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Тотеnтаnz / Пляска смерти. Книга для чтения на немецком языке. Бернгард Келлерман
Читать онлайн.Название Тотеnтаnz / Пляска смерти. Книга для чтения на немецком языке
Год выпуска 1948
isbn 978-5-9925-0204-6
Автор произведения Бернгард Келлерман
Жанр Зарубежная классика
Серия Моderne Prosa
Издательство КАРО
Seht an, dachte Fabian, eine richtige Konversation will sie beginnen. Er aber hatte keineswegs die Bosheiten ihrer Scheidungsklage vergessen und zögerte zu antworten.
«Er wird sicher ganz interessant spreche», erwiderte er. «Er ist ja ein aufgeweckter Kopf. Natürlich hat man ihn in vielen Dingen informiert, er ist ja noch ganz neu».
Clotilde lächelte in sich hinein. Oh, sie wusste ganz genau, was Taubenhaus sagen würde. Die «Heldenbrück», der Springbrunnen auf dem Bahnhofsplatz, der Roland am Rathaus, nicht wahr? Seit drei Tagen lagen Durchschläge der Rede auf dem Schreibtisch ihres Mannes mit der blauen Anschrift «Streng vertraulich[61]».. Fabian wusste recht wohl, wie man Geheimnisse in der Stadt bekanntmachte, wenn es sein musste. Auch Fräulein Zimmermann würde aus lauter Wichtigtuerei den Mund nicht halten[62].
«Sieh doch, die vielen Leute». rief Clotilde aus, als sie über den Rathausplatz gingen. Eine Menge Menschen stieg soeben hastig die Treppe empor. Unter ihnen befand sich Baurat Krieg, der eine zu enge Leutnantsuniform trug, die sich kaum über dem Bauch schließen ließ. Er war bei den Pionieren gewesen. Seine beiden Töchter, die Zwillinge, waren mit ihm. Es waren zwei hübsche Mädchen, Hermine und Helene, die einander so ähnlich sahen, dass es schwer war, sie zu unterscheiden. Beide hatten sie die gleichen roten Pausbacken und die gleichen reizenden Stupsnäschen. Sie lächelten auch das verwirrend gleiche Lächeln.
«Ein General! Nehmt Haltung an, Mädchen, ein wirklicher General». – scherzte Krieg und bestaunte Fabian. «Wahrhaftig, Sie verstehen es, Ihre Freunde zu überrasche», fügte er hinzu, und man konnte aus seinem Lachen nicht recht klug werden[63].
«Du entschuldigst mic», sagte Fabian zu seiner Frau am Eingang des Saales, als er ihr höflich die breite Tür öffnete. «Ich muss noch zum Bürgermeister, er hat vielleicht noch Aufträge für mich».
Clotilde verabschiedete sich von ihm mit ihrem reizendsten Lächeln, die Töchter Kriegs standen neben ihr. Sie waren beide völlig gleich gekleidet und gebrauchten auch das nämliche Parfüm. Fabian will sich wohl bei Taubenhaus in der neuen Uniform zeigen? dachte Clotilde. Es war ja alles Berechnung bei ihm, sie kannte ihn ganz genau.
Uniformen, Menschen, Hüte, Flaggen und wieder Flaggen, es war ein Anblick, der Clotilde begeisterte. Der Saal war mit vielen Lorbeerbäumchen geschmückt und von Fahnen geradezu übersät. Nur wenige Fahnen zeigten die Farben der Stadt, die meisten trugen das Hakenkreuz. Auch die Rednertribüne war mit der Hakenkreuzfahne ausgeschlagen. Der Eindruck war förmlich berauschend, und Clotildes Herz jubelte, als sie sich den Weg durch die Menge bahnte. Natürlich behaupteten einige Nörgler, es sei eine Feier der Partei und nicht der Stadt, und Doktor Krüger sollte nicht einmal ein privates Telefongespräch erlaubt sein, da konnte man schon lachen.
Es wimmelte von Militärs, selbst die Offiziere der Reserve benutzten den Anlass, sich in ihren Uniformen sehen zu lassen. Man sah sogar eine richtige rote Husarenverschnürung, die man schon für ausgestorben hielt, und die drei breiten Ärmelstreifen der Marine. Nun, das Stadtoberhaupt hatte sie eingeladen, und sie hielten es für ihre Pflicht, alle in großer Gala zu erscheinen. Ganz auffallend aber waren die vielen Orden! Ja, war denn ein Ordensregen auf die Stadt niedergegangen? Man konnte glauben, sie alle seien in der mörderischen Schlacht von Verdun[64] gewesen, obschon viele von ihnen nicht einmal den Geruch von Pulver kannten.
Ja, und du lieber Himmel, heute konnte man auch sehen, dass fast jedermann, der etwas auf sich hielt, Mitglied der Partei war! Gerichtspräsident Liborius, Museumsdirektor Graß, Direktor des Krankenhauses Sandkuhl, Justizrat Schwabach, natürlich, er spielte ja eine ganz große Rolle in der Partei, Rektor des Gymnasiums Pett, Medizinalrat Haverlag, die Professoren Koppenheide und Rhode, Direktor der Kunstschule Sanftleben, alle, einfach alle. Die Herren sahen sämtlich würdig, gut genährt und zufrieden aus, manche hatten sich im Laufe ihres Lebens Schmerbäuche erworben, und viele zeigten ihre glänzenden Glatzen, die man sonst überhaupt nicht sah, da sie Hüte trugen. Es war mit einem Wort die Creme des Bürgertums der Stadt.
Im Hintergrund des Saales hielten sich Scharen von meist jungen Leuten in brauner Uniform auf, die ohne jede Scheu plauderten und scherzten. Selbst einige Grauköpfe waren unter den braunen Soldaten, und in ihrer Mitte sah man die großen durchscheinenden Ohren des Schusters Habicht rot aufleuchten.
Es musste in Wahrheit auffallen, wie wenige der Anwesenden nicht der Partei angehörten. Vielleicht waren viele nicht eingeladen worden? Fabian hatte eine Liste von achthundert Personen aufgestellt, die letzte Sichtung aber hatte sich Taubenhaus vorbehalten. Zu den Parteilosen, die auf den ersten Blick auffielen, zählte Wolfgang Fabian, der mit fröhlicher Miene durch den Saal blickte, bald aber seine Unbefangenheit verlor, da er einer gewissen Zurückhaltung begegnete. In seiner Nachbarschaft saß Lehrer Gleichen, der mit düsteren Augen abseits Platz genommen hatte und mit niemand ein Wort wechselte. Seine Menschenscheu war bekannt, man erinnerte sich auch, dass er an die Dorfschule von Amselwies straf versetzt worden war, weil er, wie man sagte, die Hakenkreuzfahne nicht gegrüßt hätte.
II
Frau von Thünens kleines Hütchen mit den stahlblauen Federchen bewegte sich erregt hin und her. Die Baronin sprach und lachte fast ohne Pause. Durch den ganzen Saal hörte man ihre begeisterte Stimme und ihr helles Lachen. Sie hatte dieser Tage einen führenden Posten in der Frauenschaft übernommen und fühlte sich ganz in ihrem Element.
Oberst von Thünen tänzelte in seiner Oberstenuniform zwischen den Damen wie ein jugendlicher Kavallerist, seine Brust war mit Reihervon hohen Orden übersät und glitzerte förmlich. Er klappte mit den Absätzen, grüßte mit hochgestreckter Hand, lachte, scherzte. Kurz, er schien sich tatsächlich verjüngt zu haben mit seinem grauen Scheitel, der wie immer peinlich frisiert war. «Frau Fabian». rief er, als er Clotilde gewahrte, die sich ihren Weg durch die Menge suchte. Er eilte ihr entgegen, stand vor ihr in militärischer Haltung, als sei sie ein General, und verbeugte sich übermäßig tief. Clotilde errötete, beglückt über diese Auszeichnung vor allen Leuten.
«Kommen Sie zu uns, Clotild», schrie die Baronin.
Der junge Oberleutnant Wolf von Thünen hielt sich hochmütig lächelnd etwas abseits von den Damen, die seine Mutter umgaben, da ihn, wie er sagte, Frauen über vierzig nicht interessierten. Er bewahrte noch ganz die alten gesellschaftlichen Formen, verbeugte sich gemessen und küsste Clotilde aufmerksam die Hand.
Fabian ging als letzter möglichst unauffällig durch den Saal und durchforschte im Vorbeigehen die Sitzreihen.
Er hätte es gern gesehen, dass Christa und Frau Beate Lerche-Schellhammer erschienen wären. Er hatte ihre Namen auf die Liste gesetzt, obschon er wusste, dass sie in diesen Tagen einen kleinen Ausflug nach Baden-Baden planten. Trotzdem er unter den Damen eifrig Umschau hielt, konnte er sie nirgends entdecken.
Schade, Christa ist nicht da, dachte er und begab sich zu den letzten Stuhlreihen, wo die einfachen Soldaten der Partei in ihren braunen Uniformen saßen. Sie rückten bereitwillig zur Seite, und man gewann den Eindruck, als sei soeben ihr Kommandeur zu ihnen getreten. «Er sieht prächtig au», raunte die Baronin in Clotildes Ohr. «Herrlich, dass er sich endlich positiv erklärte».
«Wenn man etwas tut, so soll man es ganz tun». antwortete Clotilde. «Als begeisterter Soldat musste er sich natürlich einer militärischen Formation anschließen».
«Das erwartete man selbstverständlich von ih», fuhr die Baronin fort, «dass er es aber tat, ohne vorher die Bedingung eines militärischen Ranges zu stellen, das wird man ihm hoch anrechnen». Ja, nun konnte der Bürgermeister kommen. Aber er kam noch nicht. Etwas schien noch zu fehlen. Man deutete auf die drei Sitze, die unbesetzt waren. Für wen mochten diese drei Stühle reserviert sein? Wurden hohe Gäste erwartet? Da wurde nochmals die Haupttür geöffnet, und drei Herren in braunen und schwarzen Uniformen der Partei erschienen, um sich rasch zu den reservierten Stühlen zu begeben.
Der
61
Streng vertraulich – совершенно секретно
62
den Mund halten – помалкивать, держать язык за зубами
63
man konnte aus seinem Lachen nicht klug werden – по его смеху ничего нельзя было понять
64
die Schlacht von Verdun – битва под Верденом, самое кровопролитное сражение Первой мировой войны (1916 г.)