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wollte nur … ach, eigentlich hatte ich vor, ein bisschen mehr Abstand zu Paige zu bekommen. Und jetzt sitze ich ausgerechnet bei ihr fest.“ Er sah Zac mit versteinertem Blick an und fuhr fort: „Wenn ich versuche, aus der Nummer herauszukommen, dann werde ich ihr wehtun, oder sie merkt, dass etwas im Busch ist, und das wäre noch schlimmer.“

      Der Argwohn wich langsam aus Zacs Blick, während er den Rollstuhl heranschob und die Bremse feststellte. „Aber das wäre doch auch kein Weltuntergang, oder?“, fragte er.

      „Vergiss es“, antwortete Riley.

      Er würde es einfach über sich ergehen lassen müssen, indem er sich bis zur Erschöpfung in seine Übungen und Therapien reinhängte, um möglichst schnell eine Prothese zu bekommen und wieder selbstständig leben zu können. Je früher er wieder allein zurechtkam, desto schneller könnte er wieder aus Paiges Leben – und aus Summer Harbor – verschwinden, und zwar endgültig.

      KAPITEL 3

      Paige schaltete den Fernseher aus und rutschte auf Knien zu Rileys Rollstuhl hinüber. Nach einem turbulenten Wiedersehensfestmahl hatte sich die Familie schon recht bald wieder verzogen. Vielleicht hatten sie gespürt, wie erschöpft Riley war, trotz seiner tapferen Bemühungen, sich an dem lebhaften Gespräch zu beteiligen, das sich vorwiegend um den Alltag in Summer Harbor gedreht hatte. Es war um Zacs Restaurant gegangen, um Beaus Verlobung, Zacs Hochzeit und um die Weihnachtsbaumplantage. Die jüngsten finanziellen Engpässe im Tierheim hatte Paige einfach beschönigt, denn sie wollte nicht, dass Riley sich auch noch Sorgen um ihren Lebensunterhalt machte. Er sollte sich ganz auf seine Wiederherstellung konzentrieren können.

      Neben dem Rollstuhl blieb sie auf Knien sitzen und betrachtete sein gutaussehendes Gesicht, das nicht einmal jetzt im Schlaf völlig entspannt war. Zwischen seinen Augenbrauen verliefen zwei steile senkrechte Falten, und sein Mund war fest geschlossen. Er hatte sich verändert in den fünfzehn Monaten, die er weg gewesen war. Sie hatte die Veränderung zwar auch schon bemerkt, wenn sie über Skype miteinander gesprochen hatten, aber jetzt war sie noch viel deutlicher zu erkennen.

      Sein Gesicht war kantiger geworden, besonders das Kinn, sodass er härter wirkte. Sie nahm, an, dass Menschen sich durch den Krieg einfach veränderten, und zwar äußerlich wie innerlich. Seine langen dunklen Wimpern, die bei geschlossenen Augen besonders auffielen, waren das einzig Weiche und Jungenhafte, das ihm geblieben war.

      Sie kannte ihn jetzt schon so lange und so gut. Vielleicht war das auch der Grund, weshalb sie ihm den glücklichen Heimkehrer nicht so recht abnahm. Er hatte es vermieden, irgendetwas darüber zu erzählen, was er in den vergangenen Wochen durchgemacht hatte, und seine Verwundung war den ganzen Abend der rosa Elefant im Raum gewesen.

      Jetzt kam ihre Katze Dasher angeschlichen, strich ihr um die Beine und schnupperte in Rileys Richtung.

      „Schön, dass er wieder da ist, nicht wahr, meine Kleine?“, sagte sie.

      Sie betrachtete Rileys Unterarme, die hart wie Stahl aussahen und in starke, schwielige Hände mit kräftigen Fingern übergingen. Seine Hände – männliche Hände – hatten ihr schon immer gefallen. Seine Arbeit als Hummerfischer hielt ihn fit, und am glücklichsten war er immer gewesen, wenn er draußen auf dem Wasser auf dem schaukelnden Boot sein konnte und den Wind in den Haaren spürte. Deshalb war sie auch so überrascht gewesen, als er sich freiwillig zur Army gemeldet hatte.

      Überrascht und bestürzt. Und ja, das gestand sie sich selbst ein, auch wütend. Er hatte es ihr einfach ganz sachlich mitgeteilt, kurz und trocken, ohne dass er irgendwann vorher auch nur ein Wort darüber verloren hätte. Er war einfach gegangen, und sie hatte sich im Stich gelassen gefühlt – ein Gefühl, das sie nur zu gut kannte.

      Doch jetzt war nicht der richtige Moment, sich damit zu befassen. Er war wieder zurück und brauchte sie.

      „Riley.“

      Die Furchen zwischen seinen Augenbrauen wurden noch tiefer, und er drehte den Kopf zur Seite.

      Sie hasste es, ihn wecken zu müssen, aber es war notwendig, damit er ins Bett kam. Außerdem musste sein Verband gewechselt werden. Sein Bett war schon bereit, die Decken aufgeschlagen, und sie hatte alle Hindernisse auf dem Weg dorthin weggeräumt. Auf seinem Nachttisch stand neben seiner Tablettenpackung ein Glas Wasser, und die Krücken befanden sich in Reichweite neben dem Bett.

      Sie legte ihre Hand auf seinen Arm, strich mit den Fingern ganz leicht über das dunkle Haar und sagte leise: „Riley, es ist Zeit für …“

      Er erschrak, und im nächsten Moment flog sie rückwärts nach hinten, prallte auf den harten Boden auf, rutschte ein Stück darauf entlang und prallte mit dem Kopf gegen die Wand. Dabei bohrte sich der schwere Ring, den sie an einer Halskette trug, in ihr Kinn.

      Sie blinzelte und war so benommen, dass sie sich erst orientieren musste, wo sie sich befand und was passiert war. Ihre Ellbogen brannten, ihr Kopf dröhnte, und der ganze Oberkörper schmerzte. Autsch.

      „Paige!“, rief Riley, und der Schrecken stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er löste die Bremse seines Rollstuhls und kam zu ihr hingefahren.

      „Ist schon gut. Alles in Ordnung. Mir geht es gut. Nichts passiert.“ Sie setzte sich vorsichtig wieder auf die Knie und merkte, dass ihr von dem Aufprall mit dem Kopf etwas schwindelig war, aber sie setzte ein Lächeln auf, als er neben ihr anhielt, und sagte in bemüht munterem Ton: „Mensch, Callahan, du bist da drüben ja noch stärker geworden.“

      „Tut mir wirklich leid. Ich wollte dir nicht wehtun.“

      Sie stieß ein kurzes, schnaubendes Lachen aus. „Ist schon gut. Alles in Ordnung. Ich bin ja ziemlich zäh“, sagte sie und strich sich das Haar aus dem Gesicht.

      Mit leicht zusammengekniffenen Augen schaute er auf ihren Unterarm. „Du blutest ja.“

      Sie warf einen kurzen Blick auf die Stelle und wiegelte ab: „Ach, das ist nur ein kleiner Kratzer. Ein Pflaster, und alles ist wieder wie neu. So, und jetzt wollen wir mal …“

      „Du hast dir auch den Kopf gestoßen.“

      „Ach, wirklich?“, entgegnete sie mit einem Grinsen. „Das ging alles so schnell. Ich habe schon gedacht, du hättest eine neue Superpower. So wie dieser Typ aus Twilight.“

      Da schlug er mit der Faust auf die Lehne des Rollstuhls und entgegnete: „Verdammt noch mal, jetzt hör endlich auf, Witze zu machen. Das ist nicht lustig. So geht das hier nicht.“

      Ihre Mundwinkel gingen nach unten, während sie gleichzeitig etwas wie eine schwere Last in ihrer Körpermitte verspürte. „Jetzt sei doch nicht albern. Es war meine Schuld. Du bist gerade aus einem Krieg zurück – ich hätte es mir denken müssen. Ich habe viel darüber gelesen, und das, was gerade passierte ist, ist eigentlich typisch. Nächstes Mal passe ich einfach besser auf“, sagte sie.

      „Aber es ist doch nicht richtig, wenn du dich in deiner eigenen Wohnung in Acht nehmen musst. Und genauso wenig ist es richtig, dass du dich um mich kümmerst“, sagte er und umklammerte dabei die Armlehnen seines Rollstuhls.

      Sie atmete einmal heftig aus, setzte sich auf die Knie und legte ihre Hand auf seine. So viele Emotionen spiegelten sich da in seinem Blick wider – Bedauern, Frust und Zorn –, und wahrscheinlich waren da jede Menge ähnlicher Gefühle, die noch nicht hochgekommen waren. Das mochten alles negative Empfindungen sein, aber wenigstens waren sie echt, und das war ihr lieber als diese gespielte Munterkeit, die er an den Tag legte, seit er aus dem Flieger gestiegen war.

      „Hör mal, Callahan, ich werde für dich da sein, ob es dir passt oder nicht, denn dazu hat man schließlich Freunde. Du würdest das Gleiche auch für mich tun, das weißt du genau. So, und jetzt bringen wir dich erst mal ins Bett, und du schläfst dich aus, damit du für deine erste Physiotherapie morgen gut ausgeruht bist. Nach allem, was ich gehört habe, wird der Physiotherapeut

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