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Der Waldläufer. Gabriel Ferry
Читать онлайн.Название Der Waldläufer
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Gabriel Ferry
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Gibt es nicht«, fragte Dormilon, »eine Hacienda nicht weit von hier, wo man zwei schöne Jaguarhäute und eine dritte von einem Puma verkaufen könnte?«
»Gewiß«, antwortete Benito; »wir gehen selbst nach der Hacienda del Venado, die nur einige Meilen von hier liegt und wo ihr außer fünf Piastern, die man euch für jede Haut bezahlen wird, noch eine Belohnung von zehn anderen Piastern erhalten werdet.«
»Was sagt ihr dazu, Kanadier? Wollen wir bis dahin?«
»Ja, gewiß, fünfundvierzig Piaster lohnen die Mühe, und wenn wir einen Augenblick geschlafen haben, wollen wir uns auf den Weg nach der Hacienda machen. Aber ich meine, wir werden dort viel schneller ankommen als ihr, wenn ihr eure Pferde nicht wiederzubekommen sucht, von denen kein einziges zu eurer Verfügung steht.«
»Seid unbesorgt um uns«, antwortete der alte Hirt; »es ist nicht das erstemal, daß ich Haufen von Pferden gesehen habe, wie sie, von einem tollen Schrecken ergriffen, sich so in die Wälder zerstreuten; aber ich habe mein erstes Handwerk nicht vergessen! Morgen, wenn die Sonne aufgeht, denke ich sie zurückgebracht zu haben, und mit Erlaubnis Don Estévans will ich meine zwei Gefährten nehmen und sogleich aufbrechen, sie wieder zu suchen.«
Nichts hinderte jetzt mehr, daß man das Feuer für den Rest der Nacht wieder anzündete, denn die Sterne zeigten, daß es noch nicht einmal elf Uhr war. Man nahm also die letzten Vorbereitungen zum unterbrochenen Abendessen wieder auf. Die wieder angezündeten Kohlen verbreiteten aufs neue eine freundliche Helle; der Hammel entsandte einen appetitlichen Duft, als der Spanier und der Senator die beiden unerschrockenen Jäger, die ihnen einen Dienst erwiesen hatten, den man nicht wieder vergißt, zu sich einluden.
»Kommt her«, sagte der Senator zu ihnen, »ihr braven Jäger, deren unverhoffte Hilfe und erprobte Unerschrockenheit wir so wohl zu würdigen wissen! Ein Stück Braten und ein Schluck katalonischer Wein werden nicht zuviel sein nach dem rauhen Werk, das ihr eben beendet habt.«
»Oh«, sagte der älteste Jäger, indem er sich mit seiner athletischen Gestalt neben das Feuer stellte, »es ist keine große Sache, zwei armselige Tiere getötet zu haben. Wenn wir aus einem Kampf kämen mit einem Dutzend Indianern – Komantschen, Pawnees oder Sioux —, das möchte noch eher der Mühe wert sein, davon zu reden. In jedem Fall aber ist vor wie nach dem Kampf ein Stück Braten immer willkommen. Auf, Dormilon, komm auch herbei!« sagte er zuletzt zu seinem Kameraden.
»Und Ihr auch, junger Mann!« sagte seinerseits der Spanier, indem er Tiburcio, der sich abseits hielt, ein Zeichen gab. »Wollt Ihr nicht die Gastfreundschaft teilen, die wir Euch wie diesen braven Jägern anbieten können?«
Der junge Mann gehorchte der Einladung des Führers, und zum erstenmal erschien seine Gestalt in der strahlenden Helle des Feuers. Einen Augenblick schienen die Augen Don Estévans ihn mit ihrem Blick verschlingen zu wollen.
Wirklich war auch das Gesicht Tiburcio Arellanos bemerkenswert. Obgleich es jetzt nur den Ausdruck einer ruhigen Melancholie zeigte, so waren doch die Adlernase mit den unruhigen Flügeln, schwarze, nicht sehr tief unter dicken Augenbrauen liegende Augen, ein olivenfarbiger Teint – den jedoch der schwarze Bart matt bleichte – und dazu die äußerst zusammengezogene Oberlippe Beweise von feurigen Leidenschaften.
Ein Haar, mehr dunkel kastanienbraun als schwarz, beschattete seine Stirn. Er war groß und schlank, aber seine breiten Schultern, seine enge und geschweifte Taille, seine weißen kräftigen Hände zeugten von einer europäischen Kraft, die nötigenfalls die unter dem heißen Himmel des weichlichen spanischen Amerika entwickelten Leidenschaften unterstützen mußte. Die Traurigkeit, die seine edlen Züge ausdrückten, mäßigte in diesem Augenblick die fast wilde Energie seiner Augen. Das war gewiß der Sohn eines großen Geschlechts, in ein kaum halb zivilisiertes Land verpflanzt.
»Das sind die Figur und die Haltung Juans de Mediana«, sagte Don Estévan de Arechiza leise zu sich. Aber da es für ihn ohne Zweifel von Wichtigkeit war, das Geheimnis, das er eben entdeckt hatte, nicht zu verraten, so verbarg er unter einem kalten Äußeren Gedanken, die niemand argwöhnen sollte.
Es war noch ein anderer Mann da, der beim Anblick des lebhaft von der Flamme beleuchteten Tiburcio aufschrak und die Augen schloß, als ob ihn der Blitz geblendet hätte. Er wollte auf ihn zugehen, als ein zweiter Blick ihn ohne Zweifel enttäuschte, denn er setzte sich wieder mit einem Lächeln über seinen Irrtum. Dieser Mann war der älteste und stärkste der beiden Jäger. An den Blicken indes, die er kaum von ihm wandte, konnte man leicht sehen, daß das erste Gefühl von Zuneigung, das er für Tiburcio empfunden hatte, sich nicht verlor. – Dann gingen seine Augen von einem zum anderen der um die Feuerstelle gruppierten Tischgenossen; bald mit kalter, beobachtender Ruhe, bald mit einer Lebhaftigkeit, die einen Mann in ihm erkennen ließ, der durch seine Lebensart gewohnt war, Menschen und Gegenstände, von denen er umgeben war, sorgfältig zu studieren.
»Aber so komm doch, Dormilon! Man sollte meinen, du scheutest dich, herzukommen«, sagte der Jäger zu seinem Gefährten. »Beweise doch, daß du Lebensart besitzt.«
Der zweite Jäger kam herbei, indem er Worte ohne Zusammenhang vor sich hinmurmelte, von denen man nur folgende verstand: »Ganz gewiß … aber das ist… Teufel … die Gestalten …« Und während er sich näherte, zog er eine Mütze aus Pelzwerk, die er trug, so über seine Stirn, daß seine Augen nicht zu sehen waren; und aus einem karierten, beinahe zerfetzten Taschentuch, mit dem er die Wunde an seinem Hals verbunden hatte, machte er sich eine Maske, die von seinem Gesicht nur einen Mund voll solcher Zähne sehen ließ, daß er ein tüchtiger Tischgenosse zu sein versprach. Dann nahm er, als ob diese Vorsichtsmaßnahmen noch nicht hinreichten – ebenso wie Odysseus bei seiner Heimkehr zu Penelope —, einen solchen Platz an der Feuerstelle ein, daß er im Schatten verborgen blieb.
»Gibt es in Eurem Land viele Männer von Eurer Kraft und von Eurem Wuchs?« fragte der Senator den kräftigen Jäger, der aß und trank wie zwei gewöhnliche Männer.
»In Kanada«, antwortete dieser, »würde ich niemandem auffallen; fragt nur meinen Kameraden Dormilon.«
»Ganz gewiß; es ist wahr!« murmelte sein Gefährte.
»Aber ihr seid also nicht aus demselben Land?« nahm der Senator wieder das Wort.
»Dormilon ist gebürtig aus Sp…«
»Aus dem Staat New York!« unterbrach eilig der Jäger, während der Kanadier ihn mit erstaunter Miene anblickte, ohne ihn jedoch Lügen zu strafen.
»Und welches Handwerk treibt ihr?«
»Wir sind ›Coureurs des bois‹«, antwortete der Kanadier.
»Was?« sagte der Senator, der diese drei französischen Worte nicht verstand.
»›Rangers of the woods‹«, erwiderte der Kanadier englisch. Und da der Senator dies ebensowenig verstand, fügte er hinzu: »Das heißt, unser Leben geht damit hin, die Wälder zu durchstreifen, ohne einen anderen Zweck als den, dem beengten und abgeschlossenen Leben in den Städten zu entgehen. Aber das ist eine Beschäftigung, die immer seltener wird, und wenn wir beide nicht mehr sein werden, so wird das Geschlecht der Waldläufer in Amerika erlöschen. Weder Dormilon noch ich haben einen Sohn, der die Beschäftigung des Vaters fortsetzen könnte.«
In den letzten Worten des Kanadiers lag ein Anflug von Melancholie, der mit seiner sonst rauhen Lebensweise in völligem Widerspruch stand.
Don Estévan mischte sich hier in die Unterhaltung. »Das ist eine traurige Beschäftigung«, sagte er, »und wenn ihr die Unseren bei einer Expedition sein wollt, die wir zu unternehmen im Begriff stehen, so könnte ich euch wohl als euern Anteil die Mützen mit Goldstaub füllen. Sagt, willigt ihr ein?«
»Nein«, antwortete geradezu der Gefährte des Kanadiers.
»Ein jeder bleibe bei seinem Geschäft«, erwiderte der letztere; »wir sind keine Goldsucher.