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Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil
Читать онлайн.Название Tausend Und Eine Nacht
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Gustav Weil
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Er stieg mit Enis Aldjelis ein, hierauf wurde das Schiff flott gemacht, die Segel wurden gespannt, und das Schiff bewegte sich wie ein Vogel mit seinen Flügeln, wie ein Dichter sich ausdrückt.
»Sieh dieses Schiff und erstaune über den wunderbaren Anblick: es kommt in seinem Laufe dem Winde zuvor.«
»Es gleichet einem Vogel, der seine Flügel ausbreitet und plötzlich aus der Luft über das Wasser dahinstreicht.«
Ein frischer Wind begünstigte die Fahrt. In Baßrah ging aber folgendes vor: die bewaffnete Wache kam in Nureddins Haus und pochte an die Türe. Da niemand öffnete, schlug man die Türe ein und alsbald drangen die Soldaten hinein: sie durchzogen alle Gemächer, fanden aber weder Nureddin noch seine Sklavin. Da zertrümmerten sie das Haus und kehrten zum Sultan zurück und setzten ihn von allem in Kenntnis. »Man suche sie überall, wo sie sich versteckt haben könnten«, sagte der König. Die Bewaffneten gingen auf neue Nachforschungen aus und der König entließ den Vezier Muin, nachdem er ihn beruhigt und mit einem Ehrenkaftan beschenkt hatte. »Geh«, sagte er zu ihm, »sei unbesorgt wegen Nureddins Bestrafung.« Muin wünschte ihm ein langes Leben und entfernte sich.
Der König ließ durch die öffentlichen Ausrufer in der ganzen Stadt bekannt machen: derjenige sollte ein Ehrenkleid und tausend Dinare erhalten, der ihm Nureddin brächte, derjenige aber sein Leben und sein Vermögen verlieren, der ihn etwa verborgen hielte. Allein, welche Sorgfalt er auch anwenden ließ, es war nicht möglich, irgend eine Kunde von ihm zu erhalten.
Nureddin und die schöne Perserin vollendeten unterdessen mit Gottes Hilfe ihre Fahrt. Sie erreichten glücklich Bagdad; der Schiffshauptmann rief den Reisenden zu: »Hier ist Bagdad, die Stadt des Friedens und der Sicherheit. Der Winter mit seiner Kälte hat ihr den Rücken gewendet und der Frühling ist mit seinen Boten eingekehrt. Die Bäume stehen in Blüte und die Bäche rieseln.« Nureddin zahlte dem Hauptmann fünf Dinare für seine Überfahrt und verließ das Schiff mit Enis Aldjelis. Sie schlenderten eine Weile aufs Geratewohl miteinander umher und das Schicksal führte sie zwischen die Gärten. Bald kamen sie an einen Platz, der gut begossen und reinlich ausgekehrt war, mit langen Ruhebänken und hängenden Töpfen mit Wasser gefällt, darüber wölbte sich ein Gitterwerk aus Rohr, das sich längs einem Gang hinzog und nach der Türe des Gartens hinführte, die aber verschlossen war. »Bei Gott«, sagte Nureddin zu Enis Aldjelis, »das ist ein schöner und lieblicher Ort!« Die Perserin entgegnete: »Hier sind ja Ruhebänke, komm, laß uns ein wenig ausruhen.« Sie stiegen auf die Bänke, wuschen sich Hände und Gesicht, der Wind wehte ihnen sanfte Kühlung zu und so entschlummerten sie. Gepriesen sei der, dessen Auge nie schläft.
Der Garten gehörte dem Kalifen Harun Arraschid und hieß der Garten der Belustigung. Mitten in demselben stand ein Schloß, welches der Palast der Zerstreuung und der Bilder genannt wurde. Dieses Schloß hatte achtzig Fenster, mit einer Lampe an jedem und in der Mitte stand ein großer goldener Kronleuchter. Harun Arraschid besuchte dieses Schloß, wenn ihn irgend ein Gram drückte. Da ließ er seinen Gesellschafter Abu Ishak und mehrere Sklavinnen singen, bis sein Herz fröhlich ward und Sorge und Kummer aus demselben wich.
Es wohnte in diesem Garten niemand als ein alter Aufseher, Namens Scheich Ibrahim. Wenn dieser ausgegangen war, um in der Stadt etwas zu besorgen, so fand er häufig bei seiner Zurückkunft Leute, welche in der Nähe des Gartens sich mit verdächtigen Frauen belustigten und die Ruhe des Ortes störten. Dies verdroß den alten Mann und er machte endlich dem Kalifen die Anzeige davon. Harun Arraschid gab ihm die Erlaubnis, mit jedem, den er vor der Türe des Gartens träfe, zu verfahren, wie es ihm gutdünke.
An diesem Tage nun hatte ein Geschäft den Aufseher auch wieder genötigt, auszugehen, und als er zurückkehrte, sah er die beiden Personen, die unter einem Tuche schliefen. »Gut«, sagte Scheich Ibrahim bei sich selber, »da sind Leute, die nicht wissen, daß mir Vollmacht gegeben, jeden zu töten, den ich hier treffe, ich will ihr Leben schonen, aber durchprügeln will ich sie dergestalt, daß es so bald niemand mehr einfallen wird, sich der Gartentüre zu nähern.«
Hierauf ging er in den Garten. Einen Augenblick danach kam er wieder mit einem grünen Palmenstock in der Hand, den er im Gebüsch geschnitten hatte. Er erhob seine Hand mit dem Stock und holte so gewaltig aus, um auf sie loszuschlagen, daß man das Weiße seiner Achselgrube sehen konnte, plötzlich aber hielt er inne und überlegte bei sich: was willst du tun, Ibrahim? Wie magst du diese Leute schlagen, ohne zu wissen, ob es nicht Fremdlinge sind, oder Reisende, welche das Schicksal hierher geworfen hat; es wird doch besser sein, ihr Gesicht aufzudecken, um zu sehen, wer sie sind. Als er das Tuch, mit dem sie verhüllt waren, aufhob und einen so wohlgebildeten Jüngling und ein so schönes Mädchen erblickte, rief er: »Bei Gott, das sind zwei hübsche Personen!« und deckte ihr Gesicht wieder zu. Dann rieb er den jungen Mann an den Füßen, um ihn aufzuwecken. Nureddin öffnete die Augen und als er einen ehrwürdigen Greis an seinen Füßen erblickte, richtete er sich, die Füße aneinander schließend, verschämt empor, faßte die Hand des Greises und küßte sie. »Mein Sohn«, sagte Scheich Ibrahim, »wer seid ihr? wo kommt ihr her?« — »Wir sind Fremde«, antwortete Nureddin, und Tränen schossen ihm in die Augen. »Wisse«, versetzte Scheich Ibrahim, »daß der Prophet (Gottes Friede sei mit ihm!) geboten hat, Fremden Achtung und Ehre zu erweisen. Wollt ihr nicht ein wenig im Garten lustwandeln und euch an dem Anblick desselben ergötzen?« »Und wem gehört dieser Garten?« fragte Nureddin. »Mir gehört er«, antwortete Ibrahim, um sie nicht zu beunruhigen und dadurch vom Eintritt abzuhalten, daß er die Wahrheit sagte; »es ist ein Erbteil meiner Väter.«
Nureddin dankte ihm und machte sich mit der Sklavin auf, um dem Scheich Ibrahim in den Garten zu folgen, und was war das für ein Garten! Den Eingang bildete ein Gewölbe, über und über mit Reben bedeckt, welche rote und schwarze Trauben trugen, die Roten glichen Rubinen und die Schwarzen dem Ebenholz; hierauf traten sie in eine Laube, in welcher Früchte in Gruppen und einzeln sich befanden. Die Vögel sangen ihre verschiedenen Lieder auf den Zweigen, die Nachtigallen stimmten süße Melodien an und die Turteltauben füllten den Garten mit ihrem Gegirre, der Gesang der Amsel glich einer Menschenstimme und der der Ringeltaube einem im Genusse des Weines Jauchzenden. Die Bäume waren mit reifen Früchten beladen und fanden sich paarweise von jeder Sorte. Von Aprikosen waren drei Arten da: Kampfer-, Mandel— und Chorasan-Aprikosen. Die Pflaumen glichen den Schönen, die Kirschen erheiterten jeden Menschen, weiße Feigen wechselten mit roten ab. Die Blumen dieses Gartens waren wie Perlen und Korallen, die Röte der Rosen beschämte die Wangen der Schönen, die Veilchen glichen dem an das Feuer gebrachten Schwefel, die Myrte und die Nelke und der Lavendel standen zwischen Anemonen, die Blätter waren von den Tränen der Wolken geschmückt, die Kamille öffnete lächelnd den Mund, die Narzisse blickte mit ihren schwarzen Augen nach der Rose hin, die Orangen glichen runden Bechern und die Zitronen silbernen Kugeln, der Boden war mit allerlei Blumen bedeckt, Frühlingspracht schmückte den ganzen Garten, der Bach murmelte, die Vögel zwitscherten und der Zephir seufzte bei milder Temperatur. Scheich Ibrahim führte sie in einen auf Säulen ruhenden Saal und als Nureddin ihn mit seinen vielen Lichtern an den Fenstern bewunderte, fielen ihm seine frühern Gesellschaften ein und er rief: bei Gott, das ist ein schöner Ort! Er ließ sich dann mit der Sklavin nieder und Ibrahim brachte ihnen etwas zu essen. Als sie gegessen und ihre Hände gewaschen hatten, trat Nureddin an ein Fenster, rief auch die Sklavin herbei und ergötzte sich an den mit Früchten beladenen Bäumen, dann fragte er Ibrahim, ob er nicht etwas zu trinken habe, da man doch nach dem Essen auch zu trinken pflege. Ibrahim brachte frisches süßes Wasser. Da sagte Nureddin: »Ein solches Getränke meinte ich nicht.« »Verlangst du etwa Wein?« fragte Ibrahim. »Allerdings«, versetzte Nureddin. Da rief Ibrahim: »Gott stehe mir bei! Ich habe seit dreizehn Jahren nichts damit zu tun, denn der Prophet, dem Allah gnädig sei, hat den verflucht, der Wein trinkt, keltert oder herbeiträgt.«
»Willst