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drehte sich mit bösem Blick um und schlug Emilys Hand weg, als ob sie von einer Schlange gebissen worden wäre.

      Doch Emily gab nicht nach.

      „Ich war noch nicht fertig“, fuhr Emily mit ruhiger Stimme fort. „Das schlimmste auf der Welt ist dieser Ort. Es bist du. Es ist dieser dumme, unbedeutende, seelen-zerstörende Job.“

      „Wie bitte?“, schrie Izelda, ihr Gesicht war vor Wut schon ganz rot.

      „Du hast mich schon verstanden“, entgegnete Emily. „Ich bin mir sogar sicher, dass mich jeder gehört hat.“

      Emily warf über ihre Schulter einen Blick auf ihre Kollegen, die sprachlos zurück starrten. Niemand hatte von der ruhigen, fügsamen Emily erwartet, so auszurasten. Sie erinnerte sich an Bens Warnung am vergangenen Abend, dass sie „eine Szene mache“. Und nun stand sie hier und veranstaltete eine weitere. Nur würde sie es diesmal genießen.

      „Du kannst deinen Job nehmen, Izelda,“ fügte Emily hinzu, „und ihn dir in den Arsch schieben.“

      Sie konnte das Keuchen hinter sich praktisch hören.

      Sie schob sich an Izelda vorbei in den Aufzug, wo sie sich auf dem Absatz umdrehte. Dann drückte sie den Knopf für das Erdgeschoss zum, wie sie erleichtert erkannte, letzten Mal in ihrem Leben. Sie sah, wie ihre geschockten Kollegen sie anstarrten, bevor die Türen sich schlossen und ihnen die Sicht nahm. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus, denn jetzt fühlte sie sich freier und leichter als jemals zuvor.

      *

      Emily rannte die Stufen zu ihrer Wohnung hinauf, doch eigentlich war es ja gar nicht ihre Wohnung – das war sie nie gewesen. Sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass sie in Bens Welt eindringen würde, dass sie sich selbst so klein und unauffällig wie möglich machen sollte. An der Tür kämpfte sie mit den Schlüsseln und war froh, dass er auf der Arbeit war, und sie sich nicht mit ihm auseinandersetzen musste.

      Sie trat ein und betrachtete alles mit neuen Augen. Nichts hier drinnen entsprach ihrem Geschmack. Alles schien eine neue Bedeutung zu bekommen; die fürchterliche Couch, wegen der sie sich mit Ben gestritten hatte, da sie eine neue kaufen wollte (diesen Streit hatte er gewonnen); der dämliche Couchtisch, den sie hinauswerfen wollte, weil ein Bein kürzer war als das andere, weshalb er immer wackelte (aber Ben hing aus „sentimentalen Gründen“ daran, also blieb er); der übergroße Fernseher, der zu viel gekostet hatte und zu viel Platz einnahm (aber Ben hatte darauf bestanden, dass er ihn bräuchte, um Sportsendungen zu sehen, denn diese wären das „einzige“, was ihn bei Verstand hielt). Sie schnappte sich ein paar Bücher aus dem Regal, wobei ihr auffiel, dass ihre Liebesromane auf das unterste Brett verbannt worden waren (Ben machte sich immer Sorgen, dass seine Freunde ihn für weniger intelligent halten würden, wenn sie die Liebesbücher im Regal sähen – er zog akademische Texte und Philosophen vor, auch wenn es so schien, als ob er nie auch nur eines von ihnen gelesen hätte).

      Sie warf einen Blick auf die Fotos auf dem Kaminsims, um zu sehen, ob es etwas gab, das es Wert wäre, es mitzunehmen, doch ihr fiel auf, dass jedes Bild, in dem sie zu sehen war, mit Bens Familie geschossen wurde. Bei dem Geburtstag seiner Nichte, bei der Hochzeit seiner Schwester. Es gab kein einziges Bild von ihr mit ihrer Mutter, dem einzigen weiteren Menschen in ihrer Familie, und schon gar keines von Ben, während er Zeit mit den beiden verbrachte. Plötzlich erkannte Emily, dass sie in ihrem eigenen Leben fremd gewesen war. Sie war jahrelang dem Weg eines anderen Menschen gefolgt, anstatt sich ihren eigenen zu suchen.

      Sie stürmte durch die Wohnung ins Badezimmer. Hier standen die einzigen Sachen, die ihr etwas bedeuteten – ihre schönen Bade- und Pflegeprodukte sowie ihr Makeup. Aber sogar das war für Ben ein Problem gewesen. Er hatte sich andauernd darüber beschwert, wie viele Produkte sie hatte, und was für eine Geldverschwendung sie doch wären.

      „Es ist mein Geld, also kann ich es ausgeben, für was auch immer ich will!“, schrie Emily ihr Spiegelbild an, während sie all ihre Sachen in eine Reisetasche packte.

      Sie wusste, dass sie wie eine Verrückte aussehen musste, wie sie so durch das Badezimmer stürmte und halbleere Shampoo-Flaschen in ihre Tasche warf, doch es war ihr egal. Ihr Leben mit Ben war nicht als eine Lüge, die sie so schnell wie möglich beenden wollte.

      Als nächstes rannte sie ins Schlafzimmer, wo sie einen Koffer unter dem Bett hervorzog. Schnell füllte sie ihn mit all ihren Kleidern und Schuhen. Sobald sie ihre Sachen eingesammelt hatte, zog sie alles hinaus auf die Straße. Dann ging sie, als endgültige symbolische Geste, zurück in die Wohnung und legte ihren Schlüssel auf Bens „sentimental wertvollen“ Couchtisch, dann ging sie hinaus, mit dem Vorsatz, nie wieder zurückzukommen.

      Erst, als sie auf dem Bordstein stand, wurde Emily allmählich bewusst, was sie getan hatte. In nur wenigen Stunden hatte sie es geschafft, ohne Job und ohne Wohnung dazustehen. Plötzlich wieder in Single zu sein war eine Sache, doch ihr gesamtes Leben wegzuschmeißen war etwas ganz Anderes.

      Kleine Panikwellen begannen, durch ihren Körper zu schießen. Ihre Hände zitterten, während sie ihr Handy herauszog und Amys Nummer wählte.

      „Hey, was ist los?“, meldete sich Amy.

      „Ich habe etwas Verrücktes getan“, antwortete Emily.

      „Erzähl weiter…“, drängte sie Amy.

      „Ich habe meinen Job gekündigt.“

      Sie hörte Amy am anderen Ende der Leitung tief ausatmen.

      „Oh, Gott sei Dank“, erklang schließlich die Stimme ihrer Freundin. „Ich dachte schon, du würdest mir sagen, dass du wieder zu Ben zurückgegangen wärst.“

      „Nein, nein, sogar das Gegenteil. Ich habe meine Tasche gepackt und bin gegangen. Jetzt stehe ich auf der Straße wie eine Stadtstreicherin.“

      Amy begann zu lachen. „Das stelle ich mir gerade bildlich vor.“

      „Das ist nicht lustig!“, erwiderte Emily, panischer denn je zuvor. „Was soll ich denn jetzt tun? Ich habe meinen Job gekündigt. Ohne Job werde ich keine neue Wohnung finden!“

      „Du musst aber zugeben, dass es zumindest ein bisschen lustig ist“, entgegnete Amy kichernd. „Bring einfach alles rüber“, fügte sie lässig hinzu. „Du kannst bei mir bleiben, bis du dir etwas überlegt hast.“

      Aber Emily wollte das nicht. Sie hatte praktisch Jahre ihres Lebens damit verbracht, in der Wohnung eines anderen Menschen zu leben und sich in ihrem eigenen Zuhause wie eine Hausiererin zu fühlen. Es kam ihr so vor, als ob Ben ihr einen Gefallen damit getan hätte, sie bei sich wohnen zu lassen. Das wollte sie nicht mehr. Sie musste ihr eigenes Leben führen, auf ihren eigenen zwei Beinen stehen.

      „Ich schätze dein Angebot“, sagte Emily, „aber ich muss erst einmal meinen eigenen Weg gehen.“

      „Das verstehe ich“, erwiderte Amy. „Was hast du jetzt vor? Wirst du die Stadt für eine Weile verlassen? Deinen Kopf frei bekommen?“

      Diese Worte brachten Emily zum Nachdenken. Ihr Vater besaß ein Haus in Maine. Als Kind hatten sie dort ihre Sommer verbracht, doch es stand seit seinem Verschwinden vor zwanzig Jahren leer. Es war alt, voller Charakter, und war einmal aus historischer Sicht prächtig gewesen. Es machte mehr den Anschein eines ausgedehnten Bed & Breakfast, weshalb ihr Vater nicht gewusst hatte, was er aus dem Haus machen sollte.

      Damals war es kaum präsentabel gewesen und Emily wusste, dass es jetzt, nach zwanzig Jahren Vernachlässigung, auf keinen Fall in einem guten Zustand sein konnte; es würde sich auch nicht gleich anfühlen, allein in dem Haus zu sein – vor allem jetzt, da sie kein Kind mehr war. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass gerade kein Sommer war. Es war Februar!

      Und doch erschien ihr die Idee, ein paar Tage in einem Schaukelstuhl auf der Veranda eines Ortes, der ihr gehörte (zumindest so einigermaßen), zu verbringen und das Meer zu betrachten, fürchterlich romantisch. Für

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