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      »Willst du Oma und Opa nicht begrüßen?«

      Er lächelte, als er seinen Sohn mit der Hexenpuppe da stehen sah.

      »Doch, natürlich, ich komme!«

      Vorsichtig legte Finn Tea auf den Küchentisch.

      »Wir haben noch genug Zeit zum Reden«, sagte Tea und setzte sich auf.

      Mit einem Ruck drehte Finn sich um. Sein Vater war schon nach draußen zu seinen Eltern gegangen.

      »Jetzt geh! Sonst fällt es auf«, befahl Tea. »Oder hast du schon Wurzeln geschlagen?«

      Rückwärts, seine Augen noch immer auf Tea gerichtet, bewegte Finn sich langsam Richtung Küchentür.

      »Ich verstehe das alles nicht«, murmelte er.

      »Ich werde dich erleuchten, später«, versprach Tea mit einem Augenzwinkern.

      An der Tür blieb Finn stehen.

      »Wo ist denn das Geburtstagskind?«, hörte er seine Oma rufen.

      »Hier bin ich!«, rief Finn und blickte noch einmal zurück zum Tisch. Mit leicht zu den Seiten ausgestreckten Armen lag Tea da. Regungslos. Wie eine Puppe.

      »Du bist ja noch im Schlafanzug!«

      »Hallo, Oma!«

      Finn schlug die Arme um die rundliche Dame und ließ sich von ihr kräftig drücken.

      »Herzlichen Glückwunsch, mein Lieblingsenkel!«

      »Haha!«, kommentierte Finn ihren Witz. Seine Mutter rollte die Augen, ging aber auf die unterschwellige Forderung ihrer Schwiegermutter nach mehr Enkeln nicht ein.

      »Werde ich auch noch begrüßt?«

      »Natürlich, Opa! Hallo!«

      Auch er drückte seinen Enkel an sich, aber im Gegensatz zu der Umarmung seiner Oma konnte Finn dabei noch normal weiteratmen.

      »Und, wie fühlt man sich mit neun Jahren?«

      »Groß natürlich!«, antwortete Finn und kicherte.

      »Stark auch?«

      »Aber klar!«

      »Lass mal sehen!«

      Der Opa winkelte die Unterarme an und ließ seine Bizeps zucken. Finn tat es ihm nach. Sein Opa schmunzelte über die kaum sichtbare Anschwellung an Finns Oberarmen, dennoch befand er großzügig:

      »Was für Muskeln! Dann kannst du mir ja helfen, etwas aus dem Auto zu holen. Das soll ich hier nämlich abgeben, allerdings weiß ich nicht, für wen es ist.«

      »Wir können es ja auspacken und vielleicht wissen wir es dann«, ging Finn auf den Versuch seines Großvaters, geheimnisvoll sein zu wollen, ein. Ob er wirklich glaubt, Finn lasse sich so leicht zum Narren halten, fragte er sich?

      Schwer war der Karton nicht, aber groß. Finns Arme reichten noch nicht einmal um den Karton herum. Immer wieder rutschte das verdammte Ding nach unten. Mehr stolpernd als gehend bewegte er sich vorwärts. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, ihn ganz alleine ins Haus zu tragen. Finn stellte den Karton mitten ins Wohnzimmer und riss das Papier in Streifen. Ein Gesicht mit Helm kam zum Vorschein. Die Schnipsel des Geschenkpapiers flogen nur so durch das Zimmer. Ein letztes Reißen und das Geheimnis war gelüftet! Mit leuchtenden Augen hielt Finn den Karton in die Lüfte:

      »Schaut mal! Die Ritterburg!«

      Um die begeisterten Kommentare der Erwachsenen kümmerte er sich aber schon gar nicht mehr. Kaum war der Karton offen, fischte er die kleinen Ritterfiguren mit ihren Pferden heraus und platzierte sie auf dem Teppich. Ganz unten lag die Tüte mit den Einzelteilen der Burg. Mit aller Kraft zerrte Finn an der Tüte. Als er auch mit seinen Fingern kein Loch in sie bohren konnte, nahm er kurzerhand den Mund zu Hilfe. Im wahrsten Sinne des Wortes zog er verbissen an der Tüte. Fast erwartete er, gleich seine eigenen Zähne in den Händen zu halten, so sehr mühte er sich ab. Doch noch immer blieb die Verpackung unversehrt. Wie ein Hund am Knochen nagte Finn schließlich eine Weile auf dem Plastik und zog dann mit einem Ruck erneut an dem Kunststoffbeutel. Sofort gab dieser nach und der komplette Inhalt flog im hohen Bogen durch den Raum.

      »Ach, Mist!«

      Auf Knien rutschend fegte Finn die verstreuten Kleinteile zusammen.

      »Willst du nicht erst einmal das Papier wegräumen?«, fragte die Oma. »Sonst gehen noch Teile verloren.«

      »Dafür ist es jetzt wohl zu spät«, entgegnete die Mutter mit Blick auf den kunstvoll aufgestapelten Haufen Plastikteile inmitten der Papierreste.

      »Möchte noch jemand frischen Kaffee?«

      Finns Opa hob zustimmend seine leere Tasse.

      Ohne sich um den Ratschlag der Oma zu kümmern, begann Finn, die Burg aufzubauen. Schnell hatte er die Teile für das grobe Gerüst aussortiert, doch auch mit der Gebrauchsanweisung konnte er einige Teile nicht zuordnen.

      »Hier fehlt doch was!«, murmelte er, während er mit der linken Hand die Seitenwände festhielt und mit der rechten nach dem vierten Eckturm suchte.

      Er musste sich durch das ganze Papier wühlen, bis er endlich einen Turm fand. Allerdings passte der gar nicht in die Ecke. Wieder durchforstete Finn die Schnipsel. Dazu musste er sich recken und ließ die Seitenwände kurz los. Klack, klack, klack, wie ein Kartenhäuschen fielen die Wände in sich zusammen.

      »Mist!«, fluchte Finn leise, sammelte den Turm ein und fing wieder von vorne an.

      Der Vater und Opa diskutierten, wie immer, leidenschaftlich die Vor- und Nachteile neuer Automodelle und fachsimpelten, als wären sie die einzigen Experten auf der Welt. Für die beiden Damen im Haus ein guter Moment, in die Küche zu gehen und das Mittagessen vorzubereiten. Finn drehte ständig aufs Neue die Anleitung, suchte die entsprechenden Teile und fand trotzdem nicht die richtige Stelle, an denen diese sitzen sollten. Wenigstens konnte er schon mal ein stabilisierendes Vordach anbringen.

      »Hier, die wird sonst dreckig während wir kochen.«

      Seine Oma hielt ihm die Hexenpuppe hin. Finn setzte Tea mit dem Rücken an einen Sessel ihm gegenüber und wühlte sofort wieder in den kleinen Türmchen, Fenstern und Türen aus Plastik. Die Burg war viel, viel wichtiger als die Puppe!

      »Das kommt rechts hinten auf den Turm.«

      Finn hielt das Spitzdach nach oben und schielte zu Tea. Sie nickte. Ob ich gerade verrückt werde?, fragte er sich. Diese sprechende Puppe brachte ihn völlig durcheinander. Tea schüttelte den Kopf. Auch wenn sie das jetzt verneint, ist es ja keine Garantie, dass ich nicht an Wahnvorstellungen leide, folgerte Finn logisch. Sein lautes »Oh Gott, bitte nicht!« ließ die beiden Männer auf dem Sofa aufschauen. Sie fielen aber sofort wieder in ihre Diskussion zurück, als Finn, dessen ungeachtet, in dem Haufen Plastikteilchen weiter herumwühlte. Mit einem Blick zu Tea nahm er eine Tür in die Hand.

      »Die gehört zu dem Stall, der fehlt aber noch komplett«, flüsterte die Puppe. »Da, die vier gleichen Wände gehören dazu.«

      Innerhalb kurzer Zeit setzte Finn mit Hilfe von Tea den Rest der Burg zusammen, inklusive Stall und Zugbrücke.

      »Das ging ja jetzt schnell!«

      Finn fuhr herum. Die Stimme gehörte nicht Tea, sondern seiner Oma. Wie lange sie da wohl schon gestanden hatte?

      Seine Oma wuschelte ihm die Haare.

      »Aber ein schlaues Kerlchen wie du schafft so was ja auch in null Komma nichts!«

      Teas Anweisungen hatte sie wohl nicht gehört. Zum Glück! Finn atmete tief durch und strich sich seine Haare wieder glatt. Er präsentierte den Erwachsenen das Bauwerk aus Plastik.

      »Toll gemacht, Finn!«, lobte die Mutter. »Du kannst sie gleich auf dein Zimmer bringen, es gibt nämlich bald Mittagessen.«

      »Aber bevor du hochläufst, räumst du

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