe, Bandsäge, Gummistiefel, Decken, Seile, Rucksäcke, Lederriemen und Kleinkram, der an der Wand oder unter dem Dach hing.
Der Ritt zurück zum Camp führte über einen kleinen Umweg, und dort wird, nach einem schnellen, allerletzten Kaffee, der Duffel Bag reisefertig gemacht. Die Zelte bleiben stehen, denn in zwei Tagen bringt das Buschflugzeug neue Reiter nach hier. Unser Sack ist schnell gepackt und verschnürt, und so stiefeln wir durchs hohe Gras hinunter zum See, um uns von den Pferden zu verabschieden. Escort grast vorn an der Wiese, mein Schimmel schläft ziemlich weit hinten am Ufer. Dem Schwarzen streiche ich nur einige Male zum Dank wortlos über den Hals, dann gehe ich weiter. Ich weiß, dass Sabine jetzt mit ihm allein sein möchte, denn für mich gilt das auch. Als ich näher komme, steht Richard auf. Ich streichle seinen Hals, graule ihn zwischen den Ohren, dann nehme ich seinen Kopf in beide Hände. Und während ich leise mit ihm spreche, schauen seine großen, dunklen Augen aus, als würde er jedes Wort verstehen. Er war mir ein treuer, zuverlässiger Kamerad gewesen, nicht hübsch oder auffallend, aber ein ganz tolles Pferd, das mir ans Herz gewachsen war. Und ich bin froh, jetzt mit ihm ganz allein zu sein. Eigentlich bin ich eher ein „harter Hund“, doch der Abschied von diesem Pferd geht mir unglaublich nahe. Ich habe ihm aber alles gesagt, was ich ihm sagen wollte, und nach einer letzten Umarmung und „Lebewohl“ gehe ich schnurstracks zurück zum Zelt. Im Moment möchte ich mit niemandem sprechen, nur einige Augenblicke allein sein. Und als ich um die Ecke in die kleine Schlucht einbiege, lehnt David an einer verwitterten Fichte. Er hatte das Ganze wohl beobachtet. Er sagt aber kein Wort, nickte mir nur unmerklich zu …
Wenig später hören wir die Beaver kommen. Sie hat den typischen Sound dieser kleinen Maschinen, hart, tief und kernig. Das Buschflugzeug mit den Wasserkuven zieht einen Halbkreis über dem See und setzt weit draußen auf. Und während wir unsere geschulterten Packsäcke Richtung Anlegestelle – ein paar Bretter im Gras – tragen, kommt die Maschine auch schon durchs Schilf getuckert, dreht bei und schaukelt lautlos zum Rand des Wasserarmes. David packt das kurze Seil, das an der Tragfläche baumelt, und hält es fest, bis der Pilot sie vertäut hat. Die Stimmung ist jetzt auch bei den vier Kanadiern gedrückt, denn wir hatten Menschen kennen gelernt, die uns mehr gegeben hatten als ein wunderschönes Naturerlebnis. Und ich glaube auch heute noch – einige Jahre später – dass wir auf unseren Reisen nie zuvor oder danach Menschen trafen, von denen uns der Abschied ähnlich schwer fiel, wie von Joyce und David. Den Pferden wünschten wir, dann mit Engländern im Sattel, einen guten und sicheren Weg zurück. Dass der Chef persönlich am Steuerknüppel saß beruhigte die, die erstmals in eine kleine Maschine einstiegen. Aber diesen Buschfliegern kann man sich getrost ohne Wenn und Aber anvertrauen. Sie können fliegen, am technischen Zustand gibt es keinerlei Zweifel und die Maschinen sind ihr Broterwerb und ihre eigene Lebensversicherung. Vor Jahresfrist im afrikanischen Tansania waren die Gefühle schon etwas anders. Auch jener Pilot war gut, doch waren das auch die Finanzen der Firma? Damals ging jedenfalls alles glatt, und der Flug entlang eines wolkenlosen Kilimanjaros war ebenso beeindruckend, wie die große Safari. Seither sind mir diese kleinen Maschinen äußerst sympathisch. Ganz besonders aber, wenn es sich um nordamerikanische Wasserflugzeuge handelt, mit einheimischen oder englischen Piloten.
Vor dem Einsteigen werden noch einige Kartons für Davids Nachschub ausgeladen, und dann geht alles sehr schnell. Ein letzter Händedruck, das Versprechen „wir kommen wieder“, ein kurzes Winken des Piloten und der Siebensitzer dreht ab zum offenen See. Dort gewinnt er über dem hellgrün schimmernden Wasser schnell an Höhe und zeigt uns rechterhand, dass sich hinter dem Ufer weite Waldflächen ausbreiten, während gegenüber schneebedeckte Berge den Horizont säumen. Minuten später ist unter uns nichts als Wald, nur einige Flüsse heben sich glänzend ab. Hier und dort leuchtet auch ein hellgrünes Tal zu uns herauf, und die Holzeinschläge gleichen kompakten Feldern, runden und viereckigen. Die Wege, die von ihnen wegführen, ähneln ungeglätteten Wollfäden, die sich irgendwo unter uns verliert. Und als es durch die Rainbow Mountains geht, sitze ich auch auf der richtigen Seite, denn die von der Sonne angestrahlten Felsen leuchten jetzt in ihrer ganzen Pracht, und dass der Pilot wegen der Aufwinde nahe am Hang entlang fliegt, macht das Ganze noch attraktiver. So nahe über dieses bunte Gebirge zu fliegen ist grandios, und das der Pilot – Absicht, Zufall oder kundenfreundlicher Service – noch zusätzlich eine scharfe Kurve fliegt und anschließend eine „Acht“, ist besonders schön. Ersteres erfreut die rechts sitzenden Passagiere, die nun in den Genuss der ganzen Farbenpracht kommen, während die Acht einer Grizzlyfamilie galt, die der Pilot entdeckt hatte. Die insgesamt etwa vierzig Minuten vergingen im wahrsten Sinne wie im Flug, und als die Maschine auf unserem Heimatsee, dem Anahim Lake, aufsetzt, hat es weder geholpert noch gespritzt, man merkt rein gar nichts. Die restlichen Meter bis zum Bootssteg von Eagles Nest dauern keine zwei Minuten, und damit ist das Abenteuer Trailritt zu Ende.
Die nächste Stunde gehört jedem selbst, und nach gründlicher „Wäsche und Rasur“ wartet die Dame des Hauses mit kaltem Bier und einem zünftigem Abendessen auf uns, und in Salzburg oder Tirol hätte auch nichts Besseres auf dem Tisch stehen können. Nur der Wein, mit dem wir anschließend unsere schöne Tour feiern, war kein Grüner Veltiner, sondern kalifornischer Roter. Bei der einen Flasche ist es natürlich nicht geblieben, aber sehr spät wurde es auch nicht, denn unsere vier kanadischen Mitstreiter mussten am nächsten Morgen zeitig aufbrechen, denn der Weg bis Calgary ist weit, und am Folgetag rief wieder die Arbeit. Und somit war der neue Tag auch für uns noch sehr jung, als wir den beiden Paaren nachwinkten und uns dann selbst an den gedeckten Frühstückstisch setzten. Was dann aber kam, klingt nicht nur ziemlich verrückt, es war es auch, und die Idee dazu wurde urplötzlich aus dem Nichts beim Frühstück geboren. Lady Enubi fand Sabines Wunschgedanken großartig und goss sofort Öl ins Feuer: „Spontane Dinge sind immer die besten. Tun Sie’s doch einfach. Die Dorseys werden das nie wieder vergessen!“ So schön es wäre, aber auf Anhieb kann ich mich mit „jenem“ Gedanken nicht anfreunden, denn er kostet einen zusätzlichen Tag, und umsonst geht es auch nicht. Andererseits,