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Sterne, fern, ohne Gesicht. Der Busch lag stumpf und schwarz in der Nacht. Kein Mondlicht streichelte die Finsternis.

      Der Indianer hielt vor einem Gartenzaun, der glanzweiß gestrichen war, so dass selbst das Sternenlicht genügte, um die biedere Ordnungsliebe des Grundstücksbesitzers auf begrenztem Fleck aufscheinen zu lassen. Die Tür quietschte weder, noch knarrte sie; sie war geölt. Den Namen auf dem Schildchen brauchte Stonehorn nicht zu lesen. Er kannte den Handwerker und sah den Lichtschimmer in der neben dem einstöckigen Holzhaus gelegenen Werkstatt.

      Der Gartenzwerg war neu.

      In der Werkstatt fand Stonehorn den Mann, der zwischen fünfzig und sechzig war, aber seit dem Tode seiner Frau und seines Sohnes stark gealtert wirkte. Das Haar hinter der Halbglatze war blondgrau. Die Augenwimpern hatten sich noch ihre strohige Farbe und die Sprödigkeit bewahrt. Neben dem Mann stand ein neunjähriger Indianerjunge, eines von Margrets Kindern, das der einsam gewordene Handwerker adoptiert hatte.

      Es wurde nicht viel Wesens um die Begrüßung gemacht. Stonehorn setzte sich auf den Werkstatttisch an eine Ecke, an der er vom Lampenlicht nicht getroffen wurde und durch das Fenster hinauszuspähen vermochte. Der Büchsenmacher arbeitete weiter. Als ihm die Waffe, die er eben überprüfte, in Ordnung, jedenfalls in dem Zustand schien, in dem am nächsten Morgen eine Schussprobe gemacht werden konnte, wandte er sich seinem Gast zu, an dessen Seite schon der Junge saß, die neue Pistole im Kniehalfter still bewundernd. Stonehorn deutete mit einer Kopfbewegung an, dass er die reparierte Büchse besichtigen wolle, die einem anderen Kunden gehörte, und der Handwerker gab sie ihm. Der Indianer spielte damit, als ob er sie noch einmal zu überprüfen habe, und der andere schaute ohne Nervosität zu, denn er wusste, dass sein Gast von Waffen etwas verstand. Stonehorn reichte die Büchse stillschweigend zurück. Er lauschte.

      »Auf der Straße ist ein Wagen vorbeigefahren«, sagte der Junge. Das Geräusch war wieder verstummt.

      Der Handwerker erhoffte Anerkennung für seine Arbeit an der reparierten Waffe. »Nun?«

      »L. L.«

      »Was heißt L. L.?«

      »Wem gehört die Büchse, Krause?«

      »Elisha Field hat sie gebracht.«

      »Was tut Elisha Field in New City?«

      »Er hat die ehemalige Kneipe O’Connor gekauft. Das Haus stand doch leer.«

      »Und betreibt das Geschäft weiter?«

      »Den Bierausschank, ja. Seit einer Woche.«

      »Woher ist Elisha Field gekommen?«

      »Aus New York, heißt es.«

      »Könnte zufällig stimmen.«

      »Was hast du denn, Joe?«

      »Was soll ich haben?«

      »Deine Backenknochen arbeiten.«

      »Immer gut, wenn die mir das Arbeiten abnehmen.«

      »Elisha hat den Rugby-Club als Kunden. Geh da nie hin, Joe.«

      »War heute schon dort.«

      »Mach das nicht wieder. Und komm nicht bei Dunkelheit zu mir, sondern bei Tag.«

      »Ich brauche mein Jagdgewehr. Hast du es?«

      »Wenn es sein muss, mache ich es gleich fertig.«

      »Ich warte.«

      Stonehorn steckte sich eine Zigarette an. Als er sie ausgeraucht hatte, legte er den Stummel in einen Aschenbecher, den der ordnungsliebende Büchsenmacher ihm hinschob.

      »Wann war Elisha bei dir, Krause?«

      »Eine Stunde mag es her sein.«

      »Kennst du den Namen Leonard Lee?«

      »Leo …?«

      »Eben den. Schau dir die Waffen, die sie dir herbringen, künftig genauer an. Die Büchse gehört nicht Elisha. Die gehört einem anderen.«

      »Joe, bleib die Nacht hier – schlaf in meinem Haus.«

      »Bist du fertig? Gib her.«

      Stonehorn nahm sein Jagdgewehr, legte schnell an und gab zwei Schüsse durch die Fensterscheibe ab. Das unmittelbar aufeinanderfolgende Knallen mischte sich mit einem kleinen Klirren.

      »Was machst du, Joe!«

      »Probeschüsse.« Der Indianer setzte die Waffe wieder ab und ließ ein paar Münzen auf den Tisch klimpern.

      Krause zeigte sich gekränkt. »Steck wieder ein. Bleib aber hier. Denk daran – du bist für die nur ein Farbiger. Nicht nur ein Feind, sondern auch noch ein Farbiger.«

      »Gute Nacht.« Stonehorn glitt vom Werkstatttisch. Er zog die Jacke aus und hängte sie über die Schultern. Zwei Patronengurte hatte er um die Hüften gelegt. Das Jagdgewehr hielt er in der Linken. So verließ er das Haus. Schärfer, sorgfältiger noch als in den Slums spähte er ins Dunkel, während er am Zwerg vorbei durch den Garten huschte, über den Zaun sprang und scheinbar in seinen Wagen einsteigen wollte, den er gleichzeitig als Deckung benutzte.

      Bis dahin hatte ihn Krause durch das Fenster beobachtet, und ein etwaiger Gegner im Busch draußen musste damit rechnen, dass Krause dem Indianer Feuerschutz geben würde. Nun aber wandte sich der Handwerker um und brachte eine Flinte, die noch herumgelegen hatte, an ihren Platz. Er wartete dabei auf das Geräusch des anspringenden Motors. Als sich nichts hören ließ, ging er an das Fenster mit dem Schussloch zurück und schaute noch einmal hinaus.

      Der Indianer war verschwunden. Doch befand sich der graue Sportwagen nach wie vor an seinem Platz; er hob sich von der dunklen Umgebung kaum mehr ab.

      Krause löschte das Licht in der Werkstatt und trat vor die Tür, eine altvertraute Büchse in der Hand. Den kleinen Jungen wies er zurück ins Haus.

      Die Herbstnacht war still.

      In der Ebene zu Füßen der waldigen Berge strahlten die Lichter von New City und seinem kleinen Flugplatz. Die betonierte Straße zog sich von dort herauf und verlief sich in den Höhen und Wäldern. Sie lag einsam und verlassen; kein Wagen bewegte sich darauf. Der Strom der Ferienreisenden war längst versiegt. Das Hotel oben in den dunkel bewaldeten Bergen hielt nur noch kleinen Betrieb aufrecht; die wenigen Lieferwagen fuhren bei Tage. Geschäftsreisende nahmen die Straßen, die den Bergstock umgingen. Krause atmete Wald und Kühle und schaute in die Dunkelheit. Er liebte es sonst, des Abends eine Stunde vor dem Haus zu stehen, aber heute liebte er es nicht. Sein Atem ging kurz.

      Das Sportcabriolet, ein Zweisitzer, stand unberührt vor dem Gartenzaun, der Motor lief nicht. Stonehorn war nirgends zu sehen. Er musste im Busch unterwegs sein, oder sie hatten ihn gleich vor dem Haus überfallen und verschleppt. Möglich war in diesem Lande alles.

      Krause sehnte sich manchmal nach seiner alten Heimat zurück, aus der ihn der Vater als zehnjährigen Jungen mit nach Amerika genommen hatte, und doch dachte er nie daran heimzukehren. Die Erinnerung hatte ihn auch in diesem Augenblick nur wie ein flüchtiger Flügelschlag gestreift.

      Seine Augen stellten sich auf die Dunkelheit ein. Er sah Stonehorns Jacke hinter dem Wagen am Boden liegen. Nachdem Krause lange in den Busch jenseits des Weges hineingelugt hatte, erkannte er zwischen Geäst den breitkrempigen Cowboyhut.

      Es blieb so still, als ob die Berge ein großes Grabmal geworden seien, das der Himmel überwölbte. Ihre Masse wirkte schwer, finster; sie drückte dem gealterten Mann auf Sinn und Herz, und er hatte Angst um Stonehorn. Während er horchte und spähte, gingen ihm noch einmal die Worte durch den Sinn, mit denen Elisha Field sich vor einer Stunde verabschiedet hatte: »Heute nacht mal sehen, wer der Bessere ist. Aber ich denke, der Leo.«

      Die Worte waren an Krause vorübergeglitten, ohne dass er sie ergriff. Krause hatte für Rugby nichts übrig. Aber nun hob er die hingeworfenen Worte auf und betrachtete sie von mehreren Seiten wie einen verdächtigen Fund. Es stieß ihm auf, dass Rugby nicht des Nachts gespielt wurde und dass Leo Leonard Lee sein konnte. Frei und unverschämt

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