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wieder nichts einen Aufstand machte. Er dachte einfach, sie sei ein Mensch in Not, der etwas Trost brauchte. Lacey beschloss, sich eine Scheibe von ihm abzuschneiden.

      „Klingt für mich so, als ob du ganz umsonst in Panik geraten bist“, sagte sie leise zu Carol. „Dein B&B hat Kultstatus in der Stadt. Die Touristen lieben dein Barbie-pinkes Haus an der Hauptstraße ebenso sehr wie Toms Fensterskulpturen aus Makronen. Ein luxuriöses B&B kann mit deinem historischen Anwesen gar nicht mithalten. Es hat seinen eigenen skurrilen Stil und die Leute lieben es.“

      Lacey ignorierte Ginas Kichern. Sie hatte ihre Worte absichtlich mit Bedacht gewählt, um Carols Dekorationen aus Flamingos und Palmfarnen zu beschreiben und konnte sich schon vorstellen, was Gina stattdessen gesagt hätte: grell, kitschig, knallig …

      Carol sah mit feuchten Augen zu Lacey auf. „Glaubst du das wirklich?“

      „Natürlich! Und außerdem hast du etwas, das dieses junge Ding nicht hat. Mumm. Entschlossenheit. Leidenschaft. Niemand hat dir das B&B auf dem Silbertablett serviert, oder? Und welche Art von Londoner will sich wirklich im zarten Alter von 22 Jahren in Wilfordshire niederlassen? Ich wette, das junge Ding wird sich schon bald langweilen und sein Glück woanders suchen, wo die Wiesen grüner sind.“

      „Oder grauer“, witzelte Gina. „Ihr wisst schon, wegen all der Straßen in London? Dass sie zurück nach… ach, egal.“

      Carol beruhigte sich langsam wieder. „Vielen Dank, Lacey. Dank dir geht es mir schon viel besser.“ Sie stand auf und tätschelte Chester den Kopf. „Und dank dir, du lieber Junge.“ Sie tupfte ihre Wangen mit ihrem Taschentuch ab. „Jetzt gehe ich besser wieder an die Arbeit.“

      Ohne ein weiteres Wort zu sagen, machte sie sich davon.

      Sobald sich die Tür hinter ihr schloss, begann Gina zu lachen.

      „Ehrlich“, rief sie aus. „Jemand muss dieser Frau die Augen öffnen! Sie ist wirklich in der falschen Branche, wenn sie eine 22-jährige Anfängerin für eine Bedrohung hält. Du und ich, wir wissen beide, dass dieses Londoner Mädel von hier verschwinden wird, sobald sie genug Geld zusammen hat, um sich ein Loft in Chelsea zu kaufen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich glaube, ich mache jetzt meine Pause, wenn es dir nichts ausmacht? Ich habe genug Aufregung gehabt.“

      „Nur zu“, sagte Lacey, gerade als die Glöckchen über der Tür klingelten. „Ich komme schon klar.“

      Gina klopfte sich auf die Knie, um Chesters Aufmerksamkeit zu erregen. „Komm schon, Junge, Gassi gehen.“

      Er sprang auf und die beiden gingen auf die Tür zu. Die kleine schlanke junge Frau, die gerade eingetreten war, machte einen verdächtig großen Schritt nach links, so wie es Leute taten, die Angst vor Hunden hatten. Vermutlich erwartete sie, dass er sie anspringen und beißen würde.

      Gina nickte ihr knapp zu. Sie hatte nicht viel Zeit für Menschen, die keine Haustiere mochten.

      Als sich die Tür hinter Gina und Chester geschlossen hatte, schien sich die Frau zu entspannen. Sie näherte sich Lacey in einem Patchwork-Rock, der mit jeder ihrer Bewegungen raschelte. Zusammen mit der übergroßen Strickjacke sah ihr Outfit aus, als hätte sie es direkt aus Ginas Kleiderschrank genommen.

      „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte Lacey die Frau.

      „Ja“, sagte die junge Frau. Sie wirkte schüchtern und ihr mattbraunes, unfrisiertes Haar, das auf ihren Schultern lag, trug zu ihrer kindlichen Ausstrahlung bei. Ihre großen Augen ließen sie ein wenig wie ein Reh im Scheinwerferlicht wirken. „Sie sind Lacey, richtig?“

      „Ja, das stimmt.“

      Es verunsicherte Lacey immer wieder, wenn Leute ihren Namen kannten. Besonders, wenn man bedachte, was mit Brooke geschehen war …

      „Ich bin Suzy“, sagte das Mädchen und streckte ihre Hand aus.

      „Ich eröffne ein B&B an der Küste. Jemand hat Sie mir als gute Ansprechpartnerin für Möbel empfohlen.“

      Lacey wünschte sich, Gina wäre noch hier, damit sie einen überraschten Blick mit ihr wechseln könnte, aber leider war sie allein, und so reichte sie ihr nur schweigend die Hand. Sie konnte nicht ganz glauben, dass dieses schmächtige Mädchen die reiche Londonerin war, die Carol solche Angst eingejagt hatte. Sie sah kaum älter als 16 Jahre aus und wirkte schüchtern wie eine Maus. Sie wirkte, als sei sie auf dem Weg zur Kirche und nicht im Begriff, ein Unternehmen zu gründen.

      „Wonach suchen Sie denn?“, fragte Lacey und überspielte ihre Überraschung mit Höflichkeit.

      Das Mädchen zuckte verlegen mit den Achseln. „Ich bin mir noch nicht ganz sicher, um ehrlich zu sein. Ich weiß nur, dass ich nichts zu Modernes will. Das Anwesen ist viel zu groß für moderne Möbel. Es würde sich kommerziell und steril anfühlen, wissen Sie? Ich möchte ein behagliches Gefühl erwecken. Luxuriös. Einzigartig.“

      „Nun, warum gehen wir nicht durch den Laden und sehen, ob wir die eine oder andere Inspiration finden können?“, sagte Lacey.

      „Das ist eine tolle Idee!“, antwortete Suzy und ihr Lächeln verströmte jugendliche Ausgelassenheit.

      Lacey führte sie zur Steampunk-Ecke. „Ich war vor etwa 14 Jahren in New York als Assistentin eines Innenarchitekten tätig“, erklärte sie, während Suzy begann, die Regale zu durchstöbern. „Sie wären erstaunt, was Ihnen alles als Inspiration dienen könnte.“

      Suzy betrachtete neugierig den Aquanauten-Anzug. Lacey hatte plötzlich eine Vision von einem B&B im Steampunk-Stil.

      „Gehen wir hier lang“, sagte sie hastig und lenkte Suzys Aufmerksamkeit stattdessen auf ihre Nordische Ecke.

      Aber nichts in ihrer skandinavisch inspirierten Abteilung schien Suzy richtig zu begeistern, also schlängelten sie sich weiter durch den Laden. Lacey hatte während ihrer wenigen Monate als Antiquarin wirklich eine beachtliche Sammlung von Gegenständen angehäuft.

      Sie ließen den Flur voller Lampen hinter sich und kamen in ihrer Abteilung voller Vintage-Gegenstände an.

      „Haben Sie schon etwas gesehen, das Ihnen ins Auge sticht?“, fragte Lacey.

      Suzy verzog die Lippen, als wäre sie unschlüssig. „Nicht wirklich. Aber ich bin sicher, Sie werden etwas für mich finden.“

      Lacey zögerte. Sie hatte angenommen, dass Suzy selbst etwas finden wollte, nicht dass sie ihre Arbeit übernehmen sollte!

      „Tut mir leid“, sagte Lacey etwas ratlos. „Wie meinen Sie das?“

      Die junge Frau war damit beschäftigt, in ihrer Stofftasche zu wühlen, und hörte ihr offensichtlich nicht zu. Sie holte ein Notizbuch hervor, blätterte die Seiten durch, zückte einen Kugelschreiber und sah Lacey erwartungsvoll an. „Haben Sie morgen Zeit?“

      „Zeit wofür?“, fragte Lacey immer verwirrter.

      „Die Renovierung“, sagte Suzy. „Habe ich nicht …?“ Sie wurde still und ihre Wangen wurden knallrot. „Mist. Entschuldigung.“ Schnell schob sie den Stift und das Notizbuch zurück in ihre Umhängetasche. „Ich bin neu bei diesem ganzen Geschäftskram. Ich mache die Dinge immer in der falschen Reihenfolge. Lassen Sie mich von vorne anfangen. Also, mein Plan ist es, das B&B rechtzeitig für die Flugschau einzurichten und …“

      „Da muss ich sie direkt unterbrechen“, fiel Lacey ihr ins Wort. „Welche Flugshow?“

      „Die Flugshow“, wiederholte Suzy.

      Jetzt war Suzy an der Reihe, ihre Stirn verwirrt zu runzeln.

      „Nächsten Samstag?“, fuhr die junge Frau fort. „Red Arrows? Schloss Brogain? Sie wissen wirklich nicht, wovon ich spreche?“

      Lacey war ratlos. Suzy hätte genauso gut eine andere Sprache sprechen können. „Mein Akzent verrät Ihnen vielleicht, dass ich nicht von hier bin.“

      „Nein, natürlich nicht.“ Suzy wurde wieder rot. „Nun, Flugshows sind hier im Vereinigten Königreich recht häufig. Diese Shows gibt es überall an der Küste, aber die in Wilfordshire ist wegen des Schlosses Brogain etwas ganz Besonderes. Die

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