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wurden.

      Unter der Zuständigkeit des französischen Präfekten Eugène Poubelle befand sich im Jahr 1883 auch die Stadt Paris. Um die hygienischen Zustände einer wachsenden Bevölkerung zu verbessern, erließ er im selben Jahr eine Verordnung, wonach jedes Haus über einen „Kehrichtkasten“ für seine Bewohner verfügen musste, in dem der Unrat abgelegt wird. Die Länge und Breite, die Farbe und das Material waren vorgeschrieben sowie, wann der Hauswart diesen vor die Haustür zu stellen hatte. Die Form dieser ersten Pariser Abfalleimer ähnelten einem überdimensionierten, abdeckbaren Blumenkasten mit zwei Tragegriffen an den Seiten, auf denen auch die Straßennummer angebracht war.

      Diese an sich sehr lobenswerte Erfindung wurde allerdings– wie sollte es auch anders sein – nicht überall wohlwollend aufgenommen. So berichtet die Zeitung Der Vorarlberger am 22. Februar 1884, knapp zwei Monate nach Inkrafttreten der Verordnung, dass hauptsächlich eine Berufsgruppe gegen diese neue Einrichtung protestierte: die Lumpensammler.9

      Vom 16. Jänner ist die Abfuhr des Kehrichtes auf drei weitere Jahre verpachtet und da heißt es in den Artikeln 18 und 19 des Vertrages ausdrücklich: „Die Unternehmer haben das Recht auf die vollständige Überlassung des Kehrichtes und können daher diejenigen gerichtlich verfolgen, welche Bestandteile desselben wegschaffen.“ Dadurch ist das Lumpensammeln thatsächlich unter Strafe gestellt und unmöglich gemacht.

      Lumpensammler waren über Jahrhunderte entscheidend für den Buchdruck. Alte Lumpen, die sich zum Tragen nicht mehr eigneten, wurden als Rohstoff für die Papierherstellung verwendet. Damit war dieser Abfall wie auch beispielsweise Pferdekot ein Rohstoff, mit dem sich die Armen ihren Unterhalt verdienen konnten. Und die geschätzten Erlöse der Lumpensammler lagen im Jahr 1883 in Paris bei fast vier Millionen Francs im Jahr.10 Und das hatte ihnen der Präfekt nun per Verordnung weggenommen. Kein Wunder, dass es zu Anschuldigungen kam.

      Das Ergötzlichste bei der Sache ist immerhin die Entrüstung der Radikalen über den Präfekten Poubelle, der durch die Verordnung sich eines ungeheuren Amtsmißbrauches schuldig gemacht haben soll.

      Auch im deutschsprachigen Raum waren Lumpensammler vielen Verordnungen unterworfen. Egal, ob Schlesien, Preußen, Danzig, Nassau oder Breslau, um nur ein paar der Polizeigesetze oder fürstlichen Verordnungen zu nennen, diese Länder regelten, was Lumpensammler wann und wo an Unrat aufsammeln und verwerten konnten. Auswärtigen Lumpensammlern wurde die Ausübung der Tätigkeit meist unter Androhung von Strafe untersagt. Zahlreiche Polizeiberichte geben Zeugnis von tatsächlichen oder vorgeblichen Übertretungen durch die Lumpensammler. Der Wächter – Polizeianzeiger für Norddeutschland nennt für das Jahr 1852 die Fallzahlen für Preußen:11

      19,732 Krämer und Lumpensammler zogen 1852 allein in Preußen umher und 9917 Musikanten machten gewerbeweise in Wirthshäusern Musik.

      Eine Zeile weiter in diesem Artikel „Die Lage der Wandergesellen“ versteht man aber auch gleich, wieso Lumpensammler und herumziehendes Volk so stark reguliert wurden und unter Polizeibeobachtung standen.

      Mit unglaublicher Schnelligkeit verbreiten diese fahrenden Leute, wie das Mittelalter sie genannt haben würde, Einfälle und Bemerkungen, Nachrichten und geistige Richtungen, welche Censur und Preßpolizei in den Tagesblättern unterdrückt, über ganz Deutschland bis in die kleinste Stadt, bis in das kleinste Dorf; sie sind das für ein Land, was das Männercasino oder der Frauencaffee für die Stadt ist und die Spinnstube für das Dorf war. Wer aber achtet auf sie. Wer geht ihnen nach?

      Poubelles Erlass löste als Nebeneffekt dieses „Problem“. Auch wenn sich an der Verordnung zur Einrichtung von „Kehrichtkästen“ und der Auftragsvergabe an ein Privatunternehmen nichts mehr rückgängig machen ließ, die „Rache“ der Lumpensammler an Poubelle war eine andere: Im Jahr 1890 nahm das französische „Große Universalwörterbuch des 19. Jahrhunderts“ von Larousse das Wort „Poubelle“ als Bezeichnung für Mülleimer in sein Register als Eintrag auf. Bis heute heißt „poubelle“ im Französischen Mülleimer.

      Was Jackie Chan wirklich umhaut

      Erinnern wir uns noch an diese Pandemie, die für den besseren Teil von 2020 und 2021 weltweit das Leben und die Wirtschaft über Monate lahmlegte? Genau das passiert, wenn man für eine ansteckende Krankheit keinen Impfstoff hat. Was für uns moderne Menschen Covid-19 ist, waren vor 100 Jahren die Spanische Grippe, Masern, Pocken, Tuberkulose oder Röteln. Für uns stellen diese damals oft tödlichen Krankheiten meist keine direkten Erfahrungen mehr dar, weil wir dafür Impfstoffe, Medikamente und Behandlungsmethoden entwickelt haben. Wir kennen heute in der entwickelten Welt zumeist niemanden, der durch solche Krankheiten entstellt worden war. Anfang des 20. Jahrhunderts waren Menschen, die solche Krankheiten erfahren hatten, im Alltag nicht zu übersehen.

      Das führt zu einer Unterschätzung der Gefahren, die von diesen – manche von ihnen verharmlosend „Kinderkrankheiten“ genannten – Viruserkrankungen ausgehen. Und damit überschätzt man die Gefahren, die von Impfungen ausgehen. Funktionierende Maßnahmen, die eine Pandemie und schwere Erkrankungen gar nicht erst ausbrechen lassen, sieht man nicht direkt. Sie zeichnen sich durch ihre Abwesenheit aus. Einzelne Fälle, die unter Millionen von Geimpften durch Impfnebenwirkungen auftreten, finden dann besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, die eine ganz besondere Form an Menschen hervorruft: die Impfgegner. Man glaube bloß nicht, diese seien eine Erscheinung unserer Zeit. Es gibt sie bereits so lange, wie es Impfungen gibt.

      Bereits die österreichische Kaiserin Maria Theresia beschäftigte sich mit diesen Krankheiten. Sie selbst steckte sich durch den Kontakt zu ihrer an Blattern (auch als Pocken bekannt) erkrankten und dann daran verstorbenen Schwiegertochter Josepha mit dieser Krankheit an. Ohne Impfung sollte ein Drittel aller an Blattern Erkrankten nicht genesen. Maria Theresia aber gesundete, wenn nun auch durch Pockennarben entstellt. Wegen der Gefährlichkeit dieser Krankheiten, die mehrere Mitglieder der Kaiserfamilie dahingerafft hatten, bemühte sich die Regentin um ein Gegenmittel. Im Jahr 1718 hatte Lady Mary Wortley Montagu als Gattin des britischen Gesandten in der Türkei von der aus Asien stammenden „Inokulation“ gehört, bei der Viren aus den Wunden von an Pocken erkrankten, aber genesenen Menschen in kleine Wundritzen gerieben wurden.12 Vom britischen Königshaus ausgehend hatte sich die Inokulation dann von einem Kaiserhaus zum anderen weitergesprochen, auch wenn das Risiko mit zwei bis drei Prozent Erkrankungen bei den so Inokulierten im Vergleich zu heutigen Standards immer noch vergleichsweise hoch war. Als im Jahr 1796 dann dem englischen Landarzt Edward Jenner der Durchbruch mit Impfungen gelang, bei denen noch weiter abgeschwächte Viren per Injektion verabreicht wurden, begannen die Krankheiten an Schrecken zu verlieren.13 Im Jahr 1807 führte dann Bayern als erstes Land weltweit die Impflicht ein, gefolgt von Hessen und Preußen. Kaiser Wilhelm unterzeichnete im Jahr 1874 das Reichsimpfgesetz.

      Der englische Name für Impfungen „vaccinations“ stammt übrigens von der Quelle der ersten Impfstoffe. Es war schon länger bekannt, dass Melkerinnen, die sich mit Kuhpocken angesteckt hatten, nicht an Pocken erkrankten. Die ungefährlichen Kuhpocken dienten dann als Grundlage für den Impfstoff. Der lateinische Name für „von der Kuh“ lautet „vaccinus“, und Jenner wählte „vaccination“ als Bezeichnung für diese Form der Immunisierung.

      Doch selbst 100 Jahre nach Einführung der Impfplicht in Bayern blieb der Widerstand groß. Die Wiener Montags-Post veröffentlichte am 4. November 1907 gleich auf der Titelseite einen großen Leitartikel, der unter dem bedrohlichen Titel „Ein ernstes Wort zu rechter Zeit“ für die Impfgegner Partei ergriff. Nachdem eine Blatternepidemie ausgebrochen war, hatte sich der Hohn und Zorn der Abgeordneten im niederösterreichischen Landtag auf die Impfgegner ergossen. Mit dem (anonymen) Leitartikler der Montags-Post war da nicht zu spaßen! So schreibt er dort:14

      In diesem Zwecke bediente [die orthodoxe Medizin] sich der Presse, die – im guten Glauben an den angeblichen Segen der Impflanzette – ihr auch diesen Liebesdienst erwies. In der „Wiener Allgemeinen Zeitung“ vom 5. September d. J. wird die aufopferungsvolle Kulturarbeit der Impfgegner, also auch die der zahlreichen impfgegnerischen Ärzte und Professoren als ein „verbrecherisches Treiben“ bezeichnet.

      Im

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