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dich zusammen!“, befiehlt sie sich streng. „Es handelt sich nur um einen ganz dummen Traum. Ich tue besser daran, noch einmal mein Gepäck und die Reisedokumente zu überprüfen. Ich sollte dankbar sein, dass Mère Sophie, meine Oberin, mir die Erlaubnis erteilt hat, praktisch mein restliches Leben im Vatikan zu verbringen, sollte Kardinal Obembe zum Papst gewählt werden.“

      Allzu viel wird sie zwar nicht mitnehmen – in Rom gibt es bekanntlich alles Nötige zu kaufen. Aber es gibt Dinge, die eng mit ihrer afrikanischen Lebensart verbunden sind und die sie in der Fremde schmerzlich vermissen würde. Außerdem sind auch Sachen dabei, die ihr helfen sollen, das nagende Heimweh, vor dem ihr regelrecht graut, etwas leichter zu ertragen.

      „Denn wir haben hier keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suchen wir.“

      (Hebräer, 13, 14)

      Keine Aktion im Vatikan ist aufregender als die Wahl eines neuen Pontifex. Trotz aller Verweltlichung und des um sich greifenden Unglaubens vermag sie die Menschen immer noch zu faszinieren und großes Interesse zu wecken – und beileibe nicht nur bei Katholiken.

      Offenbaren sich hier doch nicht allein die frommen Wünsche und Hoffnungen für das Wohl der Kirche, sondern auch die ganz profanen Bestrebungen der Kurialen sowie ganz nebenbei die oft nicht minder bedenklichen Charakterzüge von so manch angeblich geeignetem Aspiranten.

      Wie immer anlässlich eines solchen Ereignisses zeigt sich der Vatikan als Hort der Intrigen und des Ämterschachers, da die einzelnen Gruppierungen bereits kurz nach dem letzten Atemzug eines verblichenen Heiligen Vaters damit beginnen, allerlei Ränke zu schmieden, um ihren eigenen Kandidaten in Stellung zu bringen, damit dieser den Stuhl Petri besetzen kann.

      In diesem Falle hat das unwürdige Gemauschel schon vor längerer Zeit begonnen, weil der Tod des letzten Papstes infolge seiner schweren Krankheit absehbar schien. Mit wahrem Feuereifer haben sich die Prälaten ins Getümmel gestürzt.

      Insider wissen, dass man dabei durchaus nicht zimperlich verfährt, sondern, wie keineswegs unüblich, zu Überredung, Verleumdung und Bestechung greift; oder, wenn dies nicht fruchtet, dazu übergeht, kaltschnäuzig und erpresserisch einen Gefallen einzufordern, auf den man glaubt, aufgrund einstiger erwiesener Wohltaten ein Anrecht zu besitzen.

      „Do ut des“ ist eine Masche, die sich allgemein, nicht erst seit Anbeginn der Kirche, großer Beliebtheit erfreut.

      „Das Schachern und Feilschen wie auf einem arabischen Basar ist im Konklave seit jeher üblich“, geben die Beteiligten untereinander auch ungeniert zu. „Die Anhänger der einzelnen Kandidaten sondieren, debattieren, agitieren und intrigieren, was das Zeug hält, um den Gewünschten auf den Papstthron zu hieven; was, nebenbei bemerkt, immer ein Spiel mit offenem Ausgang ist. Jede Neuwahl eines Pontifex ist für eine Überraschung gut“, behauptet mit bemerkenswerter Ehrlichkeit ein sogenannter Insider, der seit dreißig Jahren im Vatikan residiert.

      Und das Verhandeln zieht sich hin. Aber damit rechnet sowieso ein jeder, der sich ins Konklave in die Sixtina begibt, die Privatkapelle des jeweiligen Heiligen Vaters.

      Kardinal Obembe ist nicht bange, als sich herausstellt, dass im Konklave augenblicklich eine Art Wettrennen anhebt zwischen den Anwärtern von Manila und Myanmar, letzteres ein überwiegend buddhistisches Land mit etwa fünf Prozent Christen, wobei der Anteil an Katholiken geringer ist als der an Protestanten.

      Vor jedem Wahlgang bemühen sich die jeweiligen Anhänger der ostasiatischen Kardinäle, bei möglichst vielen Konzilsvätern auf Stimmenfang zu gehen. Aber das haben Obembe und seine wenigen Getreuen von vornherein einkalkuliert.

      Den beiden Geistlichen hat man weltweit im Vorfeld die größten Chancen eingeräumt, neuer Papst zu werden.

      Grund dafür ist der Zustand der Kirche, vor allem in Europa, der sich besorgniserregend bis katastrophal zeigt. Massenweise Kirchenaustritte, vor allem nachdem zahlreiche sexuelle Missbrauchsvorfälle an Kindern und Jugendlichen für Aufsehen sorgten, kaum Priesternachwuchs, so gut wie keine Täuflinge, Gleichgültigkeit gegenüber kirchlichen Geboten. Kurz gesagt: die Kirche spielt selbst im alltäglichen Leben von Katholiken kaum noch eine Rolle. Religiöses Brauchtum gilt bestenfalls noch als „folkloristische Zutat“.

      „Der moderne Mensch hat offenbar keine Bindung mehr an Mutter Kirche; vor allem in der westlichen Welt ist dies ein trauriger Fakt“, hat auch der verstorbene Heilige Vater bei jeder Gelegenheit bedauert. Dass die Kirche selbst den größten Anteil an dieser Misere hat, hat er dabei wie viele andere Kirchenobere verschämt verschwiegen, als da waren: Kungeln mit den Mächtigen auf Kosten der Unterprivilegierten, schamlose Anhäufung geradezu wahnwitziger Vermögenswerte, Sex- und Missbrauchsskandale (kaum waren die „alten“ in den Zwanzigerjahren dieses Jahrhunderts einigermaßen aufgearbeitet, kamen in den Dreißigern schon wieder neue hinzu) – und das bei einer nach wie vor rigiden, inhumanen, von den Gläubigen als indiskutabel abgelehnten „Sexualmoral“.

      So scheint im Konklave von Anfang an eine stillschweigende Übereinkunft zu herrschen, dass es dieses Mal ein Papst von einem „farbigen“ Kontinent sein müsse, um das leckgeschlagene Boot Sancta Ecclesia wieder einigermaßen flott zu bekommen und in ruhigeres Fahrwasser zu steuern.

      Da ist zum einen der Anwärter aus Manila – Hauptstadt der Philippinen mit achtzig Prozent Katholiken und fünf Prozent Moslems – ein kleiner rundlicher Filipino, Typ „Teddybär“, mit einem Dauerlächeln im breitflächigen Gesicht, das über seine nur Eingeweihten bekannte Gefühlskälte bestens hinwegtäuscht. Ihn hat man insgeheim schon als künftigen Papst gesehen. Zumindest solange, bis sich die Fraktion des Kardinals aus Myanmar ganz stark in Stellung brachte …

      Als einer der Anhänger Obembes, ein Kardinal aus Südafrika, der sich selbst keine Chancen ausrechnet, glaubt, ihm Mut zusprechen zu müssen, winkt dieser lächelnd ab: „Gewiss, Bruder, an Kandidaten, die man als papabile einschätzt, mangelt es nicht. Aber keine Sorge, mein Freund! Auch ich kenne das römische Sprichwort: ‚Wer als Papst ins Konklave geht, kommt als Kardinal wieder heraus.’ Meine Stunde kommt noch.“

      Der hochgewachsene attraktive Mann vom Schwarzen Kontinent, aus Ghanumbia, beweist damit beinahe römische Gelassenheit und Pragmatismus. Eine Haltung, die ihm schon als junger Priester, der eine Zeitlang in Italien, auch in Rom, seinen kirchlichen Dienst versehen hat, mächtig imponiert hat und die er sich sofort zu eigen gemacht hatte, etwa: „Morto un Papa, se ne fa un altro!“, übersetzt: „Wenn ein Papst stirbt, macht man eben einen anderen!“

      Auch Obembes Unterstützer sind keineswegs untätig.

      Je verbissener der Kampf zwischen den beiden „Gelben“ aufflammt, desto eifriger bemühen sich die „Schwarzen“ um Stimmen für ihren Kandidaten, der bis jetzt für die meisten asiatischen und europäischen Anwesenden noch ein ziemlich unbeschriebenes Blatt ist.

      Eine Tatsache, die ihn nebenbei bemerkt deutlich von Patrice Obembe unterscheidet, seinem dreiundsiebzig Jahre alten Vater, seit etwa vier Jahrzehnten unangefochtener Präsident von Ghanumbia, einem nicht ganz unwichtigen Staat in Ostafrika, in dem über neunzig Prozent der Bevölkerung dem katholischen Glauben angehören. Dazu kommen etwa vier Prozent Protestanten und der Rest sind Animisten.

      Den schlauen alten Fuchs kennt längst alle Welt. Hat er es doch in den letzten fünfundzwanzig Jahren verstanden, sein Land geradezu in einen afrikanischen Musterstaat zu verwandeln.

      Was in den New York Times erst kürzlich auf der ersten Seite zu lesen war, hat den Kardinal mit großem Stolz auf seinen Erzeuger erfüllt: „Die Bewohner Ghanumbias sind mit ihrer Regierung sehr zufrieden; niemand strebt offenbar einen Wechsel an der Staatsspitze an, denn ‚Papa Patrice’ sorgt nicht nur für Frieden mit den Nachbarstaaten, sondern auch für Arbeitsplätze und einigermaßen Wohlstand für die Bevölkerung.

      Die Löhne, die den Arbeitern gezahlt werden, erlauben ihnen zwar keine Anhäufung von Reichtümern, aber garantieren ihnen und ihren Familien ein menschenwürdiges Auskommen. Selbst die Meinungsäußerungen in den Medien können sich relativ frei entfalten.

      Es

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