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gehorchten sofort.

      »Du kannst mich hier erwarten,« sagte ich zu dem Schäfer und eilte der Mauer entlang nach der Ecke, um welche wir vorhin gekommen waren, und huschte dann zwischen den jungen Fichten und dem Hause bis an die vordere Seite desselben.

      Was ich vermutet hatte, geschah. Ich sah trotz der Dunkelheit mehrere Gestalten auf mich zukommen und trat schnell zurück, um mich unter die niedersten Aeste der Fichten zu verkriechen. Kaum lag ich da, so kamen sie: Manach, Barud, die Aladschy, Suef und der Wirt.

      »Vorwärts!« kommandierte Barud leise. »Sie stehen noch am Laden. Das Licht muß aus der Stube auf sie fallen und sie beleuchten. Wir sehen sie also und schießen sie nieder.«

      Er war der Vorderste von ihnen. Als er die Ecke erreichte und an der hintern Seite des Hauses hinabblicken konnte, blieb er stehen.

      »Verdammt!« sagte er. »Man sieht nichts. Das Licht ist fort. Was ist zu tun?«

      Es trat eine Pause ein.

      »Wer kann das Licht ausgelöscht haben?« fragte endlich Suef.

      »Vielleicht hat es einer von uns während der Flucht vom Tische gerissen,« antwortete Manach.

      »Verdammt!« knirschte auch einer der Aladschy. »Dieser Deutsche steht wirklich mit dem Teufel im Bund. Kaum meinen wir, ihn oder einen seiner Leute fest zu haben, so zerrinnt er wie Nebel. Nun stehen wir da und wissen nicht, was wir tun sollen.«

      In diesem Augenblick ließ sich von daher, wo der Schäfer stand, ein leises Husten hören. Er hatte den Hustenreiz nicht unterdrücken können.

      »Hört ihr es? Er steht wirklich noch dort,« meinte Manach.

      »So geben wir ihm eine Kugel,« sagte Sandar, der Aladschy.

      »Nieder mit der Flinte!« gebot Manach. »Du kannst ihn nicht sehen, und wenn du schießest, so triffst du ihn nicht, aber du verrätst ihm unsere Anwesenheit. Es muß etwas Anderes geschehen. Konakdschi, kehre in das Haus zurück, und berichte uns, wie es drinnen steht.«

      »Alle Teufel!« antwortete der Wirt bedenklich. »Soll ich mich für euch niederschießen lassen?«

      »Sie werden dir nichts tun. Du sagst, daß wir dich gezwungen haben. Du schiebst alles auf uns. Sie konnten ja auf uns in der Stube schießen, haben es aber nicht getan. Daraus magst du ersehen, daß sie uns nicht nach dem Leben trachten. Also geh', und laß uns nicht lange auf dich warten.«

      Der Wirt entfernte sich. Die Andern flüsterten leise zusammen. Es dauerte nicht lange, so kehrte er zurück.

      »In das Haus könnt ihr nicht,« meldete er; »denn sie haben die Stube besetzt.«

      Sie berieten sich eine Weile, ob sie fliehen oder bleiben sollten. Noch bevor sie einen Entschluß gefaßt hatten, geschah etwas, was selbst mir überraschend vorkam. Man hörte nämlich taktmäßige Schritte sich von hinten dem Hause nahen, und eine gedämpfte Stimme kommandierte:

      »Dur! Askerler, tüfenkler dolduryniz . — halt! Soldaten, ladet die Gewehre!«

      Das war die Stimme des Hadschi, wie ich zu meinem Erstaunen hörte.

      »Scheïtan!« flüsterte der Wirt. »Habt ihr es gehört? Es sind Soldaten da. Und war es nicht der kleine Halef, welcher kommandierte?«

      »Ja, er war es ganz gewiß,« antwortete Barud el Amasat. »Er ist losgebunden worden und durch das Fenster gesprungen, um die Soldaten herbei zu holen, welche sein Herr mitgebracht hat. Das können nur Truppen aus Uskub sein. Woher mag er diese Leute so schnell bekommen haben!«

      »Der Scheïtan sendet ihnen von allen Seiten Hilfe!« zischte Manach el Barscha. »Unseres Bleibens ist hier nicht. Horcht!«

      Wieder tönte die Stimme des Hadschi:

      »Duryn bunda! Araschtyrarim — Wartet hier! Ich werde rekognoszieren.«

      »Wir müssen fort,« flüsterte Manach. »Wenn der Hadschi aus der Stube fort ist, so sind auch die Andern nicht mehr drin. Gehe schnell hinein, Konakdschi! Sind sie nicht mehr dort, so bringst du den Mübarek heraus. Sein Fieber mag noch so heftig sein — er muß auch verschwinden. Wir holen unterdessen unsere Pferde. Du triffst uns rechts von der Furt unter den vier Kastanien. Aber schnell, schnell! Es ist kein Augenblick zu verlieren.«

      Die Andern schienen hiemit einverstanden zu sein und huschten fort. Jetzt galt es für mich, noch vor ihnen die Kastanien zu erreichen. Ich war mit der Oertlichkeit nicht vertraut, wußte aber nun, daß diese Bäume zur rechten Seite der Furt ständen, und da ich an dieser vorübergekommen war, so hoffte ich, das Stelldichein leicht zu finden.

      Das Gewehr, welches ich bei mir hatte, ließ ich einstweilen hier unter den Fichten liegen, da es mir leicht hinderlich werden konnte.

      Ich hörte eine Türe knarren, jedenfalls die Stalltüre, und eilte nun, so schnell ich konnte, nach der Furt. Bei derselben angekommen, wendete ich mich nach rechts und war kaum gegen vierzig Schritte gegangen, als ich mich bei den vier Bäumen befand. Sie waren dicht belaubt. Zwei von ihnen trugen ihre Krone hoch; bei den andern reichten die untersten Aeste so weit herab, daß ich sie beinahe mit den Händen erreichen konnte. Ich umfaßte den einen Stamm; einige Griffe, einen Schwung, und ich saß oben auf einem Ast, welcher stark genug war, mehrere Männer von meinem Gewicht zu tragen. Kaum hatte ich mich gesetzt, so hörte ich nahende Pferdeschritte. Die Flüchtigen hatten ihre Tiere am Zügel und nahmen unter mir Posto. Und da führte auch schon der Wirt den Mübarek herbei. Vom Hause her hörte man Halefs Stimme:

      »Kapudan itschine giririz. Mahazzalar partschalarsiz, atmalerimiz ejer itschitirsiz — wir gehen hinein. Schlagt die Läden ein, wenn ihr unsere Schüsse hört!«

      »Allah sucht mich schwer heim,« klagte leise der Mübarek. »Mein Leib ist wie Feuer, und meine Seele lodert wie eine Flamme. Ich weiß nicht, ob ich reiten kann.«

      »Du mußt!« antwortete Manach. »Auch wir hätten gern geruht, aber diese Teufel hetzen uns von Ort zu Ort. Wir müssen fort, und doch ist es für uns notwendig, zu wissen, was hier heute noch geschieht. Konakdschi, du wirst uns einen Boten nachsenden.«

      »Wo wird er euch treffen?«

      »Irgendwo auf dem Weg zur Höhle des Köhlers. Du aber mußt diese Fremden auf unsere Spur lenken. Du mußt ihnen sagen, daß wir zu Scharka reiten wollen. Sie werden uns ganz gewiß folgen und dann sind sie verloren. Wir werden ihnen am Scheïtan kajaji auflauern. Dort können sie weder rechts noch links ausweichen und müssen uns in die Hände laufen.«

      »Und wenn sie uns trotz alledem entgehen?« fragte Bybar, der andere Aladschy.

      »So fallen sie beim Köhler desto sicherer in unsere Hände. Der Konakdschi mag ihnen von den Schätzen der Höhle erzählen, wie er es all den Andern erzählt hat, welche in die Falle gegangen sind. Es müßte die ganze Hölle mit ihnen im Bunde stehen, wenn sie die Ip merdiwani (* Strickleiter.) fänden, welche empor in die hohle Eiche führt. Das Pferd des Deutschen wird freilich Karanirwan für sich haben wollen. Das Andere aber teilen wir unter uns, und ich denke, daß wir zufrieden sein werden. Ein Mensch, welcher solche Reisen macht und ein solches Pferd besitzt, wie dieser Deutsche, muß sehr viel Geld bei sich haben.«

      Da befand er sich freilich in einem außerordentlichen Irrtum. Mein ganzer Reichtum bestand augenblicklich in dem, was ich von ihm hörte. Ich wußte nun, daß Karanirwan der Schut sei. Ich wußte auch, daß die Opfer des Köhlers durch gewisse Schilderungen des Konakdschi in die Höhle gelockt worden waren. Und ich wußte, daß diese Höhle einen zweiten Ein — oder auch Ausgang hatte, welcher in eine hohle Eiche emporführte. Diese Eiche hatte jedenfalls einen bedeutenden Umfang und eine entsprechende Höhe und mußte also so in die Augen fallen, daß sie nicht schwer zu finden war.

      Weiter bekam ich nichts mehr zu hören. Der Wirt war voll von Angst und mahnte zum Aufbruch. Die Männer bestiegen ihre Pferde; dem stöhnenden Mübarek wurde in den Sattel geholfen, und bald hörte ich das Plätschern, als sie durch die Furt ritten. Nun stieg ich vom Baum und ging nach dem Hause zurück. Ich wußte nicht, was besser sei, einzutreten oder erst durch den eingeschlagenen Laden zu

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