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ja schrecklich, wenn sie den Indianern in die Hände fallen sollte.«

      »Alles wahr,« sprach der Kapitän, »aber dann hat der Indianer jedes Jahr regelmäßig seine zehn Biber- oder Bärenfelle für Kost und Wohnung gesandt, nebst der Kleidung, und Ihr seht, ihr Anzug ist nicht der schlechteste. Obwohl bloß ein Roter, so kann ich doch nicht über sein Eigentum verfügen.«

      »Und Ihr habt nie wieder von ihm gehört?« fragte der Missionär.

      »Ich sah ihn noch zweimal«, erwiderte der Kapitän in einem Tone, dem man es ansah, daß er mit der Sprache nicht recht heraus wolle. – »Beide Male war er in seine blaue Wolldecke gehüllt, und ein drittes Mal sah ich sein Gesicht, jedoch nur in der Ferne. Wollte, ich wäre hundert Meilen weit von ihm gewesen. War just so eine Weiberneugierde«; fuhr er fort, seine Worte mit einem bedeutsamen Blick auf seine Frau begleitend. »Ich wollte hinüber zum Obersten Hawkins, um mit ihm des Mädchens halber zu sprechen und es vielleicht in die Zeitungen zu setzen. Ob ich nun gleich hinab nach New Orleans, hinauf nach Nashville und, wohin ich wollte, frei gehen durfte, und, mein Weib ausgenommen, keine Seele ein Sterbenswörtchen von meinem Vorhaben erfahren, der Rote, obgleich ich, einen bedeutenden Umweg genommen, wußte genau, wo ich hinzielte. Er ließ mich vierzig Meilen auf der Straße nach Milledgeville forttraben und schoß dann meinen Gaul nieder, wie einen Hund. Ja, ich habe Mistreß Copelands Neugierde teuer bezahlen müssen.«

      »Und keiner von den Indianern vermochte Euch je Aufschlüsse zu geben? Ihr sagt, er selbst habe dem Kinde die Korallen umgehangen. Ist kein geheimes Zeichen an der Schnur?«

      »Die Wahrheit zu gestehen, je weniger davon gesprochen wird, desto besser«; erwiderte der Kapitän. »Das Kind ist eine Französin oder Spanierin, verlaßt Euch darauf. Wenn Ihr aber gerade Lust habt, mehr zu erfahren, so ist soeben Gelegenheit dazu vorhanden. Es liegt einer der Creeks draußen in dem Schoppen.«

      »Ich muß ihn sehen«, erwiderte der Prediger, der sogleich, ohne auf das Kopfschütteln des Kapitäns zu achten, seinen Sitz verließ und mit einem Glase Rum vor die Türe trat. Der Indianer lag im tiefen Schlafe auf dem Stroh, neben ihm sein Karabiner. Kaum war der Prediger vor den Wilden hingetreten, als dieser die Augen aufschlug und auf die Beine sprang. Der Prediger winkte, ihm in den Garten zu folgen und nahm das kleine Mädchen, dem er liebevoll einen Kuß auf die Stirne drückte, in seine Arme. Einen Blick warf der Indianer auf das Mädchen, einen zweiten auf die Glaskorallenschnur, und dann begann ein fieberartiges Zittern durch seine Glieder zu beben. Allmählich zog er sich erschrocken vor dem Kinde zurück und flog endlich mit dem Schreckensrufe »Hug!« wie ein Pfeil über die Hecke. In wenigen Sekunden war er im Walde verschwunden.

      Der Missionär kehrte betroffen in das Haus zurück.

      »Wohlan, Mister Lovering!« sprach der Kapitän mit gerunzelter Stirne. »Habt Ihr noch immer Lust zu dem Kinde?« – »Jawohl«, erwiderte der Prediger. »Und wenn Ihr einverstanden seid, so will ich mit dem Agenten sprechen.«

      »Nein, damit bin ich nicht einverstanden«; erwiderte der Kapitän trocken. »Wenigstens nicht, so lange ich hier bin. Mein Wort muß ich halten, solange nämlich, als ich noch am Coosa bin. Aber die Zeit meines Bleibens hier ist die längste gewesen. Ich sehne mich nach einem ruhigem Platze, und wenn mich nicht alles trügt, so sind die Creeks wieder in Bewegung. Es wird stürmisch hergehen, verlaßt Euch darauf. Man sagt, der Häuptling der Oconees sei wieder einmal rege, und daran, sich mit dem schrecklichen Tecumseh zu verbinden. Zwei solche Menschen könnten die Welt in Flammen setzen.«

      »Ja, das sind beide gefährliche Männer«; erwiderte der Prediger.

      »Wenn ich unten am Mississippi bin, der nun, Gott sei Dank, uns, und nicht dem miserablen Spanier gehört, dann mögen sie tun, was sie wollen.«

      »Jawohl!« bekräftigte Mistreß Copeland. »Das arme Ding, sie wird nie zur Arbeit taugen. Sie ist so linkisch, als wenn sie nicht dazu geboren wäre. Sie möchte vielleicht eine gute Hand zum Nähen und dergleichen sein, oder für eine Mädchenschule, denn sie näht artig und schreibt und liest Euch wie ein Schulmeister.«

      Die gute Frau war soeben im Begriffe sich eines weitern über die Fähigkeiten ihrer Milchtochter zu verbreiten, als ein durchdringender Angstruf vom Garten her erschallte. Im nächsten Augenblick rannte der Gegenstand der soeben stattgehabten Unterhaltung bleich und zitternd in die Stube, und auf den Prediger zueilend fiel sie vor ihm hin, seine Knie mit jammernden Klagetönen umfassend.

      Die unnennbare Angst des Kindes hatte die Anwesenden mit Verwunderung und Bestürzung erfüllt. Sie blickten mit starrem Auge und offenem Munde nach der Tür, als das Kind mit dem Ausrufe: »Da ist er!« zusammensank. Ein langer, hagerer Indianer trat in demselben Augenblicke in die Stube, warf einen durchdringenden Blick auf die Anwesenden und ließ sich dann auf einen Stuhl nieder. Seinem Anzüge nach zu schließen, war er ein Häuptling ersten Ranges. Seine Gestalt, obwohl sichtlich abgemagert, war kolossal und verriet ungemeine Stärke. An seinen Schläfen und nackten Armen lagen Muskeln beinahe fingerdick, die seinem Wesen mehr das Ansehen einer bronzenen Statue, als eines Lebenden gaben. Das merkwürdigste an diesem imposanten Manne war jedoch das, nach der alten Weise der Mikos oder Könige der Oconees, mit einem Diadem von Federn gekrönte Haupt. Seine Stirne war äußerst schmal, endete jedoch zu beiden Seiten in zwei ungeheuren Backenknochen, die zwischen dem dünnen Kinne und den äußerst schmalen Lippen zwei tiefe Höhlen bildeten, die den trockenen, beinahe verwitterten Zügen des fleischlosen Gesichtes einen unnennbaren Ausdruck von Tücke, Starrsinn und Intelligenz gaben. Der Anzug dieses merkwürdigen Mannes bestand in einer Weste von gegerbter Hirschhaut, die seine ungemein breite Brust vollkommen bedeckte, einem Jagdhemde von Kaliko, welches darüber geworfen war, und dem Lendentuche, das in bunten Farben gewirkt vom Wampumgürtel herabhing und die Schenkel und Knie entblößt ließ. Seine Mokassins waren reichlich verziert. In seiner Rechten hielt er einen Karabiner und in seinem Gürtel stak ein Schlachtmesser, reichlich mit Silber eingelegt.

      »Tokeah!« rief der Missionär aus, den seine Wanderungen im Gebiete der Indianer mehr mit den verschiedenen Stämmen und ihren Häuptlingen bekannt gemacht hatten, als der stationäre Schenkwirt zum Indianischen König es werden konnte.

      Der letztere wollte soeben sein Glas zum Munde bringen; aber seine Trinklust schien plötzlich verschwunden, als ein Name genannt wurde, der mit dem des tödlichsten Feindes seiner Landsleute gleichlautend geworden war. Er setzte das Glas auf den Tisch und überblickte den Häuptling vom Kopf bis zu den Füßen.

      »Sechs Sommer und sechs Winter«, sprach dieser nach einer langen Pause, »sind gegangen und wiedergekommen, seit der Miko der Oconees seine Tochter bei seinem weißen Bruder gelassen hat. Er ist nun gekommen, sie in sein Wigwam aufzunehmen.«

      »So seid Ihr es denn, der uns in jener bangen Nacht die arme Rosa hinterlassen hat, wie sie unser Prediger hier nennt? Warum habt Ihr mir jedoch Euern Namen nicht wissen lassen, oder das Kind abgeholt? Es hat uns manche bange Stunde verursacht. Wenn es nun abhanden gekommen wäre?«

      »Die weißen Männer verlangen bloß nach ben Tierfellen und den Ländereien des roten Mannes; wenig ist ihnen an einem Häuptlinge und seinem Wohlgefallen gelegen«, erwiderte der Indianer mit einem bittern, verachtungsvollen Lachen. »Wenn das Kind verloren gegangen wäre, so würden Eure Kinder mit ihren Schöpfen dafür bezahlt haben. – Und nun will der rote Häuptling nehmen, was ihm gehört.«

      »Ihr nennt doch nicht Rosa, deren Eltern Ihr wahrscheinlich gemordet, Euer eigen?« sprach der Prediger mit einem Mute, der selbst den Hinterwäldler staunen machte.

      Der Indianer warf einen Blick der tiefsten Verachtung auf den Redner. »Wo würde nun die weiße Rose, wie du sie nennst, sein, wenn die Hand Tokeahs nicht den Arm aufgehalten hätte, der ihren Schädel an einem Baumstamme zerschmettern wollte? Wer hat für sie gejagt, als sie noch auf ihren Händen und Füßen herumkroch? Wer hat für sie die Biberfelle gesandt und hat selbst Wasser getrunken? Geh,« fuhr er mit steigendem Abscheu fort; »Ihr seid Hunde! Eure Zunge spricht von Dingen, von denen Euer Herz nichts weiß. Ihr sagt uns, wir sollen unsere Nächsten lieben, während diese uns unsre Felle, unser Vieh, unser Land nehmen, uns in die Wüste treiben.«

      »Der Miko der Oconees«, erwiderte unerschrocken der Missionär, »wird sicherlich eine arme christliche Waise nicht von ihren Pflegeeltern reißen wollen?

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