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die Wahrheit, die sich im Teufel verbirgt, wird ihm so lange ein Rätsel bleiben, wie er sich selbst in ihr nicht sieht. Hier liegt fatalerweise der Ursprung imperialistischen Denkens, das in engem Zusammenhang mit der Funktion des Hohepriesters zu sehen ist. Das Verlangen nach sich selbst, als Streben im Außen nach dem Göttlichen, gibt Rückschluss auf eine mögliche Quelle des menschlichen Geistes, der sich in den Köpfen seiner Vasallen ständig an die eigene Begrenzung verliert. Die Schöpferkräfte scheinen sich selbst durch ihre Geschöpfe vernichten zu wollen. Die Geschichte ist voll von diesen schwarzen Priestern aus Politik, Religion, Wirtschaft und Wissenschaft, die den Menschen immer wieder in die Knechtschaft ihrer Vorstellung geführt haben.

      Zusammenfassend könnte man sagen, das Bocksgesicht des Hohepriesters ist die Maske, hinter der feige Menschen ihre Willenskräfte erfolgreich zum Ausdruck bringen können. Er projiziert sein Empfinden durch eine Maske hindurch, um sich in der Außenwelt erfolgreich zu manifestieren, und wenn er umgekehrt lernt, sich in seinen eigenen Manifestationen zu betrachten, dann mag er sich fragen, warum er diesen schöpferischen Kräften ohne den Umweg über den Hohepriester selbst nicht traut? Es gibt keinen Gott, der eine Art höheres Ego oder höhere Existenz wäre, dem er seine eigenen Ziele unterstellen könnte, sondern es gibt nur ein Ego, das das Bild eines Gottes benutzt, um ihm seine eigenen Pläne zu oktroyieren und in seinem Namen die eigenen Ziele zu verkünden. Er spürt auch, dass er seine schöpferischen Kräfte nur dadurch verwirklichen kann, wenn er sie über die Maske des Hohepriesters in die Welt projiziert und sich dann in der Betrachtung seiner eigenen Kreationen erkennt. Indem er sich mit dieser selbst geschaffenen Energiegestalt identifiziert, wird ihm all das, was er in sich fühlt, zugänglich, und zwar unter Ausschließung der selbstzweifelnden Kräfte, sich und seinen eigenen Gedanken nicht trauen zu können. Es ist nichts anderes als die Energie des Ego, sich selbst zu erhöhen, um sich damit eine Position zu schaffen, aus der es sich selbst überhaupt zu glauben vermag. Im Grunde ist er der Narr, der nicht wahrhaben will, dass er seine eigene Schöpfung sucht, denn seine eigene Schöpfung entspricht ja der Sehnsucht, ohne das nicht leben zu können, was er immer wieder findet: einen sich im Suchen selber darstellenden Lebenssinn! Anders herum betrachtet: Er konstruiert mit Hilfe der Maske, die er kontrolliert, Modelle, denen er traut, damit er überhaupt etwas besitzt, in dem er sich bewegen kann, und deshalb zeigt der Archetypus des Hohepriesters neben dem Herrscher, der die duale Welt baut, den spirituellen Schöpfer, der der materiellen Welt gleich auch noch ein duales Bild von Spiritualität oder Lebenssinn mit dem Ziel hinterherschiebt, dass sich seine Vorgaben vor unseren Augen ständig erfüllen. Milder ausgedrückt ist er der Schöpfer der Ebene, die ihn selbst verurteilt bzw. seiner Macht berauben will. Der Hohepriester ist der Wortschöpfer der Menschen und seine Betrachtungen sind die Quelle aller Literatur. Von Anfang an war sein Auftreten dem Untergang durch die Erkenntnis geweiht, weil er einsam in den Kuppelbauten der Welt seine Gedanken über Gott spinnt. Doch keine Angst! Äonen von Inkarnationen werden ihm eines Tages auch seinen größten und letzten Wunsch, sich selbst zu vergessen, erfüllen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

      Kontroverse

      Kronos als Hüter der Tradition

      Was kann der Hohepriester im Tarot anderes als den Verkünder dessen bebildern, was als Sinn und Zweck des Ganzen zu betrachten ist, verehrter Kollege? Wir wissen alle, worin das Schöpferziel des Geistesfürsten liegt: im Schaffen der Ver—ein—igung oder der Eins—Werdung der Gegensätze, im Werden und Vergehen oder der Verbindung zwischen dem Licht der Erkenntnis und der Dunkelheit des Nicht—Erkennens, diesem Schatten der Er—Ahnung. Die Lösung liegt im Verbinden dessen, was in Wahrheit nie getrennt war, diesem virtuellen Mörtel, der die Bilder in den Köpfen der Menschen zusammenhält, mit denen er den Dom zu Ehren seines Gottes baut. Er ist das Spiegelbild des Herrn des Himmels und der Erde selbst, weil er die Insignien seiner Größe auf sich vereint, und er ist durchaus in der Lage, auch die dunkle Seite der Macht zu bedienen, wenn sie am Ende nur hell im Glanz seines Gottesbildes erstrahlt. Die Versuchungen auf dem Weg der Macht können ihm nicht zum Schaden gereichen, denn er ist der wahre Vater des religiösen Geistes. Er überragt die weltlichen Führer, die sich nur für Macht und Wohlstand interessieren. Jeder hohe Priester legt ein Gelübde ab, durch das er sich verpflichtet, die verirrten Schafe um sich zu sammeln und in den heimatlichen Hort Zurückzuführen. Er ist der Fels in der Brandung, der Leuchtturm im Sturm der Flut und sein Wort trifft unfehlbar, weil er die Unwissenheit der Menschen ins Licht der Erkenntnis hebt und ihnen wie eine lodernde Fackel die Richtung weist: Vertraue meiner Lehre und gebe bin, um das, was du suchst, mit dem zu verbinden, was dir noch fehlt! Das Ziel ist die Essenz dessen, was als Wahrheit aus seinem Mund ertönt. Deshalb möchte ich Sie verbindlichst fragen: Wie kann ein windiger Rechtsverdreher wie Sie den Anspruch erheben, in dieser Karte etwas anderes zu sehen als die Aufforderung des Hohepriesters, der zum Aufbruch mahnt?

      Akronos als Advocatus Diaboli

      Durch eine bessere Frage, lieber Staatsanwalt: Welche Erkenntnisse können wir aus Illusionen ziehen, die wir nicht als Illusionen erkennen können? Im Grunde steht diese Karte für die Kraft, unsere Wissenserkenntnisse über sich selbst reflektieren zu lassen: Es ist die Selbstbetrachtung der eigenen Ausrichtung oder das Bild der menschlichen Vorstellung von sich selbst. Der Hohepriester ist ein Lehrer, der Seelen lehrt, in endlosen Monologen mit sich selbst zu reden, was wir nur darum nicht merken können, weil jeder ununterbrochen mit sich selber spricht. In dem Moment, in dem es darum geht, einen höheren Sinn zu entdecken, fühlt sich das Ego gezwungen, diesen Sinn zu interpretieren. Das Ergebnis ist ein Bild von Gott und eine Schatzkarte, wie dieser Gott gefunden werden kann. Aber es gibt keinen Gott und keine Landkarte! Es ist der unzureichende Versuch, das Unbekannte zu bebildern und es vom Bekannten zu unterscheiden, indem man das Unbekannte mit einem Bild des Bekannten ummantelt und somit als Ganzes kontrolliert. In dem Maße, in dem wir von einer solchen Weltanschauung eine höhere Erkenntnis erwarten, liefern wir uns den Regisseuren dieser Suggestionen aus, ganz egal, ob es kirchliche Institutionen wie in den vergangenen zweitausend Jahren sind oder politische Modelle, die für Attentate gegen Ungläubige beispielsweise Paradiesgärten versprechen. Zuerst lehren sie uns, dass die Welt an einem gewissen Punkt unserer Sichtweise zu sitzen hat, und dann befehlen sie uns, unsere Perspektive so auszurichten, dass wir die Welt an diesem Punkt auch sehen können. Solange wir ihren Vorgaben persönliche Züge verleihen und sie dadurch zu einer Grundlage unserer Vorstellung machen, sind wir Gefangene dieser Bilder, weil sie genau das suggerieren, was unsere Anschauung uns zu sehen zwingt. Unsere Sinne nehmen so wahr, wie die Prägungen unseres Bewusstseins sie einladen, wahrzunehmen, denn dieses ist gerade der Grund, warum wir annehmen, dass es überhaupt eine höhere Welt geben muss. Wahrheit ist: Die religiösen und philosophischen Glaubensmodelle sind reine Spekulation. Aber diese auf bloßen Mutmaßungen beruhende Erwartung hat eine wichtige Funktion. Sie ist der Kanal, gemeinsame Netzwerke aufzubauen, Erfahrungen zu machen und uns miteinander auszutauschen, ohne letzten Endes wissen zu müssen, wer wir sind. Anders formuliert: Illusion und Spekulation sind die Bahnen, damit sich die Bilder, die wir uns von der Welt machen, miteinander austauschen können, ohne dass wir uns mit der Frage beschäftigen müssen, wer wir wirklich sind oder wo der Sinn unserer Frage liegt. In dem Augenblick, in dem wir unsere Vorstellung in Frage stellen, richtet sich unser Fokus auf sich selbst aus bzw. unsere gesellschaftliche Ausrichtung fängt an sich selbst zu beobachten. Weil aber nichts mehr vorhanden ist, was sich außerhalb unserer Selbstbetrachtung beobachten lässt, stellt sich die Beobachtung auf sich selbst ein. Das bedeutet, sie erkennt plötzlich die eigene Welt, die wir aus dem Inventar unserer Vorstellung gebildet haben. Und da sie nichts so sehr wie eine Grundlage braucht, auf die sie sich abstützen kann, setzt sie - ohne das Inventar zu hinterfragen - immer neue Abwandlungen auf alte Denkschlaufen drauf. Deshalb kann das Ziel des Hohepriesters weder Licht noch geistiger Wegweiser sein - ganz im Gegenteil! Seine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass wir unsere Religion nicht als Illusion erkennen, denn sonst liefe uns unsere ganze Glaubensarchitektur davon.

      Deutungen

      Allgemein

      Der Hohepriester steht dem Herrscher nahe, denn die materiellen Werte, die der Herrscher schafft, füllt er mit einem geistigen Konzept. So gibt er den weltlichen Strukturen einen Sinn und erklärt sie zugleich. In unserer Gesellschaft

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