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      Lea Allgaier

      HÖHENFLUG

       UND ZURÜCK

      Engelsdorfer Verlag

      Leipzig

       2016

      Inhalt

       Cover

       Titel

       Impressum

       Zitat

       Beginn

       Höhenflug

      Bibliografische Information durch die

      Deutsche Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese

      Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

      detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

      http://dnb.dnb.de abrufbar.

      Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

      Alle Rechte beim Autor

      Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

      E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2016

      Titelfoto: black and white portrait of a beautiful girl

      smoking © aleshin (Fotolia)

       www.engelsdorfer-verlag.de

      „Human relationships are strange.

      I mean, you are with one person a while,

      eating and sleeping and living with them,

      loving them, talking to them,

      going places together, and then it stops.“

       Charles Bukowski

      „Hi, mein Name ist Toni. Ich stelle dein Leben komplett auf den Kopf. Alles ändert sich ab jetzt.“

      Das ist der Satz, mit dem sich manche vorstellen sollten. Und nicht: „Kann ich dir einen ausgeben?“

      Es bedeutet zwar dasselbe, allerdings ist doch der Moment am interessantesten, ab dem sich alles auf den Kopf stellt. Wir wissen es natürlich noch nicht, denn dieser Moment kann zu diesem Zeitpunkt total unwichtig erscheinen. Welche Kraft die winzigsten Kleinigkeiten ausüben können.

      Ich bin davon überzeugt, dass alles Zufall ist. Wir haben keinen Einfluss auf die Entscheidungen anderer. Diese wiederum haben möglicherweise die Macht, unser Leben zu beeinflussen. Letztendlich liegt doch nicht alles in unseren Händen. Ganz einfach, es beginnt schon mit dem ersten Tag unseres Lebens. War das meine Entscheidung? Glück, Schicksal, Zufall, Bestimmung, Fügung. Ist das nicht alles dasselbe?

      Ich hatte mich vor ein paar Monaten getrennt. Ihr wisst, wie das ist. Es ist immer hart, ob man verlässt oder verlassen wird. Wochenlanges Heulen, gefolgt von Wutanfällen, gefolgt von einem Kater nach dem anderen. Die Phase der Zerstörung. Man weiß überhaupt nicht, wohin mit sich, man will nur, dass es aufhört. Und danach steht man vor dem riesigen Berg und muss sich erst mal da durchkämpfen. Bis man wieder man selbst ist.

      Deshalb steckte ich zurzeit in der Mir-ist-alles-egal-Phase. Das bedeutet: nächtelanges Ausgehen, prinzipielles Feiern von Freitag bis Sonntag mit dem Ziel, den Rest des Wochenendes im Koma auf dem Sofa zu verbringen.

      Da ich gerade meinen Höhenflug erreichte, landete ich bei Kumpels, die ich schon ewig kannte und die immer für mich da waren, wenn eine Beziehung zu Ende ging. Und damit meine ich, sie waren in dem Sinne für mich da, indem sie einfach nicht fragten und dafür sorgten, dass ich immer ein volles Glas hatte.

      Es war Winter und man spürte schon einen Anflug von vorweihnachtlicher Stimmung. Der Himmel war dunkel und kleine Schneekristalle rieselten hinab. Und an diesem Novemberabend begann alles.

      Ich lag rücklings auf dem Boden. Die Augen fest zugekniffen, die Finger gespreizt, die Handflächen an den Teppich gepresst. Hätte ich geblinzelt, hätten alle in meine rot unterlaufenen Augen sehen können. Nicht, dass es unter den gegebenen Umständen besonders aufgefallen wäre. Vermutlich war die Terrassentür geöffnet und die Meute stand zum Rauchen dort, denn in kurzen Abständen zog ein eisiger Luftzug über die nackten Stellen meines Körpers. Es war ein ekliges, heiß-kaltes Schaudern, gefolgt von einer Gänsehaut, gefolgt von Übelkeit durch den rumorenden Alkoholmix in meinem Magen. Auf dem Glastisch klebte alles von dem billigen Wodka und Red Bull, das über die Plastikbecher schwappte. Weiße Ascheflöckchen sanken von der Wasserpfeife auf den Boden.

      Wie so oft war ich der einzige weibliche Anteil des Abends. Zwischen den Jungs kam ich etwas runter, fühlte mich einigermaßen wohl, aufgehoben irgendwie. Das allzu gut bekannte Fünfte-Rad-am-Wagen-Gefühl konnte ich fast schon ausblenden. Fast. Es konnten noch so viele Menschen um mich herum sein, nie waren es genug oder waren sie verschieden genug. Obwohl ich immer wieder irgendwo Anschluss finden konnte, war es nie so richtig. Ich wusste sowieso nie, ob es richtig war. Ich hatte es bis dahin noch nie gefühlt. Es war ein Kreislauf von Kennenlernen, Gefallenfinden, eine gute Zeit haben, bis langsam alles zusammenbrach. Dann kam das große Tief, der Fall, die Depression, darauf der folgende Kampf, sich wieder aufzuraffen, weiterzuziehen, jemanden kennenzulernen.

      Kalter Schweiß klebte an meiner Oberlippe, jemand hatte die Terrassentür offen gelassen. Die kalte Nachtluft strömte herein und erinnerte meinen Magen beim Einatmen wieder an den Cocktail, den ich intus hatte. Mein Körper presste sich an den Boden. Ich versuchte mich zu entspannen, atmete tief aus.

      Dieses Arschloch.

      Jetzt folgt der kleine Teil, der erklärt, warum ich so dämlich auf dem Boden herumliege. Ich kann diese Zeilen nicht auslassen, obwohl sie irgendwie etwas schräg sind.

      Kurz bevor ich auf dem Boden zusammensackte wie ein Klappstuhl, war Folgendes geschehen: Ich hatte meine Schachtel Zigaretten im Auto liegen lassen. Allerdings waren wegen des Schnees, auf den ich nicht vorbereitet war, meine Füße nass geworden. Also hatte ich meine Socken schon ausgezogen, bevor ich bemerkt hatte, dass die Schachtel immer noch im Auto lag.

      Während Kevin auf dem Weg war, mir trockene Socken zu bringen, wurde mir von Steven eine gedrehte Zigarette angeboten. Ich glaube, er hatte das missverstanden, als ich diese Bewegung mit Daumen und Zeigefinger machte, als würde ich an einer Kippe ziehen. Also setzten wir uns gleich in die Küche an das Fenster.

      Wenige Minuten später und meine Birne war matsch. Ich spürte dieses leichte Kribbeln in den Fingerspitzen und das taube Gefühl, das darauf folgt. Mein erster Joint war ein Versehen. Ich war so müde, dass ich auf dem Boden hätte schlafen können. Aber ich schaffte es, aus meiner Tasche mein Handy herauszuziehen und Barti anzurufen. Und mitten in der Nacht kam Barti und holte mich. Im Gegenzug zu meinem Vertrauen, unabhängig davon, dass ich beinahe bewusstlos gewesen war, öffnete er mir seine Welt. Und seit dieser Nacht teilten wir sein kleines Geheimnis.

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