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Maria Theresia. Katrin Unterreiner
Читать онлайн.Название Maria Theresia
Год выпуска 0
isbn 9783990404287
Автор произведения Katrin Unterreiner
Издательство Автор
Dank ihrer Entschlossenheit, ihres Kampfgeistes, Mutes und Durchhaltevermögens war es Maria Theresia schließlich gelungen, ihr Erbe trotz schwierigster Umstände zu verteidigen und im Land als Königin und Erzherzogin allgemein anerkannt zu werden.
Kaiserin oder doch nicht?
War Maria Theresia nun Kaiserin oder nicht? Die Frage ist leicht zu beantworten: ja und nein. Maria Theresia erbte beim Tod ihres Vaters Kaiser Karl VI. die Habsburgischen Erblande und damit den Titel der Königin von Böhmen und Königin von Ungarn. Der Titel für die österreichischen Länder war seit Anerkennung des Privilegium maius – der dreisten Fälschung Herzog Rudolfs IV. inklusive des dafür erfundenen Titels Erzherzog – durch Kaiser Friedrich III. eben Erzherzog. (Das Kaisertum Österreich wurde ja erst 1804 von Kaiser Franz II. quasi als Antwort auf die Selbstkrönung Napoleons zum Kaiser der Franzosen ausgerufen, nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches durch Franz zwei Jahre später blieb ihm der Titel des ersten österreichischen Kaisers, als solcher Franz I.)
Maria Theresia war demnach ab 1740 Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn und Böhmen. Den Kaisertitel konnte sie nicht erben, da das Heilige Römische Reich erstens ein Wahlkaisertum war, bei dem der Kaiser von den seit der Goldenen Bulle auserkorenen sieben Kurfürsten gewählt und anschließend gekrönt wurde, zweitens stellte das Heilige Römische Reich ein katholisches Kaiserreich dar, in dem – analog zur katholischen Kirche – Frauen ausgeschlossen waren. Als nach Karls Tod der bayerische Kurfürst Karl I. und nicht Maria Theresias Gemahl Franz Stephan von Lothringen von den Kurfürsten zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gewählt wurde – wohl auch um die Macht der Habsburgerdynastie einzuschränken – schien die Kaiserwürde für die Habsburger verloren. Doch Karl VII. starb bereits 1745 und Maria Theresia hatte in der Zwischenzeit ihre Macht so weit gefestigt, dass ihr Mann nun wieder in Frage kam. Entscheidend war jedoch der Zweite Schlesische Krieg, den Maria Theresia erneut gegen Friedrich verlor – diesmal jedoch immerhin mit der Zusage des Preußenkönigs, bei Österreichs Verzicht auf Schlesien Franz Stephans Wahl zum Kaiser zu unterstützen. Somit lag nach einer kurzen Unterbrechung die Kaiserwürde wieder in den Händen der Habsburg-Lothringer, wie die Dynastie seit dem Tod Karls VI. und damit dem Aussterben der Habsburger im Mannesstamm offiziell hieß. Als seine Gemahlin führte Maria Theresia nun auch automatisch den Kaisertitel – ohne selbst Kaiserin zu sein. Von Zeitgenossen wurde sie von 1740 bis 1745 als Königin tituliert, ab 1745 Kaiserin-Königin, erst in späteren Jahren setzte sich schließlich der Titel Kaiserin der Einfachheit halber durch – obwohl dies nicht „ihrer“ war. Da jedenfalls alle Gemahlinnen der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und später auch des österreichischen Kaisertums den Titel ihrer Männer führten und als Kaiserinnen benannt wurden, ist die Bezeichnung Kaiserin für Maria Theresia korrekt – wenn auch immer wieder damit irrtümlich angenommen wird, sie wäre die gewählte und gekrönte Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches gewesen.
Die Kronen von Ungarn und Böhmen und der Erzherzogshut: das Große Wappen Maria Theresias, nach 1765.
Franz Stephan – träger Lebemann oder cleverer Manager?
Während Maria Theresia mit großer Energie nicht nur die Erblande regierte, sondern auch in Reichsangelegenheiten den Ton angab und sich dabei äußerst selbstbewusst von ihrem Mann weder dreinreden noch beeinflussen ließ, nahm die Öffentlichkeit den Kaiser nur am Rande wahr und verfälsche die historische Bedeutung Franz Stephans nachhaltig. Selbst Zeitgenossen ließen sich vom nach außen zurückhaltenden Auftreten des Kaisers täuschen und beschrieben ihn als träge, faul und an Geschäften jeglicher Art uninteressiert. So berichtete der preußische Gesandte Podewils nach Berlin: „Da er von Natur aus träge ist, weiß er sich mit keiner Sache gründlich zu befassen … Er hasst die Arbeit. Er ist wenig ehrgeizig und kümmert sich so wenig wie möglich um die Regierungsgeschäfte. Er will nur das Leben genießen, es angenehm verbringen und überlässt der Kaiserin gern den Ruhm und die Sorgen der Regierung. Diese Fürstin und ihre Minister lenken ihn und vor allem in den Reichsangelegenheiten, von denen er wenig Kenntnis hat (…) Wenn er den Beratungen beiwohnt, so ist es nur des äußeren Anstandes wegen, und obgleich er dort manchmal gute Ratschläge gibt, schenkt man ihnen selten Beachtung.“24
Doch der Schein trog gewaltig. Während der Kaiser den Eindruck charmanter Untätigkeit vermittelte, wurde wenige Schritte von der Hofburg entfernt im sogenannten „Kaiserhaus“ in der Wallnerstraße 3 eifrig gearbeitet. Denn in Wahrheit widmete sich Franz Stephan, ohne nach außen viel Aufsehen zu erregen, dem Aufbau der wirtschaftlich höchst erfolgreichen Firma „Habsburg-Lothringen“. Der Kaiser konsolidierte dabei nicht nur die Finanzen des Reiches, sondern gründete quasi im Stillen ein Wirtschaftsimperium, das den enormen privaten Reichtum der Habsburger bis zu Kaiser Franz Joseph und seinen Nachkommen begründete und als „Stiftung“ über Generationen sicherte. Das Palais in der Wallnerstraße war die Schaltzentrale seines Imperiums, das er mit großem wirtschaftlichem Geschick und guter Menschenkenntnis regierte. Denn Franz Stephan hatte die Gabe, besondere Talente und Fähigkeiten zu erkennen und entsprechend einzusetzen, wobei er im Gegensatz zu den geltenden gesellschaftlichen Spielregeln Qualifikation stets vor gesellschaftlichen Stand oder Religionszugehörigkeit stellte. Da der Kaiser über kein Privatvermögen verfügte und nach neuestem Quellenstand auch der Tausch Lothringens gegen die Toskana ursprünglich nicht mit finanziellem Wohlstand verbunden war,25 standen am Beginn kleine Investitionen, die sich langfristig als äußerst gewinnbringend erwiesen. So kaufte er günstig zahlreiche kleine Güter und Herrschaften in desolatem und abgewirtschaftetem Zustand, um sie in moderne wirtschaftliche Betriebe zu verwandeln. Hierbei konnte er die Erkenntnisse und Erfahrungen seiner Reisen durch Holland, England und Schlesien in den Jahren 1731/32 umsetzen und die landwirtschaftliche Produktion mit Hilfe neuer Methoden vorantreiben. Er investierte in neue Maschinen, verbesserte die Produktionsabläufe und konnte damit die Erträge aus Viehzucht, Landwirtschaft, Brauerei, Weinbau, Fischzucht und Forstwirtschaft um ein Vielfaches erhöhen. Auch Brau- und Wirtshäuser erwiesen sich als äußerst lukrativ. Vor allem die Güter Holics und Sassin entwickelten sich ertragreich und wurden zu Mustergütern der Monarchie. Mittels modernster Methoden, die er in Holland kennengelernt hatte, etablierte sich Franz Stephan z. B. auch als ertragreichster Entenzüchter des Reiches, indem Wildenten angelockt, mit Netzen gefangen wurden und im großen Stil in alle Teile der Monarchie und an den Hof geliefert werden konnten.
Die Schaltzentrale des Imperiums von Franz I. Stephan: das „Kaiserhaus“ in der Wallnerstraße. Stich von Salomon Kleiner.
Kaiser Franz I. Stephan umgeben von den Vorstehern der vier wissenschaftlichen Hofinstitute. Gemälde von F. Messmer und J. Kohl, um 1764.
Doch nicht nur als Landwirt, sondern auch als Industrieller erwies er sich als äußerst erfolgreich. Nach dem vor allem wirtschaftlich herben Verlust Schlesiens bereiste Franz Stephan Böhmen und Mähren auf der Suche nach besten Standorten für Tuchmanufakturen, Leinwebereien und Spinnereien, gründete in Kladrub