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Der Sohn des Gaucho. Franz Treller
Читать онлайн.Название Der Sohn des Gaucho
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Franz Treller
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Nein«, sagte der Fremde; es war offensichtlich, daß er über diesen Gegenstand nicht zu sprechen wünschte.
»Ihr habt sicherlich viel von der Welt gesehen«, fuhr der Junge nach einer kleinen Weile fort, »gewiß auch viele Städte.«
»O ja, mein Junge«, antwortete der Fremde, »vieler Menschen Städte.«
»Auch Buenos Aires?«
»Gewiß, Aurelio.«
»Ich möchte so gern einmal die Städte des Ostens sehen«, sagte der Junge. »Schon oft habe ich Vater gebeten, mich mitzunehmen, aber er hat es mir jedesmal abgeschlagen.«
»Du wirst die Städte noch früh genug kennenlernen«, versetzte der Deutsche. »Dann wirst du dich zurück nach der Pampa sehnen. Dein Vater wird Gründe gehabt haben, dich bisher nicht mitzunehmen.«
»Habt Ihr in Buenos Aires auch Don Manuel gesehen?« fragte der Junge nach einer Pause.
Der Deutsche schüttelte den Kopf.
»Er soll ein gewaltiger Mann sein. Viele sagen, er bringe dem Lande Segen.«
»Ich weiß«, sagte der Fremde, »die Gauchos hängen an ihm.«
»Aber – —«; Aurelio zögerte und fuhr dann mit etwas gedämpfter Stimme fort, »mein sanfter Doktor gerät außer sich, wenn der Name de Rosas erwähnt wird.«
»Dein Doktor ist ein kluger Mann«, sagte der Deutsche trocken. »Was sagt denn dein Vater von Don Manuel?«
»Gar nichts«, antwortete der Junge, »er spricht nie über ihn, weder Gutes noch Böses.«
»Und der Rotkopf? Euer Majordomo?«
»Oh«, lachte Aurelio, »der denkt und sagt immer nur, was Vater denkt und sagt.«
»Ja, sie sind ein recht merkwürdiges Paar«, sagte der Deutsche.
»Sagt nichts gegen Pati«, sprudelte Aurelio heraus, »er hat in vielen Schlachten Seite an Seite mit Vater gekämpft, jeder von ihnen hat dem anderen das Leben gerettet. Pati ist Vater auf Tod und Leben ergeben.«
»Waffenbrüderschaft bindet«, sagte der Deutsche.
Die Sonne neigte sich schon und warf lange Schatten in das Gras der Pampa, als die Reiter sich dem Rio Quinto näherten. Die Pferde bekamen neue Spannkraft, und ihr Galopp gewann an Munterkeit.
Sie waren eben so weit, daß sie das andere Ufer des Flusses überblicken konnten, da zügelte Don Juan plötzlich sein Roß und musterte mit scharfem Blick die Gegend. Alle verhielten die Pferde. Sie sahen einen Reiter in geringer Entfernung sein augenscheinlich erschöpftes Tier zur Anspannung seiner letzten Kräfte antreiben.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte der Gaucho.
Das taumelnde Tier kam näher; es drohte Jeden Augenblick zusammenzubrechen. Der Reiter trug die Tracht der wohlhabenden Hazienderos des Ostens. Sein Kopf war unbedeckt, das dunkle Haar umflatterte wild seine Stirn. Langsam ritt Juan zum Ufer des Quinto, von den anderen gefolgt. Außer dem erschöpften Reiter war weit und breit kein lebendes Wesen zu erblicken. Der Mann schien weder den Fluß noch die Männer zu sehen; er nahte dem Ufer, das Pferd stolperte und brach ruckartig zusammen. Der Reiter stürzte über seinen Kopf weg zu Boden.
Kurz entschlossen spornte der Gaucho sein Pferd und ritt eilig durch das seichte Wasser; Aurelio, der Estrangero und die Peons folgten ihm. Drüben sprangen sie von den Tieren und näherten sich dem betäubt daliegenden Mann. Aurelio kniete nieder und hob das bleiche Gesicht des Gestürzten empor. Der Ohnmächtige war ein nicht mehr junger Mann, dessen jetzt erschlaffte Züge edle Formen zeigten.
Auf einen Wink Juans holte einer der Peons in seinem Hut Wasser aus dem Fluß und besprengte damit die Stirn des Mannes. Der öffnete bald darauf die Augen und richtete einen verstörten Blick auf die ihn umstehende Menschengruppe. »Macht‘s rasch, Leute«, sagte er in heiserem Ton; sein flackerndes Auge wanderte von einem zum anderen. »Wer seid ihr?« stammelte er, »seid ihr seine Henker?« Jetzt haftete sein Blick auf Aurelios Gesicht, wurde starr und verschleierte sich. »Fernando«, stöhnte er, »Fernando! Jesus, wo bin ich?« Sein Blick wanderte, er traf Juan und den Deutschen und wurde sogleich wieder finster. »Macht‘s kurz«, sagte er, »ihr habt mich ja nun. Ich bin José d‘Urquiza, der Sieger von Indios muerte, und weiß zu sterben.«
»Wer verfolgt Euch, Señor?« fragte Don Juan.
»Wer denn anders als ihr? Oder wie?« Er richtete sich etwas auf; seine Augen flackerten. »Seid ihr nicht Salis Spürhunde?« flüsterte er.
»Wir sind friedliche Leute, Señor«, sagte der Gaucho. Der Name d‘Urquiza hatte ihn aufhorchen lassen und der Name de Salis noch mehr. »Warum verfolgt man Euch, Señor?« fragte er.
Der Mann schien wieder bei sich, er richtete sich auf. »Was denn? Wer seid Ihr denn? Wo kommt Ihr denn her? Warum hat man mich verfolgt? Weil es den edlen de Salis nach meinen Gütern gelüstet. Darum mußte ich plötzlich ein Unitarier, ein Hochverräter sein! Die Mörder sind mir dicht auf den Fersen.« Er richtete den Blick wieder auf Aurelios Gesicht und ließ ihn lange darauf haften. Juan war sehr erregt, denn er wußte, daß er in dem General José d‘Urquiza, einen der besten Männer des Landes vor sich hatte, ebenso aber auch, wie gefährlich es war, der Rache des Diktators oder eines seiner Günstlinge ein Opfer zu entziehen. Der Zwiespalt seiner Gefühle war seinen Zügen abzulesen.
Der Estrangero gewahrte die tiefe Bewegung des Gauchos. Er kannte dessen aufrichtigen Charakter und wußte genug von der innerpolitischen Lage des Landes; so war es ihm nicht schwer, Juans Gedanken nachzuempfinden. Ihn selbst hinderten keinerlei Bedenken. Deshalb wandte er sich jetzt an den Verfolgten und sagte: »Wenn es Euch recht ist, Señor, bringe ich Euch über den Fluß und führe Euch zu einer sicheren Zufluchtsstätte. Ich fürchte nämlich, meine Freunde hier werden Euch beim besten Willen nicht schützen können.«
Der Gaucho atmete erleichtert auf und ergriff impulsiv die Hand des Deutschen, um sie zu drücken. Der Verfolgte blickte aufmerksam in das offene bärtige Gesicht. »Ich vertraue Euch, Señor«, sagte er, »und ich folge Euch.« Darauf wandte er sich an Juan, sah forschend in seine Züge und richtete alsdann den Blick wieder auf Aurelio. »Um der Liebe Gottes willen, Señor«, fragte er mit eigentümlich bebender Stimme, »wer ist dieser Junge?«
»Mein Sohn, Señor«, entgegnete Juan Perez ruhig; man merkte ihm die tiefe Betroffenheit, die die Frage in ihm ausgelöst hatte, nicht an. D‘Urquiza sah noch einmal prüfend in Aurelios Gesicht, dann wandte er sich mit einem leisen Seufzer ab. »Nun, Gott segne ihn«, sagte er.
»Vorwärts, Señor«, mahnte der Deutsche. »Zeit ist nicht zu verlieren.« Er half dem Erschöpften in den Sattel seines Maultieres. »Adios, muchas mercedes!« murmelte der und ritt auf dem von seinem Eigentümer geführten Maultier in das seichte Wasser. Bald war er am jenseitigen Ufer, und der Deutsche leitete das Tier dem nahen Waldsaum zu, der den Quinto weiter oberhalb begrenzte.
»Kommt zur Estancia«, rief Juan kurz und ritt das Ufer hinauf. Ohne sonderliche Überraschung gewahrte er, oben angelangt, einen Reitertrupp, der auf erschöpften Pferden flußabwärts kam. Er blieb stehen und musterte die Reiter. Es waren ihrer sechs, von denen fünf bewimpelte Lanzen führten, während der Voranreitende nur einen Säbel trug. Den Leuten fielen Ponchos von den Schultern, aber die Beine steckten in Hosen und Stiefeln, wie sie von den Lanceros getragen wurden.
»Reite zum Haus«, rief Juan Aurelio zu, »sage Pati, er möge seine Flinte bereithalten. Du selbst bleibe dort.«
Aurelio eilte sofort zu den Gebäuden hinüber, wo der Majordomo schon sichtbar war; er wunderte sich über die Weisung, selbst dort bleiben zu sollen, aber er war gewöhnt, den Wünschen und Befehlen des Vaters bedingungslos nachzukommen.
»Löst die Bolas, Männer«, sagte Juan zu seinen Peons, »man weiß nicht, wer da kommt.« Die Vaqueros nahmen die Wurfgeschosse zur Hand, hielten sie aber unter dem Poncho