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Würden zudem die Kosten für iatrogene Erkrankungen mit einfließen, also die Kosten, die durch ärztliche Kunstfehler und vor allem durch Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten auftreten, dann dürfte die Kosten-Nutzen-Analyse eindeutig zugunsten der Homöopathie ausfallen. Eine erste solche Untersuchung aus den USA konnte beispielsweise 2001 zeigen, dass dort über 250.000 Menschen jährlich an iatrogenen Erkrankungen starben, was somit bei den Amerikanern die dritthöchste Todesursache nach Krebs und Kreislauferkrankungen darstellte.3 Eine aktuelle Studie zeigt noch bedenklichere Zahlen (siehe →hier). Die Toten sind dabei nur die Spitze eines morbiden Eisbergs. Nebenwirkungen von schulmedizinischen Medikamenten dürften mit großer Wahrscheinlichkeit zu extrem hohen Folgekosten führen. Der Schlussbericht der Schweizer kam zu folgendem Ergebnis: »Die insgesamt befürchtete Kostenzunahme in der Grundversicherung während der PEK-Laufzeit durch die Kosten für die KM [Komplementärmedizin] ist nicht eingetreten.«2

      Die vollständige Schlussbewertung der Homöopathie

      »Aus konventioneller, naturwissenschaftlicher Sicht gibt es für die Homöopathie keinen plausiblen Wirkmechanismus. Dennoch gilt das Fehlen von Plausibilität nicht als Beweis für die Unwirksamkeit und stellt kein zwingendes Kriterium innerhalb einer EBM [Evidence based medicine = Medizin, die auf einem Wirksamkeitsnachweis mittels klinischer Studien beruht] dar. Die in der Literatur analysierte Wirksamkeit führt in der Metaanalyse der placebokontrollierten Studien zu einem negativen und unter Einbezug des anderen Erkenntnismaterials im Rahmen des Bewertungsberichtes zu einem positiven Ergebnis[!]. Die Nachfrage für die Homöopathie ist in der Schweiz verhältnismäßig hoch. Das klinische Schädigungspotenzial der besonderen Arzneimitteltherapie ist in der Hand ärztlicher Grundversorger zu vernachlässigen. Die Klientel ist breit, dennoch bilden Kinder mit ihren typischen Erkrankungen und Frauen mit psychischen Störungen, Schwangerschaft und postmenstruellen Beschwerden Schwerpunktanwendungen. Diesen Indikationsgebieten stehen im konventionellen Bereich oft gar keine Alternativen oder nur medikamentöse Behandlungen mit einem beträchtlich höheren Risikopotenzial als Homöopathika zur Verfügung.«2

      Politische Manöver von Lancet und Schweizer Bundesrat?

      Nachdem die Schweizer Studiendaten ergeben hatten, dass Homöopathie und Pflanzenheilkunde der Schulmedizin gegenüber in der Praxis mindestens gleichwertig, wenn nicht in bestimmten Bereichen gar überlegen sind, und selbst der Schlussbericht mit typischer schweizerischer Zurückhaltung »vorsichtig positiv« zugunsten der Komplementärmedizin ausfiel, sollte es nachdenklich stimmen, dass der Schweizer Bundesrat in der Folge beschlossen hatte, alle komplementärmedizinischen Methoden (KM) aus der gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen. Seine Begründung: Die Wirksamkeit der komplementären Medizin sei durch diese eine Studie von A. Shang ja nun doch nicht wirklich belegt und damit könne die Alternativmedizin auch nicht wirtschaftlich sein. Der Schweizer Bundesrat kam also zu genau der entgegengesetzten Erkenntnis wie der Schlussbericht seines Expertenteams. Das wirft die Frage auf, ob diese Entscheidung, wie auch die recht dramatische redaktionelle Beurteilung der problematischen Metaanalyse im Lancet, nicht politisch motiviert war.

      Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Zum einen haben klassische Naturwissenschaftler ein epistemologisches, also wissenschaftlichphilosophisches oder erkenntnistheoretisches Problem mit der Homöopathie. Und selbst wenn sich in immer mehr wissenschaftlichen Studien bestätigen sollte, dass die Homöopathie doch wirkt, dürfte es schwerfallen, nach 200 Jahren heftigsten Kampfes gegen diese Scharlatanerie plötzlich einzulenken und zuzugeben, man habe die ganze Zeit über falsch gelegen. Da ist es sicherlich erst einmal besser, Augen und Ohren gegenüber dem Fortschritt zu verschließen und mit einer dubiosen Analyse von nur acht Studien und großem Fanfarengetöse in einem renommierten Fachblatt das Ende der Homöopathie heraufzubeschwören.

      Wenn die WHO dann auch noch plante, einen Report zu veröffentlichen, der Homöopathie und konventionelle Medizin gleichwertig nebeneinanderstellen will, und die Ergebnisse einer jahrelang laufenden Schweizer Studie diese Erkenntnisse zudem noch bekräftigen, dann ist das geradezu gefährlich. Nicht so sehr für die Ärzte, deren Mehrzahl nach wie vor heilen will. Sollte sich die Homöopathie als wissenschaftlich effektiv erweisen, könnte dies den für sie noch zusätzlichen Bonus haben, mehr für die aufwändigere Konsultation berechnen zu können. Sich Zeit für seine Patienten zu nehmen, würde endlich wieder einmal honoriert werden. Für die Krankenkassen sei es ebenfalls unproblematisch: Als wirtschaftlich orientierte Unternehmen wollen sie natürlich Behandlungskosten sparen, und da die Kosten-Nutzen-Analyse eindeutig zugunsten der Komplementärmedizin ausfällt, würden nicht nur von den privaten Versicherungen, sondern zunehmend auch von den öffentlichen Kassen, wie beispielsweise der Deutschen BKK, die Kosten für die homöopathische Behandlung übernommen werden.

      Nein, am härtesten trifft es, das wird ja aus der Schweizer Studie offensichtlich, die Pharmaindustrie. Denn gerade bei den Kosten für Medikamente wird bei der Anwendung von Homöopathika jede Menge Geld gespart. Nun ist die Schweiz ja Ursprungs- und Heimatland etlicher großer Pharmakonzerne, die sicherlich mit Unbehagen beobachten dürften, wie billige Außenseitertherapien beginnen, ihre Marktanteile wegzufressen. Da könnte es dann schon sein, dass hier Druck auf die Politik ausgeübt wird, und es ist auch im Rahmen des Vorstellbaren, dass die Politik sich dadurch beeinflussen lässt. Auf jeden Fall wollte man ganz offensichtlich weitere Forschung zur Homöopathie unterbinden, das Vertrauen der Patienten erschüttern und den Zugang zu dieser effektiven und nebenwirkungsarmen Therapieform erschweren. Gegen die Entscheidung des Schweizer Bundesrates lief umgehend ein Volksbegehren und am 17. Mai 2009 hat sich eine überwältigende Mehrheit der Schweizer Bevölkerung in einem Volksentscheid für die Verankerung der Komplementärmedizin (und damit auch der Homöopathie) in die Verfassung ausgesprochen.

      Wissenschaftler und Ärzte wiesen die Lancet-Studie sofort zurück

      Der schweizerische Verein homöopathischer Ärzte (SVHÄ) hatte bereits vor Publikation der Studie gravierende und formale Mängel an derselben offengelegt. Das Forschungsdesign werde der Homöopathie nicht gerecht. In einer Stellungnahme der British Faculty of Homeopathy, die die englischen Homöopathen vertritt, äußerte Dr. P. Fisher, klinischer Direktor des Royal Homeopathic Hospital in London, den Verdacht, die Analyse sei voreingenommen und versuche, die Homöopathie unglaubwürdig zu machen. »Die hochtrabende Zusammenfassung, Homöopathie sei nur Placebo-Medizin, basiert nicht auf 110 klinischen Studien, sondern nur auf acht.«4

      Der Deutsche Zentralverband homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) schrieb in seiner Stellungnahme, etliche andere Metaanalysen und Übersichtsarbeiten seien zu genau dem gegenteiligen Ergebnis der Lancet-Studie gekommen.5 Ein ähnliches Ergebnis wie in der Schweizer PEK-Studie habe sich bereits in einer deutschen Studie gezeigt: Der Verlauf chronischer Erkrankungen unter homöopathischer Behandlung – Ergebnisse einer prospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie.6 Die Untersuchung zeige, dass die homöopathische Behandlung hinsichtlich der Effektivität der konventionellen Methoden mindestens gleichwertig sei, teilweise sogar überlegen.7

      Auch etliche prominente amerikanische Wissenschaftler äußerten Kritik an der Studie im Lancet. Zwar sei die Metaanalyse des Berner Teams geeignet, Schlüsse über die Wirksamkeit der Schulmedizin zu ziehen, aber sie sei nur bedingt von Nutzen bei der Beurteilung der Homöopathie. Kriterien, wie sie für eine qualitativ hochwertige Homöopathie-Forschungsstudie notwendig wären und die das Wesen der homöopathischen Therapieweise berücksichtigten, wurden nicht beachtet. Man könnte es mit einer Studie vergleichen, die die Wirkung von Penicillin bei Patienten mit allgemeinen Symptomen einer Infektion testet. Selbst wenn die Qualität der Studie generell hochwertig wäre, sie würde nur bei einem sehr kleinen Teil der Patienten eine positive Wirkung zeigen, nämlich nur bei denen mit einer bakteriellen Infektion, die auf Penicillin anspricht. Eine Metaanalyse von solchen Studien zur Wirkung von Penicillin könnte hier dann auch nur unspezifische Placebo- oder Kontexteffekte nachweisen, da die Studien nicht die spezifische Natur des Wirkstoffs berücksichtigen, so Dr. Iris Bell von der Universität von Arizona.

      Roy Rustum, renommierter Materieforscher der Penn State University, fand härtere Worte. Die Erörterungen zur Chemie seien wissenschaftlich falsch. »Der redaktionelle Inhalt des Lancet, soweit er sich auf die Homöopathie bezieht, stützt sich auf eine recht veraltete Idee aus dem neunzehnten Jahrhundert, dass die Aufnahme fremder Moleküle die einzige Art

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