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Mit intelligenten Kindern intelligent umgehen. Christa Rüssmann-Stöhr
Читать онлайн.Название Mit intelligenten Kindern intelligent umgehen
Год выпуска 0
isbn 9783924391782
Автор произведения Christa Rüssmann-Stöhr
Издательство Автор
Zu beiden Testverfahren gibt es einen Beobachtungsbogen, in den der Testausführer seine Beobachtungen eintragen kann.
Beobachtungskriterien sind z.B.:
Wie schnell/wie zögerlich antwortet das Kind? Gibt das Kind für seine Antwort eine Begründung/eine Herleitung? Wie konzentriert/abgelenkt arbeitet das Kind mit? Flüchtigkeitsfehler? Ungenaues Zuhören? Wie reagiert das Kind bei Erfolg/Misserfolg?
Pro: wachsende Aufgabenschwierigkeit
Beide Testverfahren sind so genannte „Power Tests“, bei denen die Aufgabenschwierigkeit variiert wird. Durch sukzessive Erhöhung der Aufgabenschwierigkeit sind sie für die Diagnose Hochbegabung optimal.
Die Unterschiede zwischen hochbegabten und hoch intelligenten Kindern treten bei hoher Aufgabenschwierigkeit deutlicher hervor. Nur bei komplexen Fragen und Problemen erhält man komplexe Antworten.
Hochbegabte tendieren dazu, bei Unterforderung zu verweigern, zu leichte Testaufgaben sind für sie eine Art von Unterforderung. Hochbegabte Kinder steigern regelmäßig ihre Anstrengung mit steigender Schwierigkeit der Aufgaben. Für den Einsatz dieser beiden Tests zur Hochbegabtendiagnostik spricht, dass die Aufgaben weitgehend ohne Zeitlimit vorgegeben werden. Denn: Je höher der Geschwindigkeitsanteil, desto weniger ist ein Test für die Identifikation von intellektueller Hochbegabung geeignet.
„Speed Tests“ (Geschwindigkeitstests) dagegen, bei denen Aufgaben mit gleicher Schwierigkeitsstufe in einem vorgegebenen begrenzten Zeitintervall gelöst werden müssen, erfassen eher die Leistung, ermitteln also Hochleister.
Vorab wird dem Kind erklärt, dass es keinen Zeitdruck gibt und dass die Aufgaben immer schwerer werden, bis sie dann zu schwer und nicht mehr lösbar sind. Eine Formulierung wie „wenn du mit sieben Jahren dann die Aufgaben für Zehnjährige nicht mehr alle schaffst, das ist ja wohl in Ordnung“ nimmt Druck und Frustration aus der Testsituation. Schüchterne Kinder oder Kinder, die Angst haben etwas Falsches zu sagen, blockieren oder resignieren dann nicht.
Nur nebenbei: Eine Formulierung wie „wenn du nicht alles schaffst, ist das nicht schlimm“ ist ungünstig, denn das Wort „schlimm“ ist erst einmal gesagt.
Pro: IQ plus Profil
Neben dem Durchschnittswert (IQ) erhält man ein übersichtliches Profil über die stark, schwach oder normal entwickelten Fähigkeiten des Kindes. Denn zwei Kinder können sich bei gleichem IQ in ihrem Begabungsprofil erheblich voneinander unterscheiden.
Pro: Vergleich Lebensalter - Intelligenzalter
Beide Verfahren ermöglichen für die Faktoren, die die intellektuelle Befähigung ausmachen, einen sehr anschaulichen Vergleich. Sie setzen das Lebensalter in Bezug zu dem Befähigungsalter und stellen dar, welchem durchschnittlichen Alter die Befähigungen des Kindes zum Testzeitpunkt in etwa entsprechen.
DER AID 3-TEST
Der AID 3 misst 12+2 unterschiedliche Intelligenzbereiche. Die Untertests sind zum Teil sprachfrei, zum Teil setzen sie die Beherrschung der deutschen Sprache voraus.
Vergleich: IQ-Werte, T-Werte, Prozentränge
Im AID-Ergebnisbogen (s.u.) stehen am oberen und unteren Rand Zahlen von 19 bis 81. Das sind so genannten T-Werte. T-Werte sind eine andere Darstellungsform und lassen sich leicht in IQ-Werte übertragen.
Ein T-Wert von 50 – ebenso wie ein IQ-Wert von 100 oder ein Prozentrang von 50 – entspricht dem Durchschnitt der Altersgruppe des Kindes. Die jeweilige Altersgruppe deutschsprachiger Kinder stellt den Vergleichsmaßstab dar.
Der Prozentrang 10,9 sagt folgendes aus: 10,9 Prozent der gleichaltrigen Kinder erreichen niedrigere Werte, wogegen 89,1 Prozent in ihren Werten darüber liegen.
Ein IQ-Wert von 130 entspricht dem Prozentrang 97,7. Das heißt, dass nur 2,3 Prozent der gleichaltrigen Kinder höhere Werte haben. 97,7 Prozent der Kinder liegen mit ihrem Intelligenzquotienten darunter.
Untertests im AID 3
1. Alltagswissen
Hier werden Fragen zum Allgemeinwissen gestellt, beispielsweise „Wie viele Kilometer ist die Donau lang?“
→ Gibt an, über wie viel Allgemeinwissen das Kind bereits verfügt.
2. Realitätssicherheit
Dem Kind werden Abbildungen von Gegenständen gezeigt, bei denen jeweils etwas fehlt. Das Kind soll herausfinden, was fehlt.
→ Gibt an, inwieweit das Kind seine Umwelt korrekt wahrnimmt.
3. Angewandtes Rechnen
Dem Kind werden eingekleidete Rechenaufgaben, Textaufgaben, gegeben.
→ Gibt an, inwieweit das Kind seine rechnerischen Fertigkeiten auf konkrete Situationen übertragen und im Alltag anwenden kann. Dies ist ein wichtiger Untertest für die Differenzierung zwischen hoch intelligent und tatsächlicher Hochbegabung: Hochbegabte Kinder erzielen hier in der Regel sehr hohe Werte. Sie lösen Rechenaufgaben, die unbekannt sind und für die sie deshalb noch keine Lösungswege kennen können. Hier kommt ihre Fähigkeit zum Tragen, bei neuen Problemstellungen eigene Lösungsstrategien zu entwickeln.
4. Soziale und sachliche Folgerichtigkeit
Mehrere Bilder, die korrekt geordnet einen Handlungsablauf darstellen, werden dem Kind in einer falschen Reihenfolge vorgegeben. Das Kind soll die Bilder in die richtige Abfolge bringen.
→ Gibt an, inwieweit das Kind dazu in der Lage ist, einzelne Handlungen zu erkennen, richtig zu interpretieren und sie in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen.
Dies ist ein wichtiger Untertest für die Differenzierung zwischen hoch intelligent und tatsächlicher Hochbegabung: Hochbegabte zeigen hier aufgrund ihrer hohen sozialen Sensibilität in der Regel höhere Werte. Auch unter qualitativen Gesichtspunkten ist das ein wichtiger Untertest: Nicht selten legen nämlich hochbegabte Kinder „falsche“ Reihenfolgen, falsch im Sinne der vorgegebenen Testlösung. Für die numerische Testauswertung muss also die Lösung als „falsch“ bewertet werden.
Manche Kinder haben auf Nachfrage allerdings eine ausgesprochen plausible Begründung für ihre eigene Reihenfolge. Für die Interpretation des Gesamtergebnisses ist das enorm wichtig: Es deutet darauf hin, dass dieses Kind soziale Handlungen anders als üblich interpretiert. Damit stößt es möglicherweise in seiner Umgebung auf viel Unverständnis.
5. Unmittelbares Reproduzieren
Das Kind muss Zahlenreihen nachsprechen, und zwar sowohl vorwärts als auch rückwärts.
→ Gibt an, inwieweit sich das Kind konzentrieren kann und wie hoch seine Merkfähigkeit im verbal-akustischen Bereich ist.
Dies ist ein wichtiger Untertest für die Differenzierung zwischen hoch intelligent und tatsächlicher Hochbegabung: Je höher der Gesamt-IQ, desto häufiger sind die Ergebnisse rückwärts besser als vorwärts. Hochbegabte Kinder sind im Rückwärts-Nachsprechen deutlich besser als im Vorwärts-Nachsprechen. Möglicherweise ist das schlichte Wiederholen von Zahlen so einfach, dass sich Hochbegabte gar nicht erst anstrengen; dagegen reizt sie die höhere Anforderung „rückwärts“, richtig aufzupassen. Mit wachsender Schwierigkeit werden Hochbegabte oftmals immer interessierter und strengen sich dann mehr an.
6. Synonyme finden
Das Kind soll zu vorgegebenen Wörtern andere Bezeichnungen finden, die dasselbe bedeuten.
→ Gibt an, wie groß der aktive Wortschatz des Kindes ist.