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Leo XIV. in lässigem Plauderton gerade von sich gibt, irritiert den Arzt und macht ihn ziemlich nachdenklich.

      Eines steht fest: Physisch ist der Heilige Vater in Topform; was allerdings seine Psyche anbelangt – das wird er als verantwortlicher Leibarzt genauer im Auge behalten müssen. Irgendetwas scheint ihm da womöglich gerade außer Kontrolle zu geraten.

      Es existiert das Arztgeheimnis und Schwester Monique wird er natürlich nichts davon verraten. Und nicht nur aus einem Gefühl der Animosität heraus, wie sie vielleicht irrtümlich annehmen mag; sondern um ihr keine Angst einzujagen und damit ihr künftig im Vatikan mit Sicherheit äußersten Strapazen ausgesetztes Nervenkostüm zu destabilisieren. Leicht wird ihr Leben nämlich nicht werden – davon geht der Doktor aus. Das würde sich wiederum auf seinen Patienten negativ auswirken. Etwas, das er auf alle Fälle verhindern muss.

      Eigentlich hätte er sie früher selbst gerne als Geliebte gehabt; aber das wird sie niemals auch nur im Entferntesten erahnen können und auch der Papst hat keine Ahnung davon. Anoussinte wird Monique im Gegenteil immer so behandeln, als verachte er sie im Grunde, als sei sie ihm lästig und von Herzen zuwider. Was so nicht stimmt: Mittlerweile ist sie ihm eher gleichgültig geworden.

      Welchen Weg würde Leo XIV. einschlagen?

      Den des friedlichen Konsenses, wovon die meisten, zumindest bis zu seiner denkwürdigen Predigt – und merkwürdigerweise danach immer noch –, ausgehen. Oder wird er sich tatsächlich als der konsequente Befürworter einer beinharten Auseinandersetzung erweisen, deren Ausgang natürlich nur in einem für die Kirche siegreichen bestehen dürfte?

      Wobei letzteres von einer nicht ganz kleinen, aber im Moment noch stillen Minderheit der Hardliner erwartet, erhofft und geradezu herbeigesehnt wird …

      KREUZZEICHEN

      „ … und des Sohnes, …“

      Nach Jahren und Jahrzehnten angeblicher und leider auch realer, punktuell immer aufs Neue aufflackernder „Glaubenskriege“ zwischen Christen und Moslems sowie zwischen Muslimen und Muslimen, ohne ein endgültiges Ergebnis, hat sich unter den einst Gewaltbereiten ein deutlich spürbarer Überdruss breit gemacht. Und zwar auf allen Seiten.

      „Inzwischen sind, Allah sei gepriesen, die Selbstmordattentäter eines pervertierten Islam ausgestorben“, behauptet etwa ein hoher Imam an der Großen Moschee von Köln gegenüber Manfred Weidenmann, einem Starreporter und -moderator des ZDF, in einem zur besten Sendezeit ausgestrahlten Fernsehinterview.

      Recht hat er! Kein vernünftiger junger Mensch ist noch, anders als beispielsweise noch vor zwanzig Jahren, ohne weiteres dafür zu begeistern, sein eigenes und das Leben anderer für eine irrwitzige, pseudoreligiös verschleierte Idee zu opfern.

      Einer Wahnidee zumal, der überwiegend alte Männer des Islamischen Staates, kurz IS, zu huldigen schienen, während diese selbst gut geschützt aus der Deckung heraus Hetztiraden und todbringende Aufrufe gegen „die Ungläubigen“ unters ungebildete, dumpf-gläubige Muslimvolk streuten, die ihre meist sehr jungen männlichen Anhänger zu Tausenden das Leben kosteten – ganz abgesehen von einer Menge vollkommen Unschuldiger, die jeweils rücksichtslos und bewusst dem Verderben preisgegeben wurden.

      Der bekannte Fernsehmoderator Weidenmann holt weiter aus:

      „Während die Märtyrer des frühen Christentums sich wenigstens damit begnügt haben, allein oder mit ein paar Gleichgesinnten für ihre religiösen Überzeugungen den Weg des Martyriums zu beschreiten und freiwillig in den Tod zu gehen, ließen es sich die einstigen Allahu-akbar-Schreier angelegen sein, möglichst viele Ahnungslose mit ins Verderben zu reißen … Es handelte sich einfach um ‚religiös verbrämten Terror nur um des Terrors willen’.“

      Da will der Imam, offenbar einer von der aufgeklärten Sorte, nicht widersprechen: „Es ist leider wahr, heimtückische Bombenattentate auf belebten Märkten, in Kaufhäusern, in ‚Fun-Parks’, auf Volksfesten, in Moscheen, bei Hochzeiten mit zahlreichen Gästen oder bei Bestattungen mit einer Vielzahl an Trauernden, sind ja leider schon Alltag gewesen!“

      Der Moderator beendet den Beitrag mit folgenden Worten:

      „Man kann durchaus von einer Pest des ausgehenden 20. Jahrhunderts sprechen, die bis in die Anfänge des 21. Jahrhunderts, ja, noch bis vor kurzem andauerte! Keiner vermag zu prophezeien, ob diese Seuche gänzlich ausgerottet ist oder ob sie nicht erneut jederzeit wieder ausbrechen kann. Es soll immer noch fanatische Anhänger des IS geben.

      Man hofft und will nur allzu gern daran glauben, dass es durchaus Anzeichen dafür gibt, das Pontifikat Leos XIV. könne unter einem guten Stern stehen, zumindest was Verständigungsbereitschaft, Toleranz und Friedenswillen gegenüber allen anderen Glaubensgemeinschaften anbelangt!“

      „Woher der Mann nur seinen Optimismus nimmt?“, mögen sich daraufhin einige, weniger Gutgläubige, gefragt haben …

      Immerhin scheint man dem Papst aus Afrika allgemein zuzutrauen, auf die repräsentativen Vertreter anderer Religionen, vor allem des Islam, zuzugehen, um mit ihnen einen dauerhaften Frieden zu schließen. Und man scheint gar nicht zu bemerken, dass es hier bereits hakt: Wer sollen denn beispielsweise die „Repräsentanten des Islam“ sein? Es gibt sie doch überhaupt nicht.

      Der Islam kennt keine vergleichbare hierarchische Gliederung wie man es vom Christentum, vor allem vom Katholizismus kennt.

      Es gibt keine letzte Instanz, die für eine verbindliche, allgemeingültige Auslegung des Korans zuständig wäre; die Interpretationsmöglichkeiten der Imame und Mullahs eines jeden moslemischen Landes sind äußerst vielfältig – von den beiden einander ohnehin spinnefeind gesinnten Glaubensrichtungen der Schiiten und Sunniten einmal ganz abgesehen.

      Nach Jahren der Resignation bei den großen christlichen Kirchen macht sich seit Leos Pontifikat erneut Hoffnung breit auf Restauration und vor allem göttlichen Beistand für den Bestand und die weltweite Verbreitung des katholischen Glaubens und der Institution Kirche überhaupt.

      Da kann es schon mal passieren, dass man nicht immer so genau hinhört oder den Sinn des Gesprochenen ein wenig nach den eigenen Vorstellungen zurechtbiegt und uminterpretiert …

      „Die Menschen hören in aller Regel zumeist nur das, was sie hören wollen!“, behauptet selbst Papst Leo. „Alles andere wird ausgeblendet. Zumal es mir doch ausgezeichnet gelungen ist, mich bei den Leuten durch eine ganz andere Aussage wieder als ‚guter Papst’ in Erinnerung zu bringen! Eine Binsenweisheit, die für alle Zeiten Gültigkeit zu haben scheint – und die nicht wenige Demagogen sich immer schon zu Nutze gemacht haben!“

      Monique weiß genau, worauf ihr Geliebter anspielt. Nachdem das in früheren Jahren widerliche und ausgesprochen heikle Thema „Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche“ immer wieder hochgekocht war, war eine gewisse Zeit der Gemüterberuhigung eingekehrt. Aber neuerdings hatten sich wiederum Vorfälle ereignet, bei denen Priester erneut als Sexualstraftäter in Erscheinung getreten waren.

      Ehrlicherweise musste Schwester Monique Seiner Heiligkeit zugutehalten, dass er, seit sie ihn kannte, stets mit großem Abscheu über diese Männer gesprochen hatte: „Absolut verwerflich sind solche Vergehen; zumal an unschuldigen Kindern!“

      Als neulich wiederum derartige, auf keinen Fall zu billigende Taten an die Öffentlichkeit drangen, hatte Leo XIV. einen regelrechten Wutanfall bekommen. So außer sich hatten ihn Monique und sein Diener Paddy Lumboa lange nicht mehr erlebt.

      Regelrecht explodiert war der Heilige Vater. Ausreden über „krankhafte Veranlagung“ dieser Täter ließ er nicht gelten.

      „Wer so empfindet, hat die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, sich fachärztlich behandeln zu lassen! Wer nicht therapierbar ist, muss sich von Kindern und Jugendlichen fernhalten und gegebenenfalls sogar als Seelsorger zurücktreten!“

      Außerdem forderte Leo XIV. strengste Bestrafung für überführte Täter – und zwar nach einem Prozess vor einem weltlichen Gericht – „und nicht bloß eine wachsweiche Abmahnung durch den jeweiligen kirchlichen Vorgesetzten und eine

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