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wagte nicht, seine Kräfte zu verschwenden um zu Horizont zu blicken, denn er wusste, dass er nichts finden würde, er wusste, dass er schließlich doch dazu verdammt war, her zu sterben. Stattdessen hatte er den Blick gesenkt, verfolgte die Spur und versuchte, mit dem bisschen kostbarer Energie, das er noch hatte, zu haushalten.

      Er hörte ein Geräusch, und zunächst war er sich nicht sicher, ob er es sich nur eingebildet hatte; doch da war es wieder, ein fernes Geräusch, wie das Summen von Bienen, und diesmal blickte er auf, auch wenn er wusste, dass es dumm war, dass da nichts sein konnte.

      Doch diesmal schlug sein Herz vor Aufregung schneller Angesichts des Anblicks, der sich ihm bot. Dort vor ihm, vielleicht hundert Meter weit entfernt war eine Ansammlung von Sandläufern.

      Kendrick stieß die anderen an, und auch sie blickten aus ihren Gedanken gerissen auf. Die Zeit zu kämpfen war gekommen.

      Kendrick griff nach Hand und spürte die wohlbekannte Welle des Adrenalins durch seinen Körper rauschen.

      Die Sandläufer, Dutzende von ihnen, drehten sich um und machten sich ebenso bereit, gegen sie zu kämpfen. Sie kreischten und rannten los.

      Kendrick riss sein Schwert in die Hohe, stieß einen Kampfschrei aus, bereit, die Feinde zu töten oder beim Versuch zu sterben.

      KAPITEL VIER

      Gwendolyn ging ernst durch die Hauptstadt des Königreichs des Jochs. Krohn ging an ihrer Seite, Steffen folgte ihr, und in ihrem Kopf drehte sich alles, als sie über Argons Worte nachdachte. Einerseits war sie überglücklich zu sehen, dass er wieder gesund war – doch seine folgenschwere Prophezeiung hallte in ihrem Kopf wie ein Fluch, wie eine Glocke, die ihren Tod verkündete. Seinen entsetzlichen, kryptischen Worten nach, klang es, als sollte sie nie wieder mit Thor vereint sein.

      Gwendolyn kämpfte gegen die Tränen an während sie mit schnellen Schritten auf den Turm zuging. Sie versuchte seine Worte zu verdrängen, weigerte sich, ihr Leben von vagen Prophezeiungen bestimmen zu lassen. So war sie schon immer gewesen, und das brauchte sie jetzt auch, um stark zu bleiben. Die Zukunft mochte vielleicht irgendwo geschrieben stehen, doch sie hatte das Gefühl, dass man sie trotzdem ändern konnte. Das Schicksal war formbar – das spürte sie. Man musste es nur genug wollen, bereit sein, genug aufzugeben.

      Das war so ein Moment. Gwendolyn weigerte sich, Thorgrin und Guwayne zu erlauben, ihr zu entgleiten, und eine wachsende Entschlossenheit stieg in ihr auf. Sie würde sich dem Schicksal widersetzen, egal was dazu nötig war, opfern, was auch immer das Universum von ihr verlangte. Unter keinen Umständen würde sie durchs Leben gehen ohne Thor und Guwayne wiederzusehen.

      Als ob er ihre Gedanken spürte, winselte Krohn zu ihren Füßen und rieb sich im Gehen an ihrem Bein. Aus ihren Gedanken gerissen blickte Gwendolyn auf und sah den Turm vor ihr; rund und rot erhob er sich im Zentrum der Hauptstadt, und sie erinnerte sich: der Kult. Sie hatte dem König geschworen, dass sie in den Turm gehen und versuchen würde, seinen Sohn und seine Tochter aus den Fängen des Kults zu befreien, den Anführer wegen der alten Bücher zu konfrontieren und dem Geheimnis, das sie verbargen, das das Joch vor der Zerstörung retten konnte.

      Gwendolyns Herz pochte, als sie sich dem Turm näherte. Sie wollte dem König und dem Joch helfen, doch viel mehr noch wollte sie es verlassen und nach Thor und Guwayne suchen, bevor es zu spät war. Wenn doch nur einen Drachen hätte, so wie früher; wenn doch nur Ralibar zurückkehren und sie auf seinen Schwingen durch die Lüfte tragen würde, weg von hier, weit weg von den Problemen des Empire auf die andere Seite der Welt, zurück zu Thorgrin und Guwayne. Wenn sie doch nur alle in den Ring zurückkehren und leben könnten, wie sie einst gelebt hatten.

      Doch sie wusste, dass das kindische Träume waren. Der Ring war zerstört und das Joch war alles, was ihr geblieben war. Sie musste sich der Realität stellen und tun, was sie konnte, um diesen Ort zu retten.

      „Mylady, darf ich Euch in den Turm begleiten?“

      Aus ihren Tagträumen gerissen, drehte sich Gwen zu der Stimme um, und war erleichtert, ihren alten Freund Steffen an ihrer Seite zu sehen, der mit einer Hand am Schwert neben ihr herging, immer bemüht, sie zu beschützen. Er war der treuste Berater, den sie hatte. Dessen wurde sie sich bewusst, wenn sie an die langen Jahre dachte, die er an ihrer Seite war, und war ihm zutiefst dankbar dafür.

      Als Gwendolyn vor der Zugbrücke stehenblieb, die zum Turm führte, starrte er ihn argwöhnisch an.

      „Ich traue diesen Leuten nicht“, sagte er.

      Beruhigend legte sie ihm eine Hand auf den Arm.

      „Du bist ein treuer Freund Steffen“, antwortete sie. „Ich weiß deine Freundschaft und Loyalität zu schätzen, doch das hier muss ich alleine tun. Ich muss so viel wie möglich herausfinden, und wenn du mitkommst, dürfte sie das argwöhnisch werden lassen. Davon abgesehen“, fügte sie hinzu, als Krohn zu ihren Füßen winselte, „habe ich ja Krohn.“

      Gwendolyn sah ihn an und Krohn blickte erwartungsvoll zu ihr auf.

      Steffen nickte.

      „Dann werde ich hier auf Euch warten“, sagte er. „Ruft nach mir, wenn es irgendwelchen Ärger im Turm gibt, ich komme dann sofort.“

      „Wenn ich nicht finde, was ich im Turm suche“, antwortete sie, „fürchte ich, dass viel größerer Ärger auf uns alle zukommt.“

*

      Gwendolyn ging langsam mit Krohn über die Zugbrücke. Ihre Schritte hallten auf dem Holz der Brücke, als sie das sanft plätschernde Wasser darunter überquerte. Dutzende von Mönchen in scharlachroten Roben standen auf der Brücke als hielten sie stumm Wache; ihre Hände waren in den Ärmeln versteckt und ihre Augen waren geschlossen. Das waren seltsame Wächter, unbewaffnet, mit geschlossenen Augen! Gwendolyn staunte über ihre unglaubliche Loyalität und Zuneigung ihrem Anführer gegenüber, und sie begriff, dass es so sein musste, wie der König gesagt hatte: sie verehrten sie als Gott. Sie fragte sich, auf was sie sich da eingelassen hatte.

      Als sie näher kam, blickte Gwendolyn zu dem riesigen Eingangsportal vor ihr auf. Die Tür war aus Eiche gemacht und mit geschnitzten Symbolen verziert, die sie nicht verstand. Mehrere Mönche traten vor und zogen die Flügel der Tür für sie auf. Knarzend gaben sie den Blick frei auf das düstere Innere, das nur von wenigen Fackeln erleuchtet wurde. Ein kühler Windhauch traf sie, der leicht nach Weihrauch roch. Krohn neben ihr begann zu fauchen und nachdem sie eingetreten waren, wurden die Türen wieder hinter ihnen zugeschlagen. Das Donnern der Tür hallte durch die Flure, und es dauerte einen Augenblick, bis Gwendolyn sich orientiert hatte. Im Inneren war es düster, und die Wände wurden nur von ein paar Fackeln und dem gedämpften Sonnenlicht erhellt, das durch Bleiglasfenster hoch oben einfiel. In der Luft lag etwas Heiliges und es still – sie hatte das Gefühl, eine Kirche betreten zu haben.

      Gwendolyn blickte auf und sah, dass ein System von Rampen und Treppen nach oben führte. Es gab so gut wie keine Fenster und von irgendwoher drang leiser Gesang an ihr Ohr. Der Duft von Weihrauch lag schwer in der Luft und Mönche huschten hin und her. Sie gingen wie in Trance von einer Kammer zur anderen. Manche von ihnen hielten Weihrauchgefäße in Händen und sangen, während andere still und nachdenklich umherwanderten und sie nicht einmal wahrzunehmen schienen. Gwendolyn fragte sich, was es mit diesem Kult auf sich hatte.

      „Hat mein Vater dich geschickt?“, hallte eine Stimme durch den Turm.

      Erschrocken wirbelte Gwendolyn herum und sah einen Mann, der nur ein paar Meter von ihr entfernt stehengeblieben war. Er trug eine lange scharlachrote Kutte und lächelte sie freundlich an. Sie konnte kaum fassen wie sehr er seinem Vater, dem König, ähnelte.

      „Ich wusste, dass er früher oder später jemanden schicken würde“, sagte Kristof. „Seine Bemühungen, mich zurück unter seine Fittiche zu bekommen, sind schier endlos. Bitte, komm“, sagte er und machte eine einladende Geste.

      Gwendolyn schloss zu ihm auf und sie gingen einen Flur mit Gewölbedecke entlang, eine Rampe hinauf, die auf zu den oberen Stockwerken des Turms führte. Gwendolyn war überrascht; sie hatte einen verrückten Mönch erwartet, einen religiösen Fanatiker, und war überrascht, einem liebenswerten und freundlichen Mann zu begegnen, der offensichtlich bei Verstand war. Kristof erschien ihr nicht wie der verlorene,

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