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Olympia von Clèves. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Olympia von Clèves
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Avignon, diese bevorzugte Stadt, welche Alles das hatte, was die andern Städte haben, und tausend Dinge noch dazu, Avignon hatte also seine Jesuiten, und in die Kapelle des Noviciats führen wir vor Allem unsere Leser, indem wir ihnen bemerken, daß wir uns in den ersten Tagen des Monats Mai 1727 unter der Regierung von König Ludwig XV., der damals siebzehn Jahre alt, befinden.
Auf dem Gipfel einer Straße, die man die Novizen« Straße nannte, wir sagen aus dem Gipfel, weil die Straßen von Avignon, einer gegen den Mistral und die Sonne gebauten Stadt, meistens von steilen Steigen und jähen Abhängen gebildet werden, in der Novizen« Straße erhob sich das Gebäude des Noviciats, Wohnung und Kapelle.
Der Form und besonders dem Gedanken nach allen denjenigen ähnlich, welche die Jesuiten in Frankreich und sogar außerhalb Frankreich errichtet haben, affektierte das Gebäude den nüchternen, bescheidenen Styl, der keiner Periode angehört und diejenigen, welche ihn anwenden, nicht gefährden kann, weil er nichts den Augen materiell offenbart und man ein sehr gelehrter Archäolog sein muss, um die Seele der Steine in einer Gesellschaft zu suchen, wo viele Leute die Seele der Menschen leugnen.
Die Jesuiten, Schmarotzer reisende, verlarvte Eroberer mussten, während es ihnen von der Herrschaft der Schritt für Schritt eroberten Welt träumte, wenn sie sich niederließen, wo sie sich niederließen, darüber wachen, daß ihr Zelt, bestimmt, eines Tags eine Zitadelle zu werden, nicht das Licht benahm. Jeder Schmarotzer, wenn er sich an einen Tisch setzt, ist darauf bedacht, sich nicht zu kleiden wie der Reiche oder nicht in Lumpen zu gehen wie der Arme: er würde den Blick auf seinen Reichtum oder auf seine Armut ziehen. Jeder Ehrgeizige muss Bescheidenheit, wenn nicht Demut, heucheln, entschlossen, im gegebenen Augenblick seine Klaue auszustrecken wie der Tiger oder seinen Rachen auszusperren wie der Hai.
Die Gesellschaft Jesu hatte auch in Flandern, in Frankreich oder in Spanien, wo ihre bedeutendsten Häuser waren, den Schöpfern dieser Anstalten nur die unscheinbare Bauart des Klosters oder der Kaserne erlaubt, welche in jener Zeit ans großen Mauern von Backstein oder Stein, mit langen vergitterten Fenstern, einigen in der Verzierung sehr nüchternen Hallen und ein paar Halbsäulen bestand, als ob die Säule mit hoch erhabener Arbeit ein zu sehr in die Augen fallender Luxus gewesen wäre.
Dieselbe Strenge im Innern, verbunden mit einer ängstlichen Sorge für die Erhaltung der Gesundheit und die Tagesordnung, und die gerade Linie überall, wo die Väter ihre Novizen zu überwachen hatten, Schatten und Krümmungen überall, wo die Väter dem Publikum zu begegnen hatten.
Wir unternehmen es übrigens nicht, das Innere der Jesuiten von Avignon zu beschreiben; eine von unseren Personen erwartet uns in der Kapelle der Novizen, und, in Betracht ihrer Wichtigkeit, eilen wir zu ihr.
Da indessen jedes Drama seine Inszenierung braucht, so werden wir ein Wort von dieser Kapelle sagen, in die wir unsere Leser einführen, wie wir ihnen ein Wort von der Stadt, die sie mit uns so eben durchschritten, gesagt haben.
Sie mögen also auf der Schwelle stehen bleiben, und sie werden ein kreisförmiges Schiff von mäßigem Durchmesser mit Fenstern ohne Figuren sehen, welche, das Licht unter der Kuppel empfangend, dasselbe ganz nach den Gewölben sandten, aber es stufenweise dämpften, daß es gemildert aus die Platten des Bodens kam: ein langer und wenig geschmückter Altar, wie eine Sehne am Bogen des gewölbten Chors ausgespannt; hinter diesem Altar einige eichene Chorstühle, dunkel und bedeckt zur Erleichterung der Beaufsichtigung oder der Meditation der Väter, wenn sie sich während des Gottesdienstes darein setzten.
Das ist mit wenigen Zügen die Zeichnung der Örtlichkeit.
Es war ein Uhr und jeder Gottesdienst beendigt; während die Sonne die Stadt verzehrte, war die Kirche verödet.
Nur links vom Altar, neben einem engen Gange, der zu den erwähnten Chorkühlen führte, saß ein junger Noviz mit dem schwarzen Ordenskleid aus einem Stuhle an einer Säule, den Kopf halb in ein Buch begraben, das er nicht las, sondern verschlang.
Dieser junge Mann war indessen nicht so sehr in seine Lesung vertieft, daß er nicht zuweilen einen verstohlenen Blick nach seiner Rechten und nach seiner Linken warf.
Nach seiner Linken, das heißt nach der kleinen Thür, durch welche die Väter vom Noviciat in die Kapelle gehen konnten.
Nach seiner Rechten, das heißt nach der Seite der großen Thür, durch welche die Gläubigen in die Kirche eintreten konnten.
War es Neugierde, war es Zerstreuung, Zerstreuung, ach! so natürlich bei der Jugend, für welche Brevier und Ritual nur leeres, einförmiges Futter sind!
Wir sagten aber, der junge Noviz habe die Blätter seines Buches zu verschlingen geschienen; schaute er so nach rechts und links, um die Bewunderung eines Aufsehers zu belauern, und war er, statt ein Zerstreuter zu sein, ein Heuchler?
Weder das Eine, noch das Andere.
Wer hinter ihn getreten wäre und hätte zugleich mit ihm in dem Buche gelesen, würde bemerkt haben, daß in dem Missal eine Broschüre von kleinerem Format, von weißerem und frischerem Papier verborgen war; eine Broschüre, deren typographische Justierung unregelmäßig, das heißt von jenen ungleichen Zeilen gebildet war, welche neun und zwanzig Jahre später Meister André als Kriterion dienen sollten, um die Verse von der Prosa zu unterscheiden, wenn er sie mit einem Bindfaden maß, um sie nicht zu lang und nicht zu kurz zu machen.
Man durfte sich also nicht wundern, daß dieser Noviz die Überraschungen befürchtete. – Das ist das Eigentümliche von jedem Schüler, der in der Klasse ein verbotenes Buch In seinem Lehrbuch verbirgt. – Nur ist ein Unterschied zwischen den verbotenen Büchern, wie ein Unterschied zwischen den Menschen ist; es gibt das ein wenig verbotene Buch und es gibt das sehr verbotene Buch; es gibt, welche die Strafaufgabe von hundert Versen nach sich ziehen, und es gibt, welche die Zurückbehaltung des Schülers oder gar das Gefängnis zur Folge haben.
Zu welcher Klasse gehörte das Buch, das der Jünger von Loyola las, und in das er seine Augen und seinen Geist so glühend tauchte?
Um dieses Problem zu lösen, hätte ein Beobachter nicht einmal nötig gehabt, sich ihm zu nähern; er hätte Alles an der schaukelnden Bewegung seines Kopfes, an einer gewissen geheimnisvollen Kadenz seiner Stimme, die sich von der Psalmodie entfernte, um sich jener damals im Theater angenommenen Art von Gesang zu nähern, erkannt. Seine Überzeugung hätte endlich vollständig werden können bei gewissen Gebärden, welche unvorsichtig der Arm und die Finger des Novizen entwickelten, nicht wie die weichen Arme und die sanften Finger eines Predigers, der eine Rede hält, sondern wie der drohende Arm und die krampfhaften Finger eines Schauspielers, der eine Rolle spielt.
Und seit mehr als einer halben Stunde psalmodirte und gestikulierte der Noviz so, als die plötzliche Ankunft eines Fremden, welcher an der Thür der Kirche erschien, und dessen hastige, ungleiche Tritte aus den Platten erschollen, den Psalmodisten unterbrach und die Gebärde der zweiköpfigen Armmuskel aus das Handgelenk als das einzige Gelenk einschränkte, welche den Gläubigen in einer Kirche nebst der Kniescheibe in Tätigkeit zu setzen gestattet ist, indem die letztere bei der Kniebeugung und das erstere für die Operation des mea culpa zu funktionieren haben.
II.
Wo sich die Wahrheit des alten französischen Sprichworts: »Das Kleid macht nicht den Mönch,« erweist
Der Eintretende war ein Mann von acht und zwanzig bis dreißig Jahren, von einer nervösen, kränklichen Organisation, bleich, groß, anmutig in seinen Bewegungen, ausgezeichnet in seiner Haltung; reinlich gekleidet, jedoch mit einer gewissen Nachlässigkeit, die nicht ohne Reiz war und die Mitte hielt zwischen der Entblößung der vornehmen Herren und dem Sich gehen lassen der Künstler. In einem Zustande tiefer Aufregung Begriffen, zerdrückte er für den Augenblick seinen Hut unter seinem Arm und fuhr mit seiner weißen, gepflegten Hand durch seine in Schweiß gebadeten Haare.
Sein angenehmes, sanftes, schwermütiges Gesicht trug einen gewissen Charakter von Unruhe, beinahe von Irrsinn an sich, den der Noviz leicht