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      Zinsen sind verlorenes Geld

      Warum es notwendig ist, den Kapitalismus zu überwinden

      von Otfried Müller

      Copyright: © Dr. Otfried Müller

      published by: epubli GmbH, Berlin

      www.epubli.de

      ISBN 978-3-7375-1627-3

       Inhaltsverzeichnis

      Vorwort

      Kapitel 1 Zur Einführung

      Kapitel 2 Einiges zum Grundverständnis über den störungsfreien Wirtschaftsablauf

      Kapitel 3 Inflation, Deflation und Konjunkturzyklus

      Kapitel 4 Die wichtigsten volkswirtschaftlichen Theorien im Überblick

      Kapitel 5 Der Preismechanismus und der Lohnmechanismus

      Kapitel 6 Das Geldwesen

      Kapitel 7 Kredit und Zinsen aus gesamtwirtschaftlicher Sicht

      Kapitel 8 Das exponentielle Wachstum - ein Wachstum ganz besonderer Art

      Kapitel 9 Die schöne Illusion vom ständigen, unbeschränkten Wirtschaftswachstum

      Kapitel 10 Die geldabsaugende Wirkung der Zinsen

      Kapitel 11 Die zerstörerische Wirkung der Zinsen auf die Wirtschaft

      Kapitel 12 Zinsverluste der Wirtschaft als Ursache einer Staatsverschuldung und eines Staatsbankrottes

      Kapitel 13 Die zinsbedingte Umverteilung von unten nach oben

      Kapitel 14 Kredite ohne Zinsen - ja geht denn das?

      Kapitel 15 Die Umlaufsicherung des Geldes

      Kapitel 16 Zusammenfassung und Ausblick

      Vorwort

      Als Kind sah ich im Treppenhaus eines öffentlichen Gebäudes eine Grafik, wie ein Mensch mit offenem Mund seine Hand hinters Ohr hält, um besser hören zu können. Darunter standen die Worte: „Wer Ohren hat zu hören, der höre. (Matth. 11, 15)“

      Es war weniger der Text, der mich anfänglich so sehr beeindruckte, sondern es war die eindringliche Grafik. Sie brannte sich mir ins Gedächtnis ein und erinnerte mich stets an diesen für mich damals belanglosen Text. Womit sollte ich denn sonst hören, wenn nicht mit den Ohren? Es mussten erst einige Jahre vergehen, bevor sich mir der tiefere Sinn dieser Worte erschloss, und zwar in Verbindung mit Kants Aufruf „Sapere aude!“

      Immanuel Kant, der große Philosoph der Aufklärung, rief vor zweieinhalb Jahrhunderten die Menschen auf, selber zu denken und sich nicht kritiklos von der Meinung anderer abhängig zu machen. Er forderte den mündigen Menschen, der sich selber seine eigene Meinung über die Welt bildet.

      Sapere aude! Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Greife die Informationen auf, die dich erreichen, und blende sie nicht aus, nur weil sie nicht in dein Weltbild passen. Und denke vor allem darüber nach. Nicht das Nachplappern vorgesagter Glaubenssätze bringt dich weiter, sondern das eigene Nachdenken über die Dinge, die du hörst, siehst oder liest.

      Diese beiden Weckrufe wirkten in mir nach, als ich im Internet auf die Veröffentlichungen von Bernd Senf stieß (www.berndsenf.de). Vorher passte meine Ansicht über die Wirtschaft noch gut in die Welt. Sie war fest gefügt, denn die Ausführungen von Gregory Mankiw und Mark Taylor gaben mir Gewissheit. Ich hatte gelernt: Die Marktwirtschaft ist der staatlichen Planungswirtschaft haushoch überlegen, Angebot und Nachfrage regeln den Preis, und der Motor wirtschaftlichen Handelns ist der Gewinn. Man kann nur das Geld ausgeben, das man hat. Ach ja, nicht zu vergessen: Schulden müssen bezahlt werden und kosten Zinsen. Zinsen sind wichtig, denn sie lassen das Geld dorthin wandern, wo es am effektivsten wirken kann.

      Bernd Senf lenkte meine Aufmerksamkeit auf Fragen, die ich bisher mit volkswirtschaftlichen Glaubenssätzen erklärt hatte. Seine Ausführungen öffneten mir die Augen dafür, dass sich hinter manchen Glaubenssätzen der Volkswirtschaftslehre massive wirtschaftliche und soziale Widersprüche verbargen. Auf einmal waren so manche wirtschaftliche Selbstverständlichkeiten für mich überhaupt keine mehr.

      Ich bin Bernd Senf unendlich dankbar dafür und möchte in diesem Zusammenhang auf seine Bücher „Der Nebel um das Geld“, „Der Tanz um den Gewinn“ und „Die blinden Flecken der Ökonomie“ als weiterführende und gut verständliche Lektüre hinweisen.

      Der Autor

      1 Zur Einführung

      Unser ganzes Leben ist geprägt von wirtschaftlichen Verhältnissen, wirtschaftlichen Entscheidungen und ihren Auswirkungen. Um sich in einer solchen Welt gut zurechtzufinden, ist es notwendig, die Zusammenhänge, wie die Wirtschaft funktioniert, zu verstehen. Die Regeln, nach denen wirtschaftliche Abläufe gestaltet werden, sind keineswegs vom Himmel gefallen, sondern sie sind in erheblichem Umfang von Menschen gemacht, und zwar wurden sie vorwiegend nach den Wünschen der Besitzenden gemacht.

      Dieses Buch möchte einen Beitrag dazu leisten, dass mehr Menschen die großen Zusammenhänge im Wirtschaftsgeschehen und die Wirkungsweisen unseres Geldsystems verstehen. Dabei verwendet es einfache Begriffe und versucht, die Zusammenhänge möglichst überschaubar darzustellen. Es wird in diesem Buch herausgearbeitet, dass wirtschaftliche Fragen uns nicht nur angehen, sondern dass wir vom wirtschaftlichen Gang der Dinge persönlich betroffen sind. Es ist, wie wenn bei allem, was wir wirtschaftlich tun, immer jemand dabei wäre, der ständig die Hand aufhält. Es lohnt sich auf alle Fälle, unser neoliberales Wirtschaftssystem gut zu verstehen, denn unser Wirtschaftssystem hat einige unschöne Nebenwirkungen. Das, was wir in der Schule über die Wirtschaft gelernt haben oder was wir über das Fernsehen darüber erfahren, ist nur ein kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit.

      In der Wirtschaft geht es um Arbeit, Güter und vor allem um Geld. Dabei ist die Volkswirtschaftslehre objektiv und subjektiv zugleich. Einerseits ist sie objektiv, denn sie beschreibt und erklärt allgemein anerkannte Gesetzmäßigkeiten bei wirtschaftlichen Vorgängen; andererseits ist sie subjektiv, denn in der Wirtschaft geht es nicht nur um Theorien, sondern um handfeste, wirtschaftliche Interessen. Und wie es nun mal im Leben ist, lassen sich auch wirtschaftliche Dinge je nach der Interessenlage von unterschiedlicher Seite aus betrachten. Man sollte deshalb niemals vergessen: Die Wirtschaftslehre ist die Lehre vom Geldverdienen.

      Manche volkswirtschaftlichen Feststellungen sind sofort einsichtig, andere weniger, und es gibt sogar einige, bei denen sich mancher fragt (oder fragen sollte), ob sie denn in dieser Form mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Beispielsweise wird in der Haushaltstheorie unterstellt, dass ein Mensch als Konsument ein umfassend informierter und ausschließlich rational handelnder Marktteilnehmer ist. Er sei bestens informiert und entscheide sich in seinem Kaufverhalten stets sinnvoll und logisch nach den jeweiligen Gegebenheiten, er strebe dabei nur nach seinem höchsten materiellen Nutzen. Die alltäglichen Erfahrungen mit dem Kaufverhalten von Menschen lassen jedoch erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Behauptung aufkommen.

      Wenn eine Aussage wie die vom allzeit rational handelnden Marktteilnehmer als Einzelaussage getroffen wird, dann ist das nicht weiter zu beanstanden. Wenn aber solch eine zweifelhafte Aussage zum Ausgangspunkt für weitere Folgerungen genommen wird, dann sind alle darauf gegründeten Folgerungen mit demselben Zweifel behaftet. Dann nützt es auch wenig, wenn die darauf gegründeten Folgerungen mit viel Mathematik unterlegt sind. Dadurch ist die darauf entwickelte Theorie zwar in sich in weiten Teilen widerspruchsfrei, und die Theorie gibt sich dadurch den Anschein, als beschreibe sie die Abläufe und Wirkungsweisen in einer Volkswirtschaft richtig und umfassend. Es ist aber die Frage, ob eine Theorie den Anspruch erheben darf, als richtig zu gelten, solange nicht die Richtigkeit der Grundannahme gesichert ist.

      Aus einem ähnlichen, naheliegenden Grund ist natürlich auch die Frage erlaubt, ob der Titel dieses Buches richtig ist. Sind Zinsen wirklich verlorenes Geld? Immerhin verleitet der Titel dieses Buches spontan zum Widerspruch. Jeder, der für sein Geld auf der Sparkasse Zinsen gutgeschrieben bekommt, betrachtet diese (Haben-)Zinsen als einen Gewinn und keineswegs

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