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Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil
Читать онлайн.Название Tausend Und Eine Nacht
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Gustav Weil
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Als die Dame hörte, daß Djafar so im Namen des Kalifen mit ihr sprach, sagte sie:
Geschichte des ersten Mädchens
Mir ist eine wunderbare Geschichte widerfahren; wenn man sie mit der Nadel in die Tiefe des Auges schreiben wollte, so wäre es eine Warnung und Lehre für einen jeden; denn diese zwei schwarzen Hündinnen sind meine Schwestern. Wir waren drei Schwestern von einem Vater: aber diese beiden Mädchen, von denen die eine Spuren der Schläge an sich trägt, und die andere die Wirtschafterin ist, sind von einer anderen Mutter. Als unser Vater starb, gingen diese beiden Schwestern zu ihrer Mutter, sobald des Vaters Erbe verteilt war; so vergingen viele Tage, bis unsere Mutter starb, die uns 3000 Dinare hinterließ, jede von uns erhielt 1000 Dinare als Anteil. Ich war die jüngste von ihnen. Meine beiden Schwestern statteten sich aus und heirateten. Der Gemahl der ältesten nahm sein und ihr Vermögen, packte Waren ein und reiste damit fort; er blieb fünf Jahre aus, verzehrte das ganze Vermögen, kam dann wieder zurück, aber behielt seine Frau nicht bei sich, sondern ließ sie im fremden Lande. Sie reiste in der Welt herum, und ich wußte nichts von ihr. Nach fünf Jahren kam sie zu mir als eine Bettlerin, mit zerlumpten Kleidern und in einem alten schmutzigen Aufzuge; sie war im erbärmlichsten Zustande. Als ich sie sah, erschrak ich und sagte zu ihr: »Was bedeutet dieser Zustand?« Sie antwortete mir: »Diese Worte helfen nichts, die Feder hat das göttliche Urteil aufgezeichnet.«D. h. es ging mir, wie es von Gott bestimmt war. Hierauf, o Fürst der Gläubigen, führte ich sie ins Bad und zog ihr die schönsten Kleider an, kochte ihr auch Suppe, gab ihr Wein zu trinken und bediente sie einen Monat lang; dann sagte ich zu ihr: »O meine Schwester! du bist unsere älteste und an unsrer Mutter Statt, hier ist mein Vermögen, das Gott gesegnet hat, indem ich Seide spann und reinigte; mein Vermögen ist rein, nimm es hin, wir wollen gleich sein.« Ich erzeigte ihr die größten Wohltaten, sie blieb ein ganzes Jahr bei mir. Wir waren besorgt über das Los unserer anderen Schwester, als diese endlich in einem noch elenderen Aufzuge, als die ältere, ankam. Ich tat noch mehr für sie, als für jene. Einst sagten sie mir: »Wir wollen nicht ledig bleiben, sondern wieder heiraten.« Ich antwortete ihnen: »Ihr habt kein Glück in der Ehe; es gibt wenig gute Männer, bleibt lieber bei mir, wir werden einander gegenseitig trösten; ihr habt ja schon die Ehe gekostet und sie hat euch nichts Gutes gebracht.« Sie hörten aber nicht auf meine Rede und heirateten ohne meine Erlaubnis; ich mußte sie ein zweites Mal von dem meinigen ausstatten.
Es dauerte aber nicht lange, da nahmen ihre Männer alles, was sie hatten, reisten damit fort und verließen meine Schwestern. Diese kamen jetzt wieder zu mir und entschuldigten sich. Sie sagten: »O Schwester! du bist jünger als wir an Jahren, aber älter an Verstand. Nun sei dies das erste und letzte Mal, daß wir mit unserer Zunge eines Gatten erwähnen. Nimm uns als Sklavinnen zu dir, damit wir nur zu leben haben.« Ich sagte ihnen: »O meine Schwestern! es ist mir niemand so teuer als ihr.« Ich wendete mich ihnen wieder in Liebe zu und verehrte sie noch mehr als früher. Wir lebten so drei Jahre lang; ich sah jeden Tag mein Vermögen zunehmen und meine Verhältnisse sich bessern.
Da wollte ich einmal, o Fürst der Gläubigen! Waren nach Baßrah verschicken; ich verschaffte mir ein großes Schiff und lud die Waren und viele Gerätschaften, deren ich bedurfte, darauf. Der Wind war uns günstig, aber wir fuhren doch zwanzig Tage lang fort, Tag und Nacht, bis wir endlich bemerkten, daß wir verirrt waren. Am zwanzigsten Tage stieg der Späher aufs Schiff, um sich umzuschauen und rief: »Gute Nachricht!« und stieg freudig herunter. Dann sagte er: »Ich habe in der Ferne etwas wie eine Stadt gesehen.« Wir freuten uns alle und kaum verging eine Stunde, so hatte das Schiff auch schon diese Stadt erreicht; ich stieg aus, um mich darin umzusehen, da erblickte ich Menschen am Tore mit Stäben in der Hand; ich näherte mich ihnen und sah, daß sie versteinert waren. Als ich ins Innere der Stadt kam, fand ich ebenfalls in den Bazars alles versteinert. Keiner besuchte den andern, niemand blies Feuer an; ich sah in der Stadt nichts als versteinerte Menschen, wie Bildsäulen. Da erblickte ich eine Türe mit rotem Gold beschlagen, mit einem seidenen Vorhang und einer Lampe darüber; ich dachte, das ist bei Gott sonderbar, hier muß doch wohl ein Mensch sein! Ich trat zur Türe hinein und fand einen leeren Saal, in dem ich mich ganz allein befand; ich ging von diesem Saale noch in viele andere, bis ich endlich ins Frauengemach kam, das auf den höchsten Wohlstand deutet. Alle Wände waren mit goldbestickten Vorhängen verziert; hier sah ich die Königin schlafen, mit Perlen geschmückt, so groß wie Haselnüsse, auf ihrem Haupte eine Krone mit Edelsteinen besetzt.
Das Schloß, fuhr das Mädchen dem Kalifen zu erzählen fort, war mit seidenen, goldgeblümten Teppichen bedeckt. Mitten im Saale stand ein Himmelbett von Elfenbein, mit Gold belegt und zwei grünen Smaragden, es hing ein Vorhang, mit Perlen gestickt, darüber hinunter, hinter dem Vorhange sah ich ein Licht hervorleuchten; ich bestieg dieses Himmelbett, steckte meinen Kopf durch den Vorhang hinein, und da fand ich, o Fürst der Gläubigen! einen Edelstein, so groß wie ein Straußen-Ei, auf einem kleinen Postamente liegend, so stark glänzend, daß man fast geblendet wurde; es war ferner dort ein Bett gemacht und eine seidene Decke lag darüber. Neben dem Kopfkissen brannten zwei Wachskerzen. Niemand aber war zu sehen. Ich war sehr erstaunt und dachte: »Es kann doch nur ein Mensch diese Wachskerzen angezündet haben,« und ich wandte mich weg. Da kam ich in eine Küche, dann in königliche Vorratskammern, und so ging ich immerfort von einem Gemach ins andere, bis ich mich selbst vergaß über alles Wunderbare, das mir in dieser Stadt begegnet. Endlich ward es Nacht, ich ging eine Weile im Dunklen herum und wußte nicht, wohin mich wenden, als ich wieder den Thron und den Vorhang bemerkte, hinter welchem das Licht war; ich legte mich aufs Bett, deckte mich mit der Decke zu, konnte aber nicht einschlafen. Um Mitternacht hörte ich eine zarte Stimme etwas lesen. Ich freute mich, stand auf und folgte der Stimme, bis ich an ein Zimmer kam, dessen Türe geschlossen war: ich schaute durch die Spalten der Türe und sah eine Art Kapelle, mit einer Kanzel, mit hängenden Lampen und einem Lesepult mit Wachskerzen. Auch war ein kleiner Teppich auf dem Boden ausgebreitet, auf welchem ein hübscher Jüngling saß, er hatte einen Koran in Heften vor sich liegen und las. Ich konnte nicht begreifen, wie dieser Jüngling allein davon gekommen sein sollte, während alle übrigen Einwohner versteinert worden, und dachte mir irgend einen wunderbaren Grund. Ich öffnete hierauf die Türe, trat in die Kapelle, grüßte den Jüngling und sprach: »Gelobt sei Gott, der mich dir zugeführt, damit du uns und unser Schiff rettest, und wir nach Hause zurückkehren können. O Herr! ich beschwöre dich bei der Wahrheit dessen, was du eben gelesen, antworte mir!« Der Jüngling sah mich lächelnd an und sagte: »O Mädchen! erzähle mir erst, wie du hierher gekommen, nachher will ich dir auch meine Geschichte und die von der versteinerten Stadt erzählen, so wie die Ursache meiner Rettung.« Ich erzählte ihm, wie unser Schiff zwanzig Tage umher geirrt, fragte ihn dann, warum die Leute dieser Stadt versteinert worden; da sagte er: »Warte ein wenig, ich will dir‘s gleich erzählen;« er legte dann sein Buch weg.
Als er das Buch auf die Seite, wohin man sich zum Beten wendet, gelegt hatte, fuhr das Mädchen zu erzählen fort, hieß er mich neben sich sitzen, und ich sah ein Gesicht so schön wie der Vollmond, er besaß alle Reize, Gott hatte ihn mit dem Gewande der Vollkommenheit umhüllt und es mit seinen Wangen schön geschmückt, wie ein Dichter sagte:
»Ich schwöre bei der Trunkenheit seiner Augen, bei seinem Blicke, bei den Pfeilen, die seine Reize versenden, bei seiner weißen Stirne und seinen schwarzen Haaren, bei den Augenbrauen, die mir den Schlaf geraubt und mich unterjocht haben, bei der Gefahr, die seine Haarlocken verbreiten, die den Liebenden durch seine Trennung mit Tod bedrohen, bei den Rosen seiner Wangen und den Myrten seiner Schläfe, bei dem Karneol seines Mundes und den Perlen seiner Zähne, bei dem Wohlgeruch seines Atems und dem süßen Wasser seines Speichels, wo Honig mit klarem Weine gepaart,