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Durch das Land der Skipetaren. Karl May
Читать онлайн.Название Durch das Land der Skipetaren
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Karl May
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Weiter kam er nicht. Mein kleiner Hadschi hatte ausgeholt und ihm mit der Peitsche einen solchen Jagdhieb versetzt, daß der alte Sünder sich unterbrach und einen gewaltigen Luftsprung machte.
Das war ein gewaltiges Wagnis, wie sich sogleich zeigte. Nach einem Augenblick drohender Stille schallten von allen Seiten Schreie des Zornes im Publikum. Die Hinteren drängten nach vorn. Die Sache konnte verhängnisvoll werden. Da trat ich schnell an die Seite des Mübarek und rief so laut ich konnte:
»Rahat, süküt – Ruhe, seid still! Ich werde euch beweisen, daß ich recht habe. Halef, hole die Flamme her! – — Sehet her, ihr Leute, wer der Mübarek ist, und wie er euch täuscht! Seht ihr diese Krücken?«
Ich nahm den Schurken mit der rechten Hand beim Genick und preßte ihm den dünnen Hals zusammen. Mit der Linken riß ich ihm den Kaftan auseinander. Richtig, da hing an jeder Seite eine Krücke. Beide waren mit Gelenken versehen und konnten zusammengeschlagen werden.
Bei dieser Gelegenheit sah ich, daß die Innenseite des Kaftans anders gefärbt war, als die Außenseite. Das Kleidungsstück hatte viele Taschen. Ich griff in die erste beste und fühlte einen haarigen Gegenstand. Ich zog ihn heraus. Es war eine Perücke, ganz genau das wirre, struppige Haar, wie ich es bei dem Bettler gesehen hatte.
Der Kerl war so erschrocken, daß er alle Gegenwehr vergaß. Jetzt aber stieß er Hilferufe aus und schlug mit den Armen um sich.
»Osko, Omar, haltet ihn! Greift aber tüchtig zu! Wenn es ihm auch wehe tut!«
Die beiden Genannten packten ihn, so daß ich nun beide Hände frei bekam. Da Halef das eine Oelgefäß herbeigeholt hatte, wurde unsere interessante Gruppe hell erleuchtet, so daß die Anwesenden alles deutlich sehen konnten. Sie verhielten sich ruhig.
»Dieser Mensch, den ihr für einen Heiligen haltet,« fuhr ich fort, »ist ein Verbündeter des Schut oder wohl gar der Schut selbst. Seine Wohnung ist der Aufenthalt von Dieben und Räubern, wie ich euch nachher beweisen werde. Er schleicht in allerlei Verkleidungen im Lande umher, um Gelegenheit zu Verbrechen auszukundschaften. Er und der Bettler Busra sind eine und dieselbe Person. Hier hat er sich die Krücken unter den Achseln angebunden. Wenn sie beim Gehen aneinander stießen, habt ihr geglaubt, daß seine Gebeine klappern. Hier ist die Perücke, welche er als Krüppel trug.«
Ich leerte nach und nach seine Taschen, betrachtete die einzelnen Gegenstände und erklärte deren Gebrauch, indem ich fortfuhr:
»Hier ist eine Büchse mit Farbenmehl, welches dazu diente, seinem Gesichte schnell eine andere Farbe zu geben. Da ist der Lappen, mit welchem er sich die Farbe rasch wieder abwischen konnte. Jetzt seht ihr eine Flasche, noch halb voll von Wasser, jedenfalls um sich auch an Orten, wo kein Wasser vorhanden war, nach Bedürfnis reinigen zu können. Und nun seht ihr – ja, was ist denn das? Das sind zwei kleine Halbkugeln aus Gummi. Er hat sie sich in die Backen gesteckt, wenn er den Bettler machen wollte. Das Gesicht war dann dicker als vorher. Seht ihr die verschiedene Färbung des Kaftan? Als Bettler zog er ihn aus, drehte die dunkle Seite nach außen und schlang ihn um den Leib. Dann sah das Gewand aus wie ein altes Tuch. Habt ihr jemals den Mübarek und den Bettler beisammen gesehen? Gewiß nicht. Das war ja ganz unmöglich, da beide nur eine Person waren. Und hat sich nicht der Mübarek grad zu der Zeit zum erstenmale sehen lassen, in welcher auch der Bettler in diese Gegend kam?«
Diese letzteren Argumente schienen überzeugend zu sein, denn ich hörte von allen Seiten Ausrufe verwunderter Zustimmung erschallen.
Jetzt zog ich ein kleines Päckchen aus der Tasche. In einen alten Lumpen gewickelt erschien ein Armband von alten venetianischen Goldzechinen. Bei einigen der Münzen war die Prägung gut erhalten. Ich sah beim Schein der Flamme auf dem Avers das Bild des heiligen Markus, welcher dem Dogen die Kreuzesfahne reicht, und auf dem Revers das Bild eines andern, mir unbekannten Heiligen, von Sternen und der Inschrift umgeben: Sit tibi, Christe, datus, quem tu regis, iste ducatus.
»Hier ist ein Bilezik von zwölf goldenen Münzen in einen Lappen gewickelt,« fuhr ich fort. »Wer weiß, wo er es gestohlen hat! Wenn ihr nachforscht, wird sich die Besitzerin vielleicht finden lassen.«
»On iki zikkeler – zwölf Münzen?« rief eine Frauenstimme hinter mir. »Zeig her! Mir ist ein solches Armband in voriger Woche aus dem Kasten gestohlen worden.«
Nohuda, die »Erbse«, war die Sprecherin. Sie trat herbei, nahm mir das Armband aus der Hand und betrachtete es.
»Allah!« rief sie. »Es ist das meinige. Es ist ein altes Erbstück meiner mütterlichen Vorfahren. Schau her und überzeuge dich, daß es mir wirklich gehört!«
Sie gab es ihrem Mann.
»Bei Allah, es ist das deinige!« stimmte dieser bei.
»So besinne dich, Nohuda, ob der Mübarek zur betreffenden Zeit bei dir gewesen ist,« sagte ich.
»Der Mübarek nicht, aber der Krüppel. Er wurde hereingerufen, um ein Essen zu empfangen. Ich hatte meinen Schmuck auf dem Tische liegen und legte ihn in den Kasten zurück. Das hat er gesehen. Als ich nach einigen Tagen zufällig nachschaute, war das Armband weg.«
»So kennst du nun den Dieb.«
»Er ist‘s. Er hat es; es ist erwiesen. O du Spitzbube! Ich kratze dir die Augen aus! Ich werde – —«
»Still jetzt!« unterbrach ich sie in der Befürchtung, daß der Fluß ihrer Rede, einmal in Ueberschwemmung getreten, nicht so leicht und bald versiegen werde. »Behalte das Band und laß den Dieb bestrafen. Ihr seht jetzt, welch einen Menschen ihr verehrt habt. Und dieser Räuber ist sogar zum Basch Kiatib ernannt worden und hat über Andere mit zu Gericht gesessen. Mich hat er in die Hölle verflucht, und bald hätte ich mir seinetwegen den Zorn dieser braven Versammlung zugezogen. Ich verlange, daß er an einem sicheren Ort eingesperrt werde, von welchem kein Entkommen möglich ist, und daß dem Makredsch von Saloniki Anzeige erstattet werde.«
Man stimmte mir nicht nur bei, sondern es ließen sich zahlreiche Rufe hören:
»Prügelt ihn vorher! Gebt ihm die Bastonnade! Zerschlagt ihm die Fußsohlen!«
»Sapytyn-iz ona bojunu – dreht ihm den Hals um!« eiferte die »Erbse« voller Grimm über den an ihr verübten Diebstahl.
Der Mübarek hatte bis jetzt nichts gesagt. Nun aber schrie er:
»Glaubt ihm nicht! Er ist ein Giaur. Er ist der Dieb. Er hat mir das Armband soeben in die Tasche gesteckt. Er – — waï‘ waï‘!«
Er unterbrach sich mit diesem Ausruf des Schmerzes, weil ihm Halefs Peitsche auf den Rücken knallte.
»Warte, Schurke!« rief der Hadschi. »Ich will es dir auf den Rücken schreiben, daß wir erst heute in diese Gegend gekommen sind. Wie kann dieser Emir das Band gestohlen haben? Uebrigens ist so ein berühmter Effendi kein Dieb. Hier hast du die Beglaubigung dafür.«
Er maß ihm noch einige so kräftige Hiebe über, daß der Getroffene laut aufbrüllte.
»Aferim, aferim – bravo, bravo!« riefen dieselben Leute, welche mir noch vor wenigen Augenblicken gefährlich werden wollten.
Der Kodscha Bascha wußte nicht, was er tun und was er sagen sollte. Er ließ mich machen. Doch hatte er schleunigst die Gelegenheit ergriffen, sich wieder auf dem Amtsstuhl niederzusetzen. So war doch wenigstens seine Ehre gewahrt.
Seine Beisitzer verhielten sich schweigsam. Sie mochten eine Art Beklemmung fühlen. Die Kawassen erkannten, daß meine Aktien zu steigen begannen, und in der Voraussetzung, daß ich mich infolgedessen in guter Laune befinden und ihnen nicht mehr gefährlich sein würde, kamen sie – einer nach dem andern – wieder herbei.
»Bindet den Kerl!« befahl ich ihnen. »Fesselt ihm die Hände!«
Sie gehorchten augenblicklich, und keiner der anwesenden Justizbeamten erhob Einspruch gegen meine Eigenmächtigkeit.
Der Mübarek sah wohl ein, daß es für ihn geraten sei, sich zu fügen. Er ließ sich binden, ohne Widerstand zu leisten, und setzte sich dann auf seinen Platz, wo er in sich zusammensank. Die Beisitzer standen schnell von ihren Sitzen auf. Sie wollten nicht dieselbe Bank mit einem