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München, im November 2020 Jürgen Schmude

      1Marktsegmente des Tourismus: Was ist Segmentierung und wie werden Angebots- und Nachfrageseite segmentiert? – Eine Einführung

      Überblick

      Die Tourismuswirtschaft ist sowohl in Deutschland als auch global gesehen seit rund zehn Jahren ein mehr oder weniger kontinuierlich wachsender Markt (etwa gemessen an der Zahl der nationalen und internationalen Ankünfte). Gleichwohl zeigen einige Bereiche der Tourismuswirtschaft ein deutlich überdurchschnittliches Wachstum (z.B. der Kreuzfahrtmarkt), während sich andere Teilmärkte in der Krise befinden (z.B. der Kurtourismus). Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Tourismus eine Querschnittsbranche ist, ist es einerseits schwierig, den touristischen Gesamtmarkt abzugrenzen. Daraus resultiert als weitere Schwierigkeit, die ökonomische Bedeutung des Tourismus für die Gesamtwirtschaft abzuschätzen. Andererseits zeigt sich der touristische Markt keineswegs als homogener Markt, sondern kann sowohl auf der Angebots-, als auch auf der Nachfrageseite in verschiedene Teilmärkte differenziert werden. Diese Differenzierung in einzelne Teilmärkte (Marktsegmente) und ihren Besonderheiten ist sinnvoll, um Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren, regionale Besonderheiten sowie aktuelle und zukünftige Trends abschätzen zu können.

      1.1Allgemeine Einführung zur Abgrenzung von touristischen Teilmärkten (Marktsegmenten)

      Abgrenzung von Märkten

      Der touristische Markt lässt sich – wie viele andere Märkte auch – in unterschiedlicher Weise abgrenzen (Makroabgrenzung) bzw. weiter in sich differenzieren (Mikroabgrenzung). Die Makroabgrenzung erfolgt insbesondere nach räumlichen, zeitlichen und sachlichen (produktspezifischen) Abgrenzungskriterien. Als Resultat der Marktabgrenzung gewinnt man Informationen über das Marktvolumen (z.B. Umsatz, Zahl der Anbieter bzw. Nachfrager oder Zahl der Beschäftigten). Weiterhin werden oft zusätzlich betriebsspezifische sowie Angebots- und Nachfrageaspekte zur Mikroabgrenzung berücksichtigt. Meist werden also verschiedene Kriterien zur Abgrenzung eines Marktes zusammen betrachtet (vgl. Freyer 2015, S. 375f.).

      Stichwort

      Allgemeine Kernfragen zu den Abgrenzungskriterien für Märkte:

      •Räumlich: Sollen meine Produkte/Leistungen auf einem lokalen, regionalen, internationalen oder globalen Markt angeboten werden? Welches ist mein potentielles Einzugsgebiet?

      •Zeitlich: Wann biete ich meine Leistungen an? Ganzjährig, saisonal oder am Wochenende?

      •Sachlich: Mit welchen Produkten/Leistungen trete ich in den Wettbewerb?

      Hartmann 2018, S. 96

      Angebots- und Nachfrageseite

      Wie in allen Wirtschaftsbereichen spielen auch in der Tourismuswirtschaft Angebots- und Nachfrageseite zentrale Rollen. Um auf dem touristischen Markt, auf dem Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen, möglichst erfolgreich zu sein, sollten beide Seiten aufeinander abgestimmt werden. Entsprechend dem ökonomischen Grundmodell (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 29) muss die Angebotsseite entweder touristische Angebote bereitstellen, für die bereits eine ausreichend große Nachfrage besteht oder sie muss die Nachfrage durch Bewerbung der Produkte beim Nachfrager wecken. Andererseits kann es auch durch die Bedürfnisse von Konsumenten und die daraus resultierende Nachfrage zur Herstellung und zum Angebot neuer touristischer Produkte kommen. Entsprechend kann die Marktabgrenzung anhand verschiedener Kriterien und Perspektiven (Anbieter, Produkte bzw. Dienstleistungen, Nachfrager) erfolgen.

      Ziel von Segmentierung

      Wird im Tourismus von Segmentierung gesprochen, so ist allerdings überwiegend die Nachfrageseite gemeint (vgl. 1.3). Aber auch die Angebotsseite kann in verschiedene Marktsegmente strukturiert werden (vgl. 1.2). Ziel der Segmentierung ist in beiden Fällen, genauere Kenntnisse über den touristischen Markt zu erhalten, die Angebote einer Tourismusdestination entsprechend ihres ursprünglichen und abgeleiteten Angebots (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 30) zu gestalten oder die Zielgruppenansprache der (potentiellen) Touristen zu optimieren. Hiermit verfolgen die touristischen Leistungsträger das Ziel, die Streuverluste (z.B. beim Marketing) durch eine möglichst exakte Zielgruppenansprache gering zu halten. In diesem Zusammenhang wird auch von der Scharfschützenmethode gesprochen, die es im Gegensatz zur Schrotflintenmethode ermöglichen soll, die anvisierte(n) Zielgruppe(n) möglichst exakt abzugrenzen und für ein Produkt zu bewerben bzw. gewinnen zu können. Eine strategische Marktsegmentierung der Angebots- und Nachfrageseite bringt u.a. folgende Vorteile mit sich (AWS2014):

      •effektive Konzentration auf die vorhandenen Marketing-Ressourcen,

      •identifizieren von Marktnischen,

      •optimale Erreichbarkeit der wichtigsten Zielmärkte.

      Allgemeine Voraussetzungen zur Segmentierung

      Allerdings müssen hierzu einige Voraussetzungen erfüllt sein. So sollten die Eigenschaften der (potentiellen) Nachfrager bzw. des Marksegments durch Methoden der Marktforschung messbar sein. Zudem muss es sich um ein Marktsegment handeln, das ein ausreichendes Potential bietet und somit die Marktbearbeitung rechtfertigt. Die verwendeten Segmentierungskriterien müssen dabei Ansatzpunkte für eine gezielte Marktbearbeitung (z.B. durch Kommunikations- und Distributionspolitik) bieten. Die identifizierten Marktsegmente sollten aus ökonomischer Perspektive eine gewisse Stabilität (Laufzeit) aufweisen, so dass sich der Einsatz absatzpolitischer Instrumente rentiert.

      Diese allgemeinen Ausführungen zur Segmentierung von Märkten gelten auch für die Tourismuswirtschaft und ihre Akteure auf der Angebots- und Nachfrageseite (touristische Leistungsträger und Touristen). Daher widmen sich der nachfolgende Abschnitt zunächst der Segmentierung der Angebotsseite (vgl. 1.2), bevor auf die Segmentierung der Nachfrageseite (vgl. 1.3) eingegangen wird.

      1.2Segmentierung der Angebotsseite

      Für eine Segmentierung der Angebotsseite ist die genaue Kenntnis der anbietenden und in Konkurrenz stehenden Marktteilnehmer und ihrer Produkte notwendig, um ggf. komparative Wettbewerbsvorteile zu realisieren. Diese Strukturen müssen vor dem Hintergrund der Entwicklung des Gesamtmarktes und seiner Strukturen analysiert werden.

      Voraussetzung zur Segmentierung der Angebotsseite

      Touristischer Aktionsraum

      Die Entwicklung des modernen Tourismus zu einem globalen Phänomen ist u.a. gekennzeichnet durch die sukzessive Ausweitung des touristischen Aktionsraumes der Nachfrageseite. Ausgehend von den Städten als Ziele der Grand Tour werden unterschiedliche Kultur- und Naturräume vom Tourismus erschlossen. Diese Raumtypen können etwa nach Städten, Küsten, Hochgebirgen, ländlichen Räumen und Mittelgebirgen sowie Industrieregionen unterschieden werden (vgl. Steinecke 2011, S. 114). Bei der sukzessiven Erschließung des Raums durch den Tourismus (vgl.Gormsen 1983, S. 613) nimmtdie Distanzüberwindung eine entscheidende Rolle, die u.a. durch technische Entwicklungen (z.B. Flugzeug) und hieraus resultierenden sinkenden Mobilitätskosten erleichtert wird. Entsprechend verändert sich auch die Angebotsseite im Tourismus.

      Methoden zur Marktanalyse

      Die Analyse der touristischen Produkte und Dienstleistungen auf der Anbieterseite, aber auch ganzer Marktsegmente und Destinationen, kann mit verschiedenen Instrumenten durchgeführt werden. Hierzu zählen u.a. die Lebenszyklus-, die Portfolio- oder die SWOT-Analyse (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 55ff.). Diese Analysemethoden sind u.a. für die Marktpositionierung und ihrer Überprüfung durch die Anbieter touristischer

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