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für einen staatlichen Arbeitgeber und hatte eine Stelle angeboten bekommen, die zu gut war, um sie abzulehnen. Was Chloe anging, sie machte gerade ein Praktikum beim FBI, während sie an ihrem Master in Strafjustiz arbeitete. Wegen der Nähe zum FBI-Hauptquartier in Baltimore war ihnen das alles sinnvoll erschienen.

      Chloe bedauerte allerdings schon jetzt, in solcher Nähe zu Stevens Eltern zu leben. Wayne war die meiste Zeit in Ordnung. Aber Sally Brennan war, um es milde auszudrücken, ein überhebliches Miststück, das es liebte, ihre Nase in Sachen zu stecken, die sie nichts angingen.

      Die Brennans als Paar waren nette Leute, beide im Ruhestand, wohlhabend und meist zufrieden. Aber sie hatten Steven ziemlich verhätschelt. Als einziges Kind, das hatte Steven Chloe gegenüber mehrfach zugegeben, hatten seine Eltern ihn völlig verwöhnt. Selbst jetzt, mit seinen achtundzwanzig Jahren, behandelten sie ihn immer noch wie ein Kind. Und ein Teil davon zeigte sich in übertriebener Fürsorge. Das war der Hauptgrund, warum Chloe jedes Mal, wenn sie die Hochzeitspläne durchgehen wollten, innerlich erschauderte.

      Das wollten sie nun anscheinend beim Abendessen machen. Sally hatte keine Zeit vergeudet und war gleich zu Beginn auf den Empfang zu sprechen zu kommen.

      »Wie ist das Haus?«, fragte Wayne, genauso begierig wie Chloe, vom Thema Hochzeit wegzukommen.

      »Es ist toll«, sagte Chloe. »Wir werden es in ein paar Tagen durch das Labyrinth der Kisten geschafft haben.«

      »Oh und wisst ihr was«, sagte Steven. »Eine Frau, mit der Chloe auf die High-School gegangen ist, lebt die Straße runter, nur zwei Häuser weiter. Ist das nicht verrückt?«

      »Vielleicht nicht so verrückt, wie es scheint«, sagte Wayne. »Diese Stadt ist einfach zu klein. Man muss irgendwann über jemanden stolpern, den man kennt.«

      »Besonders in den Vierteln, in denen die Häuser übereinandergestapelt sind«, sagte Sally mit einem Grinsen und machte einen nicht gerade subtilen Seitenhieb ob ihrer Standortwahl.

      »Unsere Häuser sind gar nicht so eng beieinander«, sagte Steven.

      »Genau, wir haben sogar einen anständig großen Garten«, fügte Chloe hinzu.

      Sally zuckte mit den Schultern und nahm noch einen Schluck Wein. Dann schien sie über ihren nächsten Kommentar nachzudenken und hatte sich beinahe entschieden, ihn stecken zu lassen, aber dann sprach sie ihn trotzdem aus.

      »Deine Schulfreundin ist nicht die Einzige von früher in Pinecrest, oder?«, fragte sie. »Deine Schwester wohnt auch hier, wenn ich mich recht erinnere.«

      »Ja, das tut sie.«

      Sie antwortete entschieden, aber ohne unhöflich zu sein. Sally Brennan hatte nie irgendeinen Hehl wegen ihrer Abneigung gegenüber Danielle gemacht, obwohl sie sich nur zweimal begegnet waren. Sally hatte das Pech, eine dieser klischeehaft gelangweilten Hausfrauen zu sein, die für Skandal und Klatsch lebten. Als sie herausfand, dass Chloe eine Schwester mit einer steinigen und dunklen Vergangenheit hatte, war sie gleichermaßen entsetzt und fasziniert gewesen.

      »Lass uns nicht darüber sprechen, Mom«, sagte Steven.

      Chloe wünschte sich, dass sie sich durch seine Bemerkung beschützt fühlte, aber wenn überhaupt, dann fühlte sie sich verletzt. Normalerweise, wenn das Thema Danielle aufkam, schlug Steven sich auf die Seite seiner Mutter. Er hatte den gesunden Menschenverstand zu wissen, wann er den Mund halten sollte, aber nicht so seine Mutter.

      »Wird sie deine Trauzeugin sein?«, fragte Sally.

      »Ja.«

      Sally rollte zwar nicht mit den Augen ob ihrer Antwort, aber ihr Gesichtsausdruck zeigte ihre Gefühle überdeutlich.

      »Sie ist meine Schwester«, sagte Chloe. »Also habe ich sie gebeten, meine Trauzeugin zu sein.«

      »Für dich mag das Sinn ergeben«, sagte Sally, »aber ich war immer der Meinung, dass die Trauzeugin sorgfältig ausgewählt werden sollte. Es ist eine große Ehre und Verantwortung.«

      Chloe musste sich an der Tischkante festklammern, um nicht mit einem bissigen Kommentar darauf zu reagieren. Steven bemerkte ihre Spannung und tat sein Bestes, um die Situation zu retten. »Mom, lass es gut sein«, sagte er. »Danielle wird das schon schaffen. Und selbst wenn etwas schiefgehen sollte, sorge ich dafür, dass alles unter Kontrolle ist. Das ist meine Hochzeit, Mom. Ich werde nicht zulassen, dass etwas Schlimmes passiert.«

      Diesmal war es Chloe, die fast mit den Augen gerollt hätte. Es war wieder einmal typisch für ihn, sich für sie einzusetzen, ohne seine Eltern zu verärgern. Cloe wünschte sich, dass er nur ein einziges Mal Danielle wirklich verteidigen würde. Sie wusste, dass Steven kein wirkliches Problem mit ihr hatte, sondern dass er sein Bestes tat, um das Unbehagen seiner Mutter zu beruhigen. Es widerte sie ein wenig an.

      »Genug von diesem Unsinn«, sagte Wayne und griff nach einer zweiten Portion Bratkartoffeln. »Reden wir über Fußball. Nun, Chloe, du bist ein Redskins-Fan, richtig?«

      »Oh Gott, nein, ein Fan der Giants.«

      »Genauso schlimm«, sagte Wayne lachend.

      Und einfach so wurde das Unbehagen des Abends unter den Teppich gekehrt. Chloe hatte schon immer Waynes Kühnheit geschätzt, die Zickigkeit seiner Frau zu ignorieren, indem er zu einem anderen harmloseren Thema wechselte, ob sie nun mit ihrem fertig war oder nicht. Es war eine Eigenschaft, von der Chloe sich wünschte, Steven hätte sie von seinem Vater geerbt.

      Doch als der Abend voranschritt, fragte sich Chloe, ob Sallys Sorgen berechtigt waren. Danielle gehörte nicht zu den Leuten, die sich herausputzten, lange still blieben und sich gern vor Publikum in Szene setzten. Danielle würde bei der Hochzeit aus ihrer Komfortzone herauskommen müssen und Chloe hatte sich schon selbst gefragt, ob sie das alles würde bewältigen können.

      Als ihr diese Sorgen durch den Kopf schwebten, dachte sie an die kleinen Mädchen von vor so vielen Jahren, die auf der Vordertreppe gesessen hatten, während der Leichensack aus ihrer Wohnung getragen wurde. Sie konnte sich leicht an den leeren Blick in Danielles Gesicht erinnern. Sie wusste, dass in diesem Moment etwas in ihr zerbrochen war, dass sie in dieser Nacht ihre Schwester verloren hatte.

      Und sie hatte geahnt, dass Danielle von diesem Moment an nie wieder dieselbe sein würde.

      KAPITEL VIER

      Es regnete, als Chloe und ihr Ausbilder vor Ort eintrafen. Als sie aus dem Auto in den Regen stieg, hatte sie das Gefühl völliger Bedeutungslosigkeit. Da sie als Praktikantin mit ihrem Ausbilder in Schichten mit anderen Praktikanten arbeiten musste, wurden ihnen keine hochkarätigen Fälle zugeteilt. Dieser hier zum Beispiel klang wie ein typischer Fall von häuslicher Gewalt. Und während die Details des Falles nicht sehr plastisch oder brutal klangen, ließen sie alleine die Worte häusliche Gewalt erschaudern.

      Schließlich hatte sie diese Worte nach dem Tod ihrer Mutter oft gehört. Ihr Ausbilder musste sich ihrer Vergangenheit bewusst gewesen sein − dessen, was mit ihren Eltern geschehen war − aber er hatte heute Morgen nichts davon erwähnt, als sie sich auf den Weg gemacht hatten.

      Sie war das erste Mal in Willow Creek, einer kleinen Stadt etwa fünfzehn Meilen außerhalb von Baltimore. Chloe machte ein Praktikum beim FBI, um irgendwann ein Mitglied des Evidence Response Teams, dem Spurensicherungsteams des FBI, zu werden. Als sie sich dem einfachen zweistöckigen Haus näherten, ließ der Ausbilder sie sogar die Führung übernehmen. Ihr Ausbilder war Kyle Greene, ein fünfundvierzig Jahre alter Agent, der aus der normalen Einsatztätigkeit ausgeschieden war, als sein vorderes Kreuzband bei der Verfolgung eines Verdächtigen gerissen war. Er hatte sich nie vollkommen von der Verletzung erholt und die Möglichkeit bekommen, als Ausbilder und Mentor für Praktikanten zu fungieren. Er und Chloe hatten bis zum heutigen Morgen nur zweimal miteinander gesprochen, vor einer Woche über FaceTime und dann vor zwei Tagen, während ihrer Fahrt von Philly nach Pinecrest.

      »Eine Sache, bevor wir da rein gehen«, sagte Greene. »Das habe ich Ihnen bis jetzt vorenthalten, weil ich nicht wollte, dass Sie den ganzen Morgen darüber

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