Скачать книгу

den Augenblick. Auf einmal landete nicht weit von uns ein Reiher im flachen Uferwasser und verschwand im Dickicht der Uferböschung. Und wenige Minuten später sahen wir einen Entenerpel, wie er sein „Fahrgestell“ ausfuhr, die Schwingen aufstellte und genau vor unseren Augen eine perfekte Wasserlandung hinlegte.

      Innerhalb von nur zehn Minuten bekamen wir einen wunderschönen Einblick in eine faszinierende Schöpfung, den ich verpasst hätte, wenn ich das Abarbeiten meiner To-Do-Liste nicht einfach mal unterbrochen hätte.

      In einem Artikel habe ich von der Auslegung des jüdischen Theologen Rabbi Kuschner gelesen, der sich mit der Geschichte von Moses und dem brennenden Dornbusch beschäftigt hat. Wer will, kann sie im 3. Kapitel im 2.Buch Mose nachlesen. Rabbi Kuschner sagt, dass den meisten Leuten beigebracht wurde, dass Gott mit diesem Wunder die Aufmerksamkeit Moses’ erwecken wollte: Ein brennender Busch, der nicht verbrennt. Er behauptet nun, dass Gott mit dem Busch in erster Linie gar nicht Moses’ Aufmerksamkeit erregen wollte, sondern dass es vielmehr ein Test gewesen sei. Gott wollte wissen, ob Moses dieses besondere Naturschauspiel bemerken würde. Ob er aufmerksam darauf würde, dass der Busch, obwohl Flammen aus ihm schlagen, gar nicht verbrennt.

      Schöpfung fängt damit an, die Augen zu öffnen und die Dinge um sich herum wahrzunehmen. Ein Gefühl dafür zu bekommen, dass um uns herum mehr passiert, als wir ahnen. Gott hat diese Welt genial geschaffen. Mit allem, was dazugehört. Wir täten gut daran, dem öfter unsere dankbare Aufmerksamkeit zu schenken. In vielen Regionen der Welt wird einmal im Jahr zu unterschiedlichen Zeiten das Erntedankfest gefeiert. Dankbarkeit für die Versorgung im vergangenen Jahr wird zum Ausdruck gebracht. Es gibt z. B. in unserer Gesellschaft immer wieder genug zum Essen und Leben. Ein Grund zum Danken, zum Staunen.

      Danken hat auch viel mit Staunen zu tun. Staunen etwa über Gottes Schöpfung.

      Ich habe in meinem Leben das Vorrecht gehabt, an tollen Plätzen dieser Erde die Genialität von Gottes Schöpfung erleben zu dürfen: Am Grand Canyon in Arizona, im Big Basin Redwood State Park oder in den Pinnacles in Kalifornien, in einem Haus von Freunden in Kanada an der Sunshine Coast direkt am Pazifischen Ozean, in den Bergen der Balagne, in der Bucht von Calvi auf Korsika oder in den Tiroler Alpen, um nur einige zu nennen. Wie oft habe ich dann gedacht: Danke, Gott, dass du dies alles in Gang gesetzt hast und ich es erleben darf. Aber Ferne ist gar nicht so wichtig, wie mein Erlebnis zu Beginn zeigt. Über Gottes Größe und Kreativität ins Staunen kommen – mitten im Alltag, mitten im Ruhrgebiet, mitten in Duisburg. Wie viele Menschen haben das verlernt!

      Wo sind die Augenblicke, in denen du innehältst und dankbar staunst? In denen du Gottes Spuren entdeckst, in den großen und kleinen Dingen dieser Welt, deiner Welt? Staunen lernst? Danken lernst?

      Im neutestamentlichen Brief an die Römer schreibt Paulus: „Wie groß ist doch Gott. Wie unendlich sein Reichtum, seine Weisheit, wie tief seine Gedanken! […] Denn alles, aber auch wirklich alles ist von ihm, dem Schöpfer, ausgegangen, besteht durch ihn, und er wird alles vollenden. Ihm gehören Lob und Ehre in alle Ewigkeit.“ (Römer 11,33 - 36, Hoffnung für alle)

      Ich wünsche dir: Zeit, an Gott zu denken – Zeit, Gott zu danken!

       Thomas Klappstein

      26 | Kuscheltiere Gottes

      Preise den Herrn, meine Seele! Herr, mein Gott, du bist sehr groß, mit Majestät und Pracht bist du bekleidet. […] Da ist das Meer, das so groß und weit ist […], da sind große Fische, die du gemacht hast, damit zu spielen.

       PSALM 104,1, 25 UND 26 (LUTHER 1984)

      Gelegentlich über die Größe Gottes nachzudenken ist kein Fehler. Die meiste Zeit des Tages denke ich an mich. An das, was ich erledigen muss, was ich einkaufen, kochen, essen könnte. Mit wem ich dies oder das klären muss. Was ich am Wochenende Schönes unternehmen könnte. Ich.

      Doch Gott spielt bei mir eine wichtige Rolle. Ein Leben ohne ihn wäre undenkbar. Schließlich hilft er mir, hört mir zu, ist mir nah. Mir. Aber wann habe ich zum letzten Mal über seine Größe nachgedacht? Über ihn? Eine Reise ist eine gute Gelegenheit dazu. Sie bringt einen Perspektivwechsel – so wie meine Reise nach Südafrika.

      Ich stand morgens früh auf, um die schönsten Bilder der aufsteigenden Sonne zu bekommen. Ich schnappte mir meine Ausrüstung und ging zur Felsenküste hinunter. Die Temperaturen waren noch angenehm, das Licht, die Stimmung einzigartig, taufrisch. Vorsichtig kletterte ich über die kantigen Felsen, um mir einen geeigneten Platz zu suchen.

      Plötzlich tauchte ein Jogger aus dem Nichts auf und wies mit der Hand zum Horizont: „Glauben Sie auch, dass das Wale sind?“, fragte er mich. Ich sah genau hin – na klar, das mussten welche sein! Bei genauem Hinsehen waren die Fontänen zu beobachten. Einheimische können an dem v-förmigen Wasserdampf die jeweilige Walart identifizieren. Der Sound, der dabei entsteht, ist bis zu zwei Kilometer weit zu hören. In der nächsten halben Stunde galt ihnen meine ganze Aufmerksamkeit. Die, wie sie im Englischen genannt werden, „Right Wales“, oder auch Südkaper, waren vom Südpol an die Küste Südafrikas zum Kinderkriegen und Fressen gekommen. Ihnen schmeckt der Krill, der hier massenweise vor der Küste wächst. Sie fressen jeden Tag über 1000 Kilo. Da, plötzlich tauchte ein dunkelblau gefleckter Koloss ziemlich nahe vor der Küste aus dem Wasser auf. Ehe ich den Fotoapparat in Position gebracht hatte, war er wieder abgetaucht.

      Zu Hause lese ich, dass er bis zu 17 Meter lang und 100 Jahre alt werden kann. Seine Jungen kommen mit dem Schwanz zuerst auf die Welt und sind dabei schon fünf, sechs Meter groß! Wow! Ich werde neugierig, aber wirklich viel finde ich nicht heraus über diese Tiere. Doch Psalm 104 versichert mir, dass Gott die großen Fische geschaffen hat, um mit ihnen zu spielen. Was ist das für ein Gott, der sich solche Kuscheltiere gemacht hat?

       Christiane Ratz

      27 | In Gottes Hier und Jetzt

      In seiner Hand sind die Tiefen der Erde, sein sind die Gipfel der Berge. Sein ist das Meer, das er gemacht hat, das trockene Land, das seine Hände gebildet. Kommt, lasst uns niederfallen, uns vor ihm verneigen, lasst uns niederknien vor dem Herrn, unserm Schöpfer!

       PSALM 95,4 - 6 (EINHEITSÜBERSETZUNG)

      Gottes Herrlichkeit wird in den Psalmen oft in Beschreibungen der Erschaffung der Welt ausgedrückt. Manche Dichter der biblischen Weisheitsliteratur waren davon so beeindruckt, dass sie vor Begeisterung geradezu überschäumten. Etwas verhaltener hallt diese Begeisterung bis ins Neue Testament, wo es im Römerbrief heißt, dass man Gottes Wesen in der Schöpfung erkennen kann. In den Schriften der Kirchenväter werden seitenweise die Schönheit und die Rätsel der Natur beschrieben.

      Mit den Rätseln beschäftigen sich heute die Naturwissenschaften, für die Schönheit sind Künstler zuständig. Der technologische Fortschritt vertreibt Schritt für Schritt das Staunen aus der Natur. Wer kann schon den Zufall der Evolution anbeten? So geschieht in den modernen Gesellschaften zweierlei: Mit der Forschung nach dem Ursprung entfernen wir uns von einem Gott, der die Welt erschaffen hat und sie erhält. Das ist erst einmal eine intellektuelle Angelegenheit, die wenige Menschen ins Herz treffen wird. Schlimmer ist das zweite: Indem die Natur gezähmt und in kleinen, ungefährlichen Dosen in die Stadtparks oder Zoos verbannt wird, verliert sie das Majestätische. Hier geht es um das Empfinden.

      Wir werden auf beiden Ebenen beraubt. Manche empfinden noch die eigene Niedrigkeit, wenn sie zu den Sternen hinaufsehen, aber unsere wissenschaftliche Prägung verstellt uns den Blick auf Gott. Je ungefährlicher, berechenbarer die Natur wird, umso mehr gleitet uns auch jedes Gefühl für Gott durch die Finger. Früher war es einfacher, ihn auf der Frequenz der Schöpfung zu empfangen.

      Noch Martin Luther weihte in einem Sturm sein Leben der heiligen Anna. Wer würde das heute noch tun? Wenn uns Blitze umzucken, suchen wir eher nach einem Faradey’schen Käfig, als unser Leben in Gottes Hand zu geben. Betrachten wir die Anomalie des Wassers oder die Natur des Lichtes, fragen wir uns: „Wie funktioniert das?“, und nicht: „Wer hat das gemacht?“ In manchen Aspekten war die antike Welt reicher als die moderne.

      

Скачать книгу