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überwiegen, klären wir, wie es weitergeht. Zunächst wird natürlich die Spendervereinbarung unterschrieben, in der alle wichtigen Punkte zusammengefasst sind.

      Schließlich müssen die zukünftigen Muttis beim Frauenarzt prüfen lassen, ob alle körperlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Sie überwachen den Eisprung und nennen mir mit ein paar Wochen Vorlauf den wahrscheinlichen Termin der Spende. Der genaue Zeitpunkt muss mittels hochwertiger Tests ermittelt werden. Eine App oder simples Rechnen – 14 Tage nach der Periode – gelten als zu unsicher. Eine vorherige Kontrolle beim Arzt kann ebenfalls helfen, den idealen Zeitpunkt für die Insemination zu finden.

      Kurz vor dem Eisprung nehmen sich die Paare ein Zimmer in meiner Stadt. Bei der Suche helfe ich natürlich gern, denn es ist auch in meinem Interesse, dass zwischen meiner Wohnung und dem Hotel keine 30 Minuten Fahrt liegen. Wenn es dann so weit ist, fahre ich zum Hotel und unterhalte mich noch einmal mit dem Paar. Das ist die letzte Möglichkeit, die Spende abzubrechen. Ich bitte die beiden, mich in ihrem Hotelzimmer allein zu lassen, gehe ins Bad, wasche mir die Hände und fange an zu onanieren.

      Es kann auch vorkommen, dass die Spende von meiner Wohnung abgeholt werden muss. Der Mann ist dann lediglich Kurier, während die Frau im Hotel bleibt, wo sie sich entspannen kann.

      Mittlerweile komme ich immer direkt in die Spritze. Dafür muss diese groß genug sein (Durchmesser mindestens 10 mm). Der Schieber ist natürlich vorher herauszunehmen und die kleine Öffnung mit einem Stopper zu verschließen. Nach getaner Arbeit wird der Schieber aufgesteckt und das Paar per Handy informiert. Bis sie wieder eintreten, halte ich die Spende auf Körpertemperatur, da sich das Sperma verflüssigen muss. Bei der Übergabe erhalte ich einen kleinen Umschlag mit einem Dankeschön für mein Vertrauen, die Zeit und meine sonstigen Aufwendungen. Ich verabschiede mich anschließend.

      Die Frau muss dann die Spritze bei sich einführen und sich in sexuelle Stimmung bringen. Idealerweise entleert sie die Spritze gleichzeitig mit dem Erreichen ihres Höhepunkts. Um es den Spermien zu erleichtern, die Eizelle zu erreichen, sollte sie die nächsten Minuten die Beine hochlegen und sich entspannen.

      Die nächsten zwei Wochen sind für das Paar mit bangem Warten verbunden. Meistens informieren sie mich, sobald sie wissen, ob es funktioniert hat. Es kommt aber auch vor, dass ich selber nachfrage. Im negativen Fall wird dann gleich der ungefähre Zeitraum für die nächste Spende vereinbart.

      Der Ablauf wiederholt sich, bis sich ein positives Ergebnis zeigt. Sollte es nach einem halben Jahr noch immer nicht funktioniert haben, kann die Frau noch mal alle Hebel in Bewegung setzen und sich verschiedenen Untersuchungen unterziehen lassen. Oft genug werden dann Zysten, Myome und sonstige Störfaktoren bei der Frau festgestellt. Aber auch ich lasse regelmäßig ein Spermiogramm erstellen, um zu prüfen, ob es an mir liegen könnte.

      Sollte sich der Eisprung der einen Frau mit dem Termin einer anderen Frau überschneiden, wird immer die Frau vorgezogen, die schon länger dabei ist. Das kann zu einer bitteren Enttäuschung bei der Frau führen, die nun länger warten muss, aus meiner Sicht ist es aber nur gerecht. Wenn die neuere Frau bereits das 40. Lebensjahr überschritten hat, zählt jeder Monat und sie ist einer 29-Jährigen vorzuziehen. Das ist aber die Ausnahme.

      Kommt es zu einer Schwangerschaft, ist die Freude bei dem betreffenden Paar unbeschreiblich groß. In der Regel erhalte ich in den darauffolgenden Monaten Informationen über das Geschlecht des Kindes sowie die Gesundheit und das Befinden der Mutter.

      Nach der Geburt wird von den lesbischen Paaren die Stiefkindadoption in Angriff genommen, bei heterosexuellen Paaren wird bereits während der Schwangerschaft der Mann als Vater eingetragen.

      Sind alle rechtlichen Punkte endgültig geklärt, habe ich keinen Kontakt mehr zu den jungen Familien.

      Falls mich das Kind mit eintretender Volljährigkeit kennenlernen möchte, können die Eltern erneut den Kontakt zu mir suchen, ansonsten wird es keine weiteren Berührungspunkte zwischen mir und den Familien geben.

       Die erste Spende

       Ein verstärkter Kinderwunsch hat mich schon mit Mitte 20 begleitet. Mit 29 dachte ich, die Frau fürs Leben gefunden zu haben. Über das Thema Kinder waren wir uns sehr schnell einig. Schon nach dem zweiten Beziehungsmonat verhüteten wir nicht mehr und achteten darauf, auf jeden Fall ein paar Tage nach der Menstruation Sex zu haben. Es wollte aber auch nach einem halben Jahr nicht klappen. Ungeduldig, wie wir beide waren, ließen wir ein Spermiogramm anfertigen.

       Das Ergebnis war recht eindeutig: Bei mir war alles im normalen Bereich, ich war sogar etwas besser als der Durchschnitt. Details wie die Anzahl normal geformter Spermien oder der Anteil der schnellen Schwimmer waren mir egal. Ich war froh, dass ich auf jeden Fall Kinder haben kann. Meine damalige Freundin reagierte etwas borniert, fast schon zickig. Wahrscheinlich wäre es ihr lieber gewesen, wenn die Schuld bei mir gelegen hätte.

       Sie sagte, dass sie trotzdem noch einige Jahre genau so weitermachen wolle. Auf keinen Fall sollten wir irgendwelche Möglichkeiten wie die Temperaturmethode oder bestimmte Tests in Erwägung ziehen. Es sollte „zufällig passieren“, so hatte sie es sich in den Kopf gesetzt. Ihr war immer wichtig, was andere von ihr denken, und sie wollte auf keinen Fall eine der Frauen werden, die es verzweifelt versuchen. Mit der Beziehung ging es unabhängig davon nach ein paar Monaten bergab.

       Eher zaghaft begann ich mich mit dem Thema Samenspende auseinanderzusetzen. Meine Ergebnisse waren ja nach wie vor super, warum sollte ich nicht anderen damit helfen, und es würde niemandem wehtun. So stieß ich unter anderem auf die Internetseite „Co-Eltern“ und meldete mich dort an.

       Weiter ging es dann zunächst aber nicht. Wenn man Nachrichten schreiben möchte, muss man etwas bezahlen, und so weit war ich noch nicht. So bekam ich zwar Nachricht für Nachricht, konnte sie aber weder lesen noch beantworten. Das führte irgendwann zu einer enormen Neugier, sodass ich mich im Frühjahr 2015 endlich vollständig anmeldete. Ich verfasste noch einen kleinen Text über mich und beantwortete die alten Anfragen. Meist ohne Reaktion, denn deren Abo war in den meisten Fällen längst abgelaufen. Außer ein paar Nachrichten tat sich also nichts.

       Dennoch erzählte ich meiner Freundin Tatjana von meinem Vorhaben. Tatjana wiederum erwähnte, dass ihre Kollegin und beste Freundin, eine lesbische Frau, einen Spender suche und sehr verzweifelt sei. Das war dann Swantje. Swantje war auch schon einmal bei einer Geburtstagsfeier unserer gemeinsamen Freundin Tatjana mit von der Partie gewesen. Dort hatten wir uns ganz gut verstanden, aber wirklich intensiv lernten wir uns nicht kennen. Tatjana gab nun einfach meine Nummer an Swantje weiter, und dann ging es recht schnell. Zum nächsten Eisprung fuhr ich zu der Wohnung, in der Swantje mit ihrer Partnerin lebte. Bevor es losgehen sollte, wollten wir erst mal alles besprechen.

       Die Stimmung war freundlich, dennoch waren alle Beteiligten ein wenig angespannt. Die beiden hatten schon Becher sowie Spritzen gekauft und ich eine Onanierpause von drei Tagen eingehalten. Meine Vorstellungen waren zu der Zeit noch ganz anders als heute. Mein Wunsch war, das Kind ab und zu zu sehen, es vielleicht sogar meinen Eltern oder meiner Oma zeigen zu dürfen. Aus heutiger Sicht war das sehr naiv, denn schon von Beginn an betonte Swantje, dass ihre Partnerin auf keinen Fall eine Co-Elternschaft mit einem Mann wolle. Das war für mich okay, denn ich wollte kein fünftes Rad am Wagen sein oder nur reiner Zahler für ein Kind, das ich nicht sehen durfte.

       Nach einem kurzen Plausch verließen die beiden das Zimmer und ich machte es mir auf der Couch gemütlich. Nachdem es endlich geklappt hatte, klopfte ich kurz an die Schlafzimmertür und verzog mich.

       Zwei Wochen später kam die Nachricht: Nein, die Menstruationsblutung hatte eingesetzt, kein Erfolg – sowohl für Swantje als auch für mich ein ernüchterndes Ergebnis. Die Erfolgswahrscheinlichkeit beim ersten Versuch mit der Bechermethode liegt aber auch nur bei etwa 10 Prozent, darum sollte das jetzt keine große Überraschung sein.

       Beim nächsten Termin war ich zuvor etwas länger enthaltsam und Swantje hatte sich

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