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      8

      Es kam, wie Claudile es vorausgesagt hatte: Sie konnte in ihrer halben Phasenverschiebung, die sie Beobachtungsblase nannte, die Grenze der planetenweiten Verschiebung problemlos überwinden und eilte gedankenschnell zu den drei Kriegsschiffen der Kreuzerklasse hin, die einige Millionen Abstand zum Planeten HOFFNUNG beibehielten. Ein Sicherheitsabstand. Mit den technischen Mitteln und natürlich auch mit den PSI-Fähigkeiten der Supermutanten, die sich erwartungsgemäß an Bord befinden würden, nicht wirklich eine relevante Entfernung. Nur falls es einen Angriff von Seiten des Planeten geben würde, genügte der Sicherheitsabstand, rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, weil jeder Schuss, auch aus Energiekanonen, entsprechende Zeit benötigen würde, um das Ziel zu erreichen.

      Insofern die normal übliche Strategie.

      Kurz besuchte Claudile jede der drei Schiffszentralen. Das beanspruchte nur jeweils Sekundenbruchteile. Und dabei machte sie eine erste gravierende Entdeckung:

      Einer der Supermutanten an Bord des ersten Raumschiffs, das sie besuchte, hatte nämlich eine Besonderheit: Es handelte sich tatsächlich um Admiral Albert Hochstedt!

      Jedenfalls sah er genauso aus, wie es seiner Beschreibung in den Datenbänken der Raumflotte entsprach. Claudile hatte auf dem Flug zum Planeten HOFFNUNG das natürlich recherchiert, gemeinsam mit der DARWIN-Crew.

      Die Überraschung war immerhin so groß, dass sie hierher zurückkehrte, um länger zu verweilen. Dabei wurde sie unsichtbar und unmerklich Zeugin des Gesprächs zwischen dem Admiral und einem weiblichen Supermutanten.

      Eigentlich war Claucile bislang davon ausgegangen, dass Supermutanten des Kartells allesamt männlich waren – und Menschen. Deshalb ausschließlich Menschen, weil das Kartell die menschliche Spezies für überlegen hielt. Aber bislang war Claudile eher davon ausgegangen, nach allem, was die Crew ihr erzählt hatte, dass die Adakonis darüber hinaus auch noch elende Sexisten waren.

      Dieser weibliche Supermutant schien die Ausnahme von der Regel zu sein. Sie sah aufreizend schön aus, strahlte dabei jedoch eine Eiseskälte aus, die fast körperlich spürbar war.

      Zumindest insofern passte sie in das Bild, das man in der Raumflotte von den Supermutanten hatte: Sie waren völlig gefühllos und gehorchten ausschließlich ihrer Konditionierung, die durch einen nicht entfernbaren Chip im Gehirn noch unterstützt wurde. Das einzige Gefühl, das ihre Konditionierung zuließ, war Hass auf alles, was nicht zum Kartell gehörte.

      Es war, wie der alte Wächter schon befürchtet hatte: Die Supermutanten hatten inzwischen bereits herausgefunden, dass der Zielplanet zwar unsichtbar geworden war, ja, noch nicht einmal mehr geortet werden konnte, aber dass man ihn anhand der Schwerkraftverhältnisse innerhalb des Sonnensystems nach wie vor nachweisen konnte.

      Von da aus bis zur Entwicklung einer Methode, den Planeten wirksam anzugreifen, trotz seines Rundumschutzes, war es eigentlich nur noch ein kleiner Schritt.

      Noch war man der Lösung dieses Problems nicht nah genug gekommen, aber das war nur eine Frage der Zeit.

      Claudile, die darüber ziemlich erschrak, musste dennoch an sich halten. Sie durfte sich in keiner Weise bemerkbar machen. Falls sie jetzt auch nur versuchte, die Gedanken der normalen Besatzungsmitglieder zu lesen, die hier für die Handhabung der Schiffe verantwortlich waren, konnte das den Supermutanten mit ihren schier gottgleichen Fähigkeiten prompt auffallen. Was dann geschehen würde, wagte sie sich gar nicht erst auszumalen.

      Nein, sie musste Zurückhaltung üben. Musste sich auf die reine Beobachtung beschränken. Mit aller gebotenen Vorsicht.

      Da wandte sich die Supermutantin an den Admiral und fragte gerade heraus:

      „Also mal ehrlich: Wieso läufst du immer noch als dieser Admiral hier herum?“

      „Nervt es dich?“

      „Natürlich tut es das. Du bist ein Gestaltwandler. Also wieso verwandelst du dich nicht einfach zurück?“

      „Ach, dann weißt du es gar nicht?“

      „Was weiß ich nicht?“

      „Na, wie das halt so bei mir abläuft mit dem Gestaltswandel? - Also gut, ich will es dir mit knappen Worten zu erklären versuchen:

      Um wirklich überzeugend die Gestalt von jemandem anzunehmen, muss ich seine kompletten Erinnerungen mit übernehmen. Es bleibt dabei nur noch ein lallender Idiot zurück, wenn man es so bezeichnen will. Den man entsorgen muss, ehe er Schaden anrichten kann. Will ich mich jetzt also zurückverwandeln, geht das nicht, weil ich mich immer nur in den verwandeln kann, dessen Erinnerung ich aufnehme. Komplett wie gesagt.“

      „Um ihn ebenfalls dabei in einen lallenden Idioten zu verwandeln?“

      „Genau! Dabei ist es eigentlich egal, welche Spezies und welches Geschlecht die Zielperson hat. Ich werde zu dieser Zielperson. So perfekt, dass auch die genaueste medizinische Überprüfung keinen Unterschied feststellen könnte. Zumal ich ja auf sämtliche Erinnerungen zurückgreifen kann und damit auch die Individualität perfekt übernehme.“

      „Dabei bleibst du immer noch du selbst?“

      „Natürlich nicht!“, widersprach der Supermutant mit dieser einzigartigen Fähigkeit. „Ich werde zu diesem anderen, sozusagen mit Haut und Haaren. Von mir selbst ist sowieso nichts mehr übrig, seit ich zum Supermutanten wurde.“

      „Dann ist der Gestaltswandel doch im Grunde genommen mehr Fluch als Segen – und deine ursprüngliche Fähigkeit?“

      „Ja, und es sind noch weitere Fähigkeiten hinzu gekommen, die sich bereits als äußerst hilfreich erwiesen haben. Zum Beispiel bin ich ein Teleporter geworden, wie du weißt. Sonst hätte ich nicht den originalen Admiral mitsamt seiner Sippschaft unbemerkt entführen können, um anschließend unbemerkt in der Gestalt des Admirals dessen Stelle zu übernehmen.“

      „Nur als Telepath bist du nicht ganz so stark, weswegen du diese Einträge in der Datenbank über die DARWIN-Crew hinterlassen musstest, damit sie vom Kartell abgerufen werden konnten?“

      „Das hat nichts mit meiner Stärke als Telepath zu tun, sondern damit, dass ich vorsichtig sein musste. Eine telepathische Verbindung mit dem Adakoni-Kartell hätte meine PSI-Signatur überdeutlich werden lassen. Man hätte mich an Hand derer entlarven können. Du weißt ja, dass die Raumflotte selber Mutanten beschäftigt, wenngleich in aller Heimlichkeit. Nicht nur die DARWIN-Crew.“

      „Gut, einverstanden. Wenn du diese Gestalt beibehalten musst, weil sonst ein weiteres Leben geopfert werden müsste...“

      „Ja, zum Beispiel das deinige!“, betonte der falsche Admiral mit einem anzüglichen Grinsen.

      Die Supermutantin erschrak sichtbar.

      Der falsche Admiral beeilte sich zu versichern:

      „Keine Bange, Lesbia. Ich habe es nicht wirklich vor. Für meine nächste Mission werde ich sowieso wieder eine andere Gestalt annehmen. Wer auch immer das sein wird.“

      Lesbia?, dachte Claudile bei der Nennung dieses Namens erschüttert: Wer nennt sich denn selber so? Nun, über Geschmack lässt es sich bekanntlich niemals streiten...

      Und sie hatte hier genug gesehen und gehört. Sie besuchte nacheinander noch ein weiteres Mal die anderen beiden Kriegsschiffe, um am Ende zu wissen, mit wie vielen Supermutanten insgesamt zu rechnen war:

      Auf jedem der drei Schiffe gab es je zwei Supermutanten. Also insgesamt sechs. Jeder einzelne dieser Supermutanten war erfahrungsgemäß so stark wie eine komplette Séance, bestehend aus sieben normalen Mutanten.

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