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dieses grundlegende Dogma könnten etablierte Religionsbekenntnisse nicht existieren. Wenn du nicht daran glaubst und nicht erklärst, dass du allein im Besitze der höchsten Wahrheit bist, wirst du nicht imstande sein, Leute zu beeindrucken und dazu zu veranlassen, dir zuzuströmen.

      Diese Einstellung ist für die Religiosität natürlich. Eben dies lässt aber die Religion einem spirituellen Leben im Wege stehen. Die Glaubens- und Lehrsätze einer Religion sind mental erzeugte Dinge, und wenn du an ihnen klebst und dich in einen für dich aufgestellten Lebenskodex einschließt, dann kennst du nicht und kannst auch nicht die Wahrheit des Geistes kennen, der über alle Regelsysteme und Dogmen hinausreicht, weit und gewaltig und frei. Wenn du bei einer religiösen Überzeugung halt machst und dich dort bindest, indem du sie für die einzige Wahrheit der Welt hältst, dann bereitest du dem Fortkommen und dem Weitwerden deiner Seele ein Ende. Wenn du jedoch die Religion aus einem anderen Gesichtswinkel betrachtest, braucht sie nicht immer und für alle Menschen ein Hindernis zu sein. Wenn du sie als eine der höheren Aktivitäten der Menschheit erachtest und du in ihr das Streben des Menschen erkennen kannst, ohne die Unvollkommenheiten alles Menschenerschaffenen zu übersehen, dann vermag sie wohl eine Art Hilfe für dich auf dem Weg zu einem spirituellen Leben zu sein. Indem du dich in ernsthafter und aufrichtiger Haltung mit ihr befasst, kannst du versuchen herauszufinden, welche Wahrheit sie enthält, welche Sehnsucht in ihr verborgen liegt, welche göttliche Inspiration hier durch den menschlichen Geist und eine menschliches System Umformung und Verformung erfahren hat. Mit geeigneter mentaler Einstellung kannst du die Religion selbst so, wie sie ist, dahin bringen, etwas Licht auf deinen Weg zu werfen und dir etwas Unterstützung bei deiner spirituellen Bemühung zu gewähren.

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      Yoga und Religion

      Liebe Mutter, was ist der Unterschied zwischen Yoga und Religion?

      Ah! Mein Kind... das ist, als fragtest du mich nach dem Unterschied zwischen Hund und Katze!

      (Langes Schweigen)

      Stelle dir jemanden vor, der irgendwie von etwas wie dem Göttlichen gehört oder ein eigenes Gefühl hat, dass etwas dieser Art existiert und der fängt an, sich auf alle mögliche Weise zu bemühen: Bemühungen des Willens, der Disziplin, der Konzentration, alles mögliche, um das Göttliche zu finden, um zu entdecken, was Er ist, mit Ihm vertraut zu werden und sich mit Ihm zu vereinen. Dann macht dieser Mensch Yoga.

      Nun, wenn dieser Mensch alle Verfahren, derer er sich bedient hat, aufgeschrieben hat und ein starres System konstruiert und alles, was er erkannt hat, zu absoluten Gesetzen erklärt – zum Beispiel sagt er: Das Göttliche ist so und so, um das Göttliche zu finden, musst du jenes tun, führe diese besondere Geste aus, übernimm diese innere Haltung, vollziehe diese Zeremonie und du musst gelten lassen, dass dieses die Wahrheit ist, du musst sagen: „Ich erkenne an, dass dies die Wahrheit ist und ich werde mich voll und ganz daran halten; und deine Methode ist die einzig richtige, die einzig bestehende“ – wenn all das niedergeschrieben, gestaltet und nach festen Gesetzen und Zeremonien geordnet ist, dann wird es eine Religion.

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      Sri Aurobindos Lehre und Religion

      Viele Leute sagen, die Lehre Sri Aurobindos sei eine neue Religion. Würdest du sagen, sie ist eine neue Religion?

      Leute, die das sagen, sind Dummköpfe, die nicht einmal wissen, worüber sie reden. Man braucht nur all das zu lesen, was Sri Aurobindo geschrieben hat, um zu begreifen, dass es unmöglich ist, auf seinem Werk eine Religion zu begründen, denn er selbst stellt jedes Problem, jede Frage in all deren Aspekten dar, indem er die in jedweder Sicht der Dinge verborgene Wahrheit aufzeigt; und er erklärt, man muss, um die Wahrheit zu erfahren, eine Synthese verwirklichen, die jeglichen mentalen Begriff überschreitet und in einer Transzendenz jenseits des Denkens aufgeht...

      Ich wiederhole, wenn wir von Sri Aurobindo sprechen, dann kann keine Rede von Lehre, noch nicht einmal von Offenbarung sein, sondern von einer Tat des Höchsten; darauf kann keine Religion gegründet werden.

      Aber die Menschen sind so dumm, dass sie imstande sind, alles mögliche in eine Religion zu verwandeln, so groß ist ihr Bedürfnis nach einem festen Rahmen für ihr enges Denken und ihr beschränktes Handeln. Sie fühlen sich so lange nicht sicher, bis sie geltend machen können, dies ist wahr und jenes nicht; aber ein solcher Anspruch wird für jemanden, der gelesen und verstanden hat, was von Sri Aurobindo geschrieben wurde, unmöglich. Religion und Yoga gehören nicht der gleichen Seinsebene an, und ein spirituelles Leben kann nur in aller Reinheit bestehen, wenn es von allen mentalen Dogmen frei ist.

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      Der Entschluss zum Yoga

      Siehst du, man mag einen sehr guten Willen haben, ein Leben, das auf göttliche Realisation ausgerichtet ist, jedenfalls eine mehr oder weniger oberflächliche Hingabe an ein göttliches Werk, und dennoch keinen Yoga praktizieren.

      Für Sri Aurobindos Yoga muss man sich selbst integral umwandeln wollen, es bedeutet, ein einziges Ziel im Leben zu verfolgen, in der Art, dass es nichts anderes mehr gibt, das alleine existiert. Und so fühlt man klar in sich selbst, ob man es will oder nicht. Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, kann man immer noch ein Leben guten Willens führen, ein Leben des Dienens, des Verstehens. Man kann sich um das Werk mühen, damit es leichter vollbracht wird – alles das – man kann vieles tun. Doch zwischen diesem und dem Yoga besteht ein großer Unterschied.

      Den Yoga auszuüben muss man bewusst wollen, du musst zunächst wissen, was das ist. Du musst wissen, was das ist, du musst dich dazu entscheiden. Sobald das hingegen geschehen ist, darfst du nicht länger zaudern. Das ist der Grund, weshalb du in voller Kenntnis der Sache eine Entscheidung fällen musst. Du musst wissen, wofür du dich entschließt, wenn du sagst: „Ich möchte Yoga machen.“ Und deshalb, von diesem Standpunkt aus, habe ich euch, glaube ich, niemals bedrängt...

      Doch von dem Tag an, an dem du eine Wahl triffst – wenn du das in aller Aufrichtigkeit getan hast und in dir eine radikale Entschlossenheit fühlst – ändert sich die Lage. Da ist das Licht und der Pfad, denen man folgen muss, ganz geradlinig, und du darfst nicht davon abweichen. Weißt du, es wird niemand zum Narren gehalten. Yoga ist kein Spaß. Du musst wissen, was du tust, wenn du dich dazu entschließt. Wenn das jedoch geschehen ist, dann musst du daran festhalten. Du hast kein Recht mehr zu schwanken. Du musst geradeaus gehen! Da!...

      Diesen Yoga der Umwandlung, der obendrein der mühsamste ist, diesen Yoga kann man nur machen, wenn man fühlt, dass man für ihn hierhergekommen ist (ich meine, hier auf die Erde) und dass man nichts anderes tun kann als das und dass das der einzige Grund für die eigene Existenz ist – selbst wenn man sich hart plagen, leiden und kämpfen muss, hat das keine Bedeutung – „Das ist es, was ich will, sonst nichts!“ – dann ist es anders. Sonst werde ich sagen: „Sei glücklich und sei gut, und das ist alles, was von dir verlangt wird. Sei gut im Sinne von verstehend sein und wissend, dass die Bedingungen, in denen du lebst, außergewöhnliche sind und versuche, ein bedeutenderes, trefflicheres und wahrhaftigeres Leben zu führen als der gewöhnliche Mensch, damit sich ein wenig von diesem Bewusstsein, diesem Licht und seiner Güte in der Welt auszudrücken vermag. Das wäre sehr gut.“ So ist es!

      Sobald du hingegen deinen Fuß auf den Yogapfad gesetzt hast, musst du über eine stählerne Entschlossenheit verfügen und direkt auf das Ziel zu marschieren, was immer auch der Preis sein mag.

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      Ein Ruf für den Pfad

      Wozu willst du den Yoga? Um Macht zu gewinnen? Um Frieden und Ruhe zu erlangen? Um der Menschheit zu dienen?

      Keiner dieser Beweggründe beweist ausreichend, dass du für den Pfad bestimmt bist.

      Die Frage, die du beantworten musst, ist diese: Willst du den Yoga um des Göttlichen willen? Ist das Göttliche die höchste Wirklichkeit in deinem Leben, und zwar so sehr, dass es für dich einfach

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