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hinaus und erkannten nach einiger Zeit in dem Nahenden den Kaimakam, der allerdings ohne alle Begleitung herauf geritten kam. Wir erwarteten ihn im Freien.

      »Seni selamlar-im – ich begrüße dich!« sagte er beim Absteigen erst zum Bey und dann auch zu mir.

      »Chosch geldin-sen, effendi – sei willkommen, Herr!« antwortete Ali. »Welcher Wunsch führt dich zu mir?«

      »Der Wunsch meiner Krieger, welche kein Brot zu essen haben.«

      Das war ohne alle Einleitung gesprochen. Ali lächelte leise.

      »Ich mußte das erwarten. Aber hast du dir gemerkt, daß ich Brot nur gegen Waffen verkaufe?«

      »So sagtest du; aber du wirst dennoch Geld nehmen!«

      »Was der Bey der Dschesidi sagt, das weiß er auch zu halten. Du brauchst Speise, und ich brauche Waffen und Munition. Wir tauschen, und so ist uns beiden dann geholfen.«

      »Du vergissest, daß ich die Waffen und die Munition selbst brauche!«

      »Und du vergissest, daß ich des Brotes selbst bedarf! Es sind viele tausend Dschesidi bei mir versammelt; sie alle wollen essen und trinken. Und wozu brauchst du die Waffen? Sind wir nicht Freunde?«

      »Doch nur bis zum Schlusse des Waffenstillstandes!«

      »Wohl auch noch länger. Emir, ich bitte dich, ihm den Brief des Gouverneur einmal vorzulesen!«

      »Ist ein Brief von ihm angekommen?« fragte der Oberstleutnant schnell.

      »Ja. Ich sandte einen Boten, welcher jetzt zurückgekommen ist. Lies, Emir!«

      Ich las das Schreiben, das ich noch bei mir hatte, vor. Ich glaubte, in der Miene des Kaimakam eine Enttäuschung zu bemerken.

      »So wird also Friede zwischen uns werden!« meinte er.

      »Ja,« antwortete der Bey. »Und bis dahin wirst du dich freundlich zu uns verhalten, wie dir der Mutessarif noch besonders gebietet.«

      »Besonders?«

      »Er hat einen Brief beigelegt, den ich dir geben soll.«

      »Einen Brief? Mir?« rief der Offizier. »Wo ist er?«

      »Der Emir hat ihn. Laß ihn dir geben!«

      Schon stand ich im Begriff, ihm das Schreiben hinzureichen; aber die Hast, womit er danach langte, machte mich denn doch stutzig.

      »Erlaube, daß ich ihn dir vorlese!«

      Ich las, aber nur bis zu der letzten Bemerkung, welche meinen Verdacht so sehr erregt hatte. Doch da fragte er: »Ist dies alles? Steht weiter nichts da?«

      »Noch zwei Zeilen. Höre sie!«

      Ich las nun bis zu Ende und hielt dabei den Blick halb auf ihn gerichtet. Nur einen kurzen Moment lang öffneten sich seine Augen weiter als gewöhnlich, aber ich wußte nun sicher, daß dieser Satz irgend eine uns unbekannte Bedeutung habe.

      »Dieser Brief gehört mir. Zeige ihn her!«

      Bei diesen Worten griff er so schnell zu, daß ich kaum Zeit behielt, meine Hand mit dem Papiere zurückzuziehen.

      »Warum so eilig, Kaimakam?« fragte ich, ihn voll ansehend. »Haben diese Zeilen etwas so sehr Wichtiges zu bedeuten, daß du deine ganze Selbstbeherrschung verlierst?«

      »Nichts, gar nichts haben sie zu bedeuten; aber dieses Schreiben ist doch mein!«

      »Der Mutessarif hat es dem Bey gesandt, und auf diesen allein kommt es an, ob er es dir geben oder dich nur mit dem Inhalte bekannt machen will.«

      »Er hat es dir ja bereits gesagt, daß ich den Brief erhalten soll!«

      »Da dieses Papier dir so wichtig zu sein scheint, trotzdem du seinen Inhalt bereits kennst, so wird er mir erlauben, es zuvor einmal genau zu betrachten.«

      Mein Verdacht hatte sich noch mehr befestigt. Anstatt gehoben zu werden, war er bereits zu einer bestimmten Vermutung geworden. Ich hielt das Papier mit seiner Fläche senkrecht zwischen das Auge und die Sonne; ich konnte nichts Auffälliges bemerken. Ich befühlte und beroch es, aber ohne Erfolg. Nun hielt ich es wagrecht so, daß ich die darauf fallenden Sonnenstrahlen mit dem Auge auffing, und da endlich zeigten sich mir mehrere, allerdings nur einem sehr scharfen Blicke bemerkbare Stellen, welche zwar mit der Farbe des Papiers beinahe verschwammen, aber dennoch die Gestalt von Schriftzeichen zu haben schienen.

      »Du wirst das Papier nicht bekommen!« sagte ich zum Kaimakam.

      »Warum nicht?«

      »Weil es eine geheime Schrift enthält, welche ich untersuchen werde.«

      Er verfärbte sich.

      »Du irrst, Effendi!«

      »Ich sehe es genau!« Und um ihn zu versuchen, fügte ich hinzu: »Diese geheime Schrift wird zu lesen sein, wenn ich das Papier in das Wasser halte.«

      »Tue es!« antwortete er mit einer sichtbaren Genugtuung.

      »Du hast dich durch die Ruhe deiner Worte verraten, Kaimakam. Ich werde das Papier nun nicht in das Wasser, sondern über das Feuer halten.«

      Ich hatte es getroffen; das erkannte ich an dem nicht ganz unterdrückten Erschrecken, welches sein zu offenes Gesicht überflog.

      »Du wirst den Brief ja dabei verbrennen und zerstören!« mahnte er.

      »Trage keine Sorge! Ein Effendi aus dem Abendlande weiß mit solchen Dingen recht wohl umzugehen.«

      Der Bey war ganz erstaunt.

      »Glaubst du wirklich, daß dieser Brief eine verborgene Schrift enthält?«

      »Laß ein Feuer anmachen, so werde ich es dir beweisen!«

      Noch war Pali zugegen. Auf einen Wink Alis suchte er dürre Aeste zusammen und steckte sie in Brand. Ich kauerte mich nieder und hielt das Papier vorsichtig über die Flammen. Da tat der Kaimakam einen schnellen Sprung auf mich zu und suchte es mir zu entreißen. Ich hatte das erwartet, wich ebenso schnell zur Seite, und er fiel strauchelnd zu Boden. Sofort kniete Ali Bey auf ihm.

      »Halt, Kaimakam!« rief er; »du bist falsch und treulos; du bist jetzt zu mir gekommen, ohne dich vorher meines Schutzes zu versichern, und ich mache dich zu meinem Gefangenen!«

      Der Offizier wehrte sich, so gut er es vermochte, aber wir waren ja drei gegen einen, und zudem kamen auch andere Dschesidi, welche in der Nähe gehalten hatten, herbei. Er wurde entwaffnet, gebunden und in das Zelt geschafft.

      Nun konnte ich mein Experiment vollenden. Die Flamme erhitzte das Papier beinahe bis zum Versengen, und nun kamen sehr deutliche Worte zum Vorscheine, welche an dem Rande der Zeilen standen.

      »Ali Bey, siehst du, daß ich recht hatte?«

      »Emir, du bist ein Zauberer!«

      »Nein; aber ich weiß, wie man solche Schriften sichtbar machen kann.«

      »O, Effendi, die Weisheit der Nemtsche ist sehr groß!«

      »Hat der Mutessarif dieses Zauberstück nicht ebenso verstanden? Es gibt Stoffe, aus denen man eine Tinte machen kann, welche nach dem Schreiben verschwindet und mit einem andern Mittel gezwungen wird, wieder sichtbar zu werden. Die Wissenschaft, welche diese Mittel kennt, heißt Chemie oder Scheidekunst. Sie wird bei uns mehr gepflegt als bei euch, und darum haben wir auch bessere Mittel als ihr. Wir kennen viele Arten von geheimen Schriften, welche sehr schwer zu entdecken sind; die euren aber sind so einfach, daß keine große Klugheit dazu gehört, eure unsichtbaren Worte sichtbar zu machen. Rate einmal, womit diese Worte geschrieben worden sind.«

      »Sage es!«

      »Mit Harn.«

      »Unmöglich!«

      »Wenn du mit dem Harne eines Tieres oder eines Menschen schreibst, so verschwindet die Schrift, sobald sie eingetrocknet ist. Hältst du das Papier dann über das Feuer, so werden die Züge schwarz, und du kannst sie lesen.«

      »Wie lauten diese Worte?«

      »Ich komme übermorgen, um zu siegen.«

      »Ist

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