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beiß‘ ich, Mehr als alle Echsen weiß ich!«

      »Hoho! Was willst du wohl mehr wissen als ich?«

      »Soll ich dir‘s sagen? Wenn du mir versprichst, daß du mir nichts tust —«

      »Versprechen? Was ist das? Wenn ich dich fange, freß‘ ich dich, und vorher schüttle ich dich so lange an den Ohren, bis du mir alles gesagt hast.«

      »O nicht doch! Ich fürchte mich ja so sehr, lieber Hohlschwanz. Alles kann ich dir nicht sagen.«

      »Warum nicht?«

      »Das von der roten Schlange —«

      »Was weißt du von der roten Schlange? Wo wohnt sie?«

      »Das weiß ich nicht. Da mußt du die Zierschnäbel fragen. Aber sie hat auch zu uns gesprochen.«

      »Das glaub‘ ich nicht. Zu uns hat sie gesprochen. Vor tausend, tausend Jahren, wie man das mächtigste Tier werden kann. Und das sind wir.«

      Homchen lachte wie eben Beuteltierchen lachen.

      »Aber uns«, rief es, »hat sie gesagt, wie man noch mächtiger werden kann als alle Drachen —«

      »Was?« brüllte der Hohlschwanz. »Mächtiger als ich? Vielleicht gar mächtiger als die Großechse? Das hat sie gesagt? Wie denn? Willst du mir‘s wohl gestehen? Das haben euch die Zierschnäbel vorgeredet!«

      »Ihr Echsen sollt es nicht wissen.«

      »Aber ich will es wissen, und wenn ich die rote Schlange selbst fressen sollte!«

      Homchen schauerte zusammen. Was war der Hohlschwanz für ein abscheuliches Tier! Die rote Schlange fressen! Homchen verstummte, denn es war traurig, daß man so etwas sagen konnte.

      Selbst die Käfer, die sich neugierig in der Nähe sammelten, erhoben ein unwilliges Gebrumm und viele flogen davon.

      »Nun? Willst du reden?« schrie der Hohlschwanz.

      »Ich kann doch nicht so schreien«, antwortete Homchen. »Ich muß dir näher kommen. Aber erst mußt du den Kopf weiter herabbeugen und deine schönen Flügel ausbreiten; denn es darf uns niemand hören.«

      Der Hohlschwanz streckte den langen Hals aus und legte die Arme mit den breiten Flughäuten flach auf den Boden. Inzwischen schlüpfte Homchen ganz leise und geschwind unter den Büschen heran, und mit dem kühnen, weiten Spung, der es von Wipfel zu Wipfel trug, sprang es von der Seite auf den Kopf des Raubtiers und schlug mit aller Kraft seine Krallen in die beiden Augen. Da wurde der Hohlschwanz sinnlos vor Schmerz, aber weil er nichts sehen konnte und halb betäubt war, wagte er Kopf und Flügel nicht zu bewegen, sondern schlug nur in blinder Wut mit dem eignen langen Schwänze nach seinem Kopfe. Doch Homchen war schon herabgesprungen und krallte sich von unten, wo keine Schuppen saßen, an den Hohlschwanz und biß mit den scharfen Zähnen die Adern und Sehnen des Schwanzes durch. Und nun lag der Hohlschwanz ohnmächtig da und verblutete sich.

      Und ein Summen der Käfer ging durch die Lichtung und zog sich weiter und weiter klingend durch die Luft, oben über die Bergheide und drunten zum Walde.

      Homchen kletterte stolz im Schutze des Strauchwerkes zwischen den Felsen umher und tat sich an den Ameisen gütlich, denn es war hungrig geworden.

      Von der Heide her aber kam ein junger Hohlschwanz, und als er den alten machtlos daliegen sah, stürzte er sich auf ihn, zerriß ihn mit seinen Zähnen und fraß ihn halb auf.

      Der alte war zwar sein eigener Vater, aber das verschlug dem Jungen nichts. Er kannte ihn gar nicht.

      Die Jugend des Urwaldes

      Im dichten Urwald, wo die Sonne nicht eindringen konnte, auf dem Ast vor der Höhlung des alten Eichbaums, saß Homchens Mutter und spähte ängstlich nach allen Seiten.

      »Wo bleibst du denn, Frau?« rief Knappo, der Vater, aus dem behaglichen Neste im Baum. »Es ist Zeit, schlafen zu gehen. Denn es dämmert grün im Laube, und die Sonne muß schon hoch stehen.«

      »Homchen ist noch nicht da«, antwortete Mea.

      »Ei, ei! Wo treibt sich der Schlingel wieder herum? Ich habe ja immer gesagt, du hast ihn zu früh aus dem Beutel entlassen.«

      »Du weißt doch, was es mit ihm auf sich hat.«

      »Nun ja, daß er ein Fellchen mit auf die Welt gebracht hat —«

      »Und jetzt ist er doch wirklich alt genug. Und er ist so klug!«

      »Wenn ihm nur nicht etwas zugestoßen ist.«

      »Er sieht so gern die Sonne aufgehen, und dann sucht er die Ameisen oben am Berge.«

      »Das soll er bleiben lassen. Oben am Berge jagt der Hohlschwanz. Der Junge ist noch zu unvorsichtig. Er soll am Morgen zu Hause sein.«

      Papa Knappo zog sich brummend tiefer ins Nest zurück, um zu schlafen. Aber es wollte nicht gelingen. Immer lauschte er nach außen, ob Homchen nicht käme.

      Und draußen auf dem Aste kauerte Mea, Homchens Mutter, und ließ die runden Äuglein umhergehen und spitzte die zierlichen Ohrbüschel. Aber sie hörte nichts als das Summen der Insekten.

      Und höher stieg die Sonne und wärmer wurde es Mea in ihrem dicken Pelzchen.

      Sss — Sss — Sss klang es von den Käfern und Fliegen. Die fühlten sich immer wohler, je näher der Mittag rückte, und wurden immer lebendiger. Aber es war Mea, als läge etwas Besonderes in diesem Summen, anders, als es sonst zu tönen pflegte — als wär‘ es ein Geflüster, mit dem das Gerücht durch die Täler schreitet.

      Und lauter und lauter klang es, und hier und da wachten die Nachttiere auf, die im Walde wohnen, die Fledermäuse und die Kletterbeutler und die Kala von Homchens Sippe, und streckten verschlafen die schwarzen Nasen aus den Baumlöchern.

      Mea aber klopfte das Herz in Angst um Homchen.

      Papa Knappo kam auch wieder aus dem Neste und brummte:

      »Ich kann nicht schlafen! Wo bleibt der Junge?«

      »Mir ist so bang«, klagte Mea. »Hörst du nicht, was die Tiere summen? Bald klingt es wie Hohlschwanz, bald klingt es wie Homchen — Oh, wenn nur nicht —«

      »Kannst du sie nicht fragen, was sie meinen?«

      »Ja, sobald ich, einen Bekannten sehe. Aber diese leichtsinnigen Schwirrflügler halten ja nicht still — sss — und vorbei sind sie. Sollten wir nicht die Nachbarn rufen und Homchen suchen gehen?«

      »Jetzt, am hellerlichten Tage? Wie dürfen wir uns aus dem Walde wagen? Aber ich will doch einmal zum Graukopf hinüber, vielleicht weiß er etwas davon, wo Homchen hingeklettert ist.«

      Knappo machte sich zum Ausgang zurecht.

      Da raschelte es in den Zweigen, und der Nachbar Graukopf kam selbst, und mit ihm die vornehmsten Säuger des Waldes, soweit sie auf die Bäume steigen konnten. Der Kufu kam gekrochen und hing sich an seinem langen Schwänze recht bequem an einem Aste auf; die niedliche Flugmaus schwirrte herbei, und auch der kleine, kluge Kletterigel, der die Haare zu scharfen, steifen Stacheln zusammengedreht trug, stieg vorsichtig an der Eiche herauf. Nur der große Taguan kam nicht, weil er bei Tag prinzipiell nicht ausgeht, und Tafa, das Beutelbilchen, durfte nicht kommen, denn es hatte den guten Talp, den Maulwurf, in seiner Höhle erbissen und war verbannt wegen seines Blutdurstes.

      Graukopf setzte sich auf die Hinterbeine, richtete sich gerade auf, streckte die Vorderpfoten ein wenig vor und bewegte die Daumen an seinen Händen hin und her, wie es der Iguanodon zu machen pflegte. Als er sich nun vornehm genug vorkam, begann er mit ernster Miene zu reden:

      »Meine werten Mitbeutler und insbesondere mein lieber Vetter Knappo! Als Ältester der Kala —«

      »Mach keine so lange Vorrede«, brummte der Igel. »Siehst du nicht, daß Mea sich ängstigt?«

      »Ich wollte gerade«, sagte Knappo.

      »So rede doch! Weißt du etwas von Homchen?«

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