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sich sicher gezankt. Und sind voneinander fort. Und haben uns selber genauso entzweigeteilt wie vorher Muttis Vornamen!“

      „Eigentlich hätten sie uns erst fragen müssen, ob sie uns halbieren dürfen!“

      „Damals konnten wir ja noch gar nicht reden!“ Die beiden Schwestern lächeln hilflos. Dann haken sie sich unter und gehen in den Garten.

      Es ist Post gekommen. Überall, im Gras und auf Mauer und auf den Gartenbänken, hocken kleine Mädchen und studieren Briefe. Lotte hält die Fotografie eines Mannes von etwa dreißig Jahren in den Händen und blickt mit zärtlichen Augen auf ihren Vater. So sieht er also aus! Und so wird es einem ums Herz, wenn man einen wirklichen, lebendigen Vater hat!

      Luise liest vor, was er ihr schreibt: „Mein liebes, einziges Kind!“ – „So ein Schwindler!“, sagt sie hochblickend. „Wo er doch genau weiß, dass er Zwillinge hat!“ Dann liest sie weiter: „Hast du denn ganz vergessen, wie dein Vater aussieht, dass du unbedingt, noch dazu zum Ferienschluss, eine Fotografie von ihm haben willst? Erst wollte ich dir ja ein Kinderbild von mir schicken. Eines, wo ich als nackiges Baby auf einem Eisbärenfell liege! Aber du schreibst, dass es unbedingt ein funkelnagelneues Bild sein muss! Na, bin ich gleich zum Fotografen gerannt, obwohl ich eigentlich gar keine Zeit hatte, und habe ihm genau erklärt, weswegen ich das Bild so eilig brauche. Sonst, habe ich ihm gesagt, erkennt mich meine Luise nie wieder, wenn ich sie von der Bahn abhole! Das hat er zum Glück eingesehen. Und so kriegst du das Bild noch rechtzeitig. Hoffentlich tanzt du den Fräuleins im Heim nicht so auf der Nase herum45 wie deinem Vater, der dich tausendmal grüßt und große Sehnsucht nach dir hat!“

      „Schön!“, sagt Lotte. „Und lustig! Dabei sieht er auf dem Bild so ernst aus!“

      „Wahrscheinlich hat er sich vor dem Fotografen geniert zu lachen“, meint Luise. „Vor anderen Leuten macht er immer ein strenges Gesicht. Aber wenn wir allein sind, kann er sehr komisch sein.“

      Lotte hält das Bild ganz fest. „Und ich darf es wirklich behalten?“

      „Natürlich“, sagt Luise, „deswegen habe ich’s mir schicken lassen!“

      Die pausbäckige Steffie sitzt auf einer Bank, hält einen Brief in der Hand und weint. Sie gibt dabei keinen Laut. Die Tränen rollen unaufhörlich über das Kindergesicht. Trude schlendert vorbei, bleibt neugierig stehen, setzt sich daneben und schaut Steffie abwartend an. Christine kommt hinzu und setzt sich auf die andere Seite. Luise und Lotte nähern sich und bleiben stehen. „Fehlt dir was?“, fragt Luise. Steffie weint lautlos weiter. Plötzlich senkt sie den Kopf und sagt monoton: „Meine Eltern lassen sich scheiden!“

      „So eine Gemeinheit!“, ruft Trude. „Da schicken sie dich erst in die Ferien und dann tun sie so was! Hinter deinem Rücken!“

      „Der Papa liebt, glaub ich, eine andere Frau“, sagt Steffie.

      Luise und Lotte gehen rasch weiter. Was sie eben gehört haben, bewegt ihre Gemüter aufs heftigste.

      „Unser Vater“, fragt Lotte, „hat doch aber keine neue Frau?“

      „Nein“, erwidert Luise. „Das wüsste ich.“46

      „Vielleicht eine, mit der er nicht verheiratet ist?“ fragt Lotte zögernd.

      Luise schüttelt den Lockenkopf. „Bekannte hat er natürlich. Auch Frauen. Aber du sagt er zu keiner. Aber wie ist das mit Mutti? Hat Mutti einen guten Freund?“

      „Nein“, meint Lotte zuversichtlich. „Mutti hat mich und ihre Arbeit, und sonst will sie nichts vom Leben, sagt sie.“

      Luise blickt die Schwester ziemlich ratlos an.

      „Ja, aber warum sind sie denn dann geschieden?“

      Lotte denkt nach. „Vielleicht waren sie gar nicht auf dem Gericht? So wie Steffies Eltern das wollen?“

      „Warum ist Vater in Wien und Mutti in München?“ fragt Luise. „Warum haben sie uns halbiert?“

      „Warum“, fährt Lotte grübelnd fort, „haben sie uns nie erzählt, dass wir gar nicht einzeln, sondern eigentlich Zwillinge sind? Und warum hat Vater dir nichl davon erzählt, dass Mutti lebt?“

      „Und Mutti hat dir verschwiegen, dass Vati lebt“.

      Luise stemmt die Arme in die Seiten.

      „Schöne Eltern haben wir, was? Na warte, wenn wir den beiden einmal die Meinung sagen! Die werden staunen!“

      „Das dürfen wir doch gar nicht“, meint Lotte schüchtern. „Wir sind ja nur Kinder!“ „Nur?“, fragt Luise und wirft den Kopf zurück.

      Aufgaben

      Ist das richtig?

      1.Luise und Lotte haben ihre Fotos beim Fotografen abgeholt und in kleine Fetzen zerrissen. 2.Die Kinder haben Fräulein Ulrike gesagt, dass sie die Fotos heimgeschickt haben.

      3.Sie wollen ihr Geheimnis für sich behalten.

      4.Die beiden Mädchen hängen wie Kletten zusammen.

      5.Lotte will alles über den Vater wissen, Luise will alles über die Mutter wissen. 6.Jedes Mädchen entdeckt für sich einen neuen Kontinent.

      7.Der Vater schickt Luise ein altes Bild, auf dem er als ein kleines Baby auf einem Eisbärenfell dargestellt ist. 8.Das Foto zeigt einen fünfunddreißig-jährigen Mann mit ernstem Gesicht. Das Foto ist funkelnagelneu.

      9.Steffie weint, weil ihre Eltern sich scheiden lassen.

      Übersetzung:

      1.Die Eltern haben den Vornamen der Mutter entzweigeteilt.

      2.Die Eltern ließen sich scheiden.

      3.Die Eltern haben die Kinder halbiert.

      4. Die Mutter hat Lotte verschwiegen, dass ihr Vater lebt und dass sie eine Schwester hat.

      5.Der Vater hat Luise verschwiegen, dass ihre Mutter lebt und dass sie ein Zwilling ist.

      6.Luise ist nicht brav. Sie tanzt den Fräuleins im Ferienheim auf der Nase herum wie dem Vater.

      7.Das Thema Scheidung bewegt ihre Gemü-ter sehr. 8.Der Vater genierte sich vor dem Fotografen zu lachen.

      Wie heißt auf Deutsch:

      делить пополам, утаить /скрыть, совершенно новый, обнаруживать / открывать, вести себя непослушно / озорничать, стесняться

      Nacherzählung:

      1.Lotte und Luise entdecken neue Kontinente.

      2.Rätsel über Rätsel.

      3.Der entzweigeteilte Vorname der Mutter.

      4.Eine ernste Fotografie und ein lustiger Brief vom Vater.

      5.Steffies Eltern lassen sich scheiden.

      6.Darf man Kinder trennen?

      Viertes Kapitel

      Die Ferien gehen dem Ende zu. In den Schränken sind die Stapel frischer Wäsche zusammengeschmolzen. Die Betrübnis, das Kinderheim bald verlassen zu müssen, und die Freude aufs Zuhause wachsen gleichmäßig.

      Frau Muthesius plant ein kleines Abschiedsfest. Der Vater eines der Mädchen, dem ein Kaufhaus gehört, hat eine große Kiste Lampions, Girlanden und viele andere Dinge geschickt. Nun sind die Helferinnen und die Kinder eifrig dabei, die Veranda und den Garten schön zu schmücken. Sie schleppen Küchenleitern von Baum zu Baum, hängen bunte Laternen ins Laub, schlingen Girlanden von Zweig zu Zweig und bereiten auf einem langen Tisch eine Tombola vor. Andere schreiben auf kleine Zettel Losnummern. Der Hauptgewinn: ein Paar Rollschuhe! „Wo sind eigentlich die Locken und die Zöpfe?“, fragt

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<p>45</p>

hoffentlich tanzt du nicht auf der Nase herum – надеюсь, ты не ведёшь себя так же непослушно

<p>46</p>

Das wüsste ich. – Я знала бы об этом.