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      Claudia Meddour

      Der tierische Wahnsinn

       geht weiter

      Fast wahre Tiergeschichten für nicht

       ganz so brave Kinder

      Imprint

      Der tierische Wahnsinn geht weiter

       Claudia Meddour

       published by: epubli GmbH, Berlin

       www.epubli.de Copyright: © 2015 Claudia Meddour ISBN 978-3-7375-4430-6 Lektorat: Erik Kinting / www.buchlektorat.net Covergestaltung: Erik Kinting

      FÜR ILIAS

      SEI DEIN EIGENER HELD

      Die alte Dame und ich

      Alle nannten sie Omchen. Sie sah auch wie ein Omchen aus. Sie war klein und eher dünn. Ihr Lieblingskostüm war grau mit einem Spitzenkragen. Ihre weißen Löckchen lagen immer in Form, da sie ihren Friseur, Herrn Schnitter, regelmäßig aufsuchte. Sie trug, um ihre Füße zu schonen, Gesundheitsschuhe der Marke Geh leicht und eine durchsichtige Regenhaube war ihr ständiger Begleiter. Mit richtigen Namen hieß sie Irmgard Binnewies, aber ich nenne sie der Einfachheit halber auch Omchen.

      Nun zu mir. Ich war das Geschenk für diese alte Dame zu ihrem 79. Geburtstag. Urenkel, Enkel und Kinder hatten mich ihr feierlich übergeben. Ich sollte ihren Alltag verschönern, denn Omchen lebte seit Langem allein. Ab jetzt sollte ich sie durchs Leben begleiten – und sie mich.

      Omchen nannte mich Teddy. Mein Gott! Teddy! Gut, ich war einer von der kleineren Sorte, ich war ein Dackel, genauer gesagt ein Rauhaardackel. Doch mein Fell war wuscheliger als bei anderen. Vielleicht kam sie deshalb auf diesen eigenartigen Namen.

      Für mich hat er jedenfalls einen Klang nach Knuddeln, Kraulen, Schmusen … na ihr wisst schon, was ich meine, eben ein typischer Name für ein niedliches Schoßhündchen. Ich war aber keins und wollte auch keins werden.

      Ich war jung und temperamentvoll, doch ich musste bei Omchen aufpassen, mit meinem Temperament: Trieb ich es zu wild und stürmte los, zog ich Omchen an der Leine hinter mir her. Das tat ihrer Gesundheit nicht gut. Sie kam sofort außer Puste und sogar die Frisur verrutschte. Hochrot im Gesicht rief sie dann: »Eine Oma ist doch kein Schnellzug!« Schlechten Gewissens trottete ich dann sofort wieder ruhig und brav neben ihr her. Im Alter sollte man wirklich nicht mehr hinter einem jungen, temperamentvollen Hund herrennen müssen. Das war mir klar und ich versuchte darauf Rücksicht zu nehmen.

Die alte Dame und ich

      Aber langsam kam ich zu dem Schluss, dass ich ein Fehlkauf für Omchen war. Sie war eine Dame, die etwas anderes als mich verdient hatte. Ich strengte mich folglich an, ihren Erwartungen an einen Hund namens Teddy gerecht zu werden und sie gab sich alle Mühe, mit mir Schritt zu halten. So kamen wir prima miteinander aus. Wir mochten uns.

      Ich begleitete also Omchen und sie mich. Jeden Tag drehten wir unsere Runden. Sie kam an die frische Luft und ich auch. Langsam, wegen dem Alter von Omchen, legten wir unsere Strecke zurück.

      Kam uns jemand entgegen, rief sie schon von Weitem mit ihrem dünnen Stimmchen: »Der tut nichts, der will nur spielen!«

      Ich verhielt mich still, aber innerlich dachte ich: »Darauf würde ich nicht wetten. Wenn's drauf ankommt, kann ich sehr wohl beißen, dann ist es aus mit dem Spielen.«

      Bis jetzt gab es dafür aber noch keinen Anlass. Ich brauchte meine Zähne nicht zu zeigen und bemühte mich ein niedlicher, lieber Hund zu sein, der mit seinem Frauchen spazieren geht.

      Am 7. Mai dieses Jahres aber geschah etwas Unvorhergesehenes.

      Wir waren wieder auf Tour, das Omchen und ich, da sah ich von Weitem ein komisches Gefährt auf uns zukommen. Ein alter Herr schob es vor sich her. Noch nie in meinem Leben habe ich etwas Derartiges gesehen. Um es euch zu beschreiben, es sah aus wie ein Stuhl auf Rädern. Für mich sah es bedrohlich aus. Wozu brauchte der Herr das Ding? Vielleicht wollte er uns damit umfahren?

      Diese Fragen beschäftigten mich und ich kam zu dem Schluss, dass es jetzt für mich Zeit war zu handeln. Ich musste uns beide beschützen, dazu war ich verpflichtet. Mein Omchen würde dazu wohl kaum in der Lage sein, zart wie sie war. Die Gefahrenquelle, rollender Stuhl, wurde ins Auge gefasst und ich rannte ihm bellend entgegen.

      Die Leine entglitt Omchen vor Schreck und ängstlich schrie sie recht laut: »Der tut nichts, der will nur spielen.«

      Aber dieses Mal kam es anders. Ich stürmte also dem Ungetüm entgegen und zwickte den alten Herrn ins Bein. Naja, ich zwickte ein bisschen sehr, sagen wir ruhig, ich biss ihn ganz leicht. Er sollte sich vom Acker machen mit diesem komischen Stuhl. Das wollte ich ihm klar zu verstehen geben.

      Das Theater war groß. Alle schrien durcheinander und ich bellte dazu.

      »Ich werde sie verklagen«, schrie der Herr wutentbrannt und schmerzgeplagt. »Schweinerei, die Bestie frei rumlaufen zu lassen. Und dabei noch so tun, als ob das ein Schoßhündchen sei. Das ist hinterhältig und gemein. Dieser Köter sollte einen Maulkorb tragen!«

      Wir beide, Omchen und ich, zogen ab. Der Mann auch – in die entgegengesetzte Richtung. Die kleine, alte Frau war ganz aus der Fassung. Sie zitterte am ganzen Körper vor Angst. Ich zitterte auch – vor Stolz! Ich hatte mir diesen Wahnsinnsbiss nicht zugetraut. Ich zitterte vor Stolz. Und der Mann hatte mich dazu noch Bestie genannt. Irre!

      Wir kamen beide in aufgeregter Verfassung zu Hause an. Omchen ließ sich in den Schaukelstuhl fallen. Sie war erschöpft. Ich nicht. Ich lief zur Hochform auf und rannte durch die Wohnung. Ich hatte es dem alten Mann gezeigt. Gut, hinterher erfuhr ich, dass das Gefährt, das schreckliche Gefährt nur ein Rollator war, also eine Gehhilfe für schwächere Menschen. Aber nach wie vor sah es für mich bedrohlich aus. Der Biss war also gerechtfertigt.

      Nach dieser Geschichte haben mich Omchen und ihre Urenkel, Enkel und Kinder ins Tierheim gebracht, mit der Begründung, die ältere Dame könne mich nicht mehr beherrschen. Sie sei zu schwach und zu gebrechlich.

      Fräulein Binnewies und ich, wir waren traurig wegen der Trennung. Aber ich wusste, es war besser so. Für uns beide. Wir waren zu unterschiedlich.

      Das Tierheim war nicht mein Ding und Gott sei Dank blieb ich nicht lange. Ein kleiner Junge sah mich dort, die Eltern waren entzückt von mir und nahmen mich mit nach Hause. Ich erhielt den würdevollen Namen Badman. Wussten die etwa von meiner Vorgeschichte? Aber Badman war auch irgendwie unpassend für einen Rauhaardackel. Wie verhält man sich nur mit solch einem vielversprechenden Namen?

      Da muss ich mir was ausdenken. Ich überlege noch, wie ich mich an den neuen Namen anpassen will.

      An meine neue Familie habe ich mich ganz schnell gewöhnt und sie sich an mich. Ich kann herumtoben und tollen. Ich bin glücklich, denn ich kann mein Temperament zeigen, ohne ermahnt zu werden. Ich kann endlich einfach ich selbst sein. Und das tut richtig gut.

      Durch Zufall habe ich vor Kurzem von Omchen gehört. Sie hat sich von dem Schrecken erholt, der Mann hat sie nicht verklagt. Im Gegenteil: Man sieht sie jetzt jeden Tag zusammen spazieren gehen. Sie reden, lachen und wenn es bergauf oder bergab geht, dann teilen sie sich sogar diesen Rollator, vor dem ich damals eine Heidenangst hatte – damals. Heute weiß ich Bescheid.

      Dank mir begleitet der ältere Herr jetzt mein Omchen durchs Leben und umgekehrt. Sie sind beide nicht mehr einsam. Ist das nicht wunderbar?

      Und noch was kam mir zu Ohren: Mein Omchen hat von ihren Urenkeln, Enkeln und Kindern zum 80. Geburtstag einen Wellensittich geschenkt bekommen. Alle sind damit zufrieden, denn … der tut nichts, der will nur singen.

      Frau Maier, die Schildkröte

      »Mama,

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