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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Es war das Alter der gefangenen Maria Stuart, das Alter, wo sie die tiefsten Leidenschaften durchlebte und erregte, das Alter, wo Douglas, Mortimer, Norfolk und Babington sich ihr weihten und für sie starben.
Der Anblick dieser gefangenen, gehaßten, verleumdeten, bedrohten Königin, – der Tag des 5. October hatte bewiesen, daß die Drohungen nicht leer waren,– machte einen tiefen Eindruck aus das ritterliche Herz des jungen Louis von Bouillé.
Die Frauen täuschen sich nicht in der Wirkung, die sie hervorbringen, und da die Königinnen und die Könige überdies ein Gedächtnis, für Gesichter haben, das gleichsam einen Theil ihrer Erziehung bildet, so war Marie Antoinette Herrn von Bouillé kaum gewahr geworden, als sie ihn erkannte; sie hatte kaum einen Blick auf ihn geworfen, als sie sich sicher fühlte, sie befinde sich einem Freunde gegenüber.
Hierdurch erfolgte, daß, ehe der General den jungen Mann vorgestellt, ehe er sich am Fuße des Divans befand, auf welchem die Königin halb lag, diese aufgestanden war und, wie man es zugleich bei einem allen Bekannten, den man mit Vergnügen wiedersieht, und bei einem Diener thut, auf dessen Treue man zählen kann, ausgerufen hatte:
»Ah! Herr von Bouillé!«
Dann hatte sie, ohne sich um den General Lafayette zu bekümmern, die Hand gegen den jungen Mann ausgestreckt.
Der Graf Louis zögerte einen Augenblick, er konnte an eine solche Gunst nicht glauben.
Da aber die königliche Hand ausgestreckt blieb, so setzte er ein Knie auf die Erde und berührte mit seinen zitternden Lippen diese Hand.
Das war ein Fehler, den die Königin machte, und sie machte viele diesem ähnliche; ohne diese Gunstbezeigung gehörte Herr von Bouillé ihr, und durch dies, Herrn von Bouillé vor Herrn von Lafayette, dem nie eine solche Gnade zu Theil geworden, bewilligte Gunst stellte sie ihre Demarcationslinie fest und verletzte den Mann, aus welchem sich einen Freund zu machen sie am meisten nöthig hatte.
Lafayette sagte auch mit der Höflichkeit, von welcher nur einen Augenblick abzugehen der General unfähig war:
»Bei meiner Treue, mein lieber Vetter, ich habe Ihnen angeboten, Sie Ihrer Majestät vorzustellen, doch, wie mir scheint, war es eher an Ihnen, mich ihr vorzustellen.«
Die Königin war so freudig, daß sie sich einem von den Dienern gegenüber fand, von welchen sie wußte, sie könne aus dieselben zählen, die Frau war so stolz auf den Eindruck, den sie, wie ihr schien, auf den Grafen hervorgebracht hatte, daß sie sich, in ihrem Herzen einen von jenen Strahlen der Jugend, die sie erloschen glaubte, und rings um sich die Lüfte des Frühlings und der Liebe, die sie todt wähnte, fühlend, gegen den General umwandte und mit ihrem Lächeln von Trianon und Versailles erwiederte:
»Herr General, der Graf Louis ist kein strenger Republicaner, wie Sie; er kommt von Metz und nicht von America; er kommt nicht nach Paris, um an der Constitution zu arbeiten; er kommt, um mir seine Huldigungen darzubringen. Wundern Sie sich also nicht, daß ich, die arme, halb entthronte Königin, ihm eine Gunst bewillige, die für ihn, einen jungen Mann aus der Provinz, vielleicht noch diesen Namen verdient, während für Sie . . .«
Und die Königin machte eine reizende Geberde, beinahe eine Mädchengeberde, welche besagen wollte: »Während Sie, Herr Scipio, während Sie, Herr Cincinnatus, sich den Henker um solche Freundlichkeiten bekümmern.«
»Madame,« sprach Lafayette, »ich werde ehrfurchtsvoll und ergeben an der Königin vorübergegangen sein, ohne daß je die Königin meine Ehrfurcht begriffen, meine Ergebenheit geschätzt hat; das wird ein großes Unglück für mich, ein noch größeres vielleicht für sie sein.«
Und er verbeugte sich.
Die Königin schaute ihn mit ihrem tiefen, klaren Auge an. Mehr als einmal hatte ihr Lafayette solche Worte gesagt, mehr als einmal hatte sie über die Worte, die ihr Lafayette gesagt, nachgedacht; aber zum Unglück für sie, wie es dieser ausgesprochen, hegte sie einen instinctartigen Widerwillen gegen den Menschen.
»Ah! General,« versetzte sie, »seien Sie großmüthig, verzeihen Sie mir.«
»Ich, Madame, Ihnen verzeihen! Und was?«
»Daß es mich so zu der guten Familie Bouillé hingerissen hat, die mich von ganzem Herzen liebt und zu deren elektrischen Kette sich zu machen dieser junge Mann die Güte gehabt. Ich sah seinen Vater, seine Oheime, seine ganze Familie erscheinen, als er eintrat und mir mit seinen Lippen die Hand küßte.«
Lafayette verbeugte sich abermals.
»Und nun,« sagte die Königin, »nach der Verzeihung der Friede; einen guten Händedruck, General, auf englische oder americanische Art.«
Und sie bot ihm die Hand, aber offen und die flache Seite nach außen.
Lafayette berührte langsam und mit einer kalten Hand die Hand der Königin und erwiederte:
»Ich bedaure, daß Sie sich nie erinnern wollen, daß ich Franzose bin, Madame. Es ist doch nicht so, weit vom 6. October zum 16. November.«
»Sie haben Recht, General,« sprach die Königin, indem sie ihm nach einer Anstrengung gegen sich selbst die Hand drückte; »ich bin eine Undankbare.«
Und sie sank wie gebrochen durch die Gemüthsbewegung auf ihr Sofa zurück und fügte bei:
»Uebrigens darf Sie dies nicht in Erstaunen setzen. Sie wissen, das ist der Vorwurf, den man mir macht.«
Dann fragte sie, den Kopf schüttelnd:
»Nun, General, was gibt es Neues?«
Lafayette hatte eine kleine Rache zu üben; er ergriff die Gelegenheit.
»Ah! Madame,« sagte er, »wie sehr bedaure ich, daß Sie gestern nicht in der Nationalversammlung gewesen sind. Sie hätten eine rührende Scene gesehen, von der sicherlich Ihr Herz bewegt worden wäre; ein Greis kam und dankte der Nationalversammlung für das Glück, das er ihr, ihr und dem König verdanke, denn die Nationalversammlung vermag nichts ohne die königliche Sanction.«
»Ein Greis?« wiederholte die Königin zerstreut.
»Ja, Madame; aber welch ein Greis! der Aelteste der Menschheit, ein höriger Bauer des Jura, hundert und zwanzig Jahre alt, vor die Schranken der Nationalversammlung durch fünf Generationen von Abkömmlingen geführt und hier erscheinend, um für ihre Decrete vom 4. August zu danken. Sie begreifen, Madame, ein Mann, der Leibeigener ein halbes Jahrhundert unter Ludwig XIV. und siebenzig Jahre seitdem gewesen ist!«
»Und was hat die Nationalversammlung zu Gunsten dieses Mannes gethan?«
»Sie ist insgesamt aufgestanden und hat ihn genöthigt, sich zu setzen und zu bedecken.«
»Ah!« sagte die Königin mit dem Tone, der nur ihr eigenthümlich war, »das mußte in der That sehr rührend sein; »doch zu meinem Bedauern war ich nicht dort. Sie wissen besser, als irgend Jemand,« fügte sie lächelnd bei, »ich bin nicht immer da, wo ich sein will.«
Der General machte eine Bewegung, welche bezeichnete, er habe etwas zu erwiedern, doch ohne daß sie ihm Zeit ließ, ein Wort zu sagen, fuhr die Königin fort:
»Nein, ich war hier, ich empfing die Frau François, die arme Witwe des unglücklichen Bäckers der Nationalversammlung, den diese vor ihrer Thür hat ermorden lassen. Was that denn die Nationalversammlung an diesem Tage, Herr von Lafayette?«
»Madame,« erwiederte der General, »Sie sprechen da von einem der Unglücksfälle, welche die Repräsentanten Frankreichs im höchsten Maße betrübt haben: die Nationalversammlung konnte dem Morde nicht vorbeugen, aber sie wußte wenigstens die Mörder bestrafen.«
»Ja, doch diese Strafe, das schwöre ich Ihnen, hat die arme Frau nicht getröstet; sie wäre beinahe rasend geworden, und man glaubt, sie werde ein todtes Kind gebären;