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Was wird die Schule nur dazu sagen!« Der Richter brütete vor sich hin. Das, was er zu hören bekommen hatte, machte ihm Herzschmerzen.

      »Darf ich noch etwas sagen?« fragte Queenie.

      »Bitte. Wenn es wichtig ist.«

      »Da Stonehorn das Kettchen gefunden hatte, habe ich es ihm als Andenken geschenkt.«

      Der Richter zuckte zusammen.

      »Wo fand er es?«

      »Am Straßenrand, ein Stück weit unterhalb der Siedlung hier, in Richtung New City. Es lag da, als ob Harold es weggeworfen hätte.«

      Die Angaben stimmten überein.

      Der Richter lehnte sich zurück.

      In den Zügen von Joe King stand nicht einmal Triumph geschrieben. Er war benommen.

      »Queenie«, sagte der alte Mann, »du weißt nicht, was du getan hast, aber es ist nun unwiderruflich, und du hast dir einen schweren Weg gewählt. Vielleicht wird dein Vater dich nicht mehr in seinem Hause dulden, vielleicht wird die Schule dich nicht mehr aufnehmen. Sieh ein, Queenie, dass du deinen Mann zwar entlasten, aber nicht reinwaschen konntest. Er hat schon viel Böses auf dem Gewissen. Das Kettchen entfällt als Beweisstück, aber Harold Booth ist nicht da, und bevor wir ihn nicht gefunden haben, tot oder lebendig, bleibt der Verdacht in der Schwebe. Man wird auf Joe King immer noch mit Fingern zeigen, und auch du wirst jetzt keinen Schritt mehr tun können, ohne dass die Leute dir nachschauen. Ich wünsche dir aber nicht Böses, sondern Gutes. Gewinne deinen eigenen Charakter wieder, Queenie. Du solltest unseren Mädchen ein Vorbild sein … das musst du erst wieder werden.«

      Der Richter wandte sich an Runzelmann. »Ihr könnt Isaac Booth sagen, es bestehe noch ein wenig Hoffnung, dass sein Sohn am Leben ist, solange wir die Leiche nicht gefunden haben. Wir werden die Vermisstenanzeige weitergeben.«– Dann befahl er den Polizisten: »Nehmt Joe King die Handschellen ab. Der Haftbefehl ist aufgehoben. – Hoffentlich nicht bis zum nächsten Mal … Joe King. Du stehst noch immer unter Verdacht, und wenn ich dich frei umhergehen lasse … dann nicht um deinetwillen und nicht um Queenies willen … aber um Queenies Eltern willen. Ihr werdet heiraten?«

      »Ja«, sagte Stonehorn. »Wir sind Mann und Frau.«

      Als die beiden jungen Menschen das Gericht verlassen hatten, gingen sie zusammen die Agenturstraße entlang. Die Gerüchte waren inzwischen lebendig geworden, und wer die beiden bemerkte, schaute ihnen heimlich nach.

      Stonehorn hatte seine lässig-hochmütige Haltung angenommen, mit der er sich gegen das Misstrauen und die Verdächtigungen abschirmte, die er von seinen Mitmenschen erwartete. Queenie aber ging unbefangen neben ihm her, als ob sie dies schon gewohnt sei. Sie wusste nicht, wo er hinstrebte, aber sie ging mit, ohne zu fragen.

      »Sie haben mir eine Art Bewährungsfrist gegeben, ehe sie mich wieder verhaften«, sagte Stonehorn, als er sicher wusste, dass niemand mithören konnte. »Ich gebe denen auch Zeit. Wenn sie fruchtlos abgelaufen sein wird, hast du keinen Mann mehr, Tashina. Dann werden sie Joe King erst kennenlernen.«

      »Was tun wir nun zuerst, Inya-he-yukan?«

      »Wir gehen jetzt noch einmal zu der Stelle, wo ich das Kettchen gefunden habe. Ich muss mir das genau ansehen. Wenn Harold ein Bandit gewesen wäre, könnte ich dir wahrscheinlich schon sagen, wo er steckt – tot oder lebendig. Aber er ist ein guter Mann, und mit den Gewohnheiten von guten Männern und ihren sonderbaren Einfällen weiß ich nicht genug Bescheid. Ich muss mich in den Dummkopf erst hineindenken. – Nachher – ja, nachher suche ich Quartier für uns und Arbeit für mich. Es wird weder das eine noch das andere leicht zu finden sein. Dein Vater nimmt uns nicht auf. Das steht fest.«

      »Und dein Vater?«

      »Der nimmt uns auf, aber das kannst du nicht ertragen.«

      Stonehorn brach ab.

      Lauras braunhäutige Finger mit den rotlackierten Nägeln glitten über die Tasten. Sie hatte für den Superintendenten zu schreiben; es war ein amtliches Schriftstück, und nicht der geringste Fehler durfte es verunstalten.

      Ein Besucher trat ein. Ein Klopfen hatte sie nicht gehört. Als er nun vor ihr stand, erkannte sie ihn. Es war Joe King.

      »Ich bitte, den Superintendenten zu sprechen«, sagte er, als ob dies die einfachste Sache der Welt sei, obgleich nicht einmal der Häuptling, jetzt genannt Chairman oder President, gewagt hätte, einfach zu dem Superintendenten, dem obersten der Aufsichts- und Verwaltungsbeamten der Reservation, vordringen zu wollen.

      »In welcher Angelegenheit?« fragte Laura.

      »Das werde ich ihm selbst vortragen.«

      »Wenn es sich um eine Wohlfahrtsangelegenheit handelt, bitte Mrs Carson, Ökonomie, Mr Haverman … Schulwesen brauchen Sie wohl nicht mehr.«

      »Danke, ist bekannt. Ich wünsche den Superintendenten zu sprechen.«

      »Der Superintendent nimmt nur Vorlagen an, die bereits von den Fachdezernenten und von seinem Stellvertreter, Mr Shaw, bearbeitet sind.«

      »Wenn Sie mir das als die Auffassung des Superintendenten schriftlich geben können, sehe ich von meiner Bitte ab.«

      Laura fuhr mit der Zungenspitze über die rotbemalten Lippen. Was für ein frecher Mensch! Und wie er sich auszudrücken verstand. Sie war gewohnt, dass Indianer, die abgewiesen oder an eine andere Stelle verwiesen wurden, stillschweigend wieder verschwanden. Aber Joe King hatte wohl von Anwälten und Richtern in seinen Strafprozessen gelernt.

      Laura kämpfte mit sich. Dann nahm sie das Schriftstück, mit dem sie zu ihrem Vorgesetzten zu gehen hatte, und begab sich in das Zimmer des Superintendenten.

      Er war allein und studierte eben Rundschreiben, die die einzelnen Reservationsverwaltungen über die Distriktsverwaltungen von der Regierungszentrale für Indianerangelegenheiten zu erhalten pflegten. Der höchste Chef drückte darin seine Unzufriedenheit mit dem bisherigen Zustand aus. Alle Superintendenten wurden ermahnt, ein vertrauensvolleres Verhältnis zwischen den Indianern und deren vorgesetzter Verwaltung herzustellen und den Kampf gegen die Armut energischer und einfallsreicher zu führen. Der Lebensstandard der Indianer, der weit unter dem Durchschnitt liege, müsse gehoben werden. Alle bisherigen patriarchalischen Vorstellungen seien abzulösen durch die allgemeine Devise: Help to help themselves – den Indianern helfen, sich selbst zu helfen. Peter Hawley las und wusste wohl, dass dies die neue Linie seit dem Zweiten Weltkrieg war und dass der neue Hohe Kommissar für Indianerangelegenheiten, der Hawley vor kurzem auf die schwierige Reservation versetzt und damit aus seinem gewohnten Lebenskreis herausgerissen hatte, diese neue Linie schneller und wirkungsvoller zur Geltung bringen wollte. Die Worte wirkten alle wohlmeinend und wohldurchdacht, aber wenn Buchstaben zu Menschen wurden, begannen die Schwierigkeiten.

      Auch das war Peter Hawley bekannt. Der Superintendent Hawley, mit dreißig Prozent Indianerblut in den Adern, seit zwanzig Jahren im Dienst, legte die Rundschreiben achtsam und respektvoll beiseite. Er nahm aus Lauras Hand das Schriftstück in Empfang, las Wort für Wort, fast Silbe für Silbe, fand alles ohne Tadel und freute sich, von seinem Vorgänger eine so gute Sekretärin übernommen zu haben. Er unterzeichnete.

      Da das Mädchen sich nicht gleich wieder entfernte, schaute er sie fragend an.

      »Joe King ist im Vorzimmer und wünscht den Superintendenten persönlich zu sprechen. Ich wollte ihn an die Fachdezernate verweisen, aber er besteht darauf, Mr Hawley selbst zu sprechen … oder«– und dies fügte Laura mit besonders spitzer Stimme hinzu –»oder er wünscht, die Ablehnung schriftlich zu erhalten.«

      Der grauhaarige Superintendent lächelte ein wenig.

      »Er soll hereinkommen.« Es war der erste praktische Fall auf Grund der jüngsten Rundschreiben: Vertrauen gegen Vorurteile.

      Als Joe King eintrat, wurde ihm ein Stuhl angeboten.

      »Bitte – was führt Sie her?«

      Joe

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