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und Tipps funktioniert haben. Works like a charm, schreibst du, mit drei Zwinkersmileys, während du dich fragst, ob sie noch mit dir Kontakt halten werden, wenn das alles hier vorbei ist.

      §§§

      Der Nachmittag vergeht, während du einen Gegenstand nach dem anderen aus der Asche gräbst. Ein türkis leuchtender, halb geschmolzener Metallkrug, im Innersten der Gedanke an den ersten Schluck Wasser für einen Heimgekehrten, der in dir die Erinnerung an deinen ersten Kuss hervorruft. Ein bis zur Unkenntlichkeit geschmolzenes Metallfigürchen, im Kern die Gewissheit, jemanden nie wiederzusehen. Du denkst an Tante Moni, die starb, als du zwölf warst. Die eines Tages wieder loszog, um den Dingen auf den Grund zu gehen, und mit einem Lächeln abwinkte, als du fragtest, ob du sie begleiten sollst. Pass gut auf dich auf, sagte sie, ein Abschied, von dem nur sie wusste.

      Die Farben wechseln, du taumelst von Gegenstand zu Gegenstand, Erinnerung zu Erinnerung. Längst bist du jenseits aller Kräfte, die du einteilen könntest. Das Kribbeln und Stechen hat sich zu deinen Knöcheln und Handgelenken vorgearbeitet. Es fällt dir immer schwerer, dich zu konzentrieren, die rettenden Tabletten scheinen deinen Kopf voller Watte zu zaubern. In einer Pause legst du eine Erinnerung im Handy an, neue Rezepte von deiner Ärztin zu holen.

      Als die Abenddämmerung einsetzt, bist du endlich am Ende der Kette angelangt.

      Die verbogene Schatulle aus Blech leuchtet orange-rot, wie Feuer. Ehe du es als magisches Licht erkennst, fragst du dich kurz, ob es unter der Asche immer noch irgendwo brennt. Deine Finger zittern und schmerzen, als du die verkohlte Schachtel aufbiegst. In ihr findest du, in Lagen aus Stoff und Wachspapier, einen winzigen Umschlag. Im Inneren liegt ein einzelnes Samenkorn.

      Du hast ihn kaum berührt, als du dich erinnerst. Die Eberesche stand im Hinterhof, als du ein Mädchen warst. Als du elf warst, wurde sie gefällt. Zur Jugendweihe hat dein Onkel dir eine Schmuckschatulle aus ihrem Holz gebaut, die heute auf deiner Kommode steht. Niemals hättest du geraten, dass an dem Baum etwas besonders war. Aber der Zauber wirkt noch immer zuverlässig, Erinnerungen hüllen dich ein, diesmal fühlen sie sich beinahe wie eine Umarmung an. Du hast gewusst, dass deine Familie nicht immer schon in Berlin lebte. Jetzt erzählt dir das Samenkorn, dass der Baum im Hinterhof aus einem Setzling aus ihrer alten Heimat stammte. Das Innerste des Hauses liegt endlich vor dir, ein Gefühl von Hoffnung, von Neuanfang.

      Deine eigene Erinnerung, die wie ein Spiegelbild dazu passt, ist ziemlich genau ein Jahr her. Deine Frau und du, auf der Schwelle der neuen Wohnung, die amtliche Lebenspartnerschaftsurkunde in ihrer Hand. Ihr lacht darüber, wie keine die andere über irgendwelche Schwellen tragen kann, sie hochschwanger, du chronisch krank.

      Du lächelst, und mit dem Lächeln endet der Zauber, du lässt ihn und die Erinnerungen los.

      Du fragst dich, was du anfangen sollst mit diesem Korn, das so viel bedeutet. Lässt du es einfach hier? Zerstörst du es, entzündest ein weiteres Feuer in der Asche, verbrennst das letzte Vermächtnis deiner Familie? Nimmst du es mit?

      Du hältst das Samenkorn in den Händen. Es ist winzig, halb so lang wie dein Daumennagel. Der Kern des Hauses, im wörtlichen Sinne, kurz schnaubst du wütend-belustigt über diese Ironie. Doch dann wirst du still, als du die Magie des Innersten zum ersten Mal selbst begreifst, in den Händen hältst. Für endlose Augenblicke siehst du, was der Samen in sich birgt, was er werden könnte, werden wird. Siehst alle Varianten gleichzeitig.

      Der riesige stolze Baum, gewachsen über Nacht in den Ruinen dieses Hauses. Die Wurzeln, die Straßen aufreißen, die Äste, die in die Nachbarhäuser greifen. Unkontrollierte Magie, die so sehr ausstrahlt, dass selbst die Menschen, die sie nicht sehen können, sich instinktiv fernhalten. Tage vergehen im Zeitraffer, Monate, Jahre. Wo Berlin war, sind nur noch Holz und Äste und Blätter, rote Beeren, die bis in die Wolken wachsen. Die Zweige des Baumes reichen in den Himmel, seine Wurzeln bis ins Innerste der Welt.

      Das Samenkorn, verbrannt, jeder Lebensfunke erloschen. Die Ruine, voller Asche und verkohlter Balken. Wieder vergeht Zeit, die Ruine verschwindet, ein neues Gebäude entsteht. Ein Haus ohne magischen Kern, ohne Erinnerungen und Geister. Die Menschen in Berlin wissen es nicht, aber zum ersten Mal treffen sie ihre Entscheidungen wirklich selbst.

      Der Baum, die Eberesche, in deinem Garten. Die Äste reichen nicht bis in die Wolken, nur bis zur Höhe des Dachs. Dein Sohn weiß inzwischen, dass die roten Beeren giftig sind, erklärt es seiner kleinen Schwester. Du kannst das Gift sehen, wenn du richtig hinschaust, sagt er ernsthaft. Auch dein Sohn kann den Kern der Dinge sehen. Familie ist mehr als Blut.

      Eine Myriade weiterer Varianten entsteht aus diesen dreien, weitere Bilder blühen kurz in deinem Geist auf. Eine geheime Stadt im Inneren der Weltenesche. Ein futuristisches Berlin, von einer Glaskuppel geschützt vor Magie. Ein Stammbaum von neuen Hexen, deren Ahnin du bist. Für einen Moment bist du gleichzeitig Samenkorn und aufblühende Knospe, Stamm und Wurzel, in den Wolken und im Innersten der Erde, du fühlst dich unsterblich und zerbrechlich, unendlich groß und unendlich klein.

      Und dann schießt der Schmerz von deinen Füßen und Händen aus in alle Gelenke, in alle deine Knochen. Der Schub, den du mit purer Willenskraft hinausgezögert hast, hat dich eingeholt. Mit bitterer Klarheit erkennst du, wie tief im Minus deiner Kräfte du gelandet bist, aktivierst die App, um ein Taxi zu rufen. Dir bleiben nur noch Minuten, bis Schmerzen und Müdigkeit dich überwältigen. Minuten, um diese Entscheidung zu treffen.

      Alle Zauber sind verflogen, und du bist wieder du. Nur Jennifer, Mutter und Tochter und irgendwie auch Hexe, geliebt und glücklich und traurig und krank, und allein in der Asche.

      Das Innerste der Welt ist ein Samenkorn, kleiner als dein Daumennagel. Was damit geschieht, liegt allein in deiner Hand.

      Was tust du?

      n

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