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gegen die Organisation hier nach Börneburg gekommen sind”, ergänzte Melnik. “Dieses Syndikat hat den Schwerpunkt seiner sogenannten unternehmerischen Tätigkeiten zwar eher in Berlin oder Frankfurt, aber alle wichtigen Personen, die mutmaßlich an der Spitze stehen, befinden sich hier in Börneburg.”

      “Jörn Savonian allerdings nicht freiwillig”, warf Rudi ein.

      “Seine Frau ist hier hin gezogen, hat hat eine große Villa am Stadtrand bezogen. Eigene Kinder hat er keine. Aber sein Neffe Selim war immer so etwas wie ein Ersatz-Sohn.”

      “Halten Sie es für möglich, dass Selim Savonian verhindern will, dass der große Boss nochmal aus dem Knast kommt?”, fragte ich. “Ich meine, es dürfte ihm kaum gefallen, die Kontrolle über die Geschäfte wieder abzugeben!”

      “Ich kann nicht beurteilen, wie groß die Chance wirklich ist, dass Jörn Savonian wieder freikommt…”

      “Franz Lutterbeck glaubte glasklare Beweise zu haben”, sagte ich. “Und unser Gerichtsmediziner Gerold Wildenbacher, der die Berichte der ersten Untersuchung prüfen sollte, bestätigt das.”

      “In diesem Fall hätte Selim Savonian sogar seinerzeit ein Motiv dafür gehabt, seinen Onkel hereinzulegen und dafür zu sorgen, dass er für einen Mord verurteilt wurde, den er vermutlich nicht begangen hat”, ergänzte Rudi.

      “Das widerspräche allerdings dem sehr engen Verhältnis, das Jörn Savonian zu Selim immer hatte”, sagte Kommissar Dennerlein. “Wir wissen, dass Frau Savonian sich diversen Behandlungen unterzogen hat, um doch noch schwanger zu werden. Vergeblich. Jörn hat in Selim den Sohn gesehen, den er selbst nicht hatte. Selim dürfte einer der wenigen Personen sein, denen Jörn absolut vertraut hat. Übrigens sorgt Selim auch für den Unterhalt der Villa, in der Frau Savonian jetzt wohnt, was ebenfalls dafür spricht, dass das Verhältnis nach wie vor eng ist. Außerdem wird das durch die Aufzeichnungen über die Besuche in der Haftanstalt belegt.”

      “Selim besucht seinen Onkel regelmäßig?”

      “Natürlich. Und seine Frau ebenfalls”, erklärte Dennerlein.

      “Langsam wird mir klar, weshalb Jörn Savonian mit uns nicht über sein persönliches und geschäftliches Umfeld reden wollte”, meinte ich.

      “Glaubst du, er ist so naiv, dass er nicht ahnt, dass da irgendetwas faul ist und gegen ihn gelaufen ist?”, fragte Rudi.

      Ich zuckte mit den Schultern. “Vielleicht will er das einfach noch nicht wahrhaben.” Ich wandte mich an Kommissar Dennerlein und Dienststellenleiter Melnik. “Welche Rolle spielt Frau Savonian in der ganzen Angelegenheit?”

      “Unseren Erkenntnissen nach hat sie immer loyal auf der Seite ihres Mannes gestanden, aber sich nie in Geschäfte eingemischt.”

      “Ich finde, wir sollten dringend mit ihr sprechen, Harry”, fand Rudi. “Zum Beispiel würde mich brennend interessieren, wie weit sie in die Pläne von Franz Lutterbeck eingeweiht war, den Fall ihres Mannes nochmal aufzurollen.”

      32

      Die herrschaftliche Sandsteinvilla lag am Rand von Börneburg auf einem weitläufigen, hügeligen Grundstück. Frau Elizabeth Savonian residierte inmitten eines Anwesens, das anderen Leuten als Golfplatz genügt hätte. Es gab ein Haupttor, durch das wir eingelassen wurden, nachdem wir über eine Sprechanlage mit einem Bediensteten geredet und unsere Ausweise in die Überwachungskamera gehalten hatten. Wir fuhren bis zum Haupthaus. Daneben gab es noch eine sehr großzügig angelegte Garage und ein weiteres Nebengebäude, das vermutlich der Unterbringung von Personal diente.

      “Die Geschäfte der Organisation scheinen nicht schlecht zu laufen, wenn Selim in der Lage ist, Frau Savonian den Unterhalt dieses Anwesens zu bezahlen”, meinte ich, während ich den Dienst-Porsche in einer der durch Blumenkübel voneinander abgegrenzten Besucher-Parkbuchten abstellte.

      “Du vergisst, das Frau Savonian durch die Verhaftung ihres Mannes kaum finanzielle Verluste hat hinnehmen müssen”, gab Rudi zu bedenken.

      Rudi hatte Recht.

      Jörn Savonian war schließlich wegen Mordes verurteilt worden. Einem Mord, der in keinem nachweisbaren Zusammenhang zu seinen geschäftlichen Aktivitäten gestanden hatte. Ganz anders hätte der Fall gelegen, hätte er wegen Geldwäsche oder organisierter Kriminalität vor Gericht gestanden. Dann wäre es möglich gewesen, sein Vermögen oder zumindest große Teile davon einzuziehen.

      Aber das blieb wohl einstweilen der Traum eines nach Gerechtigkeit suchenden Ermittlers.

      Wir stiegen aus.

      Eine riesige Dogge tauchte plötzlich aus dem Schatten auf und stand nun auf der obersten Stufe des Eingangsportals. Der Hund hatte dort offenbar irgendwo in einer Nische gelegen, denn wenn er auf seinen Beinen gestanden hätte, wäre es unmöglich gewesen, ihn übersehen. Das Tier knurrte.

      “Scheint, als wären wir nicht so richtig willkommen, Harry”, murmelte Rudi. Wir hatten natürlich unserer Dienstwaffen dabei, aber ein Tier von dieser Größe konnte einem trotzdem gefährlich werden und war selbst durch mehrere Pistolenkugeln schwer zu stoppen.

      Eine schlanke Frau mit dunklem, leicht silbern durchwirktem Haar trat durch die Eingangstür hinaus. “Sei ruhig, Satan.”

      “Einen interessanten Namen haben Sie Ihrem Hund gegeben”, meinte ich laut genug, dass unsere Gastgeberin uns hören konnte. “Ich nehme an, Sie sind Frau Savonian!”

      “Mein Leibwächter hat gesagt, dass Ihre Ausweise in Ordnung sind”, erklärte sie, ohne auf meine Frage direkt zu antworten. “Wenn Sie wollen, können Sie mir folgen. Ich habe allerdings nicht viel Zeit für Sie.”

      “Die sollten Sie sich aber nehmen.”

      “Meinen Sie?”

      “Und der Hund…”

      “Satan wird Ihnen nichts tun”, sagte Frau Savonian. “Vorausgesetzt, Sie ärgern ihn nicht. Dann kann er seinem Namen schonmal alle Ehre machen und etwas bissig reagieren.”

      Wir gingen die Stufen des Portals hinauf und folgten ihr ins Innere des Hauses. Die riesige Dogge mit dem bösartigen Namen reichte der zierlich gewachsenen Frau Savonian beinahe bis zur Bauchnabelhöhe. Aber der Hund schien hervorragend erzogen zu sein. Jedenfalls folgte Satan ihr auf den Fuß und hielt sich immer dicht neben ihr.

      In der Eingangshalle wartete ein Mann im dunklen Anzug. Er trug ein Funkgerät in der Hand. Ich nahm an, dass es sich um den Leibwächter handelte, zumal sich unter seinem Jackett etwas abzeichnete, was verdächtig nach einer Schusswaffe aussah.

      Ich achtete unwillkürlich darauf, ob der Kerl vielleicht einen verkürzten kleinen Finger hatte. Aber das war nicht der Fall. Rudi schien denselben Gedanken gehabt zu haben. das konnte ich ihm ansehen. Er grinste verhalten.

      Es wäre auch zu schön gewesen, hier und jetzt zufällig auf den Killer zu stoßen, hinter dem wir her waren.

      Frau Savonian führte uns in ein weiträumiges Wohnzimmer. Durch die großzügig bemessenen Fensterflächen schien die Sonne herein.

      “Ich denke, es ist unnötig. Ihnen etwas anzubieten, denn ich nehme an, dass Sie in Kürze wieder gehen werden”, sagte Frau Savonian. Dann deutete sie auf eine Sitzecke. “Nehmen Sie Platz und dann hoffe ich, bringen wir die Angelegenheit schnell hinter uns.”

      Rudi setzte sich. Frau Savonian ebenfalls. Ich hingegen verzichtete darauf, was auch damit zu tun hatte, dass mich die Fotos in den Bann schlugen, die überall an den Wänden schön gerahmt zu sehen waren. Viele davon zeigten Selim Savonian. Ich hatte inzwischen ein Foto gesehen, das man von ihm in unserer Datendossiers finden konnte. Dadurch erkannte ich ihn wieder. Bei dem flüchtigen Rundumblick sah ich Selim als Festredner auf der Abschlussfeier seiner Gesamtschule, Selim mit ein paar Freunden Grimassen schneidend an irgendeinem sonnigen Strand, Selim auf einem großformatigen Portraitbild, das ihn offenbar ein paar Jahre später und ein paar

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