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er seinen zwei Doktoranden ein, das Labor jede Nacht mit ultraviolettem Licht zu bestrahlen, sich jeden Morgen auf direktem Wege zu ihrem Speziallabor zu begeben, ohne andere Labors mit DNA-Proben zu durchqueren, sowie zahlreiche weitere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.

      Im Sommer 1997 veröffentlichte Svante Pääbo eine DNA-Analyse des berühmtesten Neandertalers der Welt – eben jenes Skeletts, das in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Neandertal gefunden worden war und allen Neandertalern ihren Namen gegeben hatte. Dieses Mal waren die Resultate viel verlässlicher als die der alten Mumie zwölf Jahre zuvor.

      Die Analyse basierte auf Mitochondrien-DNA und lieferte den eindeutigen Beweis, dass die Neandertaler nicht die Vorgänger der modernen Europäer gewesen sein können. Wir sind nicht ihre Urenkel, zumindest nicht in direkter mütterlicher Abstammungslinie. Unseren Verwandtschaftsgrad könnte man eher mit zwei Gruppen Cousinen vergleichen, die vor sehr viel längerer Zeit aus einem gemeinsamen Ursprung hervorgegangen sind.

      Diese Studie erlangte weithin große Beachtung. Svante Pääbo wurde zum Stern am Wissenschaftshimmel, vor allem in Deutschland, wo die Neandertaler seit ihrer Entdeckung im 19. Jahrhundert einen ganz besonderen Status besaßen.

      Leider muss ich zugeben, dass ich die Nachricht von dieser bahnbrechenden Studie verpasst habe. Nur wenige Monate vorher hatte ich als Wissenschaftsredakteurin bei der schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter angefangen. Noch kannte ich nicht alle Zeitschriften, die ein Wissenschaftsredakteur im Blick haben muss, und ich stand auch nicht in den entsprechenden Verteilern, um Informationen aus erster Hand zu bekommen oder zu Pressekonferenzen eingeladen zu werden.

      Doch traf ich Svante Pääbo einige Wochen später in Oslo bei einem Seminar über die neue Gentechnik und bei einem gemeinsamen Abendessen wurde mein Interesse für sein Forschungsgebiet ernsthaft geweckt. Seitdem habe ich ihn häufig interviewt, seine Vorträge besucht und in Dagens Nyheter berichtet, wenn seine Forschungsergebnisse in den führenden wissenschaftlichen Zeitschriften der Welt erschienen.

      Nach den ersten Mitochondrienanalysen ging er dazu über, Kern-DNA zu untersuchen. Das ist wie gesagt deutlich komplizierter. Doch wenn es gelingt, erhält man ein sehr viel vollständigeres Bild, da die Mitochondrien nur einige Tausendstel Prozent unserer gesamten DNA enthalten und darüber hinaus nur in mütterlicher Linie vererbt werden können. Der Rest unserer DNA befindet sich im Zellkern, und diese DNA erben wir von beiden Elternteilen.

      Die erste vorläufige Bestandsaufnahme der Kern-DNA, die Svante Pääbo und seine Kollegen 2009 veröffentlichten, bestätigte die Ergebnisse der ersten Mitochondrienanalysen – nämlich dass die Neandertaler nicht die Vorfahren des modernen Menschen sind, sondern eher so etwas wie unsere genetischen Cousins.

      Doch dann tauchten neue Informationen auf. Verfeinerte Analysemethoden erbrachten unerwartete Ergebnisse. Selbst Svante Pääbo war überrascht. Im Mai 2010 veröffentlichten er und seine Mitarbeiter eine umfassende Untersuchung, die belegte, dass Neandertaler und moderne Menschen tatsächlich gemeinsame Kinder gezeugt haben. Ihre Erbanlagen leben in uns weiter. Die Neandertaler sind also nicht gänzlich ausgestorben.

      Seitdem hat sich die Technik zur Analyse uralter DNA noch einmal weiterentwickelt und liefert uns heute ein so detailliertes Bild, als ob die Wissenschaftler dich und mich, die wir heute leben, untersucht hätten. Dabei sind sie zu folgenden Schlussfolgerungen gekommen:

      Ja, die Neandertaler sind tatsächlich unsere Vorfahren, aber nur zu ungefähr zwei Prozent. Als wir anatomisch modernen Menschen von Afrika aus in die anderen Erdteile wanderten, kamen wir durch den Nahen Osten – unter anderem durch jenes Gebiet im heutigen Israel, das Galiläa heißt. Dort lebten damals bereits Neandertaler. Eine Zeit lang müssen wir neben ihnen in dieser Region gelebt haben. Bei mehreren Gelegenheiten hatten wir Sex miteinander, was zu Nachkommen führte, die selbst wieder gesunde Kinder bekommen konnten.

      Heute lebende Menschen mit asiatischer, australischer oder amerikanischer Herkunft haben etwas mehr Neandertaler-DNA als Europäer, nämlich gut zwei Prozent, während ein durchschnittlicher Europäer nur knapp zwei Prozent besitzt. Das beruht vermutlich auf weiteren Kreuzungen von Neandertalern und modernen Menschen weiter östlich in Asien.

      Die Menschen, die nach Osten wanderten, nach Asien, Neuguinea und Australien, scheinen sich außerdem mit einer anderen Art Urmenschen vermischt zu haben, den Denisova-Menschen. Bei modernen Menschen in Neuguinea beträgt der Anteil an Denisova-DNA in ihrem Erbgut bis zu sechs Prozent, während sich ein geringerer Prozentsatz auch in der chinesischen Bevölkerung nachweisen lässt.

      Tatsächlich kann man das Erbe der Neandertaler auch bei heutigen Afrikanern nachweisen. Das betrifft sogar traditionelle Völker wie die Yoruba in Westafrika und die Mbuti in Kongo-Kinshasa. Bei ihnen handelt es sich jedoch um äußerst geringe Mengen, die sich dadurch erklären lassen, dass Europäer und Asiaten im Laufe der Geschichte auch wieder nach Afrika zurückgewandert sind.

      Heute verkaufen kommerzielle Unternehmen DNA-Tests, die angeblich nachweisen können, wie viele Prozent Neandertaler- oder Denisova-DNA eine Person in ihrem Erbgut hat. Laut Svante Pääbo sind diese Tests jedoch unzuverlässig. Die Fehlerquote ist so hoch, dass die Resultate eigentlich nichts aussagen. Im Nachhinein bedauert er, dass seine eigene Forschergruppe sich keinen solchen Test hat patentieren lassen, denn das hätte ihnen ganz andere Möglichkeiten der Qualitätssicherung eröffnet.

      Vermutlich war es für ein kleines Kind im Nahen Osten vor 54.000 Jahren von Vorteil, Erbanlagen eines Neandertalers zu besitzen. Diese Kinder könnten durchaus gesünder als andere gewesen sein und eine bessere Widerstandskraft gegen Infektionen besessen haben. Unsere Vorfahren, die aus Afrika in den Nahen Osten wanderten, gehörten einer kleinen Gruppe von höchstens ein paar Hundert Menschen an. Nachdem sie über mehrere Generationen nur innerhalb dieser Gruppe Kinder gezeugt hatten, war ihre Immunabwehr geschwächt. Inzucht hat negative Folgen für das Immunsystem, doch fremdes, frisches Blut kann dem entgegenwirken.

      Der amerikanische Immunologe Peter Parham hat in unserem Immunsystem eine Gruppe von Genen gefunden, die ein Erbteil der Neandertaler zu sein scheinen. Solche Gene halfen vermutlich vor 54.000 Jahren dem Trolljungen und seinesgleichen zu überleben. Heute könnten die gleichen Gene für ein allzu effektives Immunsystem mit verantwortlich sein, das Amok läuft und das Risiko erhöht, an Autoimmunerkrankungen wie MS oder Diabetes Typ 1 zu erkranken.

      Wissenschaftler haben zwei Neandertalergene gefunden, die die Fettverdauung beeinflussen. Das eine Gen erhöht bei uns heute das Risiko für Diabetes Typ 2. Diese Krankheit steht in einem engen Zusammenhang mit Übergewicht, einem verbreiteten gesundheitlichen Problem. Doch das war vor 54.000 Jahren ganz anders. Für die ersten modernen Europäer war es eher von Vorteil, wenn ihre Körper möglichst viel Fett aufnahmen. Das verringerte das Risiko zu verhungern.

      Svante Pääbos Forschergruppe hat darüber hinaus eine Handvoll weiterer Gene gefunden, die anscheinend vom Neandertaler an den modernen Menschen vererbt wurden. Sie alle steuern einen Stoff, der Keratin heißt und in Haut und Haaren vorkommt. Sowohl Asiaten als auch Europäer scheinen Varianten solcher Keratingene von den Neandertalern geerbt zu haben, aber interessanterweise handelt es sich in Asien und Europa um unterschiedliche Gengruppen. Noch ist nicht geklärt, wie genau die Neandertalergene sich auf unser Haar und unsere Haut auswirken. Ich persönlich würde allerdings darauf wetten, dass glattes Haar zum Erbe der Neandertaler gehört.

      Svante Pääbo möchte sich jedoch nur äußerst ungern an Spekulationen über das Aussehen von Haut und Haar der Neandertaler beteiligen. Mittlerweile haben andere DNA-Forscher genetische Tests entwickelt, die Anhaltspunkte für Haut-, Augen- und Haarfarbe liefern. Eine Gruppe spanischer Wissenschaftler will bei Neandertalern Gene für rotes Haar gefunden haben. Doch laut Svante Pääbo sind diese Tests noch viel zu unzuverlässig, als dass er solche Ergebnisse veröffentlichen würde. Während unseres Interviews versuche ich ihn mit dem Argument zu überzeugen, dass die Allgemeinheit sicher an Eigenschaften wie Augenfarbe, Haut- und Haarfarbe interessiert sei. Das würde uns ein lebendigeres Bild von unseren Begegnungen mit den Neandertalern vermitteln.

      Doch Pääbo hält dieses Argument nicht für ausreichend. Dennoch verrät er mir etwas, das bisher nicht veröffentlicht wurde: Keiner der Neandertaler, die er selbst untersucht hat, scheint

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