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Sie sind so gewaltsam niedergebrochen, als wären sie mit einer Walze zusammengedrückt worden.«

      »Das ist wahr. Ich begreife nicht, wie das ein Mensch mit seinen Füßen tun kann.«

      »Hm! Befänden wir uns nicht in der Türkei, sondern in einer amerikanischen Wildnis, so wüßte ich, woran ich wäre. Das Kleid dieses Freundes der Himbeeren war freilich von Leder. Es scheint der schönste und dichteste Pelz gewesen zu sein, den es nur geben kann, und er war fest auf den Leib gewachsen.«

      »So meinst du wirklich ein Tier?«

      »Freilich; aber ein Tier, welches es in deiner Heimat nicht gibt, und darum kennst du es auch nicht.«

      »Effendi, ich weiß, was du meinst,« sagte der Konakdschi, indem er sein Pferd um mehrere Schritte von unserm Standort wegzog, um aus der Nähe des Gestrüpps zu kommen. »Es ist ein Ajy (* Bär.), von dem du redest.«

      »Du hast es erraten. Fürchtest du dich?«

      »O nein! Diese Tiere sind hier höchst selten. Aber wenn sich einmal ein Bär in unsere Berge verirrt, so ist's ein wütender, mit dem man nicht spaßen darf.«

      »Das läßt sich denken. Ein junges Tier, welches nur von Früchten lebt, wird sich nicht hierher verlaufen. Ich bin beinahe überzeugt, daß der Beerensucher wirklich ein Bär gewesen ist, und werde mir die Gänge, welche er durch das Gestrüpp gebrochen hat, einmal ansehen.«

      »Um Allahs willen, laß das sein!«

      »Pah! Es ist ja noch heller Tag.«

      »Aber wenn du auf ihn triffst?«

      »So trifft er auch auf mich. Beides ist sehr gefährlich.«

      »Er reißt dir den Leib auf und beißt dich in den Kopf. Ich habe gehört, daß der Bär ein großer Freund des Gehirnes ist. Darum soll er seinem Opfer gleich mit dem ersten Biß die Hirnschale zermalmen.«

      »Wir wollen sehen, ob dieser Bär hier dieselben Gewohnheiten hat,« sagte ich und stieg vom Pferd.

      »Bleibe da, bleibe da!« schrie der tapfere Führer. »Es handelt sich ja nicht allein um dich, sondern auch um uns. Wenn er wirklich noch da im Dickicht steckt und du stöberst ihn aus der Ruhe, so wird er zornig sein und auch über uns herfallen!«

      »Jammere doch nicht!« herrschte Halef ihn an. »Der Effendi hat den schwarzen Panther, das schlimmste der Raubtiere, und den Löwen getötet, den König der Gewaltigen. Was ist ein Bär gegen ihn! Er würde das Tierchen mit der Hand erwürgen.«

      »Oho!« lachte ich. »Du hast eine etwas irrige Vorstellung von diesem lieben Tierchen. Wenn es sich vor dir aufrichtet, so überragt es dich um seines Kopfes Länge. Ist er ausgewachsen, so vermag er dir mit einem leichten Schlag seiner Tatze den Schädel zu zertrümmern. Er schleppt, wenn es ihm beliebt, eine Kuh fort. Es ist also gar nicht so ungefährlich, ihm zu begegnen.«

      »Und wenn er noch zehnmal größer wäre, Hadschi Halef Omar fürchtet sich nicht vor ihm. Bleibe hier, Sihdi, und erlaube mir, ihn allein aufzusuchen. Ich möchte ihm ein Sallam aleikum zwischen die Rippen oder in den Kopf geben.«

      »Ich bin gar nicht überzeugt, daß deine Kugel durch seine Schädelknochen dringen würde. Dazu bedarf man, wenn man kein Spitzgeschoß hat, eines Gewehres von der Sorte meiner alten Büchse hier, die ja ein Bärentöter ist. Vielleicht würde deine Kugel ihn gar nicht sehr belästigen; er schlägt dir deine Flinte in Stücke und umarmt dich dann, bis dir der Atem ausgeht.«

      »Meinst du, daß ich ihm nicht auch den Brustkasten zusammendrücken kann, bis es ihm vor den Augen funkelt und bis ihm die Seele aus dem Leibe fährt!«

      »Nein, das kannst du nicht, Halef. Also bleibe nur getrost hier!«

      »Wenn er wirklich ein solch gefährlicher Bursche ist, so darfst auch du nicht ohne mich hinein. Ich bin dein Freund und Beschützer und will dabei sein, wenn du dich in Gefahr befindest.«

      »Du würdest mir wohl nur im Wege sein, aber du magst mich begleiten, weil du noch nicht die Fährte eines Bären gesehen hast. Das Tier befindet sich nicht hier.«

      »Weißt du das so genau?«

      »Ja. Ich weiß, wie die Lagerstelle eines Bären beschaffen sein muß. Dieses Gestrüpp eignet sich ganz und gar nicht dazu. Wenn es wirklich ein Bär ist, der hier war, so kam er nur her, um von den süßen Beeren zu naschen. Als Raubtier hat er es vorgezogen, dabei im Gestrüpp versteckt zu sein. Der Instinkt gebietet ihm, am Tage offene Stellen zu meiden. Daraus erklärt es sich, daß die Früchte da, wo sie viel leichter zu haben sind, nicht abgepflückt wurden. Also komm! Halte aber immerhin deine Flinte schußfertig. Selbst ein Bär kann einmal von seinen Gepflogenheiten abweichen.«

      Ich nahm die Büchse und drang, von Halef gefolgt, in das Dickicht ein. Die durch dasselbe gebrochenen Gänge glichen, natürlich in höchst verkleinertem Maßstab, den »Straßen«, welche die Büffel durch das reiterhohe Gras der Prärie treten. Das niedergebrochene Geäst und Gezweig lag wie fest gestampft. Petz mußte ein gewaltiger Kerl sein.

      Wir waren kaum zehn Schritte gegangen, so fand ich den Beweis, daß wir es in Wirklichkeit mit einem braunen Bären zu tun hatten. Eine Locke seines Pelzes war an Dörnern hängen geblieben.

      »Schau!« machte ich Halef aufmerksam. »Was ist das hier?«

      »Das sind Pelzhaare.«

      »Aber von was für einem Pelze?«

      »Vom langwolligen Schaf.«

      »Ja, und dieses Schaf wird im gewöhnlichen Leben Bär genannt.«

      »Kaddaisch' haßi kbir — wie froh bin ich, Herr, mache schnell vorwärts, damit wir ihn erwischen.«

      Das Jagdfieber packte ihn.

      »Nur Geduld! Wir wollen uns erst einmal diese Locke genau betrachten.«

      »Wozu?«

      »Um vielleicht zu erfahren, wie alt er ist.«

      »Läßt sich das aus diesen wenigen Haaren vermuten?«

      »Ja, so ziemlich. Je jünger der Bär, desto wolliger ist sein Fell. Sehr alte Bären haben keine Unterwolle mehr und der Pelz wird so schäbig und dünn, daß er sogar nackte Stellen zeigt. Schau einmal her! Ist diese Locke wollig?«

      »Nein; das Haar ist fast schlicht.«

      »Es ist auch nicht gleich stark und nicht gleich gefärbt. Da, wo es im Fell steckte, ist es dünner als oben und fast ohne Farbstoff. Das ist ein Zeichen, daß die Haut das Haar nicht mehr zu nähren vermag. Dieser Bär ist ein sehr alter Bursche. Ich mag dir nicht wünschen, von ihm umarmt zu werden. Bei diesem Alter und in der jetzigen Jahreszeit kann er gern und gut an vier Zentner wiegen.«

      »Allah! Und wie schwer bin ich?«

      »Wenig über einen Zentner.«

      »O Unglück, o Unterschied! Da passe ich freilich nicht in seine Arme und an sein Herz. Da ist es auf alle Fälle besser, ihm eine Kugel zu geben. Also vorwärts! Suchen wir ihn!«

      »Er ist nicht mehr da. Wenn du das niedergetretene Gestrüpp genau betrachtest, so findest du die Bruchstellen schmutzartig gefärbt. Ich vermute, daß das Tier nicht heute, sondern schon gestern hier gewesen ist. Wir brauchen das Dickicht nicht zu untersuchen. Wenn wir es einfach umkreisen, so ist das bequemer, und wir sehen wohl die Stelle, an welcher er hineingegangen oder herausgekommen ist.«

      Wir verließen also das Dorngewirr und umschritten es. Der Punkt, an welchem der Bär hineingedrungen war, ließ sich schnell finden. Er lag gegen den Wald zu und war daran zu erkennen, daß die niedergerissenen Zweige und Ranken nach einwärts gerichtet lagen. Da, wo sie nach auswärts lagen, mußte er herausgekommen sein. Diese Stelle lag gegen das Wasser hin. Ich suchte nach der Fährte, fand aber nur einzelne, kaum mehr zu lesende Tritte, welche nach dem Bach führten. Wir gingen ihnen nach und kamen zu der Stelle, wo Petz getrunken hatte. Das Wasser schien trübe geworden zu sein, und er war darum mit den Vorderpranken hineingestiegen. Jetzt floß es kristallrein über die Stelle, und nun erkannten

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