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Halef aber begleitet mich.«

      »Herr, nimm mich auch mit,« bat Selek.

      »Die Tiere würden uns verraten.«

      »Wir binden sie an!«

      »Mein Rappe ist zu kostbar, als daß ich ihn ohne Aufsicht lassen dürfte. Und übrigens verstehst du auch das richtige Anschleichen nicht. Man würde dich hören oder gar sehen.«

      »Emir, ich verstehe es!«

      »Sei still!« meinte da Halef. »Auch ich dachte, ich verstände es, mich mitten in ein Duar zu schleichen und das beste Pferd wegzunehmen; aber als ich es vor dem Effendi machen mußte, habe ich mich schämen müssen, wie ein Knabe! Aber tröste dich, denn Allah hat nicht gewollt, daß aus dir eine Eidechse werde!«

      Wir ließen die Gewehre zurück und schritten voran. Es war gerade so licht, daß man auf fünfzig Schritte einen Menschen so leidlich erkennen konnte. Vor uns tauchte nach vielleicht zehn Minuten ein dunkler Punkt auf, dessen Dimensionen von Schritt zu Schritt zunahmen – das Olivenwäldchen. Als wir so weit heran waren, daß wir es in fünf oder sechs Minuten zu erreichen vermocht hätten, hielt ich an und lauschte angestrengt. Nicht der mindeste Laut war zu vernehmen.

      »Gehe genau hinter mir, daß unsere Personen eine einzige Linie bilden!«

      Ich hatte nur Jacke und Hose an, beide dunkel; auf dem Kopfe trug ich den Tarbusch, von dem ich das Turbantuch abgewunden hatte. So war ich nicht so leicht vom dunklen Boden zu unterscheiden. Mit Halef war ganz dasselbe der Fall.

      Lautlos glitten wir weiter. Da vernahmen wir das Geräusch knackender Aeste. Wir legten uns nun auf die Erde nieder und krochen langsam vorwärts. Das Knacken und Brechen wurde lauter.

      »Man sammelt Aeste, vielleicht gar, um ein Feuer zu machen.«

      »Gut für uns, Sihdi!« flüsterte Halef.

      Bald erreichten wir den hinteren Rand des Gehölzes. Das Schnauben von Tieren und Männerstimmen wurden hörbar. Wir lagen soeben hart neben einem dichten Buschwerke. Ich deutete auf dasselbe und sagte leise:

      »Verbirg dich hier, und erwarte mich, Halef.«

      »Herr, ich verlasse dich nicht; ich folge dir!«

      »Du würdest mich verraten. Das unhörbare Schleichen ist in einem Walde schwieriger als auf offenem Felde. Ich habe dich nur mitgenommen, um mir den Rückzug zu decken. Du bleibst liegen, selbst wenn du schießen hörst. Wenn ich dich rufe, so kommst du so schnell wie möglich.«

      »Und wenn du weder kommst noch rufest?«

      »So schleichst du dich nach einer halben Stunde vorwärts, um zu sehen, was mit mir geschehen ist.«

      »Sihdi, wenn sie dich töten, so schlage ich alle tot!«

      Diese Versicherung hörte ich noch, dann war ich fort; aber noch hatte ich mich nicht sehr weit von ihm entfernt, so hörte ich eine laute, befehlende Stimme rufen:

      »Et atesch – brenne an, mache Feuer!«

      Diese Stimme kam aus einer Entfernung von vielleicht hundert Fuß. Ich konnte also unbesorgt weiter kriechen. Da vernahm ich das Prasseln einer Flamme und bemerkte zugleich einen lichten Schein, der sich zwischen den Bäumen fast bis zu mir verbreitete. Das erschwerte mir natürlich mein Vorhaben bedeutend.

      »Taschlar atesch tschewresinde – lege Steine um das Feuer!« befahl dieselbe Stimme.

      Diesem Befehle wurde jedenfalls sofort Folge geleistet, denn der lichte Schein verschwand, so daß ich nun besser vorwärts konnte. Ich schlich mich von einem Stamme zum andern und wartete hinter einem jeden, bis ich mich überzeugt hatte, daß ich nicht bemerkt worden sei. Glücklicherweise war diese Vorsicht überflüssig; ich befand mich nicht in den Urwäldern Amerikas, und die guten Leute, welche ich vor mir hatte, schienen nicht die mindeste Ahnung zu haben, daß es irgend einem Menschenkinde einfallen könne, sie zu belauschen.

      So avancierte ich immer weiter, bis ich einen Baum erreichte, dessen Wurzeln so zahlreiche Schößlinge getrieben hatten, daß ich hinter denselben ein recht leidliches Versteck zu finden hoffte. Wünschenswert war dies besonders deshalb, weil ganz in der Nähe des Baumes zwei Männer saßen, auf die ich es abgesehen hatte, zwei türkische Offiziere.

      Mit einiger Vorsicht gelang es mir, mich hinter den Schößlingen häuslich niederzulassen, und nun konnte ich die Szene vollständig überblicken.

      Draußen vor dem kleinen Gehölze standen – vier Gebirgskanonen oder vielmehr zwei Kanonen und zwei Haubitzen, und am Saume des Gehölzes waren ungefähr zwanzig Maultiere angebunden, die zum Transporte dieser Geschütze erforderlich gewesen waren. Man braucht zu einem Geschütze gewöhnlich vier bis fünf Maultiere; eins muß das Rohr, eins die Lafette und zwei bis vier müssen die Munitionskästen tragen.

      Die Kanoniere hatten es sich bequem gemacht; sie lagen auf dem Boden ausgestreckt und plauderten leise miteinander. Die beiden Offiziere aber wünschten Kaffee zu trinken und ihren Tschibuk zu rauchen; darum war ein Feuer gemacht worden, über welchem ein kleiner Kessel auf zwei Steinen stand. Der eine der beiden Helden war ein Hauptmann und der andere ein Leutnant. Der Hauptmann hatte ein recht biederes Aussehen; er kam mir gerade so vor, als sei er eigentlich ein urgemütlicher, dicker, deutscher Bäckermeister, der auf einem Liebhabertheater den wilden Türken spielen soll und sich dazu für anderthalbe Mark vom Maskenverleiher das Kostüm geliehen hat. Mit dem Leutnant war es ganz ähnlich. Just so wie er mußte eine sechzigjährige Kaffeeschwester aussehen, die auf den unbegreiflichen Backfischgedanken geraten ist, in Pumphosen und Osmanly-Jacke auf die Redoute zu gehen. Es war mir ganz so, als müsse ich jetzt hinter dem Baume hervortreten und sie überraschen mit den geflügelten Worten:

      »Schön guten Abend, Meister Mehlhuber; ‚pfehle mich, Fräulein Lattenstengel; ‚was Neues? Danke, danke, werde so frei sein!«

      Freilich waren die Worte, welche ich zu hören bekam, etwas weniger gemütlich. Ich lag ihnen so nahe, daß ich alles hören konnte.

      »Unsere Kanonen sind gut!« brummte der Hauptmann.

      »Sehr gut!« flötete der Leutnant.

      »Wir werden schießen, alles niederschießen!«

      »Alles!« ertönte das Echo.

      »Wir werden Beute machen!«

      »Viel Beute!«

      »Wir werden tapfer sein!«

      »Sehr tapfer!«

      »Wir werden befördert werden!«

      »Hoch, äußerst hoch!«

      »Dann rauchen wir Tabak aus Persien!«

      »Tabak aus Schiras!«

      »Und trinken Kaffee aus Arabien!«

      »Kaffee aus Mokka!«

      »Die Dschesidi müssen alle sterben!«

      »Alle!«

      »Die Bösewichter!«

      »Die Buben!«

      »Die Unreinen, die Unverschämten!«

      »Die Hunde!«

      »Wir werden sie töten!«

      »Morgen früh gleich!«

      »Natürlich, das versteht sich!«

      Ich hatte nun genug gesehen und gehört; darum zog ich mich zurück, erst langsam und vorsichtig, dann aber rascher. Ich erhob mich dabei sogar von der Erde, worüber Halef sich nicht wenig wunderte, als ich bei ihm ankam.

      »Wer ist es, Sihdi?«

      »Artilleristen. Komm; wir haben keine Zeit!«

      »Gehen wir aufrecht?«

      »Ja.«

      Wir erreichten bald unsere Pferde, stiegen auf und kehrten zurück. Die Strecke nach Scheik Adi wurde jetzt natürlich viel schneller zurückgelegt, als vorhin. Wir fanden dort noch dasselbe rege Leben.

      Ich hörte, daß Ali Bey sich beim Heiligtum befinde, und traf ihn mit dem Mir Scheik Khan in dem inneren Hofe desselben. Er kam mir erwartungsvoll

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