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dort so lange wie möglich dort bleiben und die Stellung halten würden.

      Sie sah, wie es um sie zu Gewaltausbrüchen kam, die unmöglich unter Kontrolle gebracht werden konnten. Sie konnte nur versuchen, sie nicht weiter anzufachen. Sie sah, wie ein junger Adliger vor sie trat und die Menge sich auf ihn stürzte, um ihn mit einer Waffe, die der Einzelne gerade zur Hand hatte, niederzuknüppeln. Eine Dienerin kam ihnen in die Quere und wurde von ihnen erst gegen die Wand gedrückt und dann erstochen.

      „Nein!“ schrie Ceres als sie sah, wie das gemeine Volk begann nach den Wandteppichen zu greifen oder den Adligen nachzujagen. „Wir sind hier, um dem ein Ende zu setzen, nicht um zu plündern!“

      Doch in Wahrheit war es dafür bereits zu spät. Ceres sah, wie Rebellen einem der Bediensteten nachjagten, während andere nach den goldenen Verkleidungen griffen, mit denen das Schloss gefüllt war. Sie hatte den Stein ins Rollen gebracht, und nun konnte sie ihn mit bloßen Worten nicht wieder zum Stehen bringen.

      Eine Einheit royaler Leibwächter stand vor den Türen zur Großen Halle. In ihren vergoldeten Rüstungen, auf denen sich Muskelberge abzeichneten, sahen sie angsteinflößend aus.

      „Gebt auf und euch wird kein Leid geschehen“, versprach Ceres ihnen. Sie hoffte, dass sie dieses Versprechen würde halten können.

      Die königlichen Leibwächter zögerten keine Sekunde. Sie zogen ihre Schwerter und griffen an. Innerhalb eines Augenblicks versank alles erneut im Chaos. Die Leibwächter gehörten zu den besten Kämpfern des Reiches. Ihre Fähigkeiten waren in stundenlangem Training feingeschliffen worden. Der Erste, der es auf sie abgesehen hatte, war so schnell, dass selbst Ceres Mühe hatte, rechtzeitig ihre Klinge zu heben, um den Hieb abzuwehren.

      Sie parierte ihn erneut und versenkte ihre zweite Klinge an der Waffe des Leibwächters vorbei in dessen Kehle. Neben ihr konnte sie die Geräuschkulisse aus kämpfenden und sterbenden Menschen hören, doch sie wagte es nicht, sich umzusehen. Sie war zu sehr damit beschäftigt, einen anderen Gegner auszuschalten. Sie stieß ihn in das wuselnde Durcheinander.

      Es ging hier nur darum, Körper auszuschalten. Schwerter ragten aus dem brausenden Meer menschlichen Fleisches. Sie sah, wie ein Mann gegen die Türen geschleudert wurde, die bloße Masse an Menschen zermalmte ihn. Im gleichen Zuge riss sie sie mit nach vorne.

      Ceres wartete, bis sie nahe genug dran war, dann verpasste sie der Tür zum Großen Saal einen Tritt. Die Tore des Schlosses waren solide gewesen, doch unter der Gewalt ihrer Kräfte wurde die Tür aufgesprengt, sodass ihre Flügel zu beiden Seiten gegen die Wände krachten.

      In der Großen Halle sah Ceres kleine Ansammlungen aus Adligen, die nicht sicher schienen, wohin sie nun gehen sollten. Sie hörte, wie einige adlige Damen schrien, als würden sie sich einer Horde aus Mördern gegenüber sehen. Aus ihrem Blickwinkel sahen sie wahrscheinlich genauso aus, vermutete Ceres.

      Sie sah Königin Athena in ihrer Mitte stehen. Sie saß auf dem hohen Thron, den normalerweise der König besetzte und wurde von zwei großen Leibwächtern flankiert. Sie stürmten im Gleichschritt nach vorne, und Ceres trat auf sie zu, um sie abzupassen.

      Ceres trat nicht nur auf sie zu, sie rollte sich förmlich nach vorne.

      Sie warf sich selbst nach vorne, tauchte unter den tanzenden Klingen der Angreifer ab, drehte sich und kam in der gleichen weichen Bewegung wieder zum Stehen. Sie drehte sich um, schlug mit beiden Schwertern gleichzeitig zu und brachte genügend Kraft auf, die Rüstungen beider Leibwächter zu durchbohren. Sie fielen geräuschlos zu Boden.

      Ein Geräusch jedoch erhob sich über das Getöse klirrender Klingen an der Tür: das Geräusch von Königin Athenas betont langsamen Applaus.

      „Oh, sehr gut“, sagte sie, als Ceres sich zu ihr umdrehte. „Sehr elegant. Würdig eines jeden Hofnarren. Welchen Trick wirst du uns als nächstes darbieten?“

      Ceres ließ sich nicht darauf ein. Sie wusste, dass Athena nichts als Worte blieben. Natürlich würde sie nichts unversucht lassen.

      „Als nächstes werde ich dem Reich ein Ende setzen“, sagte Ceres.

      Sie sah, wie Königin Athena sie mit einem bösen Funkeln bedachte. „Mit dir an seiner Stelle? Hier kommt das neue Reich, unverändert zum alten.“

      Das traf Ceres mehr, als sie es wollte. Sie hatte die Schreie der Adligen gehört, als sie und die Rebellen sich im Schloss wie ein Flächenbrand ausgebreitet hatten. Sie hatte gesehen, wie einige von ihnen niedergemetzelt worden waren.

      „Ich bin nicht so wie sie“, sagte Ceres.

      Die Königin antwortete nicht gleich. Sie lachte stattdessen und einige der Adligen stimmten mit ein, als folgten sie einer über lange Zeit antrainierten Gewohnheit, immer dann zu lachen, wenn die Königin sich über etwas belustigte. Andere wirkten eingeschüchtert und wichen zurück.

      Dann spürte sie die Hand ihres Vaters auf ihrer Schulter. „Du bist ganz und gar nicht wie sie.“

      Doch ihr blieb keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn die Menge um Ceres wurde bereits unruhig.

      „Was sollen wir mit ihnen anstellen?“ fragte einer der Kampfherren.

      Ein Rebell lieferte rasch eine Antwort. „Sie töten!“

      „Töten! Töten!“ Die Menge sang, und Ceres konnte sehen, wie sich der Hass in der Menge ausbreitete. Es erinnerte sie viel zu sehr an das Skandieren im Stadion, an den Hunger nach Blut. Das Einfordern.

      Ein Mann trat nach vorne und lief mit einem Messer in der Hand auf eine der Adligen zu. Ceres reagierte instinktiv und dieses Mal war sie schnell genug. Sie raste in den angehenden Mörder, ließ ihn in hohem Bogen auf den Boden fliegen, so dass er erschrocken zu Ceres hinaufblickte.

      „Es reicht!“ schrie Ceres und augenblicklich kehrte Stille im Raum ein.

      Sie blickte sich um, funkelte sie an, sodass jeder, den ihr Blick traf, zurücktrat, Feinde wie Verbündete.

      „Es ist genug Blut vergossen worden“, sagte sie. „Es reicht.“

      „Was machen wir dann mit ihnen?“ fragte ein Rebell und deutete auf die Adligen. Er war offenbar mutiger als der Rest oder sein Hass auf den Adel einfach besonders groß.

      „Wir nehmen sie fest“, sagte Ceres. „Vater, Sartes, könnt ihr euch darum kümmern? Sorgt dafür, dass niemand sie umbringt oder irgendjemandem hier etwas zu Leide tut.“

      Sie wusste, dass dies sehr leicht schiefgehen konnte. So viel Wut brodelte in den Menschen der Stadt und in jenen, die das Reich betrogen hatte. Es konnte leicht in ein Massaker umschlagen, dass einem Lucious würdig gewesen wäre. Ceres wollte sich lieber keine Vorstellung davon machen.

      „Und was hast du jetzt vor?“ fragte Sartes sie.

      Ceres verstand die Angst, die darin mitschwang. Ihr Bruder hatte wahrscheinlich geglaubt, dass sie hierbliebe, um alles in die Wege zu leiten, doch tatsächlich gab es niemanden, dem Ceres in dieser Sache mehr vertraut hätte als ihm.

      „Ich muss den Rest des Schlosses unter unsere Kontrolle bringen“, sagte Ceres. „Hier entlang.“

      „Ja“, unterbrach sie Königin Athena. „Tauche deine Hände in noch mehr Blut. Wie viele Menschen sind heute für deine sogenannten Ideale gestorben?“

      Ceres hätte nicht darauf eingehen müssen. Sie hätte einfach gehen können, doch etwas an der Königin konnte sie unmöglich ignorieren. Wie eine Wunde, die noch nicht ganz verheilt war.

      „Wie viele Menschen sind gestorben, damit ihr ihnen nehmen konntet, was immer ihr wolltet?“ konterte Ceres. „Ihr habt so viel Kraft investiert, um die Rebellion zu zerschlagen, anstatt ihr zuzuhören und etwas zu lernen. Ihr habt so vielen Menschen Schmerzen zugefügt. Dafür werdet ihr bezahlen.“

      Sie sah, wie Königin Athena gezwungen lächelte. „Zweifelsohne mit meinem Kopf.“

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