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Indianertod. Rainer Buck
Читать онлайн.Название Indianertod
Год выпуска 0
isbn 9783865068798
Автор произведения Rainer Buck
Жанр Зарубежные детективы
Издательство Автор
Heute waren sie auf ihre Kosten gekommen, das stand fest.
Mochten die Kleinen nun heulen um den toten Winnetou. Für Peter Becker war Branco Ilic keine edle Rothaut, die Trauer verdient hatte. Für ihn war Ilic ein Dreckschwein. Jana Felden konnte froh sein, diesen Typen los zu sein. Er hatte ihr immer wieder gesagt, dass dieser Hurensohn nichts für sie war. Aber sie wollte ihm nicht zuhören. Vorgestern Nacht hatte sie das Gespräch einfach beendet, kommentarlos den Hörer aufgelegt.
Sie würde schon noch kapieren. Heute war erst der Anfang.
5.
„Hallo, Robert!“
Falke drehte sich um und wirkte überrascht, Manuel Wolff hier zu treffen. Vielleicht galt die Überraschung auch der Begleitung seines Freundes.
„Lisa. Das ist mein alter Kumpel Robert Falke, im früheren Leben Kriminalkommissar“, stellte ihn Manuel vor. Dann wies er mit einer Geste, die fast etwas wie Stolz auf seine neue Bekanntschaft ausdrückte, auf die Frau neben sich: „Das ist Lisa Felden. Die Schwester von Ribanna.“
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Lisa“, sagte Falke und reichte ihr die Hand. „Auch wenn es ein verflucht böser Tag heute ist.“
„Was treibt dich eigentlich hierher, Robert? Hast du den Polizeifunk gehört oder …“
„Ich war mit Jessica hier“, entgegnete Falke.
Er wandte sich an Lisa und erklärte: „Meine Enkelin ist Winnetou-Fan.“
„Und ihr Großvater noch viel mehr“, ergänzte Manuel lächelnd, indem er auf seinen Freund zeigte. „Wir sind beide echte Karl-May-Fans, was uns immer wieder zu den Festspielen treibt. So etwas wie heute ist allerdings noch nie passiert. Das wird als schwarzer Tag in die Annalen der Festspiele eingehen. Und die gibt es immerhin seit 1963.“
„Ich habe Jessie gerade ihren Eltern übergeben und bin zurückgekommen, um den Kollegen ein wenig auf die Finger zu schauen.“
Falke deutete auf zwei Männer in Zivil, die auf der Bühne gerade in ein intensives Gespräch vertieft schienen. „Das sind Harmsen und Türck. Die scheinen hier das Zepter übernommen zu haben. Ich werde sicher erfahren, ob schon etwas über Tat und Täter bekannt ist. War schließlich Vorgesetzter der beiden. Ich gehe mal hinüber und sage Hallo.“
Kurz darauf konnten Lisa und Manuel erkennen, dass sich Falke mit seinen früheren Kollegen lebhaft unterhielt.
„Ihr Freund wirkt gar nicht wie ein Rentner“, stellte Lisa fest.
„Er hat das Pensionsalter auch noch nicht erreicht“, erwiderte Manuel. „Er ist nach einem Dienstunfall in den Ruhestand versetzt worden. Wenn ich ihn da drüben so mit seinen Kollegen sehe, denke ich, dass er am liebsten das Kommando wieder übernähme.“
Es dauerte einige Zeit, bis Falke wieder zur Abzäunung der Bühne kam. Offensichtlich hatte er erfahren, was ihn interessierte.
„Branco Ilic ist hinterrücks erschossen worden. Die Polizei vermutet den Schützen unter den Komparsen, die als Sioux mit auf der Bühne waren. Der Schuss kam eindeutig aus der Richtung, in der sich die Indianer aufhielten.“
Manuel überlegte. „Hm, das hört sich plausibel an, aber der Täter muss ja wohl damit rechnen, dass die Polizei alle Waffen überprüft. Falls da eine dabei ist, aus der mit echter Munition gefeuert werden kann, ist sie leicht zuzuordnen.“
„Der Täter könnte ein Gewehr versteckt und es in einem passenden Moment ausgetauscht haben.“
„Wenn er das Durcheinander gleich nach der Tat ausgenutzt hat, könnte er tatsächlich die Tatwaffe weggeschafft haben. Es sind 10 bis 15 Indianer auf der Bühne gewesen. Niemand hätte es bemerkt, wenn einer mal vorübergehend verschwunden wäre.“
Falke wandte sich ab und ging wieder zu den beiden Polizeibeamten hinüber. Nach einer Weile verabschiedete er sich von diesen und schlenderte zur rechten Seite der Spielfläche, wo ein paar Büsche standen. Er gab Manuel einen Wink, über die Bühnenabsperrung zu klettern und zu ihm herüberzukommen.
„Lass uns doch mal ein wenig wie Old Shatterhand auf Spurensuche gehen“, sagte er schmunzelnd. „Die Kollegen konzentrieren sich voll und ganz auf den Bereich, wo sich die Sioux-Darsteller aufhielten.“ Er deutete auf das Gestrüpp. „Hier könnte sich allerdings auch ein Schütze längere Zeit verborgen haben, ohne bemerkt zu werden. Schau mal hier, Manuel. Sieht das nicht so aus, als seien hier Äste abgeknickt?“
Manuel ging in die Knie und untersuchte den sandigen Boden. „Das könnte tatsächlich ein Fußabdruck sein.“
„Greenhorns“, murmelte Falke. „Die Spurensicherung dreht drüben jeden Bodenkrümel um, aber auf die Idee, hier nachzusehen, kam bisher kein Mensch. Wir dürfen natürlich nicht Detektiv spielen, so sehr es mich reizt. Ich sag den Kollegen Bescheid. Vielleicht finden sich im Gestrüpp irgendwelche Fasern, die ihnen weiterhelfen. Jedenfalls muss der Täter keiner der Schauspieler oder Komparsen gewesen sein. Da kann sich jeder eingeschlichen und auf die Lauer gelegt haben, wenn ich mich nicht irre.“
6.
„Es tut mir so leid für dich, Jana.“
Lisa breitete ihre Arme aus. Ihrer Schwester beugte sich zu ihr über den Rollstuhl und ließ sich die Umarmung gefallen.
„Ach, Lisa, es ist noch alles so surreal. Aber danke, dass du gekommen bist.“
Erst jetzt hatte Jana Felden Augen für Manuel, der an ihrer Wohnungstür stehengeblieben war.
„Wir kennen uns doch auch“, sagte sie verwundert.
„Ich habe Sie neulich interviewt. Mein Name ist Manuel Wolff.“
„Manuel hat mich hergebracht“, erklärte Lisa. „Paps war so durch den Wind, dass ihn Manuel erst mal in unserem Wagen heimfuhr. Mama war es dann wichtig, dass ich nach dir schaue. Beide wissen ja aus den Zeitungen, dass Branco und du …“
„Die Guten. Heute sind wirklich alle total besorgt um mich. Das ist ja irgendwie lieb.“
Manuel fuhr sich durch die Haare, ehe er Jana die Hand hinstreckte. „Ich möchte Ihnen noch mein Mitgefühl …“
„Danke.“ Jana drückte seine Hand und nickte ihm zu.
„Ich muss dann mal“, wandte sich Manuel an Lisa.
„Na klar. Die Redaktion wartet sicher sehnsüchtig auf deinen Bericht.“
„Autsch.“ Erschrocken schaute Manuel auf die Uhr. „Ich habe glatt die Zeit vergessen.“
Wenig später jagte Manuel über die B430 zurück nach Bad Espefeld. Zum Glück war wenig Verkehr, so dass er den PS-starken Van von Lisas Vater gut auf Touren bringen konnte.
Es war ein seltsamer Tag heute. Da war ein entsetzliches Ereignis über die sonst so heile Karl-May-Welt hereingebrochen, die er schon als Kind geliebt hatte. Da gab es für ihn zum ersten Mal in seiner Journalistentätigkeit nicht nur einen freundlichen Kulturbeitrag zu verfassen, sondern über ein Verbrechen zu berichten. Da hatte ihm sein Freund Robert durch seine guten Verbindungen zur Polizei noch am Tatort alles serviert, was in einer seriösen Zeitung jetzt schon geschrieben werden konnte. Und nun würde er es gerade noch schaffen, ohne letzte Recherche einen Artikel in den PC zu hauen und als E-Mail an Sandner, den Chef vom Dienst, zu schicken. Statt sich zu profilieren, würde er kämpfen müssen, die Sache nicht gerade zu verbocken.
Lisa Felden. Er kannte sie erst wenige Stunden. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, beschäftigte sie ihn selbst jetzt noch, wo er in Gedanken doch schon bei seinem Text sein sollte. Sie gefiel ihm. Lisa hatte eine Ausstrahlung, gegen die selbst die Aura ihrer prominenten Schwester zerstieb.
In diesem Moment schreckte ihn der Blitz einer Radaranlage auf. Manuel musste grinsen. Er fuhr das Auto von Lisas